Ein Literatursalon, anfangs voller Andacht und gutem Willen dem Autoren lauschend, gerät aus der Fasson nachdem sich den drei Matrosen, dem einsamen Gefährten, den vier Prostituierten (und anderen tragischen Protagonisten mehr) eine Frau diverser Blumen hinzugesellt hat: „… und je tiefsinniger, verworrener und unverständlicher die idiotische Symbolik der Tragödie wurde, desto verzweifelter verlangte die qualvoll unterdrückte, untergründig tobende Heiterkeit nach einem Ausweg..“ Vladimir Nabokov: Die Gabe. Hamburg 1993. S. 112f
Fehlgerichteter Fleiss, der die von ihm Befallenen dazu nötigt, am falschen Ort ihre Pflicht zu erfüllen.
Auch Wälder können Gegenstand schizopreußischen Zugriffs sein: „Die Wälder in der Wannseegegend haben einen eigenartige Reiz. Die schnurgerade ausgerichteten Kiefernstämme, die so rachitisch aussehen – sie sind nicht bestimmt, in die Höhe zu wachsen und sich auszubreiten, wie wenigstens einmal im Dasein tief Atem zu holen – können einem außerordentlich auf die Nerven fallen. Kein Unterholz, über dem Teppich von braunen Nadeln wölbt sich kein Dom. Es hat nichts von einer ins Endlose vorlaufenden Halle, Vorhof einer Ewigkeit, eher wie der Bodenbelag einer Küche, in kurzbemessener Zweckmäßigkeit. Die Wannseewälder geben kaum Raum für allzu schweifende Phantasie. Aber sie konzentrieren die Gedanken nach innen, sie vermitteln preußische Disziplin, karg, nüchtern und hart, der kategorische Imperativ. Wer sich sammeln will, kann sehr gut damit in diesen Wäldern auskommen. Man spürt ein Dahinschreiten, wie man ständig angestoßen wird: weiter; und Kopf hoch! Vorwärts!“ Franz Jung: Der Torpedokäfer. Berlin 1972.
»Nicht so spektakulär, aber prägnant. Ja die Tatzen, die Tatzen, es gibt so wunderbare Reimwörter darauf: schmatzen, latzen, kratzen, fratzen, hatzen, Katzen, brandschatzen, platzen, entsatzen, ratz-fatzen und siehe: Die Apokalypse steckt scheint‘s, in der Konsonantenexplosion: tzn. Das a ordne ich der tierischen gekrümmten Katzenseite des Wortes zu, so ein Gähnen unter dem Buckel.«
eine schillernde list
Den Seestern, die Muschel im Mund, wie süß ist diese langsame Auflösung.
Im Humboldthain bewegen sich am Hang unter Debatten alte Männer, die Kugel in der Hand oder in der Luft. Sie sammeln sich, konstellationen sich und debattieren. Dann bewegt sich die Gruppe den Hang hinauf, den Hang hinab. Das Licht silbrig und der Schatten großer Bäume königlich.
1. Moses, 15, 10-18
Worte, im Traum geformt, ein Tanker kam darin vor und eine Höhle mit Regalen.
Auch ein Pizzaservice kann, befangen in „premillenial tension“ Negativität über Holzkohle backen.
So ungemischt und karg ist dieser Pankower Park, dass ein Holzschnitt ein ideales Abbild wäre. Ähnlichkeit zum Altar der Abstraktion geführt, kühle Hochzeit machen, glücklich sein. Ach. Es glänzen flach und schwarz die Wasseradern. Warum ungefroren?
Paranoid ohne Unterlass
»I want ornaments on everything ‚cause my love, she went with other boys«, singt Leonard Cohen in Queen Victoria. Hierzu Oscar Wilde: „The Harmony that resides in the delicate proportions of lines and masses becomes mirrored in the mind. The repetition of patterns give us rest.“ Oscar Wilde: Artist as Critic. Chicago 1983.
Da schmort in Bettelmannes Hut ein sündengrauer Hecht.
Ist es die allgemeine Bezeichnung für das, was Wale essen? Ist es das, aus dem Wale, wenn man es zuende denkt, gemacht sind? Ist es das, was am Boden des Organischen schwappt?
»Die Musik will ich nicht gehört haben« bemerkt Elfe Brandenburger sehr richtig.
Die Arme vor der Stirn befestigen, wild bewegt hin und her wischen, so hat mir Elfe auf einem Münchner Balkon vor einem herbstlichen Sonnenuntergang den Zorn der Schnecken vorgeführt. Daraufhin gings zurück ins Studio, Geräusche hören. Was für ein schöner Tag das war.
Die junge Dame, die besorgt, was das Protokoll verlangt: Die Vorträge beenden und die Herren zum Essen bitten: ein solides Frauenhandwerk.
Leider hatte ich bei der Auswahl nur noch ein gutes Dutzend der Briefe zur Hand. Sicherlich wäre meine Wahl auf eines der chinesischen Gerichte gefallen, aber gerade in diesem Dutzend scheinst du die Chinesen gemieden zu haben. Somit fiel die Wahl schwer. Solch ein kraftvoller Kampfruf wie »Demenzoffensive«ist eigentlich unschlagbar, auch der »chicken döner JUSTIZIA 2000« kam in die engste Wahl, weil das, glaub‘ ich, der bei mir ums Eck (und auch bei dir ums Eck) ist und ich den auch schon gegessen habe. Aber am meisten Charme haben die süßen kleinen Tierchen, das »modell eines röhrenbewohnenden meeresborstenwurms«, »die aufrechte friedfertigkeit des kamtschatkabibers« und das »kleines ferngesteuertes unterwasserapparat „GNOM“«. Und dieses letzte Kleine, das trifft sich so sehr wieder mit der chinesischen Speisekarte, daß ich es zu meinem Lieblingsbegriff erwähle.« (Franz Tröger)
»The state or condition of living among small streets in suburbs.« (Liza Johnson), auch als »Ersatzschimpfwort« (Elfe Brandenburger) zu gebrauchen.
Den ersten Blick aus dem Fenster einer leeren Wohnung im Cinemascopeformat, in die ich hätte einziehen können, zeigte die gegenüberliegende Straßenzeile: Neubauten, die statt Fenstern Löcher hatten, Höhenunterschiede, die eigentlich Abbrüche waren, Lücken, die Gärten sein sollten. Ich verabschiedete mich, versprach mich zu melden und meldete mich nicht. Ich betrat die Wohnung kein einziges mal mehr, nur manchmal, an Tagesrändern, in Müdigkeiten, denke ich an ihre überzeugende Breite, ihre großzügige Niedrigkeit, ihre Cinemascopezimmer und vor allem an ihr Linoleum.
Mit falschem französischen Akzent zu sprechen: Mais, Mademoiselle, das macht gar nischts, wenn Sie misch nicht lieben, parce que isch, isch bin mein eigenes ein-mann-bumslokal.
Was nützt es dem Menschen sich klonen zu lassen, wenn er nicht weiß, ob sein neues Ich die gleichen Filme wie sein altes mag? Abhilfe unter
Are you strong enough???
Monnaie ist immer außer Rand und Band. Das ist in seiner Natur.
Wie haben wir geschaut, als dieser Herr mit einer so arbeitsintensiven Frisur, in eine schon verlassene Bar kam, in der es nur noch uns gab, und auch uns nur noch zur Hälfte. Da bewunderteten wir die energische Strömung (decided, vraiment, decided), die er auf dem Kopf trug. Kurz darauf gingen auch wir, glaube ich, denn es war ein langer Tag.
„Und schließlich würdigt das Begriffsstudio mit den Begriffen 999 – ‚Das gelbe Trikot der Herzen‘ – und 1000 – ‚Der heilige Sebastian der Bergwertung‘ am Ende gleich zwei Könige der Tour de France 2001: Jan Ullrich, der in Anlehnung an den Deutschen Fußballmeister der Herzen 2001 Schalke 04 als eigentlicher ‚moralischer Sieger der Tour‘ vom Begriffsstudio das gelbe Trikot der Herzen verliehen bekam. Und schließlich Laurent Jalabert, der Träger des rot gepunkteten Trikots des Siegers aller Bergwertungen der Tour, dessen Leibchen mich im Gespräch mit der Autorin zu der Vision anregte, das Trikot des Leidens am Berg ließe sich leicht selbst herstellen: Es genügte doch, sich den Oberkörper sebastianhaft mit blutenden Einstichen zu piercen.“ (Gerald Wagner)
Wichtige Vorgabe in der Affektbehandlung: wie wichtig es gewesen wäre, zwischen den Orten der Täschung besser zu unterscheiden, stellt sich zuweilen im Nachhinein heraus, wenn das was als Vernunft sich gab, Empfindung wird und vice versa.
siehe Begriff n° 1001
Einem Verstorbenen nachgeschickt, hier von Ursula Ziebarth an Gottfried Benn.
Wie sich Proteine ballen! Dann: die Nachbearbeitung zur Creme, das wuchtige Schwingen des Industriequirls – wenn man das Flüstern dieser soften Masse hören könnte…
Ersatz. Ein Wort, das in einer anderen Sprache eine neue Beschäftigung fand.
Als wär es seine Adresse, seine Hütte, dabei ist es nur der Rachen des enormen Wels. Und wo ist das, du armer Hund? Du armer Hund, das ist im Schlachtensee. O weh.
Die stumme Kommunikation im großen Schwimmerbecken, in Köpfen, die eintauchen und auftauchen und eintauchen und auftauchen..
Eingeklemmt zwischen Dämmplatten, Hauswänden und Kacheln. Doch wenn man diese entfernt, sind sie befreit und nicht unbedingt dankbar.
Durch das fehlendes T wird die Weste zum Wesen, das sich um dich legt, dich schützend umgibt und Splitter abwehrt.
Ein Turm mit Blick auf die Ehrentribüne der Avus, in dessen rundem Obergeschoss ein 24-Stunden geöffnetes Cafe ansässig ist. Die Kellnerin, überaus freundlich und souverän, geht mit der unbeugsamen Aufrechtigkeit einer russischen Ballett-tänzerin.
Der amerikanische Auslandsgeheimdienst habe begonnen Katzen als Agenten auszubilden, implantierte Mikrochips und einen Sender im Schwanz der Katze. Hinzu kamen Lektionen in Lenkbarkeit und Gehorsam. Bei ihrem ersten Probeeinsatz wurde acoustic kitten von einem Auto erfaßt. Das Projekt erlebte keine Wiederauflage.
Wenn in einem Hotel der Tag an allen Enden ins Weite geht und die Strukturen transparent werden, so dass man nicht mehr weiß, ob der Tag erst noch beginnt oder ob er schon aufgehört hat, kann Alkohol hilfreich sein. Nachdem man das Trinken begonnen hat, hat der Tag aufgehört anzufangen, dann geht er einfach immer weiter vorbei, eine schiefe Ebene, an deren Ende der Rausch steht, der keine Unterschiede mehr macht. Man muss sich keine Mühe geben und beginnt um 3, oder sagen wir um halb 3 (how are we doing Gt-wise?) mit einem Gin Tonic und strukturiert den Tag im Kommenden entlang weiterer Drinks. Immerhin eine Möglichkeit der Unterscheidung. Zappendorf Astoria. Klink Klank.
Das Resultat aus 1060 + 1. Die Lücken, die stochernden Synapsen und der verdammte Ramsch, mit dem die Lücken aufgefüllt werden.
Die Berliner Lesung wird begünstigt durch alle Formen der Berliner Ökonomie: Zeitverlust, Verschwendung, Heilserwartung, Mangelwirtschaft.
Das Gespenst der Gentrifizierung geht zwar umher, aber sein Radius bleibt begrenzt. Da, wo die Gentrifizierung nicht mehr weiter kann, überlebt wie eine Utopie die dumpfe Klitsche, die keiner haben will – die man sich billig nehmen kann. Es gibt die verkapselten Idyllen eines dahingerafften Mittelstandes, der seine Ladenlokale räumen musste, die dann – von der anderen Seite des Ladenschlusses aus – der Berlin-Kultur übereignet wird. „Komm, wir lassen alles drin und nennen es den Metzgerclub, den CopyClub, Blumenladen oder Sonnenstudio.“
Angesichts des hohen Leerstandes von Büroflächen lassen sich die Marketing-Leiter großer Immobilienfirmen hin und wieder zu einer Kooperation in Sachen „trendy Zwischennutzung“ überreden. Wertsteigerung durch kulturelle Bespielung heißt das Versprechen. Die zwölfte Etage des gläsernen Büroturms in der Oberbaumcity wurde so zum befristeten Domizil von Lesebühnen. Was für eine spektakuläre Aussicht auf den regen Zugverkehr am Ostbahnhof bot sich dem Publikum. „Drehen Sie sich um, wir sind nur das Hörspiel in ihrem Rücken. Schauen Sie nicht uns an, schauen Sie den Nachtzügen nach.“ Und das Publikum drehte die Liegestühle in Richtung Vollverglasung und verhielt sich still und selig.
Ein gelenkiges Begehren: der stete Ausbau derselben Methode – dein seelischer Fleiß – kann als Plateau oder Parkplatz begegnen, so wie ein Begehren endlos gesteigert sich eher als Platte, als ebene Fläche und nicht als ein Hochmast mit Wimpel versteht. Rennen. Nicht rennen. Fichten. Der Trimmdichpfad der Seele.
Im januar 2002 in köln auf dem weg zum bahnhof. wir sprachen über die vorangegangene veranstaltung, auf der die beiden vorgegeben hatten über den kreuzzug, den kreuzgang der poesie zu sprechen. eine veranstaltung von nachgerade heroischer unverständlichkeit, die sprache vor sich her tragend als stumm geblümten schild. der gastgeber sprach später, zu tisch, in einem ergonomischen italienischen restaurant, das in meiner erinnerung (aber vermutlich nur dort) osama hieß, von einer „veranstaltung ohne dressing“. am nächsten tag im taxi begannen die widerspenstigen panelisten plötzlich das sprudeln – der taxifahrer öffnete das fenster – das gespräch bewegte sich zu den mikropoetischen koordinaten eines novalis, zu leibniz – der taxifahrer drehte das radio auf – seitliches befremden, pneumatischer herauszug, aufbrausende bulgen, zwischenlitoral, das gevierte nichts, der kreis dessen zentrum etc – bis der taxifahrer mit köllscher verve schrie: hörnn se uff! isch krisch n infarkt. wir hörten sofort auf. später beteuerte er noch nie seine fahrgäste unterbrochen zu haben (was wir bezweifelten), und das wetter, ein heller, heller wintertag sei doch auch ein thema, aber er habe bluthochdruck und könne es daher nicht mehr länger … und bäte uns freundlich … ruhig zu sein. wir sahen es ein, schwiegen freundlich, waren freundlich, lächelten. nur später, als ich mit h. auf dem Rückweg war und er meinte, dass wir beinahe zeugen einer unerhörten gegebenheit geworden wären, mussten wir doch verstohlen lachen. (zweite fassung).
Am Sushikarussell zu sitzen macht mich nicht glücklich. Immer wieder die Aktualisierung des Wunsches für einen weiteren Happen, den man bekommt oder nicht – immer wieder die Aktualisierung der Frage – will ich das wirklich? (Siehe auch 1093) Und dann drehte sich darauf, für etwas das sich anfühlte wie Stunden, eine frittierte Teigtasche – sonst nichts.
„Tut sie dir leid?“ „Wer, die Teigtasche?“ „Laß uns gehen.“
Die Liebe zwischen Auguste Bußmann und Clemens Brentano beschäftigte sie alle. Und so werden Briefe geschrieben, Briefe, Briefe geschrieben. („Clemens ist wütend in Auguste Bußmann verliebt und sie auch in ihn, vergißt ihren Offizier. Dies giebt auch eine Geschichte“ – so Meline Brentano an Friedrich Karl von Bovary am 4. Juli 1807: der Auftakt, einer der ersten Schläge auf den Kreisel, drumherum die Arnims und die Savignys, die Grimms und die Brentanos. Und wie er sich dreht… dreht, bis sich Auguste, gründlich durchkommentiert am 21.04.1832 „in der Charwoche ihrem Haus gegenüber an der Kleeblatt’schen Schwimmanstalt ertränkt (..).“ So Clemens an Christian Brentano.
In: Requiem für eine romantische Frau. Die Geschichte von Auguste Bussmann und Clemens Brentano. Nach gedruckten und ungedruckten Quellen, überliefert von H.M. Enzensberger. Berlin 1988.
Kompetente Moderatoren gehen nach der Unwetterwarnung dem Stand der Vorbereitungen bei den Verantwortlichen der freiwilligen Feuerwehr nach. Moderatoren insistieren. Hagelkörner groß wie unterschiedliche Dinge in rund. Das könnte alles Mögliche sein. Tennisbälle, Meisenknödel, Kinderköpfe, Gymnastikbälle, Siegerkürbisse.
.. auf seine rasende Entschließung setzen ..
Die Materialien des Affekts und wie man sie zu richten hätte, gäbe es darin eine Materialität. Die keilförmige Vernunft, gewaltsam – man hört schon die Schläge vom Hammer und vom Meißel, gedimmt durch die Gelassenheit, die, glaube ich, vorn nicht spitz ist, sondern gerundet, wenn überhaupt sie ein Werkzeug ist und nicht eine Lösung, eine Emulsion – diese keilförmige Vernunft sehe ich vor mir als ein handwerkliches Aufgebot der unbeteiligten Sorge.
Auf dem Geklüfte auf und nieder streifend
Sucht sie, ob nicht ein schmaler Pfad sich biete
Für einen Wunsch der keine Flügel hat….
Als mein Bruder an Pfingsten in Berlin zu Besuch war, beobachtete er etwas irritiert wie eine Gruppe angetrunkener Mitdreißiger sich an den Händen fasste und versuchte, in Zungen zu reden. Der Heilige Geist, der viel beschworene, blieb aus. Obwohl ein winziges Stückchen fadenförmige Asche durch das Zimmer trieb wie eine Markierung, eine Boje, anzuzeigen die Anwesenheit eines Geistes, der wie ein Hauch wäre. Die Freundin meines Bruders war derweil schweigsam und wäre lieber in den Zoo gegangen, aber in gewisser Weise waren sie ja schon im Zoo.
An diesem Nachmittag schlug mein Bruder zweien meiner Gäste vor, sich so lange in die Augen zu schauen, bis etwas passieren würde. Und sie hörten nicht mehr damit auf, beide ebenso willensstark wie stur. Sie übergingen die Phase, in der die angespannte Situation durch den Ausbruch von Gelächter aufzulösen gewesen wäre und machten weiter. Nachdem sie sich mehrfach gegenseitig niedergestarrt hatten, ohne einen Gewinner zu ermitteln, hörten sie nicht auf, sondern hielten den Blick mit gekrümmtem Rücken. Ihr Bezug aufeinander verlor jede soziale Funktion und bekam eine künstliche, opake Qualität. Wie Worte, die man so oft wiederholt hat, bis sie nicht mehr zu gebrauchen sind, nichts mehr bedeuten und zu bizarren Objekten werden. Und als die Starrenden nach mehr als einer Stunde fragten, was denn passieren würde, bitte, meinte mein Bruder nur: Hann isch vergess.
Viaduct? Why a duck? Kein Enten-band, sondern ein Druckfehler, ein kleines Häkchen für die Aufmerksamkeit – und der Auftakt zu einer Phase in der ducktape mir in immer wieder anderen Kontexten immer wieder begegnete. (Und ich kann heute, zwei Jahre später nur noch zwei davon ausfindig machen, das macht mich wahnsinnig.)
Various Readings of an Illegible Postcard
Horny or Harm seems an ordinary home.
Or having seen the orchard and hives,
I’m satisfied I’ve picked the dark pocket
pink or satisfied, pickled larx protect the jinx.
You know I’m trouble with Dixie cups, croquet
and wicker or humble with desire four (cough)
the wicked. Ago? A queer little dog grazing
or gazing lives in my room or ivys my nous.
They have a saying here about the duct-tapes boots
or They keep savvy bees in case the butcher balks
which is not cool is nausical is nonsensical.
Attention trick eye! A tension trickles
or After swimming we found the housekeeper dead
I sing or swing. Let’s keep her dear!
All day an unmade bed. One day you’ll be young or
going as he who homesteads in foreign castles
deserves or whose domain feigns, casts designs
say, like shadows on the ourhouse door or
the outskirts humoring me or out-skirting rumors
last as long as keeping honey
or homey or phone me, money? – Yours
(Christine Hume, from Musca Domestica, großartiger Band)
Über Tom Sachs
„I wonder how familiar Europeans are with duct-tape, a favored material of Sachs. In America, duct-tape is widely used as an inexpensive and relatively effective means for temporarily ‚patching up‘ the effects of wear and decay. There is no particular skill required to work with the material, which, like other materials belonging to Sachs program (glue-gun, foam-core board) is a favorite of the handyman and home-hobbyist. To this extent it is ‚democratic‘, with all of the loss of ‚Old-World craftmanship‘ that this implies. While it is a ‚low‘ matirial, it comes in a fabulous array of designer colors (all but gold, Sachs has noted). I remember thinking when I first saw Sachs ‚Mondrian Pictures‘ in his New York studio, not ling after the spectacular Mondrian exhibition at the Museum of Modern Art, how absolutely logical for him to replicate these pictures in his medium of choice.
Der Bezug geht auf ein sehr schönes Gedicht von Reiner Malkowski, das so ausgeht: „Und ratlos, / so ungelenk, / stehen wir mit unseren langen / Schatten in der Landschaft – / Stelzenmänner; / auf ironische Weise, / ehe es Nacht wird, / noch einmal / erhöht.“ Reiner Malkowski (1939 – 2003)
Die Leere ist nur ein besonderer Zustand dessen was da ist und wird nicht gedacht. Hat sie Wände, Ränder, hat sie Gänge, hat Schalen aus Plastik in pfiffigen Farben. Hat teaser im halbstündigen Rhythmus, womit sie in der Leere an die Leere erinnert. So rückt sie sich selber ins Zentrum, sie wird nicht gedacht, hab ich gesagt, diese kleine Kammer jenseits des Denkens aus der das Denken seinen Ausgang nimmt. Plastik denke ich, und der Geruch von überhitzten Gehäusen, die ersten Fernseher, die ersten Copyshops.. Studios … all diese überhitzten Geräte, ich dachte, so riecht die Leere, die Leere riecht so, wenn man etwas anderes will als die Leere… das geht an das Material.
Was machen Männer schon nachts in Hammer, sagte S. und lachte ihren ganz besonderen peripatetic laughter, please come back, we miss you so much und Australien ist auch nur ein Land.
Dass ich entsetzt gewesen sei, sagte ich, auf der behäbe schwappenden Ostsee Schwäne schaukeln zu sehn, Schwäne gehörten doch nicht auf das Meer! dass es Hochseeschwäne gewesen sein können, sagte jemand und schaute drollig. Auf unbequemen Stühlen wurde mir das Bein taub, trotz all der Zigaretten und der Nervoesität.
verlängerungen
so sind wir dagestanden, wir, die gruppe
als die wolken endlich kamen: den kopf zurück,
die arme ausgestreckt wie äste, das herz noch
offen und gedehnt vom reden in der wärme
auf den wiesen, in den nächten, in den bergen.
in den großen ferienorten la grande motte bei montpellier / muss man jetzt millionen läden schließen,
die waben dicht / gemacht von innen für den frost, den es im süden gar nicht gibt
himmel, diese geraden rücken, dieses warten,
wir, als gruppe haben uns ganz lang gemacht,
so lang der sommer war – haben wir auch
angst gehabt? angst nicht, vergangenheiten
hatten wir, große und erinnerungen, jeder seine,
die das heute, das, was jetzt heißt, in die enge treiben,
wo in der andren ecke schon der winter hockt
ab jetzt hat alles konsequenzen. gehört zu uns
viel deutlicher. haben wir, hat unsre gruppe,
denn wirklich lange ausgehalten, wirklich alles
ausgemacht? ist wirklich nichts mehr übrig?
longing, sagt man anderswo und weiß es schon,
dass sehnsucht eine form der verlängerung ist.
Sie schwammen hinaus ins freie Meer. Immer hinaus, immer ins Weite, auf die paar Lichter am anderen Ufer hin. Angst mischte sich mit Willkür, mit Mutwillen und Entschlossenheit. Ihre Arme langten nach vorne. Die Entscheidung umzukehren, in die andere Richtung zu schwimmen, mit jeder Armbewegung aufzuschieben, mit jedem kraulenden Armschlag, der sagt, immer hinaus. Eine Meile unter ihnen gab es Fische, groß wie Laken. Sie mussten mit der eigenen Kraft rechnen und sie sagten das einander. Immer weiter in diesen salzigen Teich, der ab jetzt die ganze Welt war. Sie dachten an nichts mehr, sie wollten nur noch ebenbürtig sein, sein wie die Elemente. Groß und Grundlos. Die wilde Neugierde der Wellen amüsierte sie. Wellen wollten alles wissen. Die Freundschaft des Wassers war unvorstellbar. Sie sollten noch bleiben – und die Zeit wurde knapp. Das Wasser hatte bald den Überschuss abgeschöpft, ihre überschüssige Willkür, die überschüssige Kraft ihrer Arme. Der Atlantik schien mehr von den beiden haben zu wollen, als sie besaßen. Gerard schrie: Das Meer übertreibt. Und Estelle wusste genau, was er damit meinte. Das war das letzte, was sie sich entgegen geschrieen haben.. stumm sind sie weiter geschwommen, immer darauf bedacht, sich nicht aus den Augen zu verlieren. Die Schwere der Arme. Dann kamen sie endlich näher. Merklich näher. Da war der andere Strand. Noch fern. Gerard schwamm an ihrer Seite wie ein Tier und Estelle an seiner Seite wie ein anderes Tier. Eine letzte Welle haute sie auf den Strand. Und wie mit einer perfekten kosmischen Dramaturgie begann es hell zu werden. Unter ihrer Haut raste hellrotes Blut. Salz. Dann kam die Sonne. Und später auch die anderen.
pond
says he: grief is a pond.
says i: yes, grief is a pond.
because grief lies in a hollow,
stagnant, rank, shot through with fish.
says he: and guilt is a pond.
says i: yes, guilt’s a pond, too.
because guilt sloshes about in a hole
already reaching the flattened pit
of my stiffly upstretched arm.
says he: deceit is a pond.
says i: yes, deceit is also a pond.
because on summer nights you can
picnic on the banks of deceit
and something always gets left behind.
Übersetzt von Nicholas Grindell.
+ + + + + + + + + + +
„after a lengthy period of gestation and preparation, epram.org finally presents its answer to the dilemma of walk documentation, adapting the algorithmic approach of generative psychogeography to include a module for generative documentation, based on a toolkit of literary fragments borrowed from heinrich von kleist, who was doing this kind of thing 200 years ago. the resulting texts are recorded on postcards and sent to distributed remote locations for evaluation and storage by anyone who wishes to receive one.“
the kleist toolkit was reconstituted and adapted for use in this project by thomas goldstrasz and nick grindell. full, in-depth information on the Ideengaenge project, including details of how to order your postcard, is available at the epram website: http://epram.org
„Ah, darlings, these walks are like a poet’s dream,
and the lushest imagination couldn’t describe Berlin
more beautifully than Kleist’s ideas, that open up
to us and then snap shut, that strike us as barren
and then smile our way or startle us.“
[>>> Idea 28]
„Anxiety comes later with a disproportion of raincoats and knowing the groundlessness of our beliefs. I’ve lost my skin to immense, complex summers and the meaning of words to the uncertainty of fact. Not just the rivers, the riverbeds too are shifting.“
Rosemarie Waldrop, from The Perplexing Habit of Falling: Mass, Momentum, Stress
„You mean he’s actually got honour?“ said someone. „One should always maintain a few shreds of honour“, I remarked. „In order to give people something to violate.“ „I don’t know if that qualifies as honour.“ „It’s faux honour, and it’s every bit as good for the purpose I just described.“
(Mary Gaitskill: Processing, from: Because they wanted to).
Ah, love, this is fear. This is fear and syllables
and the beginnings of beauty. We have walked the city (..)
Was für eine betörende Eröffnung, das Gedicht heißt „Sunrise“, von Robert Hass, das Buch heißt: Praise. „We asked the captain what course / of action he proposed to take toward / a beast so large, terrifying, / and upredictable. He hesitated to / answer, and then said judicously: I think I shall praise it.“.
Einmal im Jahr veranstaltet in Rotterdam die niederländische Stichting Poetry International ein Treffen mit Gästen aus aller Welt, bei dem Nobelpreisträger neben den Stimmen aus kleinen Sprachen, entlegenen Gegenden, untergehenden Traditionen lesen. In dieser Umgebung hatte Poesie, hatten die vielfältigen Gesten, Gewänder und Gesichter des Poetischen etwas ungemein Offenes, Tröstendes, einander Zugewandtes, jedenfalls nichts Marginales, und sie erreichten damit für Augenblicke das, was Kofi Awoonor aus Ghana, mit rollender Stimme als die Aufgabe von Gedichten in seiner Kultur beschrieb, nämlich: >>to confuse the demons<<. Brigitte Oleschinski, aus Reizstrom in Aspik. Köln 2002
„Awoonor nahm im September 2013 am viertägigen Storymoja Hay Festival, einer Veranstaltung für das Schreiben, Denken und Erzählen, in der Westgate Shopping Mall im kenianischen Nairobi teil. Am 21. September 2013 wurde er während einer Vorlesung im Rahmen dieser Veranstaltung bei dem von der somalischen al-Shabaab ausgeführten Überfall auf das Westgate-Einkaufszentrum getötet.“ [Wiki]
Das ist was der Schnee macht, wenn er auf die Stadt fällt, bevor er schwarz wird und daran erinnert, dass er eigentlich in die Berge gehört.
weil die horrende geschmacklosigkeit dieser komik, der überbietungszusammenhang eines ungeheuerlichen humors, die brutale respektlosigkeit, die bösartige schartenbildung und durchgeknallte zusammenziehung von zeugs, das niemals zusammengehört – weil all das zusammen eine irrsinnige form quasi anarchistischer erkenntnis ergibt. wobei das genau genommen gar keine erkenntnis ist, sondern vielmehr ein treffpunkt, an dem sich zwei schizoide hälften eines schizos miteinander verständigen, und der schizo selbst müsste vielleicht gar nichts davon wissen.
Wir wandten Land-Art auf diese Insel an, wandernd. Sprachen darüber, was wir machen wollten. Jemand wollte Tröge, überall Tröge aufstellen und sie mit einer transparenten Folie überziehen, Tröge in denen sich nichts sammeln sollte, auf einer vulkanischen Insel. K. daraufhin mit großer Begeisterung: Eine Ziegenverarsche.
longing. longing. longing. dass es keinen abschied gibt von dieser langen dünnen dauer..
In der Hitze des Mittags beantworten wir keine Fragen mehr. Die Pappelblätter, die halbbekleideten Freunde, die sonnengewellten Blätter von Büchern. Der Zugriff lässt nach. Die Welt ist wie durch den Langeweilefilter besehen und sehr warm.
Das Kratzen seiner stumpfen Krallen auf der Veranda unseres Ferienhaus, wie schrien ihn an, wann immer er reinwollte, jemand kaufte Hundefutter, er war freundlich und verstört, sein großer Kopf nicht schön, sein gewaltiger Kiefer, das schwarze glanzlose Fell, gebrochene Kraft. Nachdem sie ihn wegbrachten, hörte ich noch tagelang das Kratzen seiner Krallen auf den Kacheln. Wie ich diese zugelaufene Anwesenheit vermisste..
„Aber wo hast du bloß diese Daten her?“, fragte Polanco höchst erstaunt.
„Aus einem Buch, das mir Bud Flakoll geliehen hat, und das ich ihm schon zurückgegeben habe. Die ersten Maori-Schritte auf die Schöpfung zu sind die folgenden: da ist die urprüngliche Leere, und auf diese Leere folgen: die erste Leere, die zweite Leere, die weite Leere, die ausgedehnteste Leere, die trockene Leere, die großmütige Leere, die liebliche Leere, die gefesselte Leere, die Nacht, die schwebende Nacht, die fließende Nacht, die seufzende Nacht, die Tochter des unruhigen Schlafs, der Tagesanbruch, der ständige Tag, der strahlende Tag, und zuletzt der Raum.“
„Du lieber Himmel“, sagte Polanco.
„Du wirst verstehen, dass die Übersetzung etwas frei ist“, erklärte Calac bescheiden, „wenn du in Betracht ziehst, dass diese Dinge heißen Po-teki, Te Powhawha und dergleichen Phoneme mehr.“ Julio Cortázar: Reise um den Tag in 80 Welten.
Aus dem Gedicht Hirschübung von Marion Poschmann, das so endet: aber / wir rochen nach Seife / nach Veilchen und Teichwasser, vor uns / die furchtbare Vollständigkeit des Kommenden / bald harthufig der Frost
die Gruppe hat stundenlang darüber nachgedacht: soll die Weisheitsebene immer nur in Operettenverpackung erlaubt sein? oder in Verpackung irgendeines deplatzierenden Dialekts?
It is perfectly clear that nobody ever explained to them what it meant to be in a group in which I was present. W.R.Bion, from Experiences in Groups.
Wo auf der anderen Seite der Ersatz schon winkt? Ich sehe einen Bahnsteig, ich sehe Schienen und ich sehe ein geschäftiges Team von Beleuchtern und Aufbauten, taghell, mitten in der Nacht. Keine Ankunft, nur die, die schon vor Stunden in den Zug gestiegen und weg sind.
„This slow disappearance, this infinite attrition to the end, may illuminate the very remarkable passion of certain women who became poisoners: their pleasure does not lie in causing suffering nor even in killing slowly, bit by bit, or by stifling, but rather it lies in reaching the indefiniteness that is death by poisoning time, by transforming it into imperceptble consumption; in this way they brush with horror, they live furtively below all life, in a pure decomposition which nothing divulges, and the poison is the white substance of eternity.“
Blanchot, from Two Versions of the Imaginary.
tour de trance
my task, she said, was poisening time
wie sich alles drehte, wiederholte, dehnte,
und rotierte, die wärme war a space so vast,
so katastrophisch groß, war sie arena
worin die trümmer von objekten trieben,
wilde schläge in der ferne, keiner hörte,
jeder fühlte, die wellen der erschütterung.
wo etwas fehlte, wurde alles größer,
drehte sich, rotierte, kam in’s schlingern
und blieb dann in der mitte liegen.
die müdigkeit war eine kur, das gewicht
der atmosphäre, halluzinogene leere
federte, es drehte sich jetzt weniger
als wären die schläge, in dem was sie sind
gegenstand der verdünnung, als würde
die zeit, der reißende raum, präzise und
zärtlich vergiftet, in ihrem gewebe stiege
die chemische schwäche, es schäumte,
erstickte, das weiße lager der krusten,
das sich formierte, wird reicher und toxisch
verrauschten die schläge, es dreht sich,
dreht sich unmerklich, und steht.
Das große Talent der Vorräte besteht darin, alles was eindringt zu binden. Bevor der Schiffsrumpf birst die späte, schon dumpfe Erkenntnis: Wir haben Reis geladen.
Saß ich mit J. auf einer Bank im Garten des Musée Rodin, während am Brunnen die Dreharbeiten vor sich gingen und E. immer wieder voller Verve ein Buch in den Brunnen warf, dann vom Ton verfolgt längs durch den Park rannte und T., ohne die Schuhe auszuziehen, in den Brunnen stieg, um das Buch wieder herauszuholen. Ich glaube, wir wußten es nicht so genau. Und um uns her, die Tauben..
„The capacity to move my hand from left to right arises on a margin of indecision and doubt winding into vertiginous inner stairwells, but only when adjacent shadows have cooled the long summer sun toward a more introverted, solitary quality of light for the benefit of eyes tensing to see the dark before concepts. This is an attempt to make up for inner emptiness in the way that Fred Astaire and Ginger Rogers dance with more desperate brio to add a third dimension to their characters. Nevertheless the capacity does not explain how the meaning of individual words can make a tent over a whole argument. It is not a feeling, but a circular movement to represent the transfer of visibility toward dream without abrogating the claims of body.“
Rosemarie Waldrop, from Lawn of Excluded Middle
Wir müssen doch auch an die Nordkurve denken, sagt der Herr Verleger. Wir denken an die Nordkurve. Ein starkes Bild für Draußensein.
Bestimmung in drei Stimmen
„Nein, ich stelle mir einen jüngeren Mann mit üppigen rötlich bonden Locken vor, mit angenehmer Tenor-Sprechstimme (aufs Singen kommts hier nicht an), ausgestattet mit der Kunst, die Adäquanz möglichst weniger Sätze zu möglichst vielen Situationen immer wieder unter Beweis zu stellen. Jede Gesellschaft braucht diese Funktion. Schäbige Arroganz unserer Gesellschaft zu meinen, wir hätten es hinter uns. Sentenzenbertie (keineswegs identisch mit Heinrichs Senta) ist andererseits alles andere als ein Abbé. Er ist ein durchaus sportlicher Typ, der aber immer Anzüge aus kräftigem Wollstoff trägt, unter dem man aber die durchtrainierten Glieder ahnt. Und dann, wie oft bei Rothaarigen, diese etwas graue, gewissermaßen überschattete Gesichtsfarbe, hinter der sich aber ein goldenes, nur selten sarkastisches Herz verbirgt.“ (L. Wilkens)
„aber auch das könnte sentenzenbertie sein. (harry, fahr schon mal das henna vor). vielleicht auch das im kaleidoskop der identitäten eine kurze shiny einstellung und schon sehe ich bertie vor mir, auf englischem rasen, in englischem tweed, unter deren/dessen sophisticated blick die welt ihre second-order-übersichtlichkeit preis gibt (gefügt nach sehr sehr speziellen maßgaben)… während andere in den französischen überseedepartments und der welt der reinen anschauung nach dem rechten sehen, dem richtigen suchen.. fällt dünner niesel auf den rasen — und die ein oder andere sentenz..“ (M. Rinck)
„Wo sich doch zunächst Herrn W’s Bertie-Fantasie in Fis-Dur auf angenehmste Weise bei mir in Schwingungen fortgesetzt hat, die den Geschlechterirrtum zu einem oszillierend-irisierenden Geschlechterblur von orlandoschem Zuschnitt geraten ließen. And I see my beloved red-haired scottish lady Tilda Swinton smiling at us. Vielleicht kann das uns ja noch retten, denn: leur souris avait la douceur d’un souvenir et la gaieté d’un promesse, wie eine andere, französische, Lady so schön sagte.“ (U. Marxreiter)
Es war kalt auf der Insel, es froren beide Lager gleichermaßen. Neuankömmlinge lernten schnell zu unterscheiden. Nach einer Nacht unter dünnen Laken, fragte R. ob es hier ein Deckendepot gäbe. Es war klar, dass wir Deppendepot verstehen mussten – Hier! riefen wir. Where do you think you are?
Als nähme man etwas – aber was nimmt man, wenn man vorlieb nimmt, was hab ich mir genommen / nichts, was ich nicht kriegen konnte, vorlieb eben. die liebe vor der liebe? etwas, das der liebe vorgelagert ist, ein noch nicht? etwas das ich bereits durchschritten habe – ein davorliegendes, zu dem ich nicht mehr zurückkann?
Der Kommentar zum Tisch, den wir noch wollten, einen Tisch noch, höhenverstellbar, Anstaltsseligkeit, „Passense abba uff, dass Sie sich das Büro nicht übermöbeln“ – wir passten auf..
Ein weihnachtlicher Geschenke-Rebus: Eine Ente, gemeint war der Bürzel, abzüglich rzel, das Che-Guevara – Ikon, abzüglich Guevara, ein Reh, ohne das h und Wurst im Sinne von egal = ergibt = einen Gutschein für ein Bücherregal. Dann hat das Stapeln auf Tischen und Koffern ein Ende, vorübergehend, ein Ende.
Wenn es später wird im Jahr, homophon hineingeschmuggelt ein strenger Geruch wie von falscher Fruchtbarkeit: etwas gärt.
Nester zu bauen ist im Tierreich ein weitverbreitetes „rhythmisches Zeremoniell“, wie Gilles Deleuze und Felix Guattari dies Verhalten nennen, das verschiedene Funktionen wie Schutz, Werbung und Verführung umschließt. Cord Riechelmann, aus: Bestiarium.
Oder auch: „Man beginnt, es immer mehr als beschränkt zu empfinden, unwillkürlich erworbenen Wiederholungsdispositionen einem Menschen als Charakter zuzuschreiben und dann seinen Charakter für die Wiederholungen verantwortlich zu machen. Man lernt das Wechselspiel zwischen innen und außen zu erkennen, und gerade durch das Verständnis für das Unpersönliche am Menschen ist man dem Persönlichen auf neue Spuren gekommen, auf gewisse, einfache Grundverhaltensweisen, einen Ichbautrieb, der wie der Nestbautrieb der Vögel aus vieler Art Stoff nach ein paar Verfahren sein Ich aufrichtet.“
Musil, aus: Der Mann ohne Eigenschaften: Auch die Erde, namentlich aber Ulrich, huldigt der Utopie des Essayismus.
Calling himself „the auto-rity of nonsense“ (avto-ritet bessmyslitsy), Vvedenskij once claimed to have conducted „a poetic language, more fundamental than that of Kant.“
So kommen die „soft skills“ daher, die Hand wie zurückschreckend vor einer schrecklich nachgiebigen Materialität. Kein Zugriff, kein Zugriff. Die Einsatzkraft zieht sich zurück, verhält sich ruhig.
Zu der//n Fertigkeit//en: „Fertigkeit gehört zu allem Tun, auch dem des philosophierenden Gedankens. Aber sowenig das Philosophieren eine bestimmte Fertigkeit ist (wir sind peinlich berührt, wenn sich einer einen Philosophierenden nennt), so wenig ist die Philosophie ein Inbegriff oder das Produkt von Fertigkeiten. Natürlich gehört Fertigkeit dazu, eine bestimmte Methode zu handhaben und ihre Handhabung zu kontrollieren, nicht minder als zur Verfertigung eines Gedichtes und deren Kontrolle. Aber es gibt nicht den philosophischen Gedanken neben dem unphilosophischen Gedanken, sondern nur das philosophische Moment des Gedankens gegenüber seiner Leugnung oder Beschwichtigung. Dieses, ob es sich bekennt, oder, sich selbst verstümmelnd, nicht wahrhaben will, ist nichts anderes als der Moment des Einspruchs in der Vereinigung des Getrennten, auf die jeder Gedanke zielt, zugunsten der noch nicht geglückten, aber erstrebten, der besser gelingenden, der endlich ganz gelingenden Vereinigung. Klaus Heinrich, aus: Versuch über die Schwierigkeit nein zu sagen.
What really happens is that the old hide-bound reason-ridden associative faculties, whose job it is to go fetch, are instructed to open the territory of the search, to bring back words that sound right, no matter what they mean. A kind of echoic rolodex constantly spinning, spin and click. Look, the rational, discursive intelligence is so powerful and necessary, the tyranny is almost inescapable. If you’re writing a poem about a panel discussion, there will always be microphones and glass pitchers and lecterns and so forth, and you’re stuck, predictable, boring. How to get to some surprise?
aidos (’shamefastness‘) is a sort of voltage of decorum discharged between two people approaching one another for the crisis of human contact, an instinctive and mutual sensitivity to the boundary between them. (..) The static electricity of erotic shame“ is a very discreet way of marking that two are not one.“ Anne Carson, from Eros the Bittersweet.
Etwas anderes: W.R. Bion schreibt in seinem Buch „Second Thoughts“ über die Arroganz des Ödipus „(..) in the personality where life instincts predominate, pride becomes self-respect, where death instincts predominate, pride becomes arrogance. Their separation from each other and the lack of evidence of any relatedness is evidence that a disaster has occurred. To make clear the connection between these references, I shall rehearse the Oedipus myth from a point of view which makes the sexual crime a peripheral element of a story in which the central crime is the arrogance of Oedipus in vowing to lay bare the truth at no matter what cost.“
eine grün leuchtende anzeige an einem alten bandabspielgerät eines freundes (einer der letzten wahren helden, die immer noch musik von bändern hören), die nichts weiter kann als grün zu leuchten und den zeiger in ihr wild nach rechts und links zu werfen, wenn man an einem der zwei drehknöpfe des gerätes dreht. (P. Wolters).
genau dieses verlangte die etwas angeheiterte mutter eines freundes bevor sie nun nach einem schönen fest ins bett gehen könne – >wenn ich nicht vorher ein stück regierungsschokolade bekomme, werde ich nicht schlafen!< (P. Wolters) .
fußballkommentar zu herrn wörns (verteidiger bei borussia dortmund) (P. Wolters).
1526 bis 1529: titel von arbeiten eines japanischen lack-künstlers (P. Wolters).
der (..) elterliche betrieb war eine gaststätte mit großem saal und dementsprechend großen besteckschubladen, die nicht gut einsehbar waren. oft zog ich auf der suche nach einer gabel einen löffel aus der gabel-schublade oder wahlweise die gabel aus dem messer-fach. bei kontrolle des gesamten inhalts der jeweiligen laden mußte ich des öfteren feststellen, daß ich es geschafft hatte, blind das einzige falsche“ element zu ziehen (selbst wenn ich vorher in guter alter glücksfee-manier durchgemischt hatte!). seit dieser zeit (in der ich es durchschnittlich einmal die woche schaffte, mich total zu vergreifen) benutze ich diesen spruch gerne, um typische miesigkeiten die mir passieren zu charakterisieren.“ (P. Wolters) .
wäre die staatliche bezuschussung zur anschaffung eines ponies (analog zum mutterschaftsgeld) – zur beförderung der ponydichte. ach, der moment, wenn ich in begleitung meines herausgeputzten ponies zum ersten mal meine lieblingsbar betrete, es wäre gerade mal so hoch wie ein barhocker und könnte mir ansonsten als mobile sitzgelegenheit dienen. sein tapferes schnauben, die frequenz seines gelegentlichen wieherns und seine augen, zwei nasse bassins, aus denen mein blick, zärtlicher schon zurückschwappte. und an der frage, wie das pony und ich später, viel später dann ein taxi finden, das uns zurückbringt, wird nach wie vor gearbeitet.
eine Parodie des Durchdrehens mit der Aussicht, dass einem etwas entgegen kommt, das sei seine Definition von Religion. Meine Überraschung und das Nachdrehen des Gedankens, bis hin zu seiner grundsoliden Ausrichtung.
Das Verfassen eines Essays, schreibt Adorno, sei der Erfahrung vergleichbar, in einem fremden Land ohne Diktionär zu lesen. „Wie freilich solches Lernen dem Irrtum exponiert bleibt, so auch der Essay als Form
mister would you please help my pony / he’s over there behind the tree / he’s down in the dirt would you help him / I think it’s his lung / mister would you please help my pony / he’s over there looking at me … und ich bekam das nicht mehr aus dem kopf, damit fing es an. danach bekam ich das känguruh (du kannst das känguruh töten, aber nicht das träumen des känguruhs) nicht mehr aus dem kopf, das känguruh träumte das pony und beide träumten sie mich. dann taten wir uns alle drei zusammen und träumten kafka. kafka aber träumte einen argentinischen traum und wir konnten ihn nicht wecken.
gerahmte Organismen zu ermöglichen, das sei was er machen wolle, erklärte er mir am Telefon, und das ganze handele von Freunden, von Gruppen, von Ermöglichungen, von dem, was man tun will, von vierundzwanzig Stunden, von dauer, und die ganze Nacht über hätten die Kostümbildnerinnen weitergenäht – noch um vier, um fünf uhr früh, hätten sie ihm Kostüme übergestreift, aus Folie, Kacheln, Pelz und Styropor. und die anderen habe er nicht abstreifen können, so dass eins zum einen kam. Ich sah, wie sich der Schweiß in den Vordertaschen des durchsichtigen Regenmantels zu kleinen Pfützen sammelte, darin die Fingerkuppen der Tänzerin. das macht nichts, das sind Profis, sagte er.
dark matter meets Stehlampe. klick. klick. klick. klick. sie brennt, sie brennt nicht mehr. warum momente immer so kurz sein müssen, das weiß sie nicht genau. gehäkelte Deckchen im Kosmos, die große Ordnung der dinge, hier wird die zeit gemacht. Schlaufen reihen sich auf Schlaufen. wir müssen alle oberflächen schützen. Coursework, erinnerst du dich, darling – wir lasen den ganzen Max Weber in nachempfundenen Beichtstühlen, die im All umhertrieben. Das stille Leuchten der Stehlampe, der Ehrgeiz und das Weltenall.
Schaut nicht den Mond an
Streckt nicht die Zunge raus
Der Mond ist rund
und eure Zunge ist fern.
(Bejamin Péret)
dieses frühe gezwitscher, sagte sie, diese, diese verräumlichung des zukünftigen auf irgendwas zu, all das durchquerte, fedrige und die kleinen kehlen, ich will jetzt was höheres als haarewaschen.
ob man sich Selbstverleugnung einbilden kann, musste ich sofort wissen – nachdem sich plötzlich mit dem Schlüssel im schloss der beängstigende Gedanke eindrehte, dass das, worauf ich gewohnt bin, mich unter dem vorzeichen von Selbstverleugnung zu beziehen, vielleicht gar keine ist, sondern am Ende ein, mein Kontinuum und gar nicht die zurichtende Modulation? file under Selbstverleugnung. tu s zu den andern. (ich weiss es immer noch nicht) (dass sowas nicht aufhört)
soll der text wirklich so anfangen, hab ich H. gefragt, mit so einem deutlichen ICH gleich zu anfang, so schutzlos und ausgesetzt, kannst du das wirklich machen? stimmt, hat H. gesagt, ich schreibe: „weltall winke winke“ davor.
Ich schwöre, man muss gehört haben, wie Steffen Popp, sein Gedicht CREDO lesend, mit gleichsam getriebener wie hoppelnd abgestoppter Stimme dem Schweigen der monolithischen Blumenbank entgegen stürmt.
„.. im Schwerefeld einer Klappcouch sieht man mich nach Schönheit graben, unbeirrt
gegen das Schweigen der monolithischen Blumenbank!“
Steffen Popp: CREDO, in: Wie Alpen. kookbooks, Idstein 2004. S. 24
am Ende waren sie es dann gar nicht, waren gar nicht gezückt. im Gegenteil. Gründlich verzückte Distanzen waren es. so so.
Dagegen sind Häuser, in denen Teller, auf denen Früchte, übel vermengt, vergessen werden, die Häuser von Toten. Reinhard Lettau: Flucht vor Gästen. Oder wie Eddie Izzard es formuliert: You get fruit, you carry it home, you arrange it in a bowl, and then you watch it rot! You never eat it really.
der Gedanke liegt nahe, dass auch die Erde ein Schaf ist. Das ist doch ein Schaf, deine Erde, sag ich, mach dich damit vertraut. wohingegen die Ziegen, auf getrenntesten Bergen, da machst du dir kein Kleid nicht draus, mir entgegenfrierend.
Nachschaun in den Taschenkalendern der vergangenen vierzig Jahre, was heute los war? Beobachtung der Dinge im Schrank in der Küche, Tassen, Gläser alle unvermengt mit ihresgleichen allein. Still wie Wild. Aus: Reinhard Lettau: Flucht vor Gästen.
in ron winklers gedicht „Junifigur“, in seinem neuen band „vereinzelt passanten“ heißt es am ende: „diese heilanstalt ist dir die liebste.“
„In the absence of a novel aha I will take a stirring huh? any day, and Ugh Ugh has huhs aplenty.“
Jordan Davis bespricht Joanna Fuhrmans zweiten Lyrikband: Ugh Ugh Ocean am 05. April 2004. Zu finden auf constantcritic.com.
Spediteure haben Gurte, sie packen die Pappen mit der Effizienz des nicht fahrigen Handgriffs, dann fahren sie weg mit durchdachten Paketen, denn die Belehrung muss heute noch in Elsaß-lothringen sein: was man gewohnt ist zu tragen, scheint entweder zu leicht oder aber genau richtig zu sein.
die erfindung der algebraischen geometrie sagte herr reichert (himmel, ein moderator wie ein prisma) war eigentlich, und da hatte er recht, ein zutiefst poetischer akt.
das e in evolution, sagte durs grünbein, sei das gleiche e wie in elegie und übrigens auch das gleiche wie in entropie. die sestina hingegen, sagte oskar pastior, lehre dem hirnforscher das denken, die kombinatorik der eingefleischten logik, but for a prize. a prize. dem hirnforscher der zukunft, der sich über sestinen beugt, als archäologe einer anderen gattung. science fiction. nicht dass es um human voices ginge (and we drown) – wir wollen stimmen zweiter ordnung erheben. der hexameter sei das leitmedium der metaphysischen dichtung, sagte herr grünbein. so kommt es daher, das sind seine schritte. schön auch: darwins – wie war das – kohledunkle augen – das bergwerk der taxonomie, i ve seen it all, der abgrund zoologischer augen, dann die labiale konsonanten-explosion am altersblinden plotin – der welt mangelt es an der beschreibung. es ist ja nur: die nachahmung einer vorstellung von nachahmung. „ach, mimisch, mimetisch, wer weiß“ – –
sagte frau christensen mit ihrer himmelhohen stimme, seiltanz und balance, und auch das e in eleganz gehört dazu, hab ich gedacht.
Ulrich wieder, der auf seine eigene Erscheinung eifersüchtig ist, „wie auf einen mit billigen und nicht ganz lauteren Mitteln arbeitenden Rivalen“, liefert uns im Kapitel 68 des „Mann ohne Eigenschaften“, mit dem Titel: „Müssen Menschen mit ihrem Körper übereinstimmen?“ folgende Überlegungen: „Merkwürdigerweise hat die Mehrzahl der Menschen entweder einen verwahrlosten, von Zufällen geformten und entstellten Körper, der zu ihrem Geist und Wesen in fast keinen Beziehungen zu stehen scheint, oder einen von der Maske des Sports bedeckten, die ihm das Aussehen der Stunden gibt, wo er sich auf Urlaub von ihm selbst befindet. Alle diese gebräunten und muskulösen Tennisspieler, Reiter und Wagenlenker, die nach höchsten Rekorden aussehen, obgleich gewöhnlich ihre Sache bloß gut beherrschen, diese Damen in großer Kleidung oder Entkleidung sind Tagesträumer und unterscheiden sich von den gewöhnlichen Wachträumern nur dadurch, dass ihr Traum nicht im Gehirn bleibt, sondern gemeinsam in freier Luft als ein Gebilde der Massenseele körperlich, dramatisch, man möchte in Erinnerung an mehr als zweifelhafte okkulte Phänomene sagen, ideoplastisch gestaltet wird.“
tibout und herbertine sind fein raus, sie schreiben ein buch, jahaa, das buch zum film. zu diesem zweck kaufen sie sich angler-westen, um schreibblöcke in jeder größe systematisch unterzubringen, ruhelose sony-professional-cyborgs. herbertine gibt in großer garderobe vor großem panorama die korrespondentin vor ort, fliegendes haar, bei gleichzeitigem helicopterstart. tibout sitzt zu hause, schreibt. vielleicht das ein oder andere bild von ihr beim tee kochen, papierkorb ausleeren, wieder rauf kommen, tee trinken, rauchen, tippen. computer ausschalten, schlafen gehen. so bilden die beiden den rahmen. herbertine, überall (kamerun, guadeloupe, togo, paris, damaskus, istanbul) mit dabei, führt interviews: „Und Sie, was tun Sie hier?“ tingelnd von grüppchen zu grüppchen, informationen durchgeben, mutwilliges misreading und faktentreue. nervensägen, rahmenhändler, rahmenhandlanger, parasiten. cocktails trinkend in der meta-hängematte. komischerweise, dachte ich später, kamen überhaupt keine einwände. [Wobei ja schließlich auch nichts daraus geworden ist.]
die tänzerinnen tanzten weiter bei neonlicht, zu, wie ich fand, ungemein uninspirierten industrial beats, während unsre laienkörper auf dem treppchen saßen und wir weiterhin, verzweifelt, über einen guten titel grübelten. .. dass keiner geht, bevor hier nicht .. bevor hier was? .. ich weiß es nicht ..
gedicht nummer 28 von edoardo sanguineti: reisebilder. daad, berlin, siebziger jahre.
>>
ich habe Genet verteidigt und das argument der furcht (in london schloß er: d’autres / vont vues tuer), mit schlechteren argumenten (von dieser art: die ethik / der furcht ist die sicherste – und die wahrhaftigste), gegen dein misstrauen und deine widerstände: / (ich habe auch gesagt: man sieht, dass Genet die menschen kennt – besonders die weißen): / ich gebe dir allerdings gerne zu, dass mehr politik vonnöten ist: //
und dass es schwerer -/ wiegende gründe gibt, für George Jackson zu unterschreiben: wie sein Brief / an Mrs. Fay, april 1970, mit seiner definition von faschismus: in diesem sinn / kann ich sogar sagen, dass viel von einem neger in mir ist, hereingelegt / wie ich mich fühle, in einen ebenso grausigen mummenschanz (auch wenn mir völlig / klar ist, dass ich ein mann der kleinen küstenschifffahrt bin, wie Mao sagen würde, / und dass es ein kleiner gedankenfisch ist, der in mir immer diese schrecklichen stürme entfesselt): //
<<
da müssen sie die herren feudel fragen – ich sagte: gut. und: danke für die auskunft. bin gegangen wie geheissen und fragte mich, was das wohl heißen mag, und was es wirklich hieß. ich hätte fragen sollen. ich hab nicht gefragt.
das glück macht euch traurig, bemerkte f. als er vom federballspielen zurück kam und wieder hin zu den freunden trat, die inzwischen ihr thema gewechselt hatten, nicht mehr von ungerechtigkeit sprachen, sondern vom glück, gedämpft, die augen ins weite gestellt. das war ein pfingstpicknick. wir lagerten unter bäumen. die moralische wanderpeitsche wurde erst später weitergereicht. oder war es kurz davor?
ps: leider, auch in diesem jahr versandete der versuch in zungen zu reden, obwohl wir uns zuvor (und auch fürderhin) an den händen fassten und erst die konsonanten, dann sogar die vokale ausließen. next time. die guten freunde. ich liebe euch. bleibt einfach da.
you know, the french, they have a word for decountrifying, sagte sie. kurz darauf fiel es ihr ein.
Javier Marias schrieb über Barthez, den Keeper im Tor der Franzosen, er sehe mit seiner gelehrten Glatze, seinem gestutzten Bärtchen und seinem charakterlosen Kurzarmpullover aus „wie die sommerlich gekleidete Karikatur eines Existenzialisten, wie der Hofnarr oder Helfershelfer jenes Winterwesens Beauvoir-Sartre.“ .. écume des jours ..
steigerungsform von pubertär. wenn gar nichts mehr geht, und die rauen kehlen quieken unter dem zugriff der hormone. they’ll be human again.
der übersetzer aus dem polnischen auf dem podium stellte die frage in den raum, was besser sei: im lichte der qualmenden lampe, oder: im lichte der blakenden lampe. letzteres war seine version, die bessere wie er meinte. qualmend, glaub ich, sagte der moderator mit seinen gedanken schon ganz woanders. kurz darauf wurde es ihm trotzdem klar. als wir dann nach acht stunden übertragung aus so vielen sprachen am berliner dom entlang zum alten museum gingen, machte H. publik, was für uns alle galt: „mir blakt der kopf.“ – aber, wie schön das war, wie schön.
das haar ist eine sendung, hab ich gehört, als beispiel für die schräggestellten aphorismen des ungarischen epikers. unmittelbar einleuchtend.
ob er auftragsarbeiten vorzöge wurde Adam Nádasdy gefragt. ja, hat er gesagt. die muse käme flinker einher, beim geruch von dichteradrenalin, ausgestoßen angesichts des herannahenden redaktionsschlusses. aber nein, ernsthaft, es sei anders, er habe eine box, in der er „notizen sammeln pflege“ und in der er auf nachfrage „pflege herumrummeln“. wieviel schöner ist das doch ohne den dazwischen zischenden infinitv. „ich pflege herumrummeln.“ I wish I would.
language-as-second-language-begriff – das ist schon richtig, verstummen plus verkümmern plus verstümmeln. all das gehört zusammen. und das gegenteil jedes einzelnen ist schon ein plan, ein plan gegen alle drei.
Wissen Sie, was Feudel sind? (Gewiß nicht.) Es sind – vielleicht aber doch – Wischlappen. Haben sie etwas mit ‚feudal‘ zu tun? Mit Sicherheit – den Zwang, sie vertikal einzuordnen, so schrieb mir Lorenz Wilkens. Von dort aus war es dann wirklich nicht mehr weit.
in der englischen übersetzung hieß es: He’s a sheep turd dried out by the turf. im gälischen original: ina chac tirim caora ag an mhóin. in der deutschen interlinearversion: er ist schafskacke, die vom torf getrocknet wurde. greagoir o’duill erklärte mir, es sei shit of vegetarian animals. but not fladen or äpfel. smaller. ich sagte: we need a animal-shit from A to Z, und greagoir o’duill: we need a langenschitt dictionary. am ende wurde daraus: Schafsköttel, über Torfflamme gedörrt – das ist er.
Es war nach den Eröffnungfeierlichkeiten für die Plakataktion „Literaturhäuser bringen Poesie in die Stadt“ – vorbildliche Kellner reichten bereits während des Festakts sehr vorausschauend Sektgläser in die Reihen, die sich dann im weiteren Verlauf der Ansprachen unter unseren Stühlen sammelten – später saßen wir im Garten des Literaturhauses und plauderten. Und ich suchte etwas, in meiner großen Tasche, die mich als mobiles Basiscamp begleitet. Was das war, weiss ich nicht mehr, I forget. Später, auf dem Heimweg, fiel ich nicht nur einmal mit dem Fahrrad um, sondern zweimal (and then she did it again) – zuletzt in meiner eigenen Straße und dachte: das ist ja nun wirklich sehr sehr. It was a cooperation of Lindenschmodder and Alcohol, erklärte ich Don Berger Jahre später.
sagte klaus heinrich in loccum und mit welcher leichtigkeit, verhalten schwungvoll, im bogen seiner hohen stimme, ihm das über die lippen ging…
im ungarischen ist nicht von einem fachidiot die rede, nein von einem fachbarbar – was passt, was besser passt, viel besser. Lorenz Wilkens schrieb mir daraufhin: „der Fachbarbar hat es mir angetan, der kreuzfeudale. Zuerst konnte ich das Wort gar nicht lesen. Ich kam nur bis „fachbar“. Aha, ein Adjektiv. Warum nicht? Eine Sache, die ins Fach paßt, eben fachbar ist. Doch dann noch einmal ‚bar‘. Nun ja, die Bar, also: die Fachbar-Bar. Was gibt es da? Ja, die üblichen Schnäpse schon, Pernod, Scotch, Metaxa, alle, die eben fachbar sind. Doch alsdann: d e r
dass B. eine kreuzfeudale person sei, hab ich gesagt, und dass es sich gehört, dass es sich jetzt endlich mal gehört, dass jemand anderes als sie die postfreudianische psychoanalyse im feuilleton vertritt.
..you re welcome..
oder hieß es nicht „in ewigkeit ananas und champagner“ – ich weiss es nicht mehr genau. es war spät, und wir hatten getrunken.
Ich mag den gmx“ in deiner Addresse, klingt via ein sports car Bewegung of the Mind“, schrieb mir Don Berger, nun hat gmx kürzlich den ganzen laden gerelauncht und ich bin sehr unzufrieden damit.
„Der Bahnhofsfußboden lässt das Rückgrat vereisen. .. Die Augen sehen keine gebratenen Buletten und keine weiblichen Reize. Sie sehen banale Heizkörper.“ Oder sie sehnen sich nach dem „Eingeschlafenwerden“, dem seligen Moment des „Verlusts der Empfindungen“.
Ilma Rakusa über Wenedikt Jerofejew: Aufzeichnungen eines Psychpathen. Aus dem Russischen von Thomas Reschke. Mit einer editorischen Notiz von Sergej Gladkich. Tropen Verlag, Köln 2004. 191 S. NZZ am 29. Juni 2004
„Denn die Kultur schneidet dem Ausdruck der Liebe das Gebet des Körpers immer kleiner vor – diese hagere Gouvernante nahm uns erstlich den ganzen Körper dessen weg, den wir lieben, dann die Hand, die wir nicht mehr drücken dürfen – dann die Knöpfe und die Achseln, die wir nicht mehr berühren dürfen – und von einer ganzen Frau gab sie uns nichts zum Küssen zurück als (wie ein Gewölle) den Handschuh. Wir manipulieren einander jetzt von ferne.“
Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Elfter Sektor.
das wort gram eröffnet im begriffsstudio eine neue reihe: alte worte mit vier buchstaben. (aus dem pfeifer: etymologisches wörterbuch des deutschen)
>>
Gram: zürnen, grollen, voll unmut, böse sein. Ahd (um 1000), mhf. asächs. mnd. aengl. mnl. nl. gram. anord. gramr „feindselig, erzürnt, wütend“, dän. gram „böse“ steht im Ablaut zu den unter Grimm angeführten Formen. Siehe Grimm: die Gruppe, zu der auch die verhältnismäßig spät in der Literatursprache nach zu weisenden, aber vermutlich älteren Nominalbildungen I n g r i m m m, „mühsam unterdrückter Zorn, Groll, Erbitterung“ (18. Jh) und i n g r i m m i g Adj. „erbittert, zornig“ (17. Jh) .. schließt sich griech. chróme, chrómos „krachender Laut, Gewieher“, aslaw, „donnern“, russ. gremét „donnern, klirren, dröhnen“, lit. graméti: „mit Gepolter fallen“ an.
<<
und wer gewinnt? ich würde doch sagen: die litauische wendung: „mit gepolter fallen.“
der anhang gibt an: Haselant, Hasenfuß, auch Possenreiter, hier wohl synonym mit dem vorausgehenden Faselhans.
eine kopfverleiherin. bezahlt und unbezahlt.
Könnt ich seinen ersten Kuss tausendmal brennender abmalen: ich tät‘ es; denn er gehört unter die ersten Abdrücke der Seele, unter die Maiblumen der Liebe, er ist die beste, mir bekannte Dephlegmation des erdigen Menschen. Nur ist es in diesem deutschen und belgischen Leben nicht möglich, dass der Mensch über fünf oder sechs Male zum ersten Mal küsse. Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Siebzehnter Sektor.
„Ehre und Tugend waren bei ihr keine leeren Worte, sondern hießen (ganz gegen die Kantische Schule) der Zeit-Zwischenraum zwischen ihrem Nein und ihrem Ja, oft bloß der Ort-Zwischenraum. Ich sagte oben, sie hatte immer eine Ohnmacht, wenn der Montag ihrer Tugend war. Es lässet sich aber erklären: ihr Körper und ihre Tugend sind an einem Tag und von einer Mutter geboren und wahre Zwillinge, wie die Gebrüder Kastor und Pollux – nun ist der erste, wie Kastor, menschlich und sterblich, und die andre, wie Pollux, göttlich und unsterblich – wie nun jene mythologische Brüderschaft es pfiffig machte und Sterblichkeit und Unsterblichkeit gegeneinander halbierten, um miteinander in Gesellschaft eine Zeitlang tot und eine Zeitlang lebendig zu sein: so macht es ihr Körper und ihre Tugend ebenso listig, beide sterben allezeit miteinander, um nachher miteinander wieder zu leben. Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Neunundzwanzigster Sektor.
er sei selbst auf den höchsten gipfeln noch immer tiptop rasiert gewesen. nun ja, die fotos zeigten ihn eher krypto-tiptop rasiert, doch in den reinsten stolz gehüllt, die aura der bemeisterung vor einem hohen himmel, hoch, höher und nicht anders als blau.
im gegensatz zum fischereihafen, eineinhalb meilen die schotterpiste runter, bot unser balkon den blick auf den rentnereihafen, aus dem alte männer am frühen morgen mit kleinen booten mit lämpchen oder sonnenschirmen (bieten sie den fischen als köder den schatten jetzt) ausfuhren. das leere meer, die mühsal und der kleine fang.
eine disziplin, in der ich bereits nach wenigen tagen auf der insel beträchtliche erfolge verbuchen konnte.
solche fahrten boten uns die bootsverleiher an. wir lehnten höflich ab.
der versuch, sich einen nassen gram vorzustellen, einen am frühen morgen betauten gram, ein gram im fluss – nein, nein, gram fließt nicht. take it from me.
nach weiteren tagen auf der insel erreichten wir die lockerungsstufe drei – wir wurden albern und konnten nicht mehr zurück.
Bei denen von Arnim oder Der Morgenrock des Stipendiaten – einige Auslassungen von Steffen Popp.
schau mal hier, sagte ich und reichte ihm das donald-berger-buch rüber, und er las:
>>
The Leader Board
One of us is lost. How do we know? I would need to figure our expense and wipe things dry. You would need a meat dish and a tablecloth the size of
London.
Entering is easy, even birth is good. But before those times and after, homeliness mounts. Too confused or tired to say what you’ll become. Driving to villages that want to be called towns. Needing a city because you don t know the names of things.
The trees in those villages said something.
It sounded like scoffing.
Gradually, like birds realizing their knees aren t there
(they didn t have any use so why bother),
sour nerve cells are checked with the same exactness as mine. A woman is telling us that time has no way of knowing. We might as well lsit, she says, in a warm room. The stars at one time used to know. Maybe they still do, but who wants to look at them anymore?
<<
gut, sagte er und gab mir das donald-berger-buch zurück: nur: vögel haben kniee. birds do have knees, and they bend the same way our knees bend. the part of a bird’s leg that bends backwards when it walks is the ancle. daraufhin considerte ich formen of mental kneelessness.
ich will das kreuz des südens sehen, sagte o, und: unbedingt, sagte sie. wir schauten nach oben. da gab es schon vereinzelt sterne, den einen oder anderen. nach einer weile sagte t.: ich weiss nicht, das sieht aus wie der große wagen umgekippt. dann gingen wir weiter, und ich fragte mich, was er wohl geladen haben mag, und was nun kollerte und kullerte und in die ecken rollte.
und ich denke immer lidrandkäfer, aber das kann nicht sein, wie heißt denn dieser käfer. gelbrandkäfer. gelbrandpflege, dann? gel brand pflege? aloha aloe vera.
der fluss übergeht in den milchigen himmel
eine schmierige mischung, die mündung
(es war ein warmer, ein so warmer tag) der geruch etwas faulig, oder einfach nicht salzig
ein komisches, endzeitliches meer, das schilf vor der skyline, klopfen und trommeln, hier ist
ein anderer tag, oder sind es wir, es sind wohl wir, bei licht besehen betrunken.
das wort bodendunkel geträumt und es war ein gefühl von etwas, einer lade, links unten nach einer treppe (schummrig und treppab), neben dem schrank, ein sehr besondres dunkel, vielleicht auch ein wenig wie dieser schal?
super bandname, sagte A., sehr viele verschiedene schichten zitierend.
„Das Chinesische war, neben dem Russischen und Arabischen, die Sprache, auf die sich Robin am tiefsten und nachhaltigsten eingelassen hatte. Doch während die monolithische Zeichenstruktur seiner Ideogramme ihm ein <<Abgrund>> war, faszinierend und destabilisierend, war ihm das Russische ein Daseinsgrund: <<la plus constante de mes non-patries>>, nennt Robin die russische Sprache und Poesie, <<das beständigste meiner Nicht-Vaterländer>>.“
Aus: Theresia Prammer: Ich lebte als hätte ich vierzig Leben. Armand Robin, Dichter und Umdichter, in Zwischen den Zeilen 23, Oktober 04
und kam in unser büro, brachte kohlen-drops und kleine weihrauchhäufchen aus einer bulgarischen kirche mit und zündete sie nebenan in der kulturredaktion an, sagte dann: dieser mann hat einen sex. und die juttas in ihren duplex-pullis fingen dann sofort das nesteln an, an ihren strippen, über den schultern – er müsse nochmal dahinter kommen, sagte er nach einer pause, schon im gehen und verschwand. der weihrauch blieb. nachtrag:
„Eine andere Darstellung dieses poetischen Reiches wäre auf der île des locutions auffindbar, die Flaubert sich in einem nicht ausgeführten Entwurf ausdachte, und auf der alle Redefiguren unverzüglich in Wirklichkeit umgesetzt werden.“ Aus: Hans-Jost Frey: Die Unübersetzbarkeit der Metapher, in Zwischen den Zeilen 23, Oktober 04
Hierzu – geradezu zwingend, die große Akademie von Lagado: „Es wurde deshalb folgender Ausweg vorgeschlagen: da Wörter nur Bezeichnugen für Dinge sind, sei es zweckdienlicher, wenn alle Menschen die Dinge bei sich führten, die zur Beschreibung der besonderen Angelegenheit, über die sie sich unterhalten wollen, notwendig seien. (..) das bringt nur die eine Unbequemlichkeit mit sich, dass jemand, dessen Angelegenheiten sehr umfangreich und von verschiedener Art sind, ein entsprechend großes Bündel von Dingen auf dem Rücken tragen muss, falls er es sich nicht leisten kann, dass ein oder zwei starke Diener ihn begleiten. Ich habe oft gesehen, wie zwei dieser Weisen unter der Last ihrer Bündel fast zusammenbrachen, wie bei uns die Hausierer. Wenn sie sich auf der Straße begegneten, legten sie ihre Lasten nieder, öffneten ihre Säcke und unterhielten sich eine Stunde lang; dann packten sie ihre Utensilien wieder ein, halfen einander, ihre Bürden wieder auf den Rücken zu nehmen, und verabschiedeten sich.“
Jonathan Swift: Gullivers Reisen. Dritter Teil, Kapitel fünf.
alles, was auf seite zehn steht, in b. oleschinskis buch: geisterströmung. in welchen sprachen kann die seele haare haben? noch haare haben? ein flaumiges haften auf dem weg.
bis 1733 allesamt anagramme aus: when love goes wrong nothing goes right
auf einem plakat gesehen und wieder so – wieder so gerührt von der vokalen perfektion, ein abgrund, eine flatternde fülle.
das G – die mitte einnehmend. (gutturale media)
nein, nein: und schwach und schwächer schaukelt jede welle ihr silberblatt. dann gehören die krepierten wellen jetzt mir. ja, sagte O., mach damit was du willst.
merktechniker auf einer einprägsamen exkursion der blauen flecken. und würde man dann die verschiedenen schmerzreize hierarchisieren, hätte man beim gedächtnistraining die sicherheit des gebrannten kinds.
einen reim sich auf den abend machen – harttrabend. tsa pomnyi – es gibt keine ponies in dem gedicht. gibt es schafe, denn?
heulen bei durchgenudeltem gemüt und der freejazz-fußwippe des verstands und am ende liegen die taschentücher da wie ein leeres päckchen kippen, das mit dem abgefederten vorwurf des selbstgewollten sagt: war s das jetzt?
reimportierter trost. ja das verpassen der zeit schon wird mich hochziehen.
bleibe in blumen. stay in flowers.
guppy kawaweck. an der dummen ecke standen wir. das ischt eine dumme ecke, sagte P., an der wir hier stehen. B. stieg ins taxi. L. sagte: there is so much love, und: das gegenteil von sadness sei nicht happiness, sondern love. wir schauten dem taxi nach, verließen die dumme ecke. V. sagte uns später, er habe geweint.
und mit den armen habe er gewedelt als er aus der kammer links der bühne in stralsund hervorbrach und sie habe ihre liebe not mit ihm gehabt und ihn wieder zurückgesperrt, in die kammer. „ein peinlichkeitserotomane, wohl“, bemerkte L. ganz treffend.
ihr wolken, meine schrecklichen schäfchen… las ich im flugzeug, im ausgeliehenen buch. und die sonne, am nächsten morgen, sah aus wie ein knopf im weißlichen himmel. eine nach dem andern, immer bergan.
ob wir denn wirklich keine quiche wollten, wirklich? nur noch diese einzige quiche. entschuldigen sie. nein. wir können nicht mehr. das angebot wurde so lange wiederholt, bis P. sich zu mir wandte und sehr leise, sehr deutlich sagte: quiche my ass.
ich muss es in ottersprache sagen, anders geht es nicht. ja, manche dinge, sagte ich, lassen sich nicht anders sagen als in a vollkommen idiotisch lengwitsch. sis helpsss.
oder war es doch: othering the otter.
ob er jetzt den leiermann einlesen solle, tak, tak, tak, den leiermann. da hat die leier einen rhythmus und der wunderliche alte hat ein holzbein.
schluss der zauber. aus der zauber. schluss. aus.
ja, was man halt so macht.
Wir sitzen zu dritt in der dunklen Lamelle, in der Faltenwirtschaft des HKWs, und um uns her wird die Schönheitsausstellung eröffnet. Aber wir sind unkooperativ, weil angetrunken und aufgekratzt. Der Argentinier erzählt, wie er damals während eines informellen Pferderennens die Autobahn mehrfach überquert habe. Vom Feld her kommend, über den Seitenstreifen,vohne zu bremsen (Zügel geht nicht, weil Pferd ist Wahnsinn!) auf dem Straßenbelag, der harte Aufprall der Hufe, Schnelligkeit, die Zügel, das Pferd. Und das wie rasend tickende Vor und Zurück des Pferdehalses. Und das sei eine Pferdinne gewesen, ja, immer nur hätten sie Pferdinnen gehabt, wie Gaucho ohne Schrank mit Stuhl aus Schaf. Rätselhaft waren bloß der Schrank (es stellte sich schließlich heraus, dass Steigbügel gemeint waren) und seine Bemerkung, dass es sich bei Fehlern nur um die Körpererfahrung von Gedanken handele.
das stubengebundene gewerbe und die alltagsfeindlichkeit der lexika, hand in hand – wo immer sie nicht hingehen. wo immer die beiden nicht auftauchen. wo immer. dann aber immer zu zweit
“That is what I mean. ‘Windless, bony dusk’ is rather good, but in prose it is just too pleased with itself. A poem I am not writing yet might chasten it.” Marie Kinzie: The Poems I Am Not Writing. Auf poetryfoundation.org, 8. November 2005.
„Unser Armutszeugnis besteht darin, dass es so leicht ist, vornehm zu sein, aufgrund (Nichtvorhandenseins, Akzeptierens des Nichtvorhandenseins) schnöden Geldes. Manchmal ist es dennoch besser, wenn man Geld annehmen muss/kann. Nicht nur Monadenmoneten, wie auch die Evidenz so etwas ist. (Oder ‚himmlisches Metall‘. Wortvariante meiner großen Begeisterung für Heavy Metal.)“ Aus: Deszö Tandori: Langer Sarg in aller Kürze.
das machten die freiwillig, die gäste machten das für die gäste, die alten für die neuen, maintaining und caring, und nicht zuletzt auch etwas, wie soll ich sagen, implosiv. leider kann ich da inzwischen nicht mehr hingehen, nachdem ich über netze das wichtigste lernte, dass sie nämlich sich weiten, je nötiger man sie hat. such are moments. und dann auch schon wieder vorbei.
übersetzte s. aus einem buch, das er irgendwoher hatte und das auch, so hieß es, irgendwie minderwertig war, im grünen halbmond der samtpolster, in der hotelbar im sechsten stock, hinter ihm, beleuchtet, die farben der basilius-kathedrele, und ich dachte: der basilisk will schlafen gehn, und warn nicht so auch seine augen, und wenn, dann auf skiern. schlafen auf skiern.
und die kleine, quadratische serviette vor mir hab ich vorschläge angenommen, jemand sagte, das gelingen von wahrheit. einsicht, sagte jemand andres, vergessen, liebe, ankunft, tod, weite. und das achte kann ich nicht mehr lesen. das ist der moment, in dem die mafia zugriff auf dein konto hat.
und habe in einem fort schlaf verbrannt, bis die luft, die durch die ohren einzuströmen schien, merklich kühler wurde. das nächste wäre dann die ohnmacht, dachte ich, und musste gehen, am tropenfoyer vorbei, immer den gang runter. und analphabetismus war ein tunnel.
oder stellen sie sich bitte vor: einen parkplatz, in der höhe, darunter die stadt, nacht, stadt beleuchtet, im stadion verlöschen die lichter rundum und im kreis, stellen sie sich das bitte in moskau vor, stellen sie sich vor, eine völlig betrunkene frau in stiefeletten mit pelzbesetz, die jeans hineingesteckt, pinkfarbene, zu enge steppjacke, eine bierdose in der hand, schwankend führt diese frau nun über den parkplatz zwei schlaftrunkene pferde, und es ist mitten in der nacht und die frau taumelt, führt die pferde auf dem parkplatz hin und her, und die auf pferderücken aufgebockte touristen machen lange hälse und jemand sagt, lasst uns wieder in das auto steigen.
daran denken, wie in lana in den südtiroler bergen im august der knappbeinige, langhaarige assistent des buchhändlers auf mich einsprach und ich immer nur shopping hour verstand, wo, wie sich später herausstellte, schopenhauer gemeint war.
ich weiß zwar noch, wo und wann die ikea-leninisten zustande kamen, aber nicht mehr wie. obwohl ich sogar über zeichnungen verfüge. das kommt eben davon.
das habe ich eigentlich gelernt, beim lehren. immer wieder nach dahlem fahren. was die studenten wissen und was nicht und was sie wissen wollen. und eine, die immer schon alles wusste, nur eines nicht, dass der stete umgang mit dem vorgewusste nämlich gar nicht so günstig war, und etwas wie das gegenteil von denken. und dass sie sich am ende dennoch bedankte. ein halbes jahr hab ich meine ganze zeit dahin getragen, nach dahlem. und einer sagte mir am ende, er würde, wenn ich es erlaube, für mich beten, falls ich aufhörte zu rauchen. und ich rauchte nicht, für mehr als zwei stunden. institution und gnade, war das thema. das nächste thema wird sein: institution und vermittlung.
die richtung stimmt, aber stimmt die mischung? das wird die kommission entscheiden müssen, falls die kommission zustande kommt.
ja, nein, du hast gar nichts getan. gar nichts. du musstest auch nichts tun. und du wirst auch nichts tun. in zurückhaltung verballt – ein kokon, worin gar nichts reift und nichts passiert.
jeden tag, wenn ich die treppe heraufkomme oder herunter, diese letzten besonders steilen stiegen, denke ich an frnz, das war sein abschnitt gewesen, damals, als meine bücherkisten ins hinterhaus expediert werden mussten. dann denke ich: frnz, am bodensee. die steilen stiegen. und dass es ihm gut gehen soll, dort. und dass dann bald der ganze see expediert wird, ein großes, schweres instrument, das die bühne fluten wird und das schwappt und schnorchelt, ganz auf frnz geheiß, plopp, pling und plong.
ein pastöses pathos, was darunter atmet ist dann nur noch die wand. sie ist feucht. die bröckelt. stumpf gewelltes darüber. will sagen: darunter ist es auch nicht besser. lass den spachtel wo er ist.
und es sei nicht übertragbar gewesen, das mit den fässern und den pferden, die sich daraus nüchtern trinken, die trunkenen pferde, und wie sie sich drehen, das stakkato der behuften derwische, und wischt mir der schweif, wischt mir die mähne, trifft mich der hals, die pulsenden venen daran und zeigt mir was ’ne harke ist, und dreht sich, dreht sich, der rotblonde fuchs, lichtreflexe, und die mähne bleibt im stoppelbart des so besuchten winzers hängen, das ist dann schon der rand des ritus, aber die pferde, in seiner mitte, die sich aus den fässern, die sich immer wieder füllen, nüchtern trinken, und das alles würde fahrt aufnehmen, wieder fahrt aufnehmen und sich in sich drehen, und dagegen, und mittendrin die trunkenen pferde, und das sei dann diese liebe, die einen eigennamen hat, der der tradition entspringt, der auch nicht übertragbar sei – jedenfalls nicht mit dem zeilenumbruch im blick, und wenn all dies nicht übertragbar wäre, welches leid, das kann nicht sein – himmel, dacht ich, himmel, wir müssen an der sprache reißen, dass das doch noch geht.
in meiner handschrift eine notiz am heftrand. von wem? von mir? kann ich das nun einfach hernehmen, und etwas damit machen, oder gehört es jemand andrem? (Es wurden keine mit Ihrer Suchanfrage – dies gammlige sperrige zeugma – übereinstimmenden Dokumente gefunden.) das will nichts heißen, und schon gar nicht, dass es mein gammliges, sperriges zeugma ist.
Auf der (archivierten) Internetseite des Silvan S. Tomkins Instituts ist folgende biographische Information über den großen Psychologen und Affektforscher zu finden: „Unable to find scholarly employment during this period of the Great Depression, Tomkins spent the next two years in New York City gainfully employed as a handicapper for a racing syndicate, success he attributed both to his remarkable ability to ‚read the faces‘ of race horses and the willingness to assemble and study detailed records on horses, jockeys, and the tracks they raced.“
der kragen ist gestärkt. alles sitzt. nur einer nicht. das ist der agit-proper.
dismantling the birches. dismantling the birches. dismantling the birches. dismantling das mantra. dismantling das mantra. dismantling das mantra. das entfernen der birken. die abmahnung des mantras.
so ein häufchen liebe, als hätte man im gleichen nest gelegen. wenn die lebewesen sich begrüßen und man selber gar nicht mal dabei sein muss. und sich nur eine frage stellt: wo warst du die ganze zeit?
am ersten tag des jahrs das buffet geklärt, mit bedauern und erleichterung. wir essen von allem noch einmal etwas, hatten wir gesagt, das wäre unsere referenz an die reste. nur aus dem trog mit dem plüschpudding brachten wir nichts über die lippen.
die bewässerung von affekten, das verklappen im brustkorb, das loslaufen der tränen, jedoch weniger tränen, sondern eher etwas wie kühlflüssigkeit, gegen das heißlaufen ästhetischer erfahrung.
und habe wieder einmal nichts als ein bein als antwort bekommen. es war ein männerbein. es war ein frauenbein. und dann saß ich da in der enge, im parkett, dritte reihe und hatte dieses bein auf dem schoß, irgendein stück wurde gegeben (goldoni?) und etwas an mir, oder etwas am bein war aus zartem filz und geschmeidig hell und rot. ein hütchen womöglich. während ich noch nachsann, bewegte sich die mähmaschine am abhang und etwas wie ein klappgelenk aus rauten sorgte, ein und ausfahrend, für die balance. bein, sie hat bein gesagt.
nein, nicht von zweiunddreißigern, von zweiunddreißigsteln ist die rede. ich tausche arcade fire gegen haydn aus, und spüre eine deutliche erleichterung und ein steigen der stimmung. schmelzwasser. schafe. gelernte temperaturen. das knacken der gelenke. bauformen. die unmittelbar emotive kraft von musik. die längen eines synästhetischen entwicklungsromans. eine tonspur ohne ton. über musik sprechen, das große WIE. ein klang WIE ein campingplatz außerhalb der saison. WIE ein leergeräumter bungalow. WIE c-dur. WIE die raserei der zweiunddreißigstel. WIE WIE. sag es ohne WIE. wie? How’s where?
wenn dann später mal die andern kämen, also die Ganz-Andern, die nicht einmal mehr non-human wären, weil diese unterscheidung keinen sinn mehr hätte, dann könne man diese texte hernehmen und würde verstehen, würde unsere darin patinierte gegenwart verstehen.
der mensch, in der weiten nacht des unendlichen, ist öfter fürchtend als hoffend. aberglaube ist öfter drohend als verheißend. und wie stelle ich das dar: „Als Mitteltinten der dunkeln Farbengebung mögen noch das Durcheinanderwerfen der Völker, die Kriege, die Pesten, die Gewalt-Taufen, die düstere Polar-Mythologie im Bund mit der orientalischen Sprach-Glut dazukommen und gelten.“ jean paul: vorschule der ästhetik. kapitel: quell der romantischen poesie.
so zärtlich, trocken und rauh, aber auch ganz leicht nach außen gewölbt, rund und zusammengesetzt über einem gelenk sind diese gänsepfötchen, in denen klaus heinrich darauf hinweist, dass sich platon die idee sicher nicht „materialistisch“ vorstellt, sondern ihr eingebildet, in die materie hineingedacht. (dahlemer vorlesung zur psychoanalyse VII, fünfte vorlesung).
entlassen aus der arbeit am projektiven, eine fabrik in der es immer nur bis HIER geht, immer nur bis HIER, aber da birst und glückt und klirrt die maschinerie, dass es eine blendung hat. ach, sie stellen sich das nicht vor, wie es da aussieht, und wenn es aufhört, wenn es aufhört, steigt weder rauch noch fällt ein vorhang. hinweise auf ein ende geben allein die momente an der torkel.
da machte die psychoanalyse ihre arbeit, kategorisierend. denn: „War es denn nicht selbstverständlich, dass dieselbe Erscheinung einerseits unendlich mannigfaltige Formen zeigt, die andererseits immer wieder gleiche, zumindest ähnliche Strukturen aufweisen? So kannte man es aus der Natur, die, die man deshalb so schön hatte einteilen können in Gattungen und Arten und so sollte es auch in der Fauna der seelisch Kranken sein, die man aus der Freude des Wiederekennens ebenfalls so schön in Gattungen und Arten einteilte.“ (heinrich, dahlemer vorlesung zur psychoanalyse VII, fünfte vorlesung)
eine schlagzeile in diesen tagen, bis zu den schultern watend durch eine landschaft aus gefühltem, routiniertem, aus dreck und gelee. sieht alles gleich aus – oder sieht alles gleich ganz anders aus. dieses vorhalten der nichtfindigen dreckslashwelt. am morgen auf den reitern das herzeigen des gestern gesetzten, am rechner, am rechner. mit was machen wir auf? damit machen wir auf. nein, täuschen sie sich da mal nicht. es ist ja so: was man verkaufen darf, darf man auch bewerben. ich mach jetzt gar nicht mehr auf. ich erwarte vorerst genugtuung. und so lange das nicht der fall ist, werden sie von mir nichts als ein bein als antwort bekommen. bein.
das hätte so eine emsige tristesse, sagte L. während er irgendetwas anderes tat, tee kochen, oder auf ball sitzen, oder brennen? die haare waren so vom denken her, und die decke um die beine. nur was war es noch, das diese emsige tristesse an sich haben sollte. ich kann mich nicht erinnern. es wird immer schlimmer. was ich nachts erlebe, wird im schlaf gelöscht. oder ist es nur, dass auch dieser tag noch dazu gehörte. auch an diesem tag war alles, das sich äußerte eingemacht in so ein urzeitlich angeschliffenes gelee und pekuniär plessierten dreck.
Auftritt in Rahmen eines Salon, an dessen Ende mir auf der Schwelle zum Treppenhaus eine Visitenkarte in die Hand gedrückt wurde: Finanzberater für Heilwiesen. Heilwiesen? Nein, falsch, Wiese sei ja durchgestrichen, korrigiert in: Heilwesen. Aber ist das nicht noch weirder? Nein, nein, es handele sich um einen Fachbegriff aus dem Versicherungswesen, wurde mir erklärt, so könne zum Beispiel in der Heilwesen-Haftpflicht ein Anspruch entstehen, wenn ein Krankenhaus, ein Arzt oder sonstiger Angehöriger eines Heil- oder Pflegeberufs durch einen Fehler einem Patienten einen Personenschaden zufüge. O, verstehe. Kaum aus dem Haus, warfen wir das soeben verdiente Honorar mithilfe von hochpreisigem Weißwein, hochkant aus dem inneren Fenster.
ein fürchteparadies schlug ich mich vertippend vor, einzurichten in einer ecke der für den täglichen bedarf viel zu großen brasilianischen wohnung (man bekommt keine andern), dort könnte man sich täglich zwanzig minuten fürchten, dann die ecke getrost und mutig wieder verlassen und aus dem haus gehen.
Da die Poesie mehr das Schicksal als die Gesinnung des Sünders entschleiert: so steht – weil im Leben dieselbe Zufälligkeit des Missglücks die Tugend wie das Laster trifft – unsere moralische Kraft gegen die ungleichartige Ausgleichung der innern und äußern Welt, gegen bestraftes Laster wie gegen unbelohnte Tugend auf. Und was hilft ein Schiffbruch pestkranker Teufel? Sie stecken eben strandend an. jean paul: vorschule der ästhetik. kapitel: materie der charaktere.
das museum für antike seefahrt in mainz ist ein sehr angenehmer ort. es ist eine weite und freundliche halle. darin stehen schiffe und reste von schiffen. und schaut man in die werkstätten, rechtsseitig, dann schaltet sich eine idee von handwerklicher sorgfalt und sorge hinzu, dass man ganz weich und dankbar wird.
die kamen im traum zu mir. eine kommission lehnte an einem tisch, schmal wie ein bügelbrett, der sich unter einem schweren stapel von papieren, eingaben und referaten bog. es hieß, man habe alles neu geordnet und nun wurde ich herangewunken und folgte der anweisung wie ein zahmes tierchen. ich sei von heute an sternzeichen „topfig trottelige titten“ wurde mir mitgeteilt und müsste meine existenz nach dieser vorgabe neu bestimmen. kurz darauf fuhr ich mit einem auto einen pilz herauf, in dem sich ein multiplex-kino verbarg. ich kann allerdings nicht sagen, ob es für mich und die mitfahrer, die sich im übrigen nicht zu erkennen gaben, noch tickets gab.
wir kamen in den showroom, tröge voller eis und bierflaschen, halbdunkel, aufbauten, das sind also die brillen, die man heute trägt. aha. und das? und das? und er sagte: das sieht ja aus wie „tupper gothic“ und man hätte es besser nicht sagen können.
entzückt nahm ich zur kenntnis, dass er zum typus des toxisch-mimetischen trinkers gehört. seine bereitschaft zur anverwandlung nahm minütlich zu, er ähnelte sich seinen jeweiligen vorrednern an, tränkte hin und herschaukelnd einmal die eine, dann die andere seite der kontroverse. ob ich an ihm riechen dürfe, fragte ich. ja. ob ich nochmal an ihm riechen dürfe. ja. kurz bevor ich ihn fragen konnte, ob er mir erlaube seine wimpern zu berühren, entschloss er sich zu gehen und ich wüsste nicht, welche strafe auf das riechen an redakteuren stehen sollte. keine, ganz gewiss.
diesen begriff verdanke ich lorenz wilkens, der mir auch den kontext dazu schenkte: „Der 2000. Begriff – ich muß Sie auf die chiliastische Bedeutung des Augenblicks nicht hinweisen. Für die Begriffe – begriffs – beginnt das Reich des Geistes! Doch stammten sie nicht immer daraus? How to cope with this embarrassment? Ich bin indessen vor allem gespannt, was nun kommt. Den Augenblick selbst kann ich unglücklicherweise nicht miterleben. Das chiliastische Gelächter – Joachim di Fiore versank in dem Ernst seiner Sehnsucht.“
Da muss man erstmal schauen, ob man alles noch hat (Schlüssel, Notizbuch, Geld, Feuerzeug..) hab ich wirklich noch alles, und falls nicht, dann kann ich guten Gewissens sagen: I lost it at the movies.
Was da eine Zeit reingeht. Das ist doch fürchterlich. und doch: ich kann es nicht gut sein lassen. Da machste was mit, und: how much longer. How much longer. Entspann dich, meine Liebe. (Der Wahnsinn der Entspannung…)
Wer hält mich denn im Plural – wer hält uns? Wer nimmt das auf sich? Wir nehmen das auf uns. Da fragt sie: Was soll das denn sein? Grammatik?
Von kitchen sink satanism spricht man, wenn in den kitchen sink realism der britischen Film und Kulturgeschichte (der 1960er Jahre) ein seltsamer Ton hineindiffundiert. John Bratby übrigens ist der maßgebliche britische Spülenmaler, »the man who put everything but the kitchen sink, including the kitchen sink, into his art«. Ein anderes Waschbecken-Gemälde ist jenes, das das Atelierwaschbecken von Lucian Freud zeigt, über das Franz Schuh in seinem Buch Fortuna schreibt: »Freuds altes, verrostetes Waschbecken zeigt das Sehen selber. Gleichgültig, was es zu sehen gibt, dass man es sieht, ist ein Glück. Das Glück wird einem durch die Darstellung des Künstlers klar. (…) Ein Waschbecken, was immer auch sein Verwendungszweck sein mag, ist natürlich unschuldiger als jeder Mensch, der ein Schicksal im Fleisch eingezeichnet hat. Man sieht ein Waschbecken weniger voreingenommen und kann sich aufs glückliche Sehen besser konzentrieren.« (Franz Schu: Fortuna) Und eine weitere Stimme: »Caroline Blackwood, who was married to Freud in the 1950s, pointed out that he had an ability to make people and objects seem ‚more themselves, and more like themselves, than they have ever been – or likely will be. ‚When Freud paints a sink, ‚ she wrote, ‚it gives off a ’sinkishness‘ so powerful, it seems to exceed what even sinks can exude.‘ Gaby Wood: Diary, in LRB, Volume 45, Numer 11, 1 June 2023.
Alexandriner, sagte sie, als sie den Hörer auflegte. Unsere Einbildungskraft war zu diesem Zeitpunkt bereits derart gelockert, ja manisch unterscheidungslos, dass sie den semantischen Filter einfach überrannte und mit einem „jambischen Intim-Tattoo“ zurückkam, das zwar das Versmaß in jeder Hinsicht bediente, nicht aber den Sinn. Übersetzung: in der Tat eine unendliche Aufgabe.
Auch das ein Eintrag aus der Reimhölle, ich kann allerdings im Nachhinein nicht mehr zurückverfolgen, wie der zustande kam. Nur die Vorstellung, dass ein vorsichtiges Winken, von weither, eine destruktive Gewalt haben könnte, scheint ungeheuerlich – wenn sich mir nur der dazugehörige Kontext erschlösse. Später saßen wir im tschechischen Speisewagen, und kaum glaubhaft: H. winkte einem Bahnwärter zu, der aus der Höhe seines Türmchens auf den vorbeifahrenden Zug herunterblickte und ich schwöre (ich habe Zeugen): Er winkte zurück. Das traf in die Übermüdung hinein wie ein Blitz.
Und ich gab ihr den Brief zu lesen und sie las ihn und zitierte die Worte einer ungarischen Wahrsagerin, die ich hier nicht wiederholen kann. Aber du hast ja überall Netze eingezogen. Ja, sagte ich, das hab ich. und sie sagte: Geradezu maßlos eingerüstet, das ganze, und gab mir den Brief zurück und sagte abschließend: hemmungslos schüchtern. Mehr muss man dazu nicht sagen.
Dann hab ich einen weiteren Brief geschrieben, einen Brief, von der Restbeschleunigung aus der Reimhölle herausgehetzt. Zu ausführlich, zu lang, und mit der Präzision einer Schrotflinte abgefasst. Und das, obwohl in der ersten Antwort bereits die Enttäuschung tickte, ganz taktvoll, ganz richtig. Aber es war offenbar nicht anders zu machen. Zur Strafe herrscht seither eine seidige Stille.
Anwendungsbeispiel: Nachdem diese durchgeknallte Schnalle auf mich losgegangen war, um mich mit allen Mitteln zu demontieren, wurde ich von den anwesenden Funktionären gründlich durchgefürsorgt. Aber da war es schon zu spät.
Matte sagt, wir haben ein Problem: In Kölle heißt das „Schlonze“. Daraufhin antwortet Mattezwei: Aber das ist doch kein Problem. Das sind doch einfach nur Schwundstufen von Schlanze. Das ficht doch die Schlanze nicht.
So stehen sie dann am Hang, in ihrer neuen Konstitution, etwas säuerlich will mir scheinen und leichthin erbärmlich. Aber das kommt immer auf die Temperatur an.
Und im Bus fiel mir der Originaltitel nicht mehr ein, und ich musste die dämmernde Matte wecken, wie heißt das denn, auf deutsch heißt es: Traum von mehr bis minder schönen Frauen. Und der Bus zockelte über die Insel. Das erste ist „fair“ – wie ist das zweite? Es fiel uns nicht ein, da blieb am nächsten Tag nur der Gang ins nächste Dorf, wo in einem Vodafone-shop ein Rechner stand. Komischerweise ist das wiederwissen dann nie der Triumph, den man sich ausgemalt hat, während man nach dem fehlenden Wort fahndete: middling also, genau. Dann wieder den Weg zurück, ungeschützt auf dem Seitenstreifen der Landstraße in gleißendem Licht. Und keine Sonnenbrille dabei.
Noch als der Morgen graute, standen sich die beiden Rechner gegenüber. Und weiter im Text, weiter, weiter in dieser verblockten Schlucht, ein Felssturz, der stürzende Sinn des ganzen ging über uns nieder. Pass auf deinen Kopf auf. Oder ich passe auf deinen Kopf auf, und du indes auf meinen.
schmerzfuggel, schnurzfeggel, schneuznuckel, schluckfeudel, heuschnuckel, scherzhuggel, versschmuggel.
Ach, was für ein armes, korruptes, instinktloses Pelztier, Wälder und Käffer durchwandernd, und auch die kreuz und quer geführte Aas-Spur des Vier-Pfoten-Teams hat ihm nicht den richtigen weg gewiesen. – Was macht ihr denn hier? Wir sind das Vier-Pfoten-Team und wir machen eine Aas-Spur. (Red Herring)
Wenn wir auch nur mit einem Ohr hingehört haben, waren wir doch ganz da. Das möchte ich gerne im Nachhinein zu Protokoll geben.
Am Telefon: Was willst du heut noch machen? Die Bad-Anstreichungen in die Tasten haun und dann schick ich sie dir. Was? Das Angestrichene halt, die besten Stellen. was? Im Bad? Nein, die Anstreichungen in dem Barthes-Buch. Ach Barthes, nicht Bad. Genau. Barthes.
Da musste der Herr Reporter aber noch mal schnell, ja schnappend schon nachfragen – Weltfriede? Ja, wir die wir Hengste wie Weltfriede haben.. ging es weiter..
Ich weiß nicht mehr, wo ich das gelesen habe. Und es stört mich. Es stört mich sehr.
Ich weiß auch nicht mehr, wo ich das gelesen habe. Mir fallen ganze Passagen ein, und ich weiß partout nicht mehr, wo ich sie gelesen habe. Ich will nicht darüber nachdenken, was das heißt. Wenn mir jemand sagen könnte, wo ich gelesen habe, dass alle immer nur eines wollen, nämlich in einem fremden Bewusstsein getragen zu werden, für Momente. Es handelte sich um ein hermeneutisches Modell von gelesen und geliebt zu werden. Und dann in diesem Wissen wieder lesen, wieder lieben. Wo hab ich das gelesen? Vielleicht im Netz. Dann finde ich es nie wieder. Aber wenn ich es doch wiederfände, dann bin ich sicher, es machte mich glücklich. Ganz anders als die Sache mit middling. Gewiss.
Und ich richtig bockig: „Hörense mal, wegen den vier zeilen Nostradamus lauf ich doch nicht in die Bibliothek!!“, dann aber die zu recht gescholtene und nun sehr artige Übersetzerin, also rüber zu Dussmann: Äh, wenn ich den Nostradamus suchen würde, wo würde ich ihn finden? Buchhändlerin: das wäre dann wohl im zweiten stock. Ich: und wo da? Und die ironiebegabte Buchhändlerin mit unsichtbarem Zwinkern: Das würde dann vielleicht das Esoterik-Regal sein?!? Später eilte mir eine weitere Buchhändlerin zur Hilfe: Sie schauen ja gerade unter Mantras, Sie müssen doch im Prophezeiungsregal schauen!
Mir wurde berichtet, das sei genauso gefallen. Das Ohr hats gemacht. Das Ohr. (Du musst doch nicht immer am Ende alles zweimal schreiben. Ja, aber woher wollen Sie denn wissen, was ich nicht alles muss, und sei es nur am Ende alles zweimal zu schreiben. Ja, am Ende schreibt man ja doch alles zweimal. Oder hat es schon. Hat was? Es schon geschrieben.)
Ja, das ist so ein Dämmerungslidl. Man kommt mit Tüten heraus und schon wird es dunkel, nachtbereit. Und wenn sich nun, das ist die saison, neue Dunkelheiten ankündigen, der Sommer wird ja dunkler sobald er beginnt, dann ist das aber fein erdacht. Gegen den Übermut. Das Haltmachen vor der fast herzlos ausgeleuchteten Vollkommenheit. Oder auch mal zudecken. Ja zudecken. Lakengröße unbenommen. Und dann aber neben mir, diese ungeheure Präsenz, dunkelnd.
Mit dem Rad, immer wieder diese Straße queren. halt machen und so tun. dann weiter queren. die stadt als verweissystem auf eine abwesenheit, in die ein zufall gepackt ist, ich muss die sache nur aufschnüren. aber wie? die stadt ist schließlich groß. aber es hat doch einmal schon funktioniert, und O. sagte am telefon: du hexe.
ja, und nichts mehr als das. die westen seien ja nur gegen das dangling, und keine geste in bonhommie. nein, die erotische eleganz, die der münsteraner darin sah, konnte der brite nicht nachvollziehen.
und gab mir mein bruder den in sandstein geschlagenen ponykopf, mit ohren wie kleine hörner. there’s a devilish look to it, dachte ich noch, und schon brüllte mir der kopf entgegen: bring mich sofort in ein ponybordell, und ich sach noch: he, ditte iss berlin, ich kenn hier kein ponybordell, und du komms jetz ersma mit hier, uffen schreibtisch und kanns mir beim tippen zusehn. die enttäuschung war enorm, ich konnte aber nicht anders als weiterhin darauf zu insistiern: it jibbt hier keen ponybordell, aber wennsch ma eins finde, dann be the first to know. so freundeten wir uns an und verleben seither einen stolzen honeymoon slash ponymoon, voller freude, raserei und prägnanz. und ditt, ditt muss uns ersma einer nachmachen. schlag ein.
um die ecke biegen, und die da warten sehen: in unfroher erwartung, schlecht zurechtgemacht, ein paar übellaunige als Liz Taylor verkleidete animateure, angeführt von einem sportlehrer. let’s get out of here.
„Expression used by Bishop George Berkeley (1685 – 1753), in his ironical criticism of Newton’s presentation of the differential calculus, published in 1734 under the suggestive name of: ‚The Analyst, A Discourse addressed To An Infidel Mathematician‘. He said: ‚And what are these fluxions? The verlocities of evanescent increments. And what are these same evanescent increments? They are neither finite quantities, nor quantities infinitely small, nor yet nothing. May we not call them ghosts of departed quantities?“ Aus Rafeal E. Lòpez-Corvo: The dictionary of the Work of W.R. Bion.
und sollte nicht immer alles nur bis auf weiteres unverzeihlich sein? was anderes geht ja gar nicht. behalte das immer im blick.
…als würde man mir wie einem kind sagen: du musst jetzt sehr tapfer sein, aber es weiß noch nicht, worauf sich diese tapferkeit beziehen soll, welchem schmerz, welcher erschütterung diese tapferkeit zuvorkommen soll. wie soll dann da ein rechtes maß von tapferkeit gefunden werden? und doch muss das maß gefunden werden. denn eine maßlose tapferkeit, das wäre ja gar keine, das wäre ja mutwill oder eine finstere, gedankenlose kühnheit, die so tut, als wüsste sie gar nicht, was auf dem spiel steht. wie aber soll ich diese tapferkeit denn austarieren? und muss ich denn überhaupt tapfer sein? wäre es nicht ausreichend DA zu sein, oder mehr als das: da zu sein mit einer ebenso unangemessenen hingabe, die ja auch noch nicht weiß, worauf sie sich wirklich bezieht. vielleicht müsste es etwas sein wie tapfere hingabe.
„Im Gegensatz zu seinem Vater, einem bedeutenden Physiologen, war Haldane Atheist, maß dem aber offenbar keine besondere Bedeutung bei. Einmal wurde er bei einer öffentlichen Diskussion gefragt, was man denn aus der Schöpfung über den Schöpfer schließen könne. Haldane dachte kurz nach und antwortete dann: ‚An inordinate fondness for beetles‘ – eine außergewöhnliche Vorliebe für Käfer.“ Aus B. Müller: Die Tränen des Xerxes. Von der Geschichte der Lebendigen und der Toten.
genau. verdammtnochmal. genau.
was vögel angeht, ist die welt allerdings enorm strukturiert, wenn auch uns kaum einsichtiger weise. fragte jüngst der falb: wenn die strukturen auf die straße gehen, was ist dann die straße? gute frage, und wo wird heute noch genistet? das muss der betreffende ast sein, ich bin jetzt ganz sicher (sacht ein eichelhäher zum andern).
der eichelhäher (gárrulus glandárius; 34 cm; körper rötlich braun, bürzel weiß, flügeldecken blauschwarz gebändert, mit auffallend weißem fleck, aufrichtbare ‚holle‘ aus längsgetreiften federn; nesthocker; teilzieher) gehört zur familie der rabenvögel. er ist in ganz deutschland zuhause und kommt bis auf den äußersten norden auch in ganz europa vor, wo er laub- und nadelwälder bewohnt und meist in dichtem laubwerk nistet. oft versammeln sich eichelhäher in kleinen lärmenden gesellschaften. harry garms: pflanzen und tiere europas.
wir entreißen der wand noch die kabel (kupferadern). doch was ist nur unter der lupe des bambis sichtbar? geriffelte stiele, ein pflanzliches netz, beinah bestrickend am erekteten stiel von zoophyten. chappi an bambi: „haben denn zoophyten.. ?“ bambi an chappi: „was hier als zoophyt zu gelten hat, das kommt nicht ohne stiel.“ ach, der gute zoophyt. er wollte uns alle verknüpfen, als bote oder als bus. hätten wir ihm doch alle freiheit gelassen. haben wir ihm aber nicht. stimmt. und bambi + chappi wiegen versonnen die geröteten köpfe in so etwas wie westwind.
„Denn Zerstören verjüngt, weil es die Spuren unseres eigenen Alters aus dem Weg räumt; es heitert auf, weil jedes Wegschaffen dem Zerstörenden eine vollkommene Reduktion, ja Radizierung seines eignen Zustands bedeutet. Zu solchem apollinischen Zerstörungsbilde führt erst recht die Einsicht, wie ungeheuer sich die Welt vereinfacht, wenn sie auf ihre Zerstörungswürdigkeit geprüft wird.“ Aus Walter Benjamins Text über den destruktiven Charakter.
„In einer anderen Nacht: Ich unterhielt mich mit meiner Freundin X über die erotischen Künste, deren ich sie für mächtig hielt. Dabei fragte ich sie, ob sie es par le cul könnte. Sie begegnete der Frage mit viel Verständnis und antwortete, an manchen Tagen könne sie es, an anderen nicht. Heute gerade sei es unmöglich. Mir schien das ganz plausibel, doch dachte ich darüber nach, ob es die Wahrheit oder ein Vorwand sei, nach Dirnenart sich mir zu entziehen. Da erklärte sie, sie könne andere, weit schönere, ungarische Dinge, von denen ich gewiss noch nie gehört hätte. Auf meine begierige Frage antwortete sie: nun, zum Beispiel Babamüll. Sie begann mir das auseinanderzusetzen. Es stellte sich aber bald heraus, dass es bei der vermeintlichen Perversität um eine höchst komplizierte, mir ganz undurchdsichtige, aber offenbar illegale Finanzoperation sich handelte, etwas wie eine gefahrlose Methode, ungedeckte Checks auszugeben. Ich machte sie darauf aufmerksam, dass das mit den versprochenen Liebesdingen doch gar nichts zu tun habe. Doch überlegen und unnachgiebig bedeutete sie mir, ich müsse scharf aufmerken und Geduld haben, das andere komme schon. Da ich aber den Zusammenhang längst nicht mehr begriff, so verzweifelte ich daran, je zu erfahren, was Babamüll sei.“ Theodor W. Adorno: Traumprotokolle.
„Manche aber traten einfach hinaus aus dem eigenen Leben, verloren sich undramatisch in anderen Lebensräumen, tauchten ab in ferne Freundschaftszusammenhänge. Und die, die man selbst inzwischen geworden ist, möchte gar nicht so genau wissen, was sie, riefe sie jemand zur Zeugenschaft auf, zu berichten hätten, von dem Menschen, der man aus ihrer Gedächtnisperspektive einmal vor zwanzig Jahren gewesen sein soll. Solche Erinnerungen sind erfahrungsbeliebig.“ Aus Silvia Bovenschens Buch „Älter werden“.
heute werden wieder die tiere des jahres bekanntgegeben. das sind eigentlich immer die schönsten tage des jahres, die tage, die sich der bekanntgabe der tiere des jahres widmen. ich glaube, an diesen tagen ist mir noch nie etwas böses zugestoßen.
und dachte, hihi, schau mal, ich laufe durch die begiergasse, sah dann aber, dass es sich um die belgiergasse handelte. auch gut.
„Bei solchen zu Unrecht Leidlosen entdeckt der Träger des Zorns seine überzeugendsten Ziele. Nie wird er sich damit abfinden, dass der Schmerz bis zur Unerträglichkeit ungleich verteilt ist. Von diesem Zuviel, das sich bei ihm selbst angehäuft hat, will er einen fairen Anteil an den unbestraften Verursacher zurückgeben. Er ist durchdrungen von der Gewissheit, die Schmerzlosen existierten in einem Zustand akuter Mangelhaftigkeit – zu ihrer Vollständigkeit fehlt ihnen das Leiden.“ Peter Sloterdijk: Zorn und Zeit. Am Anfang geht’s, danach wird es nicht besser.
das handwörterbuch des deutschen aberglaubens gibt an, dass die niederschläge aus den wolken mit der drehung der mühle wechselten. die gewitterwolke werde als handmühle vorgestellt, die ein stößel laut stampfe. auch die sonne werde als feurige mühle gedacht.
ich wurde geweckt, um nie wieder zu schlafen. / wehe, wer war das. ich merkte, auf schienen: / das ist die kritik meiner kraft. ungeachtet / seiner inneren zufälligkeit, hat das schöne / eine sittliche neigung nach außen. jedoch: / meine hungernde einbildungskraft hohl, insolviert, / wiederholt listlosen einsatz, kultus kann wegfalln, / denn die lippen wurden entfernt. alles von kant! / so lange. und länger. wird es dauern, bis wieder ansteht / natürlicherweise wie lieblicher hausbau auf lichtung: / zweckmäßigkeit plus lust im verhältnis von gunst.
Oh minze, oh flieder und minze. sie haben mich mit meiner verzweiflung faustweise verballt und stehenlassen, aufgegeben im fliedrigen zentrum der minze, schon kommen die dealer. die schwirren wie wespen.
und ich stand da, die hand auf etwas flachem, grünem, das war dann wohl ein billardtisch? oder ein flacher grüner flügel? vielleicht auch ein klavier? und ich sagte: you know, there is this dylan pommes toem… ich stand so schräg, glaub ich, halb links, als hätte ich drei arme, von denen einer immer im weg war, und musste ich nicht auch eigentlich gehen, weil irgendwo jemand anderes gewartet hat, aber womöglich nicht mehr länger, nur noch kurz wird warten werden…. pommes. dylan pommes.
2 Geborn werden / Sterben / Pflantzen / Ausrotten das gepflantzt ist / 3 Würgen / Heilen / Brechen / Bawen 4 Weinen / Lachen / Klagen /Tantzen 5 Stein zestrewen / Stein samlen / Hertzen / Fernen von hertzen 6 Suchen / Verlieren / Behalten /Wegwerffen 7 Zureissen / Zuneen / Schweigen / Reden 8 Lieben / Hassen / Streit / Fried / hat seine zeit.
beleidigt? erleichtert? beschwert? – wählen sie selbst. (alles muss man selber machen.) (ja, ja, nicht ja).
To be sure, Billy’s action was a terrible breach of naval decorum. But in that decorum he had never been instructed; in consideration of which the Lieutenant would hardly have been so energetic in reproof but for the concluding farewell to the ship. This he rather took as meant to convey a covert sally on the new recruit’s part, a sly slur at impressment in general, and that of himself in especial. And yet, more likely, if satire it was in effect, it was hardly so by intention, for Billy, tho‘ happily endowed with the gayety of high health, youth, and a free heart, was yet by no means of a satirical turn. The will to it and the sinister dexterity were alike wanting. To deal in double meanings and insinuations of any sort was quite foreign to his nature. Melville: Billy Budd
dann erzählte das paar weiter von den betrunkenen, von den geretteten, von denen, die man zum kiosk habe hinstützen müssen, denen, die in der kälte auf der treppe lagen, sodass man jemanden habe rufen müssen, und da das nicht aufhörte und am nächsten tag weitergegangen sei, habe man dann eben wieder jemanden gerufen, und dann wieder, das ginge schließlich, dass man mehrfach rufe, verirrte wesen ohne fell.
Something in him, it seems, has faded out. Younger women’s eyes flick past him. Privately, he closely monitors the superior preservation of certain of his friends; for if like Tennyson’s woods, the friends decay, the friends decay and fall, some manage to do so with horrible grace. Denise Riley: „What I Want Back Is What I Was“: Consolation’s Retrospect
ich war so überaus angestrengt. immerzu wollte ich heulen, aber metallisch, eigentlich rosten, so angestrengt bin ich immerzu gewesen. wovon denn der vortrag handeln solle, wollte meine mutter wissen. ich sagte es ihr. pause. „fischeanalyse und film?“ – nein, psychoanalyse, psychoanalyse. dann ging es wieder.
die definition von DEBRIS, wie schlüssig, klug und knapp – die entstellte sammlung. eine anmassung in drift, trümmer von objekten, davontreibend. die chaosangst ist eine funktion des akkumulierens. darin fällt die zeit, steine zu sammeln mit der zeit, steine zu zerstreuen in eins. drifting accumulatio – weder das eine noch das andere, aber von beiden, was am je einzelnen gerade nicht gut ist.
liege / lüge / kühle schatten, aber nicht das gestell ist mitgemeint, liegen, erschöpft wie man in einer lüge liegen würde, und was klingt nach, die liege, die lüge, ein i oder ein ü.
so ist worble, wenn er den zankenden männern im feurigen ofen als schneemann vorsteht – im anhang wird uns das so erklärt: „anspielung auf die so genannte ‚grotta del cane‘ bei neapel, die durch ihre unerklärliche luftleere seit dem altertum berühmt war. hunde, die man in die grotte warf, erstickten nach wenigen augenblicken.“ Jean Paul: Komet
first time CAKE IN YOUR FACE: have you ever had cake thrown in your face? oh! so it s your first time! hey! or alle cakes are arranged über dem publikum. they won’t like it. nein, nur dir. nur dir den cake. zum ersten mal, danach werden wir es dann nicht mehr mit dir machen. dann haben wir es nämlich schon gemacht. vorher, so betrachtet, stets über dir zu denken: die damokles-tart.
under guidance ebenso wie unter einfluss – diese wabernden gestalten und wie ihre feinmotorik stockt. wie sie ihre schultern, gegen meine richten, schwankend, wie sie sich endlich einfinden, in stumpfer präsenz, an den ohren angeschleppt und innen blind – – – – -sodass sie die konkurrenz vor dem bild nicht einmal denken, sondern nur als masse bekräftigen, nichts als masse – fremdkörpernd in der community of viewers: „The Canadian photographer Jeff Wall once said that one of the reasons he made large photographs was so that a number of people could look at a single photograph at the same time. His large photographs, needless to say, are horizontal. Rothko’s paintings, in the main, are vertical, which makes it difficult for more than one or two people to look at a painting at the same time.“ Elderfield: Transformations.
Wenn Meta-, so muß es auch Hypotheorie geben. Es muß etwas mit Erfahrung zu tun haben. Es fragt sich, welche Erfahrung gerät unter das Gebiet der Theorie? Aber wie – ‚purloined‘, ‚verdrängt‘, ‚zu sublimieren‘? Jetzt, am Tage, fällt mir ein Krustentier dazu ein, mit orange-roten Gelenken und rot glühenden Augen. Ist es etwas wie ein Pol, der nur, wenn er immer übersehen wird, zur Orientierung dienen kann? Die Hypotenuse des Denkens; jetzt sehe ich wenigstens, wie schön d i e s Wort ist. So Lorenz Wilkens.
wie in: ach, dieses untermangelte terrain, wo immer man bohrt, nichts als mangel.
He (Bion) also uses the theorem of ‚Pons Ansinorum‘ about the isosceles triangle, and an ancient description of this triangle as the three-kneed thing with equal legs“. Plutarch had stated that the triangle rectangle can be equated to the triangulation made by both parents represented by the sides of the right angle and the child by the hypotenuse.“ dictionary of the work of w.r.bion
ZEHNTES KAPITEL, worin beschenkt und ausgeprügelt wird – nebst der Schlacht bei Rom Schleifenheimer nahm bald den charakter eines ‚pauvre honteux‘ an und ankerte in der vorstadt in einer dachkammer und ohne einen andern treu gebliebenenen gast als seinen hunger
lange nicht mehr an sie gedacht, an die trakehner pferde, beim bauer oswald auf der weide. ich kenne ihre farben. ich erinnere mich noch gut, vor allem erinnere ich mich sehr an ihre größe. wie groß sie waren, sie waren über mir, wenn ich auf der weide lag. es waren auch sehr junge pferde. eine junge herde. sie kümmerte sich nicht, junge herden haben anderes zu tun. wie lange hab ich nicht an sie gedacht.
dieser apfel: intensives himbeer-rosen-aroma. hŠufig durch fleischnase eingeengte stielgrube. fein gestrichelte kerne. verwechslersorte: ’schšner aus herrnhut‘.
beteerter ruf? jedenfalls beschädigt. und ich dachte noch, mach das nicht, das wirst du bereuen. aber da ich sowieso alles bereue, was ich tue, macht es beinah keinen unterschied. so schnell war das ding also verschickt, so schnell war es zu spät. und etwas in mir, das eingestandenermaßen nicht ich war, war böse und belustigt, es war beides, beides war nicht ich. ich würde sowieso am liebsten gar nichts tun, aber dafür ist es leider schon zu spät. das nichts hat keine zeit. und ich habe keine zeit für nichts. für nichts ist es zu spät. (teer hat übrigens überhaupt nichts damit zu tun.)
ich wurde eingedämmert. ich schaute noch, die augen restlos offen und grün wie sie wohl immer sind, nicht restlos grün, so hab ich noch geschaut, da war es drei. dann wurd ich eingedämmert. die steinige stirn, ich wollte sie legen, wohin will ich sie legen, die steinige stirn. dahin will ich sie legen. du großer großer kiesel. du großes großes kissen. (ich war so mutig, ich hätte ihn so gerne gehabt.)
ja, wir packen die ganze onlineredaktion in dunkelgraue arbeitskittel (aber shiny! shiny, sagt m.) – in dunkelgraue shiny arbeitskittel, mit asymmetrischen applikationen, (mit sinnlosen asymmetrischen applikationen, sagt a.) das wird klasse. das wird endlich gut.
hellebore: ancient name of various plants supposed to cure madness – they bored the hell out of me – so wird es funktionieren. sie haben einen ereignislosen exorzismus an mir vollzogen. sie haben mich in die normalität zurück gelangweilt.
so Niko, im (warholschen improvisations-)schrank zu einem jungen mann, der ihr die hippie-robe, die den film lang über ihren köpfen baumelt, runterreichen möchte. nein, sie wolle das kleid nicht, das sei „a dress of evil spirit“, sofort versteht man, was gemeint ist. niko, im weißen hosenanzug und halbhohen, schmalen stiefeln ist auf sehr allgemeine weise amüsiert, so als würde ihr amüsement sehr in die fläche gehen, eine sicher und gemessen vor sich hin wildernde fläche. sie spricht so pudrig und mit leicht verspannten muskeln um die lippen, nein, nicht schleppend, aber doch wie eine die beim sprechen stets die muskeln um die lippen mitbedenkt
was von zauner zu halten sei, was denn? die gemüter erhitzten sich. klassischerweise. na nüschte! nein! doch. iss so. noch schlimmer. viel besser! hier. das kann doch nur in österreich, sich selbst beschädigende, nachgedruckte avantgarde, nein, in keinster weise, besser ist das auf jeden fall als zum beispiel.. so. so nämlich. und dazwischen immer wieder der ruf: uffguss! und draufhin ein wedeln über dem kopf markieren und schnell anfangen zu keuchen, mit winkeligem steiß nackt und wie beschämt den tisch verlassen, und wieder zurückkommen in die zauner-debatte mit dem neuen ruf „uffguss“.
die zauner-debatte von anderer seite beleuchtet ann cotten in ihrem essay: „Etwas mehr. Über die Prämissen und den Sinn von dem, was wir mit Wörtern anzustellen imstande sind“, worin es heißt: „Was ist los, wenn etwa Florian Voss Hansjörg Zauner liest und des einen Lebenswerk für den anderen blanker Unsinn ist, der ihn ärgert? Ich glaube, es ist das Wort Zumutung gefallen, und vielleicht würde das Zauner sogar gefallen. Es ist zum Teil einfach Punk-Haltung, die Freude an der Provokation. Aber die Provokation wird nicht nur aus bösartiger Lebensfreude für gut und wichtig befunden. Ich würde behaupten, Zauner provoziert mit seinen Texten immer auch sich selber. Ich weiß nicht, wie sie produziert werden, ob sie etwas mit écriture automatique zu tun haben oder unter akribisch bewusster Kontrolle kalkuliert sind, wobei ich mir eher zweiteres vorstelle. Fest steht, dass mit ihnen eine Überfülle an Bildern von einer Buntheit und Heterogenität auf die Lesende eintrifft, dass das, was gemeinhin Interpretation oder Verständnis genannt wird, ganz schnell unmöglich wird. Keine Hypothesen darüber, was diese Texte aussagen sollen, sind möglich, auch kann man nicht, wie man es gerne tut, Figuren, Stimmen, Handlungen, Emotionen herauslesen. Dabei ist nichts Hermetisches an ihnen, sondern alles liegt offen da. Florian Voss hat – unterstelle ich – eine bestimmte Vorstellung davon, was ein gutes Gedicht ist. Mit einer nicht zu leugnenden Vernünftigkeit geht er davon aus, dass Literatur über Verständnis, welcher Art auch immer, läuft, also dass ein Text in irgendeinem Teil von mir irgendwie funktionieren, also ankommen und sein Ding machen muss, damit ich ihn überhaupt als Text wahrnehmen kann. Offensichtlich geht es um zwei ganz unterschiedliche Definitionen von Literatur. Als Versuchsobjekt – wir befinden uns ja in der Tradition der experimentellen Literatur – als Denksparren verstanden funktionieren die Texte. Sie erfüllen nicht Kriterien eines Funktionierens in einem engeren Sinn von Kommunikation, oder von Kunst in einem – man könnte es spitz neokonservativ nennen – Sinn von Aufwühlen und emotiver Schönheit. Ich kann mir vorstellen, dass Zauner darauf antwortet: Erfüllen? Leck mich!“ Zitatende. So in: BELLA triste: Sonderausgabe zur deutschsprachigen Gegenwartslyrik. Nummer 17. Frühjahr 2007.
Sehr traurig: Hansjörg Zauner starb Ende Juni 2017 im Alter von 57 Jahren an Komplikationen nach einer Hüftoperation.
scheint mir also, schrieb ich, dass die welt auf null beruht. die eichel schleift. weswegen ich die hohen schuhe trag. das ist der einzige grund, nicht anmut ist grund oder optische verlängerung der beine, nein, es ist die schleifende eichel. sieben zentimeter minimum. ich spreche: absatz. aufgebockt aufgrund bestückung, so der terminus der krankenkasse.
ehrlich. ich lauf mit meinen wanderschuhn und dann schau ich und dann lauf ich. es ist sehr gut so allein zu sein. und mit den schuhen laufen und schauen – und dann am langen end gehts mit der seilbahn wieder zurück, das heißt hinab. ein zahnloser alter fragte mich heut: AUFFA? sach ich: Jaha. sagt der zahnlose alte, mit tirolerhut, schürze und hoch aufgewachsen wie der übrigens gewesen ist und ledern, wie ich jetzt auch werde, doch noch immer aber zahnlos, ein zweites mal: AUFFA? sach ich nochma: JAHA. und dann ging ich auch auffa. das war lange, lange das einzige was ich heute sagte, bis jemand anrief und die ganze schöne reduktion zur nichte macht.
irre, das dachten viele, ausgehen in moabit. im cafe arema saßen wir am großen tisch. wie hatte ich mich empört, ja ein gitarrensolo aus kritik, mutwill und empörung, über die aus albernem, so dreist-wie-dumm intensivistischem anlass in den text hineinragenden best-of-folterszenen, anlässlich einer hausversteigerung im berlin des jahrs 2000 – hallo? wie meinen, wohnnnunggssmmmarrkkt isse enttespanntee inne 2000? zeig mir einer doch bittschön davon den sinn und ich will gern und klein beigebn, keiner konnt es, der ganze tisch konnt es nicht. entgeisterungszapfen für den effekt. so geht das nicht. ich warf das buch weg, weg, weggeworfen und ging so weit zu schwörn, dass ich – — werde alles tun, seine chancen zu vermasseln. basta.
oh so ein höhnischer regenschauer. oh on the frontporch oh schauerhohn sleep tide. oh lonely lovely in between my dörty hutt, aint that jang anymore, so show a little faith study your pain throw irgendwas in the rain, roll down the window lett the wind spieln mit deim haar und mach es, letzte chance, mach es real. oh come take my händ, ein korb, drinn iss ein versprochnes land, oh schauerhohn, schauerhohn, vielleicht wenn wir rennen täten, sit tide, nimm alles schauerhohn.- und ich hab das ding und hab ihm sprechen beigebracht… frontporch frontseat – lohnly hier für worte, die ich aint spoken, ausgebrannt a straßenschrei, oh nach wann? thunderroad, schauerhohn. schauerhohn. schauer hohn. schau er hohn. schau. schau. schau. schau. er. hohn. sleep tide.
2219 die innere gesprächigkeit der fixation sollte denn nicht das Gehen mich retten, so war es gedacht. denn nach langen stunden des voreinandersetzens, auf wegen, die immer bergan gehen, auf federnden böden, bei lichtwechseln über kaum begehbaren pfade, sollte sich etwas ergeben, ergeben, von alleine, wie eine hand, die sich mir öffnet ohne befehl. ich denke: hin zur gradlinigkeit. die wirrnis werde linear in der erschöpfung, das denken finde dann eine andre frequenz, senkte sich ins tiefe, dunkle, weiße. mit fast farblosen augen käme ich wieder ins tal, im spiegel daheim schaute mir gleich ein ganz anderer mensch entgegen. die weichen augen liegen auf der luft ohne gewicht, sie sind aber am kopf noch befestigt mithilfe eines in sich geschlungenen bandes, ovale innenlegung, nicht faltung. (folie: die schematische darstellung von blutkörperchen, verstehen Sie jetzt, was gemeint ist und wie?) es kam anders. denn, das ist leider zu festzuhalten, verstummte nicht: die innere gesprächigkeit der fixation, womöglich weil sie zu ersticken als geste dem gehen konträr wär. auf mich selbst angesprochen, wollte ich mir diese reflektierende mühle verbieten. laut sagte ich es mir vor und hörte meine stimme, eine kinderstimme, „lass das“ sagen. oder: „hör auf darüber nachzudenken“. folgende gedanken (banale komplexe nein banane komplexe) wurden im lauf langer wege verboten: der stiefelgedanke: wenn die weißen stiefel, diese weiße, lose spätform eines cowboystiefels in meiner größe da wären, wenn also diese stiefel passten, welche neuen kombinationen von kleidungsstücken würden sie mir ermöglichen? wann trüge ich sie, auf festivals, wie käme ich damit in ein foyer, in dem andere bereits warteten oder frühstückten? wer wären die anderen? würde ich geliebt? berührt? regnete es und sähe ich später aus dem fenster eines zimmers, das nicht meines wäre, in der nacht in den regen hinaus, und wendete ich mich dann wieder jemandem zu, der ausgebreitet, handwarm mit mir in diesem fremden zimmer wäre, läge, da wo decken wären, letzter lichtschein? schließ die fenster, komm zurück? was aber wenn die stiefel nicht in meiner größe (verboten) der betreffende personengedanke: wenn ich auf der messe diese betreffende person träfe, die, berührt von meinem schwärmen eine sehnsucht in die berge sich erfände, nein, sie einfach wiederfände und mit mir. wir, flucht vor freunden, lachend, an ecken versuchsweise angepackt, dann später innig und voll mut, einfach und verwegen, dann noch später, in den zug mit mir, ich mich aber vorher informieren müsste, ob das ginge, diese zweite person mitzubringen, in mein zimmer, müsste telefonieren, mich erkundigen, dann müsste das zweite bett bezogen werden, könnten sie das zweite bett herrichten, würd ich fragen, ich hätte im folgenden wein da, und dann gleich am tag darauf, das wäre der sonntag, würde die betreffende person mit mir auf diesen wegen gehen, würde höher gehen, und ich versicherte ihr, ich wolle ja nichts, alles sei leicht, sonnengetrocknetes holz aus dem innern des stammes, so leicht, in meiner tasche. doch immer wieder durchquert von (ein stumpfes schwert) dem gedanken, dass ich ja nicht wissen könne, ob ich die betreffende person auf der messe träfe, und wenn ich sie träfe, ob die person nicht vielleicht inzwischen vater oder verheiratet oder beides oder nicht alleine oder unter terminen oder einfach aus anderen gründen nicht gewillt mir zu folgen, und warum ich damals nicht von der nummer der betreffenden person gebrauch machte und mir zu antworten, dass damals ich eine andere und wie umstellt von trauer, eine palisadensiedlung.. dennoch so hoch und wuchtig der gedanke und der wunsch, nachdem all dies bedacht mit der person nun hier zu gehn auf diesen wegen und einfach zu sein wie ihre verse und älter zu sein, so alt wie sie, die person, wie ich innerlich, so gehend, dann würde, wenn aber (verboten) wirre grundgedanken / divers-einsam: welcher art sind die inneren beziehungen der familie, die mich hier betreut. wie ist die stärke verteilt und wer leidet? ich kann es nicht wissen. oder: bin ich noch ein guter mensch? wo steht meine gier und wie? oder: warum habe ich nur damals dings darauf hingewiesen, dass ich währenddessen mit dem haar im unrat lag? warum? oder: sind meine schuhe zu klein? stoße ich mit den zehen an? oder: wenn mein überbein am rechten fuß verhinderte, dass ich immer weiter gehen könnte so wie ich eben gehe und es schmerzt schon, dann verhinderte mein überbein eine identität, die ich gerade erst entwerfe, waldgängerin, mit der ich, auch wenn ich allein und für immer ohne kinder blieb, mein leben mir betrachten könnt und sagen: gut, aufrecht und die haut im gesicht werde ledrig, ich ginge auch noch mit weit über sechzig so wie ich jetzt gehe, ich habe nun den plan anderer schenkel begonnen, aber wenn das überbein, dann das überbein, was ist mit operieren, ist das überbein… was aber, wenn ich, auf der messe, was ich nicht wissen kann, und nicht mit mir kommen will, oder wollte, doch nicht könnte, weil so wenig zeitgemäß mein antrag, oder ist auch gar nicht da, oder ist da und ich kann ihn nicht treffen, werde nicht anrufen, anrufen? mich melden, woher ich denn wisse, die nummer, wie konntest du nur damals am tisch und da warst du ja sogar so nüchtern, was war nur mit allen in diesem moment, die mit ihren handys, im austausch, was war nur da in gedanken mit mir und – hör auf darüber nachzudenken, wenn aber die weißen stiefel nicht passen, was heißt das für foyer oder frühstück, oder dass es mit sicherheit nicht richtig ist, eine andere person so über ihre funktion hinaus zu vermissen, würde ich das nächste mal, wenn ich wieder da bin, vielleicht weitere stücke ablegen, wäre das, bin ich noch ein guter mensch, ich sehe ein lächeln, schräggestellt wie ein dia in einem raum geleeartiger bindung, dass die funktion übererfüllt wird, also korrupte funktionsbeziehungen zu meinen gunsten, stammkundenschaft, das ist also das, was ich gerade noch kann, gute behandlung und bereit sein, etwas dafür zu geben, geld, ganz leichte überbietung des nötigen, ja, das ist was ich gerade noch kann, wenn aber, und die stiefel nicht in meiner größe, der bund des rocks mit den weißen streifen, und ich die betreffende person vielleicht gar nicht, das würde mich retten, mitnehmen könnte, außerdem sein hals als marker des alters, den ich, rot, ja rotblau, also lila? etwas dünn, doch, doch, es wäre innig, aber warum immer diese schlecht getimeten attraktionen? warum nicht attrahiert, als man mir seine nummer, warum jetzt, warum überhaupt, und bald nicht hier alleine hier (wenn, jedoch, nur wenn) wäre es nicht möglich, den text noch zu schreiben. das heißt, ich käme dann auch nicht mehr dazu, den schwab fertigzulesen, den agamben, und gedichte der schmidt wollt ich doch noch bestellen, das alles wäre dann vielleicht unmöglich, es sind ja nur noch wie viele tage sind es denn, und die angstminiaturen, die müssen gemacht sein. und zu schreiben wäre etwas für die miete, die miete eines neuen hauses, oder wie es heißt bei brecht: zu verachten seien die, deren kopf es nicht gelänge für den körper aufzukommen, damit er es warm habe, dass er satt sei und trocken. warum aber bin ich so nicht ernstzunehmen? warum habe ich versäumt als, dachte es sei monolithisch, hätte damals der dramatiker, was hab ich nur gedacht, als ich ihm (verboten). warum denn denkst du nicht das licht? den wald? die markierung? die wege? denke die wege. denke nichts als die wege. denke das licht. denke nichts als das licht. nichts als das licht. denke die wege. denke die wege. denke das laub. denke strukturen. denk den ast. denk alle äste. kastanien. esskastanien. mein bruder. frau halter? nicht frau halter. wenn aber. (verboten). jemand sagte noch am telefon, man müsse schneller gehen, dann ließe die gesprächigkeit ab, von mir ließe sie ab, würde durch erkältungen, durch keuchen oder dergleichen ersetzt. wie ist der tausch? der tausch ist gut slash schlecht.
„Es ist freilich eine schöne Landschaft mit Kanten an der richtigen Stelle, mit Vertiefungen, die nicht an offene Gräber erinnern, und mit sanften Erhebungen, die keine Grabhügel in den Menschen wachrufen. Es ist ein von den Menschen befreites Land, es ist ein ausgestorbener Landstrich ohne Leichen. Baumriesen erzeugen einen herrlich sinnlosen Schatten. Wahrscheinlich gibt es Tiere im Land, aber es gibt keine einzelnen Kreaturen für das Auge, nur wie Rinnsale sich bewegende Herdenverdunkelungen in einem steppenförmigen Abschnitt. Der Tod ist tatsächlich ausgewandert wie ein Mensch, der sein Glück machen will in Amerika.“ Werner Schwab, aus: ÜBERGEWICHT, unwichtig: UNFORM.
das war bei mir genauso, irgendwie brechtisch, was passiert in der erschütterung mit dem poetischen vermögen, was ist dann der therapeutische anteil, der so deutlich und nicht immer zu begrüßen auf den stil zugreift. da denkt man schon, man sei radikal, wenn man etwas weglässt. wohl weil man gelernt hat, wie schmerzhaft das ist, sachen wegzulassen, oder weggelassen zu werden, deswegen denkt man sich das radikal. wie aber kommt es dann noch zum reim? (glück und unglück der wiederholung? ein dumpfes spiel, aber das erste spiel nach dem weggelassenen. das wäre auch das unbetrauert tödliche, also ein erstes spiel mit der übereinstimmung immerhin? eine restsehnsucht nach übereinstimmung, ganz am ende? daher also der reim? ich verstehe es, nur kann ichs noch nicht sagen.) das kann einem äußerlichen sich so nie mitteilen. ich aber sehe es genau, weil es mich so erinnert an die dinge, die ich schrieb, damals, alleine gelassen in den bergen im letzten spätsommer, als ich vorübergehend invalid vor liebe war und der wald mir half, den ich nur sah und erst viel später beging. und die neue waldgängerin, die ich aber nicht ausschließlich bin, (sie ist nur ein exklusiver teil von mir), werden diese dinge nicht mehr bedrücken. so kann es gehen, wird es gehen. wird’s denn gehen? man hats nicht in der hand.
und stieg an der alm empor und wusste plötzlich, was es noch brauchte, das gedicht von orpheus, eurydike, bambi und chappi – es brauchte unterirdische berge! es brauchte riesenhafte, stockfinstere einkaufsbeutel, gigantische! es brauchte den tiefen schlund der reisetasche, den stockschwarzen innen hohlen, bepackbaren, kosmisch beutelnden sog. ho ho ho.
jemand sagte: primaten und L. antwortete: bremer stadtmusikanten? wer mit nicht mal vier jahren so dicht hört, so schnell denkt, das im wort verborgene wieder hervorruft und breitet – der wird sicherlich wieder und wieder auf kleinstem raum versteckte fülle finden.
im zoo trabten diese worte heran, gemeinsam, das eine dem andren ein luftiger käfig und dann wieder umgekehrt. puschelhufer! du puschelhufer frühgeblüht! schrie ich dem tier entgegen, das tier aber war schwer, das tier war mit sicherheit schwerer als ich, schon allein von der masse seiner puscheln und den oberschenkeln her, aber dem tier den puschelhufer entgegenzurufen, das war wie mit beiden händen in seinen puscheln zu sein. mit frühgeblüht wurde ich dann wieder zum ausgang geleitet, frühblühend aus einer sehr massiven fixierung hinaus.
in der tür, stand- und spielbein, leicht eingeknickte eleganz, die lässigkeit von hüfte und taille gegeneinander gekippt, einen morgendliches imbiss in der hand, quadratisch, ein stückchen brot darauf butter, und unten der hart hechelnde mops, der schwarze, zu dem sie sagte, mit so fedrigem spott, so süß, so voller morgen so hell, so also sagte sie zum schwarzen mops: du siehst hier wohl ein hypothetisches häppchen. das war so schön. so leicht. das war leichter als luft. das war in der schwebensten schwebe, das schwebte.
das lob das uns traf, traf aber nicht unsere vordringlichsten eigenschaften. da regte sich keins stolz nicht. sockenschusslorbeer, so brachte es A. auf den punkt.
halluzina rinck und schwanzluigi kösters auf dem oberdeck des oceanliners mandy. nein falstaff. nein mandy. nein falstaff, nein mandy. nein nein nein nein (albern) und sagte, du ich hab dir ein pferdchen gekauft, liebes. es ist eine traute plauderei, in der so lau der wind geht und kecke kellner cruisen. in den mägen aber gärt das obst. mein blick ruht zärtlich auf der szenerie, durch ein objektiv besehn. ich hätte sie wie junge birken fällen sollen, so schön warn sie, mit ihrer weißen haut und ihrem schwarzen haar. halluzina. o halluzina, hilfsmittel brauch ich nicht. ich bin ganz da. schwanzluigi aber reibt sich dotter versehentlich ins tshirt. es war nämlich so ein früher, überfrüher aufgeblühter morgen, es war frühstückszeit. das geht nie mehr raus. königsmöwen hießen diese großen dinger, kommt schwanzluigi aus der deckung. er tut dies um abzulenken. lass uns in die kabine gehn. doch die schuhe waren eng, so eng, dass es im mund metallisch aufstieß. wie in einer eisenhandlung. oder auf einem jazzkonzert in polen.
langsamer intensivismus, der nicht zum ziel kommt und auch nicht zum ziel kommen will – da denk ich sogleich: wir wollen sie legen, die therapeutische sprengung. wir wollen sie in betrieb setzen. wir wollen sie starten. und zwar sofort. (der rest kann weg.) (und das bolero-jäckchen weht als fähnchen über dem bombodrom).
vom übersetzen. das ging natürlich nicht. es ging ebenso wenig wie die abenteurerin den abenteurer, wie wilde frau den wilden mann, wie räuberin und gatte. und die antipoden? hesiteur und hesiteuse. das leuchtet ein.
mir träumte, mir träumte, es hatte mit vergebung zu tun und mit falschen wimpern. es war wie eine weite gerätschaft. es ging über die ganze fläche. es hätte aber auch etwas anderes sein können. aber es war etwas mit wimpern. es waren aber soweit ich weiß keine polnischen wimpern. mir fehlt ein teilstück. mir fehlt ein maßgebliches teilstück zur decodierung der gerätschaftsweite. vergebung. wimpern. will ich näher heran, sehe ich nur mein bett vor mir, als ort des gedankens. das ist natürlich eine sehr wirksame form der verstellung. da hab ich gleich das bett davorgestellt, der schrank allerdings wäre als einziges möbel noch schwerer zu verrücken gewesen, doch im schrank fand dieser gedanke nicht statt. daher das bett, das ihn verstellt. ich werde nicht zur wimprigen vergebungsgerätschaft gelangen, weil das bett davor steht. aye. aye. aye.
ein haarriss durch den verkommenheit eindringt. kaum spürbar. minimal. aber verkommenheit ist es doch. die liebenswürdigkeit ist geblieben, sie rammelt jetzt nur, irgendwie ohne ansehung der person.
übermalt. bildet vordergrund. hintergrund. marmor. gemalte marmordefiguration. was macht das, wenn da noch eine steckdose darunter hervorlinst, unterlaufen. herr marmor oder herr mönch, herr malermönch in sachen marmor (das wäre wohl die korrekte anrede), würde ich sagen, ihnen ist da vor lauter marmor die elektrik unterlaufen. will sagen, der maler-marmor hat sich als falsche fassade über die elektrik gelegt. woran sollen wir uns jetzt aufladen?
und man konnte im randbezirk seines höschens die laufrichtung seiner schambehaarung sehn, das bedeutet, er hat das alles sabotiert. ja, wie soll man denn unter diesen umständen über ästhetik sprechen, wie?
ich hatte solange nicht salinen an gedacht, bis mir freundlicherweise dieser verleser eines worterkennungsprogramms – saline für sühne – übermittelt wurde. salinen. die salinen in bad kreuznach. dort fanden kanuwettkämpfe statt, an denen ich teilnahm. und finden womöglich immer noch statt, nur dass ich daran nicht mehr teilnehme. und zwar auf der nahe, die floss durch den dortigen kurpark. anbei standen die salinen. gute luft. salzige ablagerungen. darum ging es doch. vor wenigen monaten sind sie abgebrannt. (oder hab ich das nur geträumt? ich finde keine belege.) saline, sühne, man wandelte auf halbhohen galerien an künstlichen wänden entlang, kulissen, nur dass im unklaren blieb, wozu sie dienen sollten, so klipp und klar in die landschaft gestellt. sie dienten der luft. das salz künstlich in die luft verbracht, die saline von oben berieselt, der hochgestöckelte reisig darin, in diesen provisorischen mauern – denn das salzige wasser rieselt von oben über reisigbündel, um zu verdunsten, das salz freizusetzen. dann denke ich an die strafe am ende vieler märchen: und wurde auf hundert reisigbündeln verbrannt. wobei ich als kind immer verstand: und wurde auf hundertdreißig bündeln verbrannt. was ich ohne weiteres hingenommen habe. saline und sühne. die tatsache der salzigen tränen, sie rieseln, die sühne, die saline. und das alles noch im bier und jetzt? was soll man dazu sagen.
gewinnerbegriffe beim scrabble? zur abwehr eines fluchs schiebe man den unterkiefer nach vorne, unter zuhilfename der halsmuskulatur, rücke also die gesamte kinngegend dem gegenüber entgegen, wobei man, wenn man diese bewegung korrekt ausführt, ein wenig an größe verliert und stoße dann zwischen den zähnen die atemluft so hervor, dass sich ein geräusch ergibt, das nicht leicht zu transkribieren ist: khhkhchuhhhhhhhh.
salzwasser, leichte fischigkeit, rauch und ein nachgeschmack von mull – so wurde der whisky beschrieben. natürlich stiegen da eigenartige bilder auf… blubbernd.
selbstverständlich ist das flugzeug dennoch plangemäß in stuttgart gelandet. und ich stocherte in gemischter erschütterung zum zielort, geleitet von systematischer wegweisung, good graphics, man kann sich dort wirklich nicht verlaufen. doch nebenbei erzeugten alle werbekampagnen, die meine wahrnehmung streiften, unwirklichkeit. ich hätte die ganze welt notieren können, denn die welt war so überaus seltsam. die welt, zu diesem zeitpunkt, war allerdings stuttgart. umso erstaunlicher also der oben beschriebene effekt.
moabit. elberfelderstraße. auf dem knappen trottoir auf stühlen sitzen. hier ist das trottoir dazu nicht gemacht. erst nummer 239 essen, dann kaffeetrinken, ein paar häuser weiter. ein mann mit einem t-shirt, auf dem zu lesen ist: unabhängig, günstig, fair – ist offenbar sehr schlechter laune. (das nur als beispiel für einen im grunde unnötigen kommentar und für den alltag, der ja freundlicherweise häufig so interessant gar nicht ist. oder sollt ich dem alltag zürnen? und wenn ich ihm zürnte, was dann? egal. ich verschwende ihre zeit, respektive meine. unleidlichkeit, denke ich, leidet sie indem sie sich dem leiden verweigert? oder ist sie verstockte leidensabwehr? oder einfach der effekt eines nicht näher zu benennenden leids? schlechtlaunigkeit zweiter ordnung? schlechtlaunigkeit als antwort auf schlechte laune? oder es geht nicht mal mehr so leidlich? leidlich bezeugt seit dem 15. jahrhundert etymologisch eine art von linderung: es geht von „gerade noch zu ertragen“, über „erträglich“, bis hin zu „halbwegs gut“, so wie „lidelich“ sowohl „für körperliche leiden empfänglich“, als auch „geduldig“ meinen kann. wäre ich nicht empfänglich dafür, hätte ich dann für die geduld überhaupt eine verwendung? im englischen ist leidlich passable und fairly well, in jedem sinne erträglich. und der franzose, pas trop mal, akzeptiert. unleidlichkeit wäre in dieser hinsicht, die entscheidung, nicht noch mehr zu ertragen. das ende der geduld. eine empfänglichkeit, die sich weigert noch mehr von der sorte zu empfangen.)
wie diese sucht ermüdet, wie diese sucht, so ernst wie es die steigerungslogik der sucht erfordert, noch die ermüdung ermüdet. wie die ermüdete ermüdung letztendlich in einen depressiven minnedienst an der welt mündet. wie die darein gemündete ermüdung sich schleppend und überschusslos verausgabt, das heißt, sich auskippt in eine noch müdere ermüdung. wie diese ermüdung eine fiese, wie hampelnde und hilflose dankbarkeit hochspült, die ohne arme, die sie nämlich nicht hat, rudert und sich doch bedanken will, sich bedanken will und nur einen kanon aus schuld und aus dank hervorbringt, der sich stets wiederholt und auf der subdominante endet, um wieder zu beginnen.
über fremdsprachige speisekarten gebeugt war dies die übersetzung von nummer 2277. und presste mit beiden händen den rindermuskel auf die möbel, um die garzeit zu verringern? eine art mechanisches garen, wie man es auch andernorts beschrieben findet.
es war warm, es war sehr hell. lindenduft hatte sich über das viertel gesenkt, die linden dominierten die nacht, sie dominierten einen der sinne, freilich dämpften sie nicht die tonspur dieser stadt. es war, als wollten die geräusche sich selber, in dieser atmosphäre aus lindenduft, zu ihrem recht verhelfen, durchaus konkurrent. es war warm, es war sehr hell und eigentümlich, dass ich mich in bukarest nicht einmal verlief – der schritt dieser stadt moderat – andante ma non tanto. ich weiß allerdings nicht genau, ob das stimmt. es wurde mir nur kurzfristig, im gehen, so übermittelt.
eine traubensaftschorle, bitte. nein, das ginge nicht. aber Sie haben doch traubensaft? ja. haben Sie auch mineralwasser? ja. aber das schmeckte doch nicht. und sie sagte: bringen Sie einfach beides, ich werde sehen, was ich daraus machen kann. ja, in deinem teuflichen chemielabor, sagte ich. eine freundliche schweizerin am nebentisch erklärte, dass die schorlen ja erst mit den deutschen einzug in die schweiz gehalten hätten, und eine apfelsaftschorle sei ja noch vorstellbar, aber traubensaftschorle? man müsse verständnis haben. worauf wir etwas aufgekratzt das baldige eintreten der gulasch- und käsefondueschorle ankündigten, was die schweizerin mit leichtem lachen, ihr begleitender schweizer eher gequält zur kenntnis nahmen. und in meinem kopf regte sich noch eine weitere steigerung, die ich natürlich verschwieg.
Ein Problem zu lösen. Der in „Metaphors we live by“ zitierte koreanische Austauschstudent, der den Begriff der Problemlösung für eine starke Metapher hält, eine Metapher aus der Chemie: du hast in diesem Behältnis eine Lösung, in der die Probleme umherschwappen. Finde nun also die ausreichend saure oder sonstige Atmosphäre, in der sie sich lösen. Dann kippe den Sud ab. „to solve“ sei aber auch die Befreiung eines Schiffes vom Land. So kamen wir zur Sintflut. Der Regen, er steigt, eine Flut, in der die Probleme sich lösen sollen – es reut mich, dass ich den Menschen gemacht habe, denn das Gebild der Planungen seines Herzens ist böse von Grund auf, alle Zeit. Das Dichten der Gedanken seines Herzens ist böse. All sein Dichten und Trachten ist böse. Muss der Mensch nun entfernt werden, weil er ein schlechter Dichter ist? Cogitatio des Herzens, angespannt zum Bösen, dem Bösen eingespannt? Ausgespannt dem Bösen? Et cuncta cogitatio cordis eorum non intenta esset nisi ad malum omni tempore, nicht das Herz, nicht die Planungen, sondern das Gebild der Planungen sei böse. Festdrücken, ab- und ausprägen, Formen bilden – das ist das Wort. Dasselbe Wort wie im Ebenbild, im Ebenbild Gottes. Problem der neuralgische Ähnlichkeit? Anxiety of Influence? Bilden heißt es, doch wo ist der Rohstoff ihres Bildens? Haben wir es mit Fehlverknüpfungen des Gedankens zu tun? Die sanfte Art, wie ein Ding ein anderes bestätigt, wird sie durcheinander gebracht? Und was ist die Strafe dafür? Ertrinken oder erzwungene Klassifikation ist die Strafe für das falsche Bilden des Herzens. Gegen die paranoide Mischung, die der gleiche Horror ist wie der Zwang zur Kategorisierung, könnte man im Sinne des Textes sagen. Also wurde auch Noah bestraft. Seine Strafe war der Zwang zur Kategorisierung und Selektion aller Tiere. Die Strafe ist also auf beiden Seiten. Zur Versöhnung: wann Gewölk – ich wölke. In meinem Wölken geschieht Wolke. Oder: und wenn es kommt, dass ich Wetterwolken über die Erde führe, so soll man meinen Bogen sehen, in den Wolken. Wenn ich ein Gewölk über die Erde führe und dieser Bogen im Gewölk sichtbar wird, so denke ich an den Bund zwischen mir und euch und allem Lebendigen, das Seele im Fleisch hat, und lasse die Wasser nicht mehr zur Sintflut werden, um alles Fleisch zu verderben. and it shall come to pass, when i bring a cloud over the earth, that the bow shall be seen in the cloud. oder: Chaque fois que j’accumulerai des nuages au-dessus de la terre et que l’arc-en-ciel apparaîtra. oder: Lorsque j’assemblerai les nuées sur la terre et que l’arc apparaîtra dans la nuée. oder: et il arrivera que quand je ferai venir des nuages sur la terre, alors l’arc apparaîtra dans la nuée, die Wolke, die an die Katastrophe noch erinnert und dennoch Ausgang aus ihr ist, sie bleibt Mimesis der Katastrophe. Halten wir fest: das Gebilde seiner Herzensgedanken war böse – der outrierte falsche Eifer. Zu diesem Zusammenhang eine weitere Anmerkung von Lorenz Wilkens, mit dem gemeinsam all diese Gedanken eines Abends ihre Entwicklung fanden: „Übrigens noch zu dem Gewölk (Gen 9, 14): Ich habe im hebräischen Lexikon nachgesehen und gefunden: Die Wolke heißt anan; das Wort geht auf ein Verbum zurück, dessen Grundbedeutung ist: entgegentreten. Jetzt zitiere ich das Lexikon: ‚und, da aus dem Begriff des Entgegentretens sich der des Zurückhaltens, Hemmens ergiebt, anah II eig. zurück-, niederhalten.‘ Die Verbform, die Buber und Rosenzweig mit ‚Wölken‘ wiedergeben, nennt man ‚Pi-el‘, d. i. ein intensivum. Mechanisch würde man übersetzen: ‚in meinem Begegnen- und sich Zurückhalten-Lassen der Wolke (des Begegnenden) über die Erde hin.‘ So spezifiziert es Lorenz Wilkens in einer nachträglichen Mail.
verfahren – als der bezug gekippt ist, dastehen wie ein kind, das sagt: ich mach jetzt nicht mehr mit. dabei wars doch so ein schönes spiel gewesen. was ist denn passiert, mein liebes, süchtiges bisschen liebe, mein süßes, süchtiges bisschen. so süchtig, so süß. wenn das nicht gut ist, müssen wir eben die sprache dehnen, damit es doch noch geht. wie groß die fläche ist, die ich brauche, wenn ich die sachen an den angeln nehmen, heben will? brauch ich einen hebel, einen helm? sollen verben helme tragen? wir könnten was am körper aktivieren, indem wir unsre muskeln reizten. jedes einzelne gelenk ward (ward mit Helm) so ausgelöst: karkasse. ich bräuchte ein noch kleineres messer. komm wir lesen nach und sehen wies die andern machen. ich hab nachgesehn. sie machens mal so und mal so. sie klappern grenzsüchtig mit ihren gefühlen.
ja, das sind gedichte, wie wir sie hören wollen. ich sehe das breite kreuz des dichters, ich sehe die unzerbrechlichen handgelenke, ach, ebenso schmal wie stabil, der dichterin. um uns krankzumelden, hatten wir sie einst auf die kante gelegt, doch wie wir uns auch bemühten, ein bruch gelang uns nicht. leicht beschämt, sowohl wie nicht unwesentlich erleichtert (ich) haben wir dann doch dem sportunterricht beigewohnt: seilkür. da mussten alle mädels durch. und das war weitaus schmerzhafter als das, was wir uns antaten, um als unpässlich zu gelten: for your eyes only, heulte das abspielgerät in der turnhalle, während wir das seil in bewegung setzten und uns in grazie übten. „ihr kommt zu hart auf, ihr kommt alle zu hart auf, das gibt abzug“, bemängelte frau soundso. „das vollkontakt-jahrzehnt der literatur, die wehtut“, so ulf stolterfoht. hör zu, liebs blümelein, anmut sei dein wedeln, beherrsche auch das seil mit leichtigkeit, mach es dir zum gliedmaß, naturalisiere es, geh ohne es nicht mehr aus dem haus. „und nutzt die ganze halle, bitte.“ mais, mais, mais: der quatsch, den du machst, ist einfach nicht existenziell. da regt sich widerspruch. dass alles sich im schmerz erweist? und tauscht den blick und tauscht die klinge? rausch der dinge? zwillingsfinger? sticht die spindel? frage an die fraktion-die-sich-weh-tut: ist das schon das geheimnis? aber nein! gleich trifft der vokal. oder auch mal die kür mit keulen. und der reim knallt in die hürden. schleudersitzgemäß, der vers. autoreifen autoreifen autoreifen.
souterrain. davor auf der straße sitzen im seltensten fall, meistens aber knapp unter der erde darin, wobei, unter der straße. nein, unter dem haus. unser vergnügen besteht nicht unwesentlich darin, meistenfalls die einzigen gäste zu sein, was ebensogut anlass zur sorge geben könnte, und es zuweilen auch tut. dann trinken wir mehr als wir sollten und zahlen mehr als es kostet. rasenartige weine. und wird unser halb-publikes gespräch sorgfältig untermalt, halten sich aufmerksamkeit und diskretion die balance, sitzen wir an der bar, immer an der gleichen stelle, (ich kenne die macken im marmor, ich könnte sie aufsagen), taucht er unter und bringt eine weitere flasche, werden wir wahrscheinlich wohlgemut. ich sage nicht, wo es ist. denn wir wollen dort weiterhin die einzigen sein.
the mad hatter: was nimmste? ich nähme dann wohl ein kännchen kaninchentee. ach, die pfötchen. die sehnigen pfötchen, getarnt in pelz und lufthauch. es zieht. ein winziges niesen. das tässchen, das kännchen, trinken sie doch kamille, sie müssen so niesen, kaninchen, höhnt the mad hatter. oder wie es die treffliche frau eichwald unlängst formulierte: ich hase meinen stall. da kann ich nur zurückgeben: auch ich bin voller has. auch ich.
wir wanderten, kurz zuvor hatten wir gelernt: in der lautgestalt werde die womöglich ähnlichkeit ausgeweitet. das meinen einige. der sound ein echo des sense? beträchtlich der evokative wert von lauten. nur dass das gar nicht so sei. beispielhaft, doch schon diffus: komme alles hinzu, in prießnitz‘ premieren gedicht, und ich erinnere mich nicht so recht, multiple speicherausfälle, die ich in jüngster zeit immer häufiger erleide, ich kann beim besten willen nicht mehr sagen, wie es wirklich war. nun, es war etwa so: eines wurde im verlauf der interpretation durch austausch zu etwas anderem, nämlich zum weiblichen geschlecht. oder sei es, ganz heißenbüttelisch der reißverschluss, der weder über die konstellation noch über die permutation zu rechtfertigen sei? oder ein tölpelhaftes sexuelles sich-betätigen als erotikon in sprache? auf unserer anschließenden wanderung stießen wir auf aufgegebene, verlassene latschen. wieviel schritte es wohl bräuchte, bis wir von den latschen wieder bei den besagten teilen wären? wenige. latschen. schalatschen. schamlatschen. schamlappen. schamlippen. voilà. das war nun wirklich nicht schwierig.
WENN ICH DOCH NICHT MIT SO UNHEIMLICHER SICHERHEIT WÜSSTE, welches nervöse Schicksal Ihnen bei Ihrer Lebensführung und Arbeitsweise bevorsteht … Sie haben ihre NACHTARBEIT >>eingeschränkt<<? – und DAS soll etwas helfen? Sie reisen >>zur Erholung<< (!!) nach Paris? und DAS – die Cur der Übermüdung durch neue REIZE – hat (erstaunlicherweise!) NICHTS geholfen? Glauben Sie mir: ich kenne den Bohème-haften Reiz Ihrer >>intensiven<< Lebensweise RECHT WOHL, – aber wer sie in IHREM Alter (der Adressat ist 33, M. R.) noch weiter führen will, der muss in der Welt allein stehen und jeden Augenblick, wenn der unvermeidliche Collaps kommt, aus ihr gehen können – unfreiwillig oder auch freiwillig, – ohne dass er Jemandem dafür Rechenschaft schuldete. lassen Sie in Jahr lang ALLE auswärtigen Vortragsreisen, ALLE hastige Arbeit, liegen Sie JEDEN (jeden!!) Abend um 9 1/2 Uhr im Bett, gehen Sie zur Erholung im Sommer AUSGIEBIGE Wochen OHNE Bücher (ohne ALLE Bücher!) in den einsamen deutschen WALD (Spessart: Pension 3-4 Mk), – DANN wissen Sie nach einem Jahr, WAS Ihnen an Arbeitskraft-Capital noch geblieben ist, werden die Sicherheit Ihres gesundheitlichen Selbstgefühls wieder haben und erfolgreich arbeiten können, insbesondere genau wissen, wie VIEL sie arbeiten können. Aber nur dann. … Wenn Sie aus Vorstehendem weniger die Anteilnahme des Freundes als die Besserwisserei des >Nerven-Experten< hören, sio verzeihen Sie – man MUSS sich von Zeit zu Zeit die Wahrheit vom Halse sprechen. so max weber 1908 in einem brief an robert michels.
bitte, liebes herz, versuche es einmal mit brom!
jetzt fühlst du dich verantwortlich. nein, du fühlst dich nicht, daher auch nicht verantwortlich. du willst beziehungen. nein, das willst du nicht. du willst wie an den alten ferienorten regeln, welche die lautstärke der gäste betreffen. nein, das willst du nicht. nehmt den menschen ihre handys weg! nein, lasst sie ihnen. du willst nicht schon wieder alles neutralisieren. man braucht kalk dazu und eine tonne. hast du eine tonne? nein. wie oft hast du in diesem jahr von vorne angefangen? hundert mal. die tonne wär jetzt da. ich brauch die tonne nicht. ich lass jetzt alles wie es ist. es wird schon richtig sein.
wir stellten fest: wenn der gipfel herpes hat, bekommt ihn der himmel auch. dann ist er mehr als bewölkt. am himmel platzen die bläschen. wie der himmel den gipfel bezwingt, wie das dem himmel gar nicht gelingt.
drei leit, dry light, twilight, drei leute in der mischungszone. lichtgemisch, es dunkelt dich, stellt ihr jetzt euren kragen auf? ja, sie stellen ihre krägen auf, sie sind zu dritt im lichtgemisch, flutlichtgemisch to be precise, in betonierter weite. dreileit seh ich auf einem leergefegten parkplatz stehn. sie haben gewartet, sie warten nicht mehr, jetzt tun sie nichts andres als stehen. sie stehen vereinzelt, sie werden gedimmt. irre, diese betonierten flächen und so eigenartig nutzlos, jetzt wo es keine autos mehr gibt. jetzt spüren alle die brutalität. nur kommt das ein wenig zu spät, denn die tiefe ist für immer verloren. soeben. so eben. (ein wort wie „klatschen“.)
in der übersetzung von nicholas grindell:
what the dog sees
what the dog sees when the dog sees me.
the dog sees me as the wallpaper of his bowl.
i’m made of harsh velvet, i’m proto-floral and alone.
the dog licks me out cleanly and that’s me replete.
later i come across the dog as a hint of vengeance,
a smell in the air, and revenge’s smell is shite.
i give him a beating. convex and crestfallen
the battered dog hobbles off to perpetual peace, or
what’s it called, where household appliances go to die.
was der hund sieht
was der hund sieht, wenn der hund mich sieht.
der hund sieht mich als die tapete seines napfs.
ich bin aus reizsamt, bin blümchenbildend und allein.
der hund leckt mich sauber aus, und schon bin ich satt.
später begegne ich dem hund als spur von rache
die man riechen kann, und rache riecht kacke.
ich hau ihm eins über. konvex und betröppelt lahmt
der verprügelte hund zum ewigen frieden, oder wie
heißt das, wo haushaltsgeräte zum sterben hingehn.
das fohlensorbet. ist gefroren. ist gefüllt. es ist dann ein füllensorbet. hat vergessen. muss es rühren. frostige flocken. muss es mischen. ist gefroren, hat vergessen. hat geforen, ist vergessen. wer sich kümmern muss, hat einen zweck. fohlensorbet will bekümmert sein, befüllt und / oder vergessen. hat dann etwas gegessen, war etwas verfroren. war gerührt, wahrscheinlich krank. und die hufe rührten. die füllung wurde gefroren. ich habe sie dann vergessen. sie war auf gestern datiert. gestern vor mehreren jahren.
die grobe kräuterschwester sagte: „dann nehmense besser weiße taubnessel, aber ditt kost se was“. wieviel will ich wissen. „9 euro 25 für 50 gramm, aber da trinkense zwei tassen von und damit hat sich die sache jehabt.“ sie schippt mir flockiges zeugs in die tüte. sie kramt nach bonbons, die sie mir gibt, ich sei nicht allein, meint sie, schaut aus dem fenster: „ditt sieht ja aus als die welt untajeht da draußen!“ ja. das stimmt. „wird aber auch zeit“, setzt sie hinzu. ich sage etwas wie naja. und sie, ganz aufgebracht: „ne, ne, ich hab nen scherz gemacht! ich hab nen scherz gemacht.“ als ich den laden verlasse, ruft sie mir nach: „teebaumöl, denkense an mich, teebaumöl!“
ah, das hellgraue, nein hellkrause, das grausame, aber vor allem das graue, fast weiße an der grammatik (ah, grammaire), die ergraute grammatik, sie scheint noch fast weiß, und: hochstieg die grammatik des grauen, und wie sie ergraute in meinem kopf, und wie es mir graute darin, so hell, war sie (subjonctiv) grammatik des grauens, du hündchen, und ich sagte, non, mais, alors, oui, mais, j’ai seulement dit que / perdu. das krause. das sich überall einlegte. trägt das graue? geht es ins weiße? könnte es nicht auch tragen, das graue? nein, es zieht. oder wäre es möglich zu sagen, man befahre das graue. später im stockdunklen, das wellenförmig vage vorbeirasen des beleuchteten ichs, während das wasser aus den augen herausplatzte, und das graue stieg und stieg und stieg immer dichter wurde, nicht aber am himmel des kommenden tages. der war ganz anders bemalt und von hinten beleuchtet.
Lost Original
Mr. K. said in times of great crudity
it is necessary to be subtle
so please wrap around me
with awkward grace
I may have suffered some Rilke Damage
or do I just have a little trouble
with fantasy tripwires
while engrossed in the sky’s lexikon
& hills like purple pachyderms
„there’s been a great upsurgence“
said the announcer but I didn’t catch
what of & what of where
does it come from where does it go
still asking on down the road
(Anselm Hollo)
super bandname. das machen wir gleich. was spielt du? ich spiele zuckerstreuer und triangel. und du, du spielst gitarre und akkordeon. und singen? singen tun wir beide gleichermaßen. nur wer marks ist und wer angles, das konnten wir in der schnelle nicht zu ende entscheiden. darüber denken wir noch nach.
der, der nicht ertragen kann, dass etwas zum stehn kommt. käme etwas zum stehn, dann stünde es einfach. da er aber, selbst tatenlos, das drillern der anderen nutzt, um sein inneres maschinchen am laufen zu halten, muss er, kurz bevor etwas zur ruhe käme, ja, man könnte fast sagen: heilte, doch nochmal den keilriemen in bewegung versetzen, und während die so Angetriebenen zentrifugieren, verschwindet er wieder, bis sie (die Angetriebenen) ins taumeln geraten und der kreisel nur noch müde kajuckelt – da taucht er nun wieder auf, um das ganze von neuem zum drillern zu bringen – „suffering some Rilke Damage“. wir nennen es auch: emotionales retrogardistentum.
ist das jetzt gut oder schlecht, das sei gut, das verhindere untersteuerung, lese ich, das sei daher für einen vorwärtsgewandten fahrstil die ideologie aus raserei und kontrolle. hach, wie sich das kluxi insich-betört beim bloßen gedanken daran. bissig verzögert ist der hass, den ich gegenüber dem privaten personenverkehr hege, dann beißt er sich fest, kiefernstarr, alles hält und ist satt, nunja, nicht gar so groß ist mein hass: mein automobiles hässchen. doch es ist schon auch groß, unter den hässchen ist es monumental, von kiefern umstanden, von winden befönt. allein eine spätform der mentalen hygiene begünstigt mich, ihn klein zu halten, meinen automobilen hass.
auf dem universitären podium, ein unding, nur männer, siebzehn davon und eine frau, die man ende der veranstaltung auch noch mit einem blumenstreich überrauschen musste, weil es offenbar nicht anders ging. was sagten uns die blumen? ein blumenopfer zu ehren der heiligen jungfrau virgen de los desamparadosan – hier, für ihre abwegige, das heißt gleichsam sakrale anwesenheit? sie habe etwas gewonnen, aber eigentlich nichts geliefert? ein geschenk floriere ihren pflanzenhaften beitrag, feminin gedacht? schönheit, welche dabba-dabba erstrahlt und verwelkt? voilà, meine liebe, jetzt haben sie etwas, das sie im verlaufe des abends mit sich herumtragen können? etwas, das irgendwo liegen gelassen, als beweis für ihre innere reglosigkeit gelten kann? in jedem fall wird das unübliche und nicht-alltägliche ihrer präsenz floral bekräftigt. was soll man nun davon halten. ich sage: blumen für alle! und sehe sie schon hantieren mit den buketten, die wissenschaftler, sich nervös umschauend nach einem anderen wesen, das den strauß an ihrer statt, freudig in empfang nähme und statt ihrer in den nächsten sechs stunden des honneurs mit sich herumtrüge. und hier war der dekan mal wieder schneller, die sekretärin ist versorgt, was ist mit der verwaltungs-assistentin? auch sie ist floral versorgt. nein, studentinnen kommen freilich nicht infrage. schon tönt es hell und obstinat: herr professor, sie haben ihre blumen vergessen! blumenstrauß, blumenstreich, blumenfluch.
Ihre schwankende, im Einzelnen mehr vom Zufall als von ihrer Thätigkeit abhängige Existenz, ihr regelloses Leben, dessen einzig fixe Stationen die Kneipen der Weinhändler sind – die Rendezvoushäuser der Verschworenen – ihre unvermeidlichen Bekanntschaften mit allerlei zwielichtigen Leuten rangieren sie in jenem Lebenskreis, den man in Paris la bohème nennt. Marx und Engels: Bespr. von Adolphe Chenu, „Les Conspirateurs“, Paris 1850.
wie große kälber sitzen die gäste im scheinwerferlicht auf einer lindgrünen plauder- und polsteranlage, großkalibrig wie sie sind, sind sie der ganze stolz des talkenden masters, des redemeisters. (der redemeister mit der peitsche: „sprich! sprich, du sau!“ die großkalbrigen gäste sind überrascht, lassen sich aber nichts anmerken, um des lieben friedens willen und auch wegen der äußeren anschauung, der sie sich ausgesetzt fühlen. daher sprechen sie. und auf der bahn der kooperationsbereitschaft geht es hinab.)
das sind zwei sätze, die sich mittlings einen waggon teilen, der beiden angehört: der verkoppelte sinn.
ovat – sei der closing particle, da werde also nicht nur ein bisschen herumgeputzt, nein, da werde fertig geputzt, soweit voran geputzt, bis es weiter nicht mehr gehe, und wo es sich dann sperre, drehe man sich mit dem rücken zur sperre und schaue in einen klinisch sauberen raum, der die putzend verbrauchten stunden speichert, sie dann mit der zeit allerdings wieder preisgibt in die vergeudung, dann heißt es, von vorne zu beginnen damit: putzovat. luxovat hingegen ist das tschechiche gegenstück zum entschiedenen hoovercrafting.
ach, ein elend: nichts mehr haben, was im alten schema beschreibbar wäre. nichts als leere. faseriges zeugs. dennoch hören die anfragen nicht auf. sie fangen erst gar nicht damit an, aufzuhören. und so auch ich. sehr unangenehm, in der leeren schüssel herumkratzen, um etwas löffelweise herauszugeben, das zu 10 prozent aus qualität, zu 20 prozent aus guten willen, zu 30 prozent aus angst, zu 10 prozent aus dem gagatum der überforderung und zu weiteren 30 prozent wieder aus angst gehört, nur kommt letztere angst aus der anderen richtung. „“ich hätte da noch einen text über — — — — .““ die kammern aufs neue befüllen, aber womit? oder erstmal haare waschen? ach, der wahnsinn des haarewaschens, wer kann sich den denn leisten. andererseits: es könnte auch ganz aufhören. also haare waschen besser lassen.
flieder: ein strauß neben dem bett, befülle die träume mit irrem zeugs, weil psychoaktiv. flieder berge also traum hervorrufende dings // neben bett gestellt // dings // weswegen krankenbett heißt, nachts die pflanzen raus // dings // also anders als nikotin, denn es sei ja bekannt, dass burroughs eben deswegen nicht rauchte, weil nikotin antihalluzinogene wirkung habe // hätte man herausgefunden // und wer den geruch von flieder (11 monate nach friedhof und 1 monat nach puff) nicht möge, der könne sich ja nachts ein fliederpflaster auftun // und schauen, what it does to YOUR REIHENHAUS (oder der doppelhaushälfte, die, an einer straßenstrippe aufgereiht, geordnet ist nach geraden und ungarischen zahlen, wie es o. kalasz einmal so trefflich auf den punkt brachte).
(schauerhohn extended remix) ::: „das, was an mir nicht heldenhaft ist, ist das, was an dir nicht schön ist. der rest reicht aus. // die englische erlösung hat ein „rdtsch“ in ihrer mitte, einen plumpen riss. etwas öffnen oder nehmen mit einem griff, der so gar nicht proustisch ist. komm mit mir mit. das ist, trotz allem, meine zweitletzte hand. ist es das? nein, das ist es nicht. ich möchte noch einmal sagen („ich“ wird hier im übrigen ausschließlich im sinne einer exemplarischen funktion von pronominaler direktheit gebraucht, das heißt: rhetorisch), dass es das nicht ist. // ja, ein mädchen sind wir, rettungsboot, einsam aufgrund von worten, die ich nicht spoken. doch das, was noch zu retten ist, soll man es denn nicht? schau sie dir an, sie geht in die andere richtung davon. (heißt das nun, dass sie eine schlampe (nonne) ist?) rettungstausch // lungenfrau // atemnot // rettungsboot // schauerhohn.
peter paul rubens
das ist der himmel über haßlochs holiday park / hach, hisst der himmel über haßlochs hallodrimark heiter die hässlische hummel. Im haßlocher himmel / hoch über dem holidaypark macht sich die hummel / heimlich zum hammel, mithilfe dieser hässlichen waffen / macht sich der haßlocher himmel zum himmlichen haßloch. / Oh holidaypark, du mein holidaypark, mein heiliger holidaypark.
dieses eine kabel, was mach ich damit, es gibt doch immer ein kabel, das ich nicht brauche, ich brauche das braune und das blaue, und dann gibt es noch eins, das ich nicht brauche, das ist das blau-gelbe – genau, das ist die erde. die erde ist das kabel, das ich nicht brauche. sie ist grüngelb. du kannst natürlich auch die erde anschließen. aber an was soll ich denn die erde anschließen? einfach in das dingli reinklemmen, ohne anschluss? das ist doch nicht anschließen. wie, die erde an die erde anschließen? dann bräuchte ich ja noch ein kabel, das ich nicht hab. „du könntest die erde ja auch mal an die wasserleitung anschließen.“ „ja, oder den mops ans internet.“ da trollt er sich, als hätte er jedes wort verstanden. er hat jedes wort verstanden. sein name ist: nabu.
was hab ich für ein misstrauen gegen diesen aufgesetzten rückbau in der ichgeschichte, die kinderperspektive. jahre zurück. ein kindlicher blick – was will der mir verkaufen, dieser kindelige bligg? was streift er ab, an der jahrgangsschleuse, die etwas weit, so weit zurückdreht? wisst ihr schon, wie es heißen soll? ja. wie denn? es heißt kritik. kritik rinck. es ist ein mädchen. nämlich. /// was geht mit: tierwerden? it’s a dog owned by a giraffe.
Was hat es denn noch übrig, neben der Ähnlichkeit? Ist Ähnlichkeit im Laut denn nicht korrupt? Warum steht das hier? Wegen des Reims. Nein, es steht hier, weil ich ein bisschen Hunger hab. Ach, das einfachste. Die (schlitzige, schlüpfrigste) Sense of sense. Den andern – was, unterwandern? Überwandern? War es das? Sollte er nicht vielmehr: steigern? Oder duellieren, sich oder die Umwelt? Oder sich mit selbiger? Här, här, här! Find du mir eine Reim auf das Duell. (Alles, außer schnell) – ah, wie wäre rituell? OH, my ever changing moods. Sie hielten ein launisches Ri-tu-ell ab, es diente der Besänftigung launischer Götter. Karottenhosen, durchgefärbt. Schulterfreies. Sexen-Westen, Aufgebügeltes mit Botschaft. Sylt oder Schuld. Kult oder die Huld in der Mulde meines Zuzugs. Komm doch her. Krümme dich hin zu mir. Mach wie bei Deleuze ein Feld von Zapfen. Das nicht mehr denkbar ist. Zumindest beim Picknick nicht. Kann ich mal deine Schleimhautpartikel, bitte? Bring dir doch selber welche mit. Die kennen sich schon auch mit Ekel aus, die Herren Deleuze/Guattari. Hat darüber mal jemand nachgedacht? Der ekel, der aus einer aus der vom Kleinsten ins Größte fabrizierten Chaosangst resultiert? Stipendiaten, her zu mir! Brigade Zeitgewinn, Brigade Zeitverlust. You got to tolerate. You got to tolerate.
Nachtrag: „Le conflit de rime et du sens. Dans le ‘dogme classique’, dit Albert Dauzat, ‘tous les bons auteurs de l’époque (le XVIIe siècle) sacrifient la rime aux besoins de la pensée, à la justesse de l’expression’. C’est la condition du signifiant. Sinon, la cheville: La rime est une esclave, et ne doit qu’obéir. Un sens lui vient ensuite, d’une ‘association par contraste’, comme dans Booz endormi entre ‘Et l’on voit de la flamme aux yeux des jeunes gens’ et le vers qui rime, ‘Entre aux jours éternels et sort des jours changeants’. Où l’argument laisse implicite une remarque importante: que l’association concerne le vers entier, et ne se borne pas eux mots qui, en fin de vers, riment.“ Henri Mechonnic: La rime et la vie. Seite 223.
gestern wieder schwierig, gestern wieder ganz schwierig. wie soll man denn sowas bewältigen, bis hin zur zärtlichkeit? mein sozialkörper, der sich unablässig erklärt. das parlament für die repräsentanten meiner wirrnis und missgunst, mir selbst gegenüber. diese debatte! diese debatten-anstalt! da ist natürlich nichts mit knutschen. erstmal das parlament stürmen. so ein quatsch. ich weiß es ja auch nicht. regionale schweißausbrüche. beförderte wut. sie ist kalt. kalt wie ein stück. wie ein stückchen liebe. trauen – as far as I can throw you. nein. nein. schau – es ist einfach, ungefähr so einfach wie ein rechenmeter.
endlich war üt da. ich hatte mich bereits in den sitzsack hineincamoufliert. mimesis betrieben, aufgrund der scham, die aus den enttäuschten erwartungen herausgequollen war – so hatte ich mich verstecken wollen, im offenbaren angebot, das herbeigeschleppt worden war in form von potsdamer sitzsäcken, für all die, die nicht gekommen sind. endlos schlechte regression – die provisorik einer versöhnung, die bereits aufs haar dem fatalismus glich. doch dann formten wir, üt und ich, mittels der uns mitgegebenen schwerkraft die sitzsäcke in eine uns vorgeblich entsprechende atmosphäre, gemäß unseres knochenbaus und dessen aufhängung
am strand angekommen. sich hingeschmissen. hellstes dezemberlicht. ein verwirrter hund konnte sich nicht entscheiden. mädchenhybris meint, das meer hat durchgeguckt. (har har.) hast du gesehn, es hat durchgeguckt. rechts außen architektur, guck da, der gehry-fisch. ah. schon wieder fisch. warum nicht mal was anderes, warum keine katzen, eigentlich? ach was, katzenkotze! zum modell genommen, im maßstab eins zu überwältigend. begehbar. interior access. man müsste experimentieren. die katze kotzt derzeit das fundament. pläne überdenken. etwas wie plexiglas-mousse unter das futter mischen? die katze gehörte dann freilich vorbildhaft behandelt und wäre mit einer außerordentlichen professur zu versehen – über ihre lebenszeit hinaus.
irgendeine (rettet mein gedächtnis!) folkloristische legendenbildung verbietet den verzehr von apfelkernen, da die gefahr bestehe, dass der apfelkern zu keimen beginne, und der obstesser es mit seinem inneren apfelbäumchen zu tun bekomme: lebensgefahr. sie (wer war das noch?) aber sagte, sie glaube das nicht, sie habe schon soviele apfelkerne gegessen, dass man die apfelplantagen auf ihrem grab stapeln müsse, denn ein größeres grab könne sie sich gar nicht leisten. es war auf jeden fall eine frau mit langen haaren, die das sagte, aber ich erinnere mich nicht, wer sie war oder wo. das handwörterbuch des deutschen aberglaubens kennt apfelkerne, die die anzahl der verehrer (und den richtigen unter ihnen) bestimmen
I dwell in Possibility – / A fairer House than Prose – / More numerous of Windows – / Superiour – for Doors – //// die dickinson’sche drehtür. dreht sich in die möglichkeit, entlässt mit jeder drehung neue möglichkeit. der luftzug ist hell eingebläut, zur verdeutlichung des vorgangs im anfängerkurs – später wird reduziert, fortgeschrittene müssen den durchgang der möglichkeit auch ohne weitere farbmarkierung erkennen lernen.
adorniten im weltall, lichtjahre unterwegs zum planeten „sich“.
mit der circum-flex reingegangen: diese neue flex, sagte damals ein freund meiner brüder, sei sicher das ende des rinck’schen haushalts. das war nicht ganz richtig. ich will aber auch nicht unterschlagen, wie spaßig das war: das hab ich weggeflext! (unser dank geht hier an die firma flex). mithilfe der circum-flex hingegen (von lat. circumflexus – umgebogen) ließe sich irgendwie drastisch auf die sprache einwirken. DIAKRITISCHE ZEICHEN FÜR ALLE! (hier fehlt noch das däschelsche) und zackzack auf die übersetzung damit! das reimt sich wie ein winkelschleifer. kraftvoll und ausdauernd, auch in kurven und rundungen. löst mit der geforderten ansprechempfindlichkeit in extrem kurzer zeit aus (< 15 millisekunden). mit wiederanlaufschutz bei stromunterbrechung und qualitäts-abschaltkontrolle: bei abnutzung wird der motor automatisch abgeschaltet und so vor beschädigungen geschützt. ohrenschützer empfohlen.
je suis mille fois le plus riche, soyons avare comme la mer, so der visionenmillionär rimbaud in einer höllischen nacht.
Eine Ecke im Zimmer der S. war mit Umschlagetüchern verziert, die an der Wand hingen. Auf einer mit einem Spitzentuche überdeckten Kiste standen ein paar Gläser mit Blumen. In den Tüchern und in den Blumen überwog das Rot in den verschiedensten Nüancen. Die Entdeckung dieses Winkels machte ich spät und plötzlich, in einem schon vorgerückten Teil der fête. Sie wirkte fast betäubend auf mich. Augenblicklich schien mir, dass meine Aufgabe darin bestehe, den Sinn der Farbe mit Hilfe dieses ganz unvergleichlichen Instrumentariums zu entdecken. Ich nannte diesen Winkel das LABORATOIRE DU ROUGE. Mein erster Versuch, die Arbeit in ihm aufzunehmen, glückte nicht. aus den crock-notizen von walter benjamin. arbeit an der farbe, im laboratorium des roten, ein essayistischer impuls – und die kittel, die man dazu tragen müsste, welche farbe hätten sie? denn dass schutzkleidung nötig ist, scheint mir selbstverständlich.
ein blick ins gedicht, wie würdest du übersetzen? „atemdurchfädelt“, dachte ich, und ich sah es schon vor mir, wie es sich zu einem ganzen zusammensetzte, noch perforativ und halbtransparent, in einem träumerischen winkel des wachbewusstseins, oder hab ich das vielleicht doch nur geträumt? welches gedicht das war? schon kann ich es nicht mehr sagen. und lese in einem brief von d. berger: „Ashbery, in response to my flattery: »I can translate him faster than I can type.« (said humbly).“ mit aller gebotenen demut – solche begegnungen können vorkommen, dass sich das eine in das andre hineingibt, unter meinem dann nur noch moderierenden blick, schließen sie einander auf. ich selbst würde dann zum zeuge einer anverwandlung werden, eine wundersame wanderung. das ist selten. äußerst selten. voraussetzung ist allerdings, sich entsinnen zu könne, wo, wann und worum es sich handelte. (irgendwie kommen aquarelle, die szenen aus bunuel-filmen zeigen, mit ins spiel, ich weiß nicht woher.)
Der Geruch von Sellerie hat mich monatelang verfolgt; alles riecht und schmeckt nach Sellerie. Wenn ich abends mein Hemd ausziehe, riecht es nach Sellerei. Was bedeutet das? Meine (Keuschheit), mein Zölibat? Strindberg, am 03.01.1901.
in zwei zeilen angelegt, wie eine luke ins schon auch ungute, von manchen begrüßt, von anderen verworfen. warum gerade diese beiden zeilen sein müssen, oder warum diese beiden zeilen nun gerade nicht gehen und raus müssten – daran entspann sich eine debatte, so rege, dass sie letztendlich zur gültigkeit dieser beiden zeilen führte musste, ganz ohne anschauung des inhalts.
griech. skandalon ist nicht nur anstoß und verführung, sondern eigentlich ein FREI HERABHÄNGENDES HOLZ, die AUSLÖSEVORRICHTUNG einer TIERFALLE, ein losschnellendes gerät, und in der septuaginta: versuchung, die der teufel dem menschen in den weg legt. so übernahmen dies die kirchenväter, als fallstrick, ärgernis, verführung zum bösen. ein herabhängendes holz.
als halte er vorgefertigte redepassagen bereit, die nur noch an der passenden stelle eingefügt werden müssen, heruntergesenkt und fraglich verankert. freilich treten so wiederholungen auf. freilich. freilich. freilich. deswegen gilt es die szenerie rechtzeitig zu wechseln. oder zumindest den sender.
don möchte wissen, was für holländische stilleben das waren, die wir uns angesehen haben, an diesem kalten, regnerischen tag, ganz in zoonähe, in charlottenburg, bankgebäude. niedrige gangster im integrierten bistro, eine sehr eigene subkultur, kam mir vor, und was wir sprachen. etwas ganz anderes, aber was war das?
im széchenyi bad im strömungsbecken gegen den uhrzeiger sinn, mittreiben einige tote insekten. auch wir treiben, plaudernd, weniger im kreis als vielmehr im oval. mitgerissen in salzigem wasser, das eigenartig grünlich ist, fast gelb. schön sind die wendungen, gegen die man flugs den rücken verdreht, um einander zugewandt zu bleiben in der strudelbude.
trippsendes diersche. elektrifiziert sirrt es, zittert und strizzelt, im freien, in friesland. im gegensatz zum übermops. der wäre morszi zu gerne gewesen. allein, er war es nie. das ideal-ich der tiere. im licht, an der bank, umgeben von alten beinen von frauen in alten braunen knöchelhohen schuhen. was „viecher“ seien, wollte der franzose wissen. ich sagte es ihm. (es gibt keine entsprechung. es gibt auch kein wort für „schoß“.)
ich hörte, dass „cooking in the danger zone“ (bbc) als „kochen am krisenherd“ eingedeutscht worden ist. wer immer sich dafür entschied, gehört wurzelbehandelt. überhaupt gehört die gesamte veranstaltung püriert. aber das nur am rande.
ich sach doch nicht der kuh: friss nicht!, wenn ich will, dass sie frisst, die kuh. bin kein freund von tangoklitschen, hab wenig interesse an gezerre. noch glänzt wie nasses glas in ihrem großen kopf, die wölbung, mithilfe derer sie mich sehen kann, die kuh. sie kaut. verdrehtes denken sollte nicht für sich allein, sollte sich nicht selber wurfsack oder melkmaschine. denken sollte doch die welt für und in sich weiterdrehen, statt sich in einer welt verdrehen, die das mit maßlos stummem aufgemerk kassiert. heu. es fault das heu. salute.
soweit meine telefonische expertise, was den uns zur aufmerksamkeit bestellten prosatext des herrn autors angeht. ausgestanzte behauptungsprosa – dann aber, als blies ein heller sturm uns kräftig die haare aus der stirn, die böse erkenntnis – die ich hier verschweigen werde.
ich lese – und vergesse. lese – und vergesse. lese – und vergesse. lese – und vergesse. lese – und vergesse. lese – und vergesse. nicht nur steigt die scham, es steigt auch die angst.
ah, also verfügt auch das sein über einen stil, den man entweder begrüßen oder ablehnen, neu oder ältlich finden kann. nachdem mir bereits klar gewesen ist, dass sich auch das nichtsein mit troddeln verziert, zeigt sich mir nun aufs neue, dass alles, wirklich alles: eitel ist. aber eigentlich ist das ja auch ganz nett – eine seinsstilistische frage.
nachdem sich hier alles anormalisiert, sehen auch die worte so komisch aus. identisch. und auf die eine oder andere weise falsch. sie stehn so schief wie sie im duden stehn. ich versteh das nicht. wie kann ein entzug so etwas tun? darüber wäre ich entsetzt, hätte ich noch eine handhabe (einen kredit) auf derartige affekte. hab ich aber nicht. wie lange wird mich das noch begleiten. hinzukommt: ohrensausen. doch meine augen werden besser. scheint mir. nur das, was ich sehe, ist über die maßen seltsam. und der rest ist dunkel.
das ist der bennsche schädel-flederwisch, der tückisch durch das ding-gewerde taumelt, in französischer übersetzung.
nüchtern war er ein feiger tod, das ist keine schöne sache. nüchtern zu keiner abwehr fähig, war er dasselbe trunken zu jeder. (ist es dann noch dasselbe?) er war ein joker, der hieß tod. ein todes-joker, der sich selber ausspielt. reinhold spielte seine eigene karte, keiner musste warten, bis die richtige Farbe kam. keiner hatte zeit, zu warten. „und dann heißt es: adieu Sie.“ aye, aye, mein orientierungsloses mitleid.
A LA FIN
A la fin la clarté devient folle d’octobre
Le paysage est transparent et décharné
Les ombres percent le sol jusqu’au coeur
Les glaciers touchent les yeux et quelles brûlure
L’exquise aurore bleue ne quitte pas le jour
Vraiment on tremble d’irisations et d’amour
Devant cette blonde
Maîtresse transparente des hauteurs.
PIERRE JEAN JOUVE: VAL ÉTRANGE
»TAURUS (April 20-May 20): In the Tsonga language of South Africa, the term *rhwe* means to fall sleep on the floor while drunk and naked. According to my analysis, you may now be unusually susceptible to exhibiting *rhwe*-like behavior. That’s because the astrological omens suggest you’re in prime time for the kind of extravagant socializing that may lead to extremes you rarely express. There are more constructive ways to channel this energy than through *rhwe,* however. Your challenge will be to make sure your discernment and discipline are at least partially engaged as you run half-wild and seek prodigious fun.« Rob Breszny auf freewillastrology.com.
im schneefall eine mütze tragen. daran tust du gut. den längsten schneefall, den wir kennen, erleben wir in diesem jahr, die mütze wird verlängert in den frühling. auch jetzt, in diesem augenblick, fallen irgendwie staubige flocken, sehr klein sind sie, wie aus dem staubigen fell eines kleinen (aber sehr zahlreichen) weißen tiers hochgewirbelt. sie gehen in alle richtungen. sie scheinen mir sehr neugierig und desorientiert zu sein. etwas anderes: die anti-taxi-mütze, mit der ich stundenlang durch den schneesturm ging, kein taxi hielt. es lag sicherlich an der mütze. ich trug dann eine andere. aber als der schneesturm weiterging und sich wenige wochen danach zum weißen wirbel erhob, und ich mit s. unterwegs durch moabit war, trotz ebendieser mütze ein taxi hielt! und nicht einmal vergessen die mütze auf dem rücksitz des taxis. umdeutung geglückt. ab jetzt sei es einfach eine warme, wenn auch nicht sonderlich kleidsame mütze.
was geht hier vor? es gibt männer am salatbuffet, seit jüngstem, sagen wir seit einigen monaten. die gesellschaft ist im begriff sich zu verändern. die geschlechterrollen: schwankend. etwas greift, aber was? oder sind es einfach nur: essstörungen für alle?
Translating, I do not cram sentences into any mid-linguistic limbo. I write Finnish-language sentences over them-so they’ll disappear.So Saarikoski, in Anselm Hollo on translation: an Interview with Edward Foster from Talisman # 6, zu finden auf den Seiten der Duration Press.
Anselm Hollo in einer fußnote zu seinem gedicht: Inhabited eye: „falcon-eyed montcorbier“ – Francois Villon (his ‚real‘ name). (es sind übrigens wunderbare fußnoten, die seinen auswahlband „Notes on the Possibilities and Attractions of Existence“ beschließen.) wir kennen fragen nach dem wahren namen, so wie es einmal hieß, die werke von shakespeare seien gar nicht von shakespeare, sondern von einem anderen autor gleichen namens.
die KI-WISCHEL-QUALLE hat den vorteil, dass sie in jeder form der kommunikation als symbol für eine marke eingesetzt werden kann und – im gegensatz zum markennamen, der sich mit der einstöckigen bruchbude der linken gehirnhälfte zufrieden geben muss – in der rechten gehirnhälfte abgespeichert wird, wo sie sofort beginnt, die möbel umzustellen. KI-WISCHEL-QUALLEN sind (ich zitiere): „in unserer überreizten Welt, in der wir nur durch radikale Selektion bei Verstand bleiben können, eine der tragenden Speerspitzen, um im Kopf unserer Zielgruppen wahrgenommen zu werden.“ ja genau, tragende speerspitze im kopf der zielgruppe. darum geht es.
Da „idiocy has something to do with the nearly existential fact of being stuck with a body“ – „our ancestors used to fast-forward and just lose it, Trauerspiel-style, in favor of more etheral forms and nebulous promise“. avital ronell: stupidity.
Der Markt des Lebens, so beginnt Brehm seine Einleitung des Kapitels DIE WEICHTIERE (Mollusken), „stattet jeden, auch für die nähere Befreundung mit den Weichtieren, mit einer kleinen Summe von Vorkenntnissen und Erfahrungen aus.“ So ausgestattet geht es an die Vervielfachung der Kenntnisse, die zur näheren Befreundung günstig sind…
utopocalyptic: term coined by poet Michael Heller: „that odd socio-political or cultural product, both fever and exacerbation, in which an individual is torn between idealized hopes and gnawing dread.“ (zitiert nach anselm hollo, siehe # 2446)
ein bis zwei schlŸcke chesterton-icum: „The man was proud of being orthodox, was proud of being right. If he stood alone in a howling wilderness he was more than a man
tonnenschwere, zwergenhafte, babygesichtige gottheit. intransportabel. da diese götter nicht tragbar waren, trug man sie nicht. oder: sie waren betretbar? betreiber? teile beiseite, beter?
gedrängtblütige neoregelie. stehende luft, irgendwas am kragen weiten. vielleicht den hals. von pflanzen verbrauchte luft, von schlafenden pflanzen bei geschlossenen fenstern. das sei das ende der erbsen, so der franzose. duldentrauben lanzenrosette. von trauben geduldet. dann aber lanciert. ein tiefes räuspern, mit pollen in der kehle. er habe eine schleife konfektioniert, eine zellophane orchidee, im koffer, nein, in einem schmalen kartöngsche. und das mir! das mir! inzwischen werde das tropenhaus renoviert. bis voraussichtlich: ??
Conrad Ferdinand Meyer: Nachtgeräusche // Melde mir die Nachtgeräusche, Muse, / Die ans Ohr des Schlummerlosen fluten! / Erst das traute Wachtgebell der Hunde, / Dann der abgezählte Schlag der Stunde, / Dann ein Fischer-Zwiegespräch am Ufer, / Dann? Nichts weiter als der ungewisse / Geisterlaut der ungebrochnen Stille, / Wie das Atmen eines jungen Busens, / Wie das Murmeln eines tiefen Brunnens, / Wie das Schlagen eines dumpfen Ruders, / Dann der ungehörte Tritt des Schlummers. // die muse macht meldung – dann: das geflutete ohr des schlummerlosen, und wie es dann immer weiter ans verstummen geht: bis zum ungehörten tritt des schlummers.
rauschte so die edge (etsch), so dicht (pink noise), das cafe darling an ihrem ufer, noch standen die schirme, wenig einfühlsamer wind, will sagen windigkeit, toast, diverse, viele davon und für alle, bauerntoasts waren darunter, zuvor spielte der kellner sein lustiges spiel, was aber wirklich objektiv lustig war. er spielte mit unserer gier. ja, eigentlich spielte er auf unseren wünschen. das heißt, er kam nicht (fast nie) zurück. dazu dann die windigkeit. und das rauschen des rands. des sehr langen, flüssigen rands. das stimmchen, das stimmchen – there is a river, called the river of no return – wurde vom rauschen verschluckt. die wiederholte zufuhr von pernod wäre uns so allerdings nicht gelungen, oder zumindest sehr mühsam gewesen.
(casuistique de l’égoisme) – mit dem eintritt in die fabrik des werks – ein vorgestelltes regelleben ohne über-ich – alltägliche organisation der bedürfnisse – pharmakopöe zur wegzehrung – das problem der kleidung des romanciers – notwendigkeit von rockschößen – das haus, das feuer und die lampe – doch: „Denkt man allzusehr an das ZIMMER, das HAUS, die VITA NOVA, läuft man vielleicht Gefahr, eine gewisse Leere des Werkes, eine gewisse Sterilität künstlich zu möblieren = im Grenzfall ein Dispositiv der Entschlusslosigkeit (was ich hier erforsche sind Phantasien).“ Roland Barthes: Die Vorbereitung des Romans. S. 356 // siehe aber auch s. 365: das konkurrente verhältnis von freundschaft (treue) und werk (zeit). //
beharrlich hatte ich es falsch geschrieben, den tartar und das tartar, soll heißen, den tatar und das tatar. und hätte auch nicht damit aufgehört, wenn nicht angesichts des titels: „sich einen teller tatar zu teilen im zustand der willenlosigkeit“ – aus dresden der hinweis auf ein überzähliges R gekommen wäre. ich kanns im übrigen immer noch nicht glauben, dass das nun also richtig sein soll. und plantschen – ja, plantschen, das werde jetzt ohne T geschrieben, teilte man mir heute mit. fehlt dir was, liebes? ja, das T in planschen.
gesprochene worte nochmals sprechen (speaking spoken words again) – es liegt etwas in der wiederholung. es steht darin. es steht darin wie in einem aufzug. die wiederholung – aufzug oder paternoster? nunja. ist sie zirkulär? das kommt darauf an, was ihr inhalt ist, und ob der wechselt. eine wiederholung ohne inhalt – was wäre denn nun darunter zu verstehen? (siehe deleuze, die kopierten seiten auf dem großen tisch, aber erst morgen früh).
das ist kein jahrhundertroman, das ist, mit verlaub, ein jahrhundertsack. und nein: mit balzac ist das nicht zu vergleichen. nein. nein. nein.
wo fand ich das denn – eine einsteigerung der fremde in der feminisierten wendung? gelöste notizen immer wieder. im umkreis: die tödin. das las ich (vermutlich) bei celan, aber auch im kleinen lexikon der dämonen und elementargeister: „sie (die tödin) trägt ein weißes gewand und kann zu einer riesigen gestalt aufwachsen; berichte über die begegnung mit ihr gehen ins phantastische. meist ist sie alt und häßlich und hat ein ‚beinernes geschau‘ (knöchernes aussehen); sie kann aber auch jung und schön sein, dann wird sie ‚schöntödin‘ genannt. (..) die weibliche personifizierung des todes in diesem gebiet (kremnitz-deutschproben, dt-sprachiges gebiet der slowakei) ist darauf zurückzuführen, dass das wort für ‚tod‘ im umgehenden slawischen sprachraum weiblichen geschlechts ist.“ siehe auch: the gender of death. a cultural history in art and literature. von karl s. guthke.
vielzitiert und erst jüngst wiedergelesen, kafka an jesenská: „Briefe schreiben aber heißt, sich vor Gespenstern entblößen, worauf sie gierig warten. Geschriebene Küsse kommen nicht an ihren Ort, sondern werden von den Gespenstern unterwegs ausgetrunken.“
willenslagen, eisern: den schlafenden körper zum schreien zu bringen. ein nebenbewusstsein vandalisiert das schlafende ding – will es zu etwas bringen. und das hat er alles im schlaf gesagt, hat sie gesagt. ich habe es dir notiert. (ach, du kannst du sprache nicht, ja, dann kann ich hier nicht weitermachen.)
schon ziehe ich dies aus dem lehm meiner waden (dem leben meiner arten). müd. ein pavor. sagt man so? wummert. ruppig vibriert es. sicherlich nicht allein. welche präsenzen dies aber sind, ich lehne das zu wissen ab. die rettung in die diskretion. „das hatte ich so auf dem bildschirm“, irgendjemand sagte, das gehe verloren. „ja, wo denn?“ (ortlose verluste sind ja auch ein quatsch, irgendwo muss das zeug ja hin verloren gehen..)
die stimme in stimmigkeit, eine frage der proportion. decere – be fitting. was hab ich nur gesucht, als ich das nachschlug – näheres zum wahrheitsstil, zu sagen: deine wahrheit ist einfach nur schlechter stil. „Denn was kann die Treue für die Wiedergabe des Sinns eigentlich leisten?“ und riss ihm den kopfhörer vom kopf, darin verfangen die locken des kommenden tages. schreita: aua. eine menschenbildende stimme sagt: geh mit der präposition woanders hin. mach ich.
unterwäsch – hat welche farb, habs rosa-schwarz am schlafgemach getragn. walche farb? ah. maby dack. haha. hahaha. da, ahn schwarza vasenwal. astarn. harpane taga. jage vasenwal. schwarz. und schwarzgemach. der rosafarbene anteil am schwarz.
SNUG
Have you the lion’s part written? pray you, if it
be, give it me, for I am slow of study.
QUINCE
You may do it extempore, for it is nothing but roaring.
BOTTOM
Let me play the lion too: I will roar, that I will
do any man’s heart good to hear me; I will roar,
that I will make the duke say ‚Let him roar again,
let him roar again.‘
QUINCE
An you should do it too terribly, you would fright
the duchess and the ladies, that they would shriek;
and that were enough to hang us all.
ALL
That would hang us, every mother’s son.
BOTTOM
I grant you, friends, if that you should fright the
ladies out of their wits, they would have no more
discretion but to hang us: but I will aggravate my
voice so that I will roar you as gently as any
sucking dove; I will roar you an ‚twere any
nightingale.
Lüneburg beispielsweise: Ausnahmsweise reißt der Himmel auf, wiewohl es regnete, nicht unaufhörlich, doch nach kurzen Unterlass, Sie sagten: das Blau! (oder le bleu!? ich weiß nicht mehr), es immer wieder damit beginnt. Alles irgendwie kindisch nassgemacht und wechselhaft besonnt (frolicking – die Tropfen aus so vielen Richtungen, dann die Strahlen, ja die Flutlichtstrahler über Wasserstaub, Lichtspray, Wasserspray und irgendwelchen innerstädtischen Mühlen mit Flügeln). Das Zimmer Parterre, wie von Puppen bewohnt, das Frühstück jedoch in Cinemascope. Einzelzimmer, Doppelzimmer, Einzeldoppelzimmerbetten – wie auch immer. Sie sehen: Lüneburg wird weiterhin bearbeitet und ständig aktualisiert. Ich kann es nicht entscheiden. Und Sie können dort nicht hin. Der Kopf muss ab. Immer wieder ab damit.
Es herrscht Ungunst in der Werkstatt: „Alles sei irgendwie falsch gewesen!“ – Ah, die kleinmütige Beweisstrecke. Die Zeilen haken. Das geht doch nicht voran. Die Werkstatt will pausieren. Ja, ihr könnt gerne Pause machen, doch gebe ich zu bedenken: Andere schreiben indes ihr letztgültiges Angebot für Zeile 11: /// TRAT INS BAD, MIR STAND, OWEH, EIN BART, MIR FRAU /// Minderwertig, müpfelt das Plenum. Uuun–aaan–seeeehn–liiich, folgt Prof. Knück im Diskant, zudem, setzt er hinzu: Desgleichen. Zeile 12 müsste nun C-reimen, das heißt: auf BÜRSTE. /// FRAU, DEINE SCHUHE, DU SCHÖNE, DIE ALLERDINGS MITTFINGERS SCHNÜRSTE! /// Oh, der mangelnde Anstand des Reimworts, doch auf rustikale Ansprache des Publikums hin entsteht nun Zeile 13, die wiederum sich reime auf „AU“: /// DEINE SCHUHE SIND SCHLÜPFER, DEIN SCHLÜPFER IST MAU (optional auch): GENAU /// Das wiederum sei grundweg, schon vom Menschenmöglichen her, abzulehnen, folgt die letzte Zeile, Nummer 14, die wiederum sich auf PERGOLA ZWEITAUSENDNEUN reimen muss. Ja, da sehen wir in leere Gesichter. Doch Titel ist: Die Weide, die Weide, die Weide am Hang.
neunzehn kälber walzten den weidezaun nieder, wohl auf der flucht vor einem hund. fünf werden eingefangen, vier kehren freiwillig auf die weide zurück, eines wird mit einem betäubungsgewehr zur strecke gebracht. der rest der herde, bestehend aus neun streunenden kälbern, lasse sich nicht einfangen: „die hund“, flucht der bauer kammerloher, und: diese kälber seien nicht nur scheu, sondern auch schlau: „sobald sich einer nähert, laufen die ins holz und legen sich hin, da hast du keine chance, die zu finden.“ auch ein motorrad ist keine hilfe, die kälber ducken sich in den raps. immer wieder überqueren die kälber land- und bundesstraßen. es sei schon auch möglich, sie abzuschießen, so eine sprecherin des landratamtes, doch vorerst wolle man sich auf die list des bauern kammerloher verlassen, der die tiere mit futter locken oder nachts im schlaf zu übermannen plane: „tagsüber kriegst du die hund ja gar nicht zu gesicht“, so der bauer kammerloher.
den hörer in der einen, das doppelbesteuerungsdingens in der anderen hand, im finanzamt mitte herumgestellt, ich stelle Sie nach 3279, nein, ich bin vollstreckungsbeamter, bei mir sind sie ganz falsch, und weiter nach die frau tatschler? woher soll ich denn..? ja, abzugspflichtige, abzugsflüchtige einkünfte, das flüchtige geld, in der warteschleife (es knattert) dann an nadja denken: das geld flieht mich. „Was willst du“, sagte sie mir lachend, „das Geld flieht mich. (..) Sie könnte ihm sofort telefonieren, ihm oder irgendeinem anderen, aber sie entscheidet sich nicht dazu. Es ist zu gewiss, dass das Geld sie flieht. Ich erkundige mich nach der Summe, die sie dringend benötigt: fünfhundert Francs. Da ich sie nicht bei mir habe, biete ich ihr an, sie ihr am nächsten Tag zu bringen. Ihre ganze Unruhe ist zerstreut.“ andré breton: nadja. (übers. max hölzer)
entnommen jürgen mucks prosastücken: „der mönch hält meine hand.“ kirchheim verlag, münchen. 60 Seiten. am 23.3.1986 kommentierte herr hagestedt in der sz: „Ich glaube, selten zuvor ist mir ein Buch so unheimlich gewesen wie dieses.“
woran das denn läge, mit dem verfall, niemand könne das erklärn, physiker nicht, biologen nicht, alle nicht, wie es denn dazu käme, hm, todestrieb?, bot ich an, das obst habe ihn ja schließlich auch, und allen voran die pfirsiche: samt und matsch, und schließlich sämtlich matschig. siehe auch # 1572. doch ob allein die tatsache, dass pfirsiche es auch haben oder tun, ausreicht zur begründung von verfall? andererseits, wenn sie es nicht hätten, wären es noch schwieriger.
die kuh, sie begegnete mir ohne unterlass. sie stand überall in der zeitung. zuweilen mordete sie auch oder entwandt sich. sie bevölkerte das gedicht mit dem bassisten. leser teilten mir ihre ratlosigkeit mit, diesbezüglich. zu recht. ich strich eine kuh, dann die zweite, eine weitere, am ende hieß das gedicht: der gute bassist, man fand darin zwar noch den scheckigen standbass, aber keine einzige kuh. dann schrieb mir nicholas grindell (ein unermüdlicher archäologe der tierplastik im stadtraum) vom standbildnis einer plattgedrückten kuh, sie stehe im wedding, und er übermittelte mir auch ein foto von ihr, das seine beschreibung anschaulich fundierte. nun, man stelle sich also einen praktisch veranlagten kaptain vor, der sage: nunja, wir hatten dann gerade keine kompassnadel zur hand, deswegen haben wir einfach eine kuh plattgedrückt, das ging genauso gut! und würde ich darüber, über diesen sachverhalt ein gedicht schreiben wollen – nichts als unverständnis wäre der dank. dabei liegt alles offen da.
es gibt ein wort, das ich seit tagen suche, und das das gegenteil davon meint und ganz ähnlich lautet
rapper in cannes gesichtet: c’est boeuf dadü! boeuf dadü! super künstlername, will ich meinen.
moderne kriegsführung: der kreppverschluss der uniformen. die lautstärke von textilien und ihre militärische berechnung. könnte man da nicht gleich audio-mikado spielen, und wer in der angespannten stille das kleinste geräusch produzierte, gälte als tot und müsste nachhause gehen.
braun-orange und so dunstig war der himmel über minsk. eine temperatur, in der sich kühle und erträglichkeit die waage hielten, eigentlich keine temperatur. durch das fenster besehen, war sie nicht einzuschätzen. ich kannte keinen nebel dieser farbe. so hat sich die stadt vors objektiv gelegt. so und nicht anders. dieser lastende orange-braune himmel. die breiten straßen. angstverlässlichkeit. der nebel. die diffusion der lichter. die erratische temperatur. (vielleicht war die farbe eine hülle.)
gegenstände wie gedanken. etwas kariertes. nein, ünie. etwas aus plastik, eine unförmige, kaum praktische schippe, vom sand zerkratzt. und jemand, der zu mir sagt: halt das fest. oder: bring es her. die oberfläche ist berissen, ihre frappante schicht gestresst, hellrot, blass oder gelb mit grauen kratzern. die farbe nimmt sich raus. ergrauung lastet so grau.
der film wurde mit der zeit immer besser. nicht dass ich ihn zum ersten mal sah, keineswegs. aber als ich ihn unlängst wiedersah, hatte er derart an witz und eigensinn gewonnen, dass es eine reine freude war. wie haben wir das gemacht, fragten wir uns, wir, diese delayed witzcompany. well, time will tell.
der herr pallmann, der habe damals beobachtet, wie zwischen zwei in unterschiedliche richtungen aneinander vorbei rasenden zügen eine aus dem zugfenster geworfene plastikflasche immer wieder an der einen, dann an der anderen zugwand abprallte, bis nichts mehr von ihr übrig war, das heißt, nur noch feinstes pulver – und so die pralltellermühle erfunden.
von fern, und außerhalb des übergeheges, das all die anderen gehege umschließt, war das schild war nicht zu lesen, irgendein storch, glaub ich, so grau? oder vielleicht doch ein flamingo, dessen speiseplan nichts rotes vorsieht. nichts rotes? „felsen waren da / und wesenlose wälder. brücken über leeres / und jener große graue blinde teich, / der über seinem fernen grunde hing / wie regenhimmel über einer landschaft.“ (orpheus. eurydike. hermes – im zoologischen garten: was mag das sein, frug orpheus. ein steppenstorch, entsann sich hermes. eurydike wusste es besser, sie aber schwieg.)
es ist so hell, ich bin nicht sicher, woran weitermachen. jd. fragt: hast du uhr. halb eins. danke. schnell fließt donau. heute mich falsch angezogen. verwirrung als versöhnung denken. oder sagten wir: das nicht befehlsfähige an der sprache – doch was, wenn komplexität dann als zweifel gelesen. gehört.
Manchmal sieht man einen Baum wie winkend; er wendet sich an eine andere Realität, der er selbst nicht angehört – oder doch? Gleichviel, jetzt repräsentiert er sie. Und solch ein Phänomen kommt nie allein; bald darauf sieht man eine Wolkenpartie in dringlicher schimmerndem Grau – den anderen Tag, den man an der anderen Aufmerksamkeit erkennt, die er mitbringt, schreibt Lorenz Wilkens, an einem dieser kalten Sommertage, während derer sich die Bestandteile der Realität wie aus freien Stücken gruppieren wollten, als seien sie Elemente eines sehr großen Gedichtes.
de kermispony die ’s nachts alles herbeleeft (Paul Bongaert), es dreht das alles noch einmal sich in seinem kopf herum, fiedelbumm, in seinem kopf herum.
„Hail Mary, full of grace … the power of the highest shall overshadow thee … Also, after the song Vergine Bella by Petrarch and Dufay, „… in you the highest sun took such pleasure, that he hid in you the whole sum of his light.“ aus: …as far as it goes… Axel A. Parrot, in der zeitschrift DRONE FASCICLE, ausgabe 2001, SENSES/LOVE. Der Link funktioniert nicht mehr, aber hier ist eine irgendwie damit in Verbindung stehende Diskussion über Poetics aus dem Jahr 2002: UB Poetics discussion group <POETICS@LISTSERV.ACSU.BUFFALO.EDU>
L’intelligence sépare. Le regard unit; mail il y a une intelligence du regard qui divise pour reconstituer, dans sa feinte apparence, l’unité qu’il a minée de l’interieur. Jabès: Livre du dialogue. „Intelligence separates. The eye unites. But there is an intelligence of the eye that divides to reconstitute a sham appearance which it has undermined from inside.“ (Jabès, übersetzt von Waldrop)
jacob von ruisdael (1649) im kunsthistorischen museum in wien. ein so vielfach zugängliches &
GERARD MANLEY HOPKINS: PIED BEAUTY
Glory be to God for dappled things –
For skies of couple-colour as a brinded cow;
For rose-moles all in stipple upon trout that swim;
Fresh-firecoal chestnut-falls; finches‘ wings;
Landscape plotted and pieced – fold fallow, an plough;
And all trades, their gear and tackle and trim.
All things counter, original, spare, strange;
Whatever is fickle, freckled (who knows how?)
With swift, slow; sweet, sour; adazzle, dim;
He fathers-forth whose beauty is past change:
Praise HIM.
————————————————————
wozu lorenz wilkens mir schrieb: „Das Gedicht von Hopkins ist sehr schön; diese wunderbare Tradition einer Ruhe, die mit der stoischen Gelassenheit wetteifert, um sie durch ihre Vitalität zu beschämen.“
es war „hören mit schmerzen“ nummer 2. wir sprachen über die geschwindigkeit der häme, über ihre nachträglichkeit, über die nähe zur häme, oder ob häme von ferne überhaupt ein ding der möglichkeit sei. h. hat die notizen mitgenommen. wir harren nun deren verwendung.
diesen begriff verdankt das begriffsstudio dem uhutrust.com – den das begriffsstudio an dieser stelle gerne weiterempfehlen möchte. und ich sehe gerade, am 3. august 2021, dass es den uhutrust noch immer gibt. was für eine schöne überraschung!
der bambushain im botanischen garten in wien war ein gigantisches tier, ein wehendes, wedelndes tier, wedelnd und doch in sich kompakt. dort einzutreten wäre mir auch ohne die bitte, es zum schutz der empfindlich austreibenden bambussprossen nicht zu tun, im traum nicht eingefallen. doch, im traum vielleicht schon. aber nicht an diesem tag, an dem ich wach gewesen bin. denn das tier, das war deutlich zu sehen, schlief, und ließ im schlaf sich noch vom wind bewegen, doch bewegte sich nur das, was seinem innern am fernsten war. sein inneres schlief. ich wollte es nicht wecken.
elke erbs lyrisches ich, ein hausmeister der welt, der seinen rundgang beginnt, wenn alle anderen das gebäude verlassen haben, die türen aufschließt, das licht betätigt, sich umschaut, die türen wieder schließt.
und das pferd, die hufe voraus, vom himmel herab. der überselige reiter auf ihm – er fliegt und er fällt. er rauscht durch die schichten der luft, ein verhuschtes schnauben ist noch zu hörn. ein fliehendes wiehern. wir kennen dies seit langem. ich erinnere daran, dass dem hals der von perseus geköpften medusa ein pferdesöhnchen entsprang: pegasos. das tier, das alle dichter reiten, heißt es. doch wie landen sie es? ach, die zerbrechlichen fesseln. (und da nicht alle dichter dasselbe tier reiten können, es sei denn, es wäre ein sehr großes tier, ist hier noch der plural: pegasoi.)
jetzt frage ich mich aber, warum steht das da? die wiederholung von was? oder hab ich mich vertippt? meinte ich vielleicht niederholung? oder nie-da-holung? (oh oh – ah ah.) so kann sich doch kein mensch vertippen. oder war es eine notiz, die eigentlich woanders hin gehörte? hing gehörnte? fling gestörte?
da kommen die großen thesen, um ihre güter zu löschen. vielleicht kommt ein wind auf, vielleicht kommt es zu wellen, die an die hafenmauer klatschen. doch von anfeuernden rufen begleitet würden trotz der unwilligen witterung weiterhin thesen gelöscht.
ihre betätigung zerschneidet den raum, vielleicht auch die zeit. klinke und klingel? sie tun es beide, doch auf je unterschiedliche weise. (das nur als beispiel für einen im grunde genommen unerheblichen kommentar.)
ich mache dir ein kippendes bild. doch was wäre, wenn es nicht kippte? wenn das kippen ausbliebe, bliebe der stand. es hat sich aber bisher immer gezeigt, dass es nie (!) nicht kippt. das kippen ist also bedingung von allem, was kippen kann. was aber könnte nicht kippen?
und ich dachte an stan brakhages film „The God of Day Had Gone Down Upon Him“, nur dass meine erinnerung daraus längst den „God of Hay“, den „Gott des Heus“ gemacht hatte, als sei der „God of Hay“ eine zusammenziehung des „God of Day“, sobald er damit begonnen hat, auf ihn (den Menschen) niederzugehen, nein, falsch: über ihm unterzugehen. etwa so wie es zu vermeiden sei, dass die sonne untergehe über eurem zorn: „Let not the sun go down upon your wrath: Neither give place to the devil.“ Ephesians, 4,26f. – was das heuhochdeutsche damit zu tun hat, wäre noch zu erforschen. heu von „hawi, hey, hooi“: substantivbildungen zu dem unter „hauen“ behandelten verb, eigentlich „das Gehauene“, bzw. „das zu Hauende“. xirochorto übrigens, im neugriechischen, doch davon abgesehen ist es in allen sprachen vergleichsweise schwachsilbig. dazu käme noch der heuschreck: „houwiscrecko“ oder „hewiscrecko“ im althochdeutschen, zu „schrecken“ in seiner alten bedeutung von aufspringen. ja, wenn der „God of Day“ über mir unter geht, dann ist das schon ein grund aufzuschrecken, falls dazu noch zeit sein sollte, aber vermutlich ist in diesem besondren moment dann keine mehr da.
pain is just a french word for bread. aber das ist nicht gemeint. wenn sich die inneren fenster schließen. nein, wenn etwas sich senkt, sich legt, und, dort wo es zum liegen kommt, weiter sinkt und an schwere gewinnt und der raum sich wieder verdoppelt und dann alles zweimal passiert, im raum der negation und in einer gefühlsarmen realität. und so läuft es sich in der negation herum wie in einem sehr trockenen gedanken. der auch niedrig ist wie ein neubau. da sind zwar bäume, aber man sieht ihre krone nicht, denn die decke ist zu niedrig. und das trockene moos bricht unter dem schritt. die erfahrung lehrte, dass dieser doppelte raum in den meisten fällen nach drei wochen verschwunden sein wird. das lässt hoffen. wobei sich unlängst herausstellte: hoffnung rennt, statt zu warten.
falscher flaum. so falscher flaum. und die kluge freundin weiß: „wo sich dünne luft und gewollte tiefe so genau die waage halten, das ist verdächtig, so ein text kann sich nicht lange über wasser halten und verwechselt sein eigenes gestrampel dann auch noch mit tragik.“ den flaum rauskürzen. gewalt im plüschgewand – davon zeugt der rausgekürzte flaum.
bei uns genießen sie den service der freien objektwahl – und wir wollen nun sehen, wie lange sie von diesem genuss werden zehren können. har har har.
trotz yoga würde ich kommen, stellte ich fest, es fiele mir also weg. doch das, worauf ich verzichte, sollte nicht teil das geschenks sein. (dennoch wird es häufig genau so gehandhabt.) „trotzyoga“ verstanden die andern. trotzyoga. so, das bleibt jetzt so. ich beweg mich hier jetzt gar nicht mehr. oder: ich wüll abba nüsch! was denn, was denn, wohin mit dem bein. das bein bleibt jetzt erstmal hier. weil ich der bestimmer bin. und tiefenentspannung? tiefenentspannung? vulkanische effekte, affektuelle manoevrierunfähigkeit, wut, auf derlei versuche folgt häufig migräne.
ein zwergpony, die landstraße, die geschichte mit dem onkel und der truhe, irgendwas auf den straßen westfalens, dass diese fuchshohen huftiere nicht billig seien, ja, das wusste ich bereits. und was man dann mit dem tier gemacht habe – ich weiß es nicht mehr so genau. es hätte vielleicht auch besser ausgehen können, denn ich glaub, gut war es nicht. sondern einfach nur „so“.
andererseits sind die dinge, die besonders einfach erscheinen, möglicherweise vergleichsweise ungeschützt gegenüber luziferischem zugriff. das hieße: einfache dinge sind dem teufel gewidmet. aber das kann man so deklarativ auch nicht sagen. oder wie brachte es unlängst frau scho auf den punkt: der teufel steckt in versailles.
und das ist wirklich die übersetzung von „kür mit keulen“ ? – ist Ihnen klar was gemeint ist? wer so etwas im sportunterricht nicht hat über sich ergehen lassen müssen, der kann natürlich auch nicht wissen, was das ist. wer dieser körpertechnik allerdings auch nur ein einziges mal unterzogen worden ist, der wird sie nie wieder vergessen. unfug, zu dem man mädchen drängt.
gnade ohne tanz, nein, anmut ohne tanz – was für eine eigentümliche übersetzung im fassungsraum der rhythmischen sportgymnastik. was machen menschen im sommer? ich hab mich durchgetrennt, die ersatzleistungen haben überall gewonnen, und an das, was sie einst ersetzten, gibt es schon keine erinnerung mehr. nichts sei ohne arbeit, nicht einmal das kleinste. schau das laub! ja, ich schaue das laub. wozu aber bin ich gefordert, vom laub, wenn nicht zu einer konzentration im innenraum, von der ich nicht aufhöre, erfreunis zu erwarten. wo aber wäre das gute?
dieser verdammte pulli wurde mir übergezwungen. ich in den pulli hineingezwungen. wie anders ist doch die zärtlich zischende dialektale bildung: unn wass iss mitt demm pullische? (pullische kommt gleisch.)
im rauschen waren stimmen versteckt, aber es waren keine stimmen, es waren stimm-imitierende frequenzen, ich konnte sie sehr deutlich hören. ihre botschaft blieb dennoch unverständlich. wahrscheinlich war wieder einmal einer meiner filter kaputt. der kaffee ist übrigens nicht nur zu stark, sondern auch zu heiß. er gehört also mit zu den dingen, von denen man nicht genau sagen kann, weswegen man sie verrichtet. und das laub füllt den raum mit seinem rauschen. von allen sinnen, die ich hatte, trat in jener zeit insbesondere der hörsinn hervor. er machte sich einen namen. ich wusste ihn aber nicht. die erwähnten filter waren der grund.
zunächst für bedeckte gartenpartien, die durch sträuche oder ranken gebildet wurden: pergula, ein gang in einem garten, zu beiden orten mit reben oder blumen, und stauden eingeschlossen, eine laube und: durch eine laube gehen, per pergulam ambulare. (lauben seien gewisse in groszen lustgärten angelegte und bedeckte gänge mit untermischten hütten oder lusthäusgen) – so das grimmsche wörterbuch. die untermischte hütte ist gewiss auch ort der reverie, des wohlgefallens und der inneren stickerei.
ich las die ganze zeit ein gefühl, nicht eine pflanze, erst viel später sah ich die pflanze, die gemeinte, nachdem in linden grau- und grüntönen, das, was ich für strandwehmut hielt, dahingegangen war, und die knisternde salzwiesenbewachsung zum vorschein kam, weißfilzig und entschieden. noch schwerer hat es daneben der schlickwatt-queller (salicornia stricta.) das arme pflänzchen, der gewalt von salz und osmose so ausgesetzt, bis zu seiner jeherbstlichen versalzung.
danne ist der tac vol, als des tages niemer enist. meister eckhart schreibt, dass gott die welt JETZT mache. und die seele, in der gott geboren werden soll, der muss die zeit und sie muss der zeit entfallen, und sie muss sich aufschwingen und muss verharren in einem anstarren dieses reichtums gottes. (stân in einem înkaffenne – verharren in einem anstarren) da ist weite ohne weite und breite ohne breite (wîte âne wîte und breite âne breite).
saßen unter einer extrem detaillierten sonne, einer so dicht-wischenden tissue-sonne, einer schon dumpfen erhitzungssonne, in trockenheit und ohne lücke, und sprachen über zickigkeit, nein, ich sprach, nein, wie sprachen darüber, inwiefern (ich verstand nicht), innere zickigkeit sinnvoll sein könnte, solange sie sich nicht ein ventil sucht. an innerer zickigkeit litte man ja ganz allein, wie dumm!
das ist das größte jemals (das heißt nie) bemessene säugetier. es heißt vermutlich ein wenig anders, will sagen, ich finde für seine existenz gar keine beweise, aber in diesem einen buch sah ich eine abbildung davon, und es war in der tat sehr groß, sein name sei: belutschistan-ohnehorn, und es gibt keinen grund weswegen ich diesen angaben misstrauen sollte. da hätte ich doch besser ganz anderen angaben misstraut.
auf englisch würde man eine person solchen verhaltens nennen: drummerqueen. aha. sind Sie sicher? dazu hätte ich nur noch beizutragen, dass die tatsache, dass es grenzen gibt, ja nicht heißt, dass man sich die ganze zeit dort aufhalten muss. was soll ich denn dort lernen? unproduktives verhalten für unproduktive situationen – und das weiter und weiter zu verfeinern, nein, ich halte dies für keine gute idee, da kann die drummerqueen noch so trommeln. tusch. tusch. tusch.
so stehen die bäume, und ihr bebendes laub, es lauscht, erst lauscht es, dann wird es um sich schlagen und danach herunterschaudern, und vor dem himmel wedeln die bündel, es passiert immer wieder und bewacht die weltflucht, aber finden Sie hier mal ein stückchen grün, in dem Sie keine motoren hören.
und sah auf ihnen etwas schimmern, geschichtet schimmern, grün und grau, wie die schraffur eines wertpapiers, das pigment wie sehr kleine schindeln, ich könnte sie nicht fälschen.
und immer wieder stellte sich mir die gleiche frage: warum soll ich wesen aus dem fenster werfen, die ihre eigene strafe nicht verstehen? ich musste immer wieder darauf zurückkommen. selbstverständlich soll man kein wesen aus dem fenster werfen, bis auf die fliegenden wesen, denen das gleich sein kann. andererseits nahm das volumen der wut nicht ab, wohin ich sie auch immer räumte. ich erwartete einsicht. freiwillige einsicht. alle straffantasien krankten an ihrer mangelnden nachhaltigkeit, genauso an ihrer fragwürdigen motivation. doch litt ich weiter an dieser wut, die mir zuweilen auch in ihrer unangenehmsten form begegnete: als selbstmitleid. in diesem zusammenhang muss ich immer und immer wieder auf folgendes verweisen: stop feeling sorry for yourself, by stephen fry. vielleicht könnte ich vorerst damit beginnen, tassen oder tesa aus dem fenster zu werfen.
was ist mehr als schlacke? schlacke im hauptraum ist sicherlich mehr als schlacke. und der hauptraum ist natürlich auch etwas anderes als der raum.
die wissenschaft von der vermittlung, eine zwischenschaft.
ein australischer freund sprach vom nerve of truth in oder of the universe – ich verstand nerd of truth – in oder of the universe, und stellte mir dieses einsame zentrum der wahrheit und seinen bewohner, irgendwo da draußen vor, die kabel, die tassen, die eingetrockneten reste darin. „das hier ist aus dem pleistozän.“ aha. alles andere routiert in anderen bahnen.
der wind versammelt sie alle in einer ecke. dort bleiben sie. inwiefern das geheim ist? ach, geh doch weg, du windpuschel. du brauchst mich nicht. fürchte die seychellenpalme! ich sag es nur ein einziges mal. und merke dir: sprungbrett und kanzel. proserpina. lavendelbad. das wäre jetzt mal was geheimes. auch nicht viel schöner, oder? ich habe tränen in den laugen. ich wasche dir den kopf.
aus pappe, auch aus pappe, so wie alles andere auch, wie die pflaster aus pappe, die tiere und das modell für den unterschied zwischen langue und langage aus pappe, einen bildschirm zu basteln, – von woraus die pelikan-allegorese zu verlesen gewesen wäre, und dazu eine remote control, zur fernen bedienung, mithilfe derer die pelikan-allegorese zu stoppen, zu beschleunigen oder durch andere programme zu unterbrechen gewesen wäre: nein. lieber nicht.
zur pelikan-allegorese. unterbrecht mich. fabled to feed. its young. with its own blood. so the concise oxford dictionary. anspiel und natürliches ergriffensein. ich brauche eine dritte gelenkung! diese gelenkung ist das gleichnis. alles kann – so gesehen – alles sein und alles meinen. und alles andere auch. es flieht und es bündelt. ein vernichtendes, doch gerechtes urteil für die profane welt. denken Sie das durch. wir erhöhen und entwerten gleichermaßen. das kommt auf die richtung an.
ich sehe die gefahr des trübsinns und der irren ekstase. das schlägt hin und her. was, wenn die erlösung ausbleibt, das muss man sich doch fragen! »Die Trübsal, als welche sonsten das Herz in Demut erweicht, machet ihn nur immer störrischer in seinem verkehrten Gedanken, denn seine Tränen fallen ihm nicht ins Herz hinein, dass sie die Härtigkeit erweichten, sondern es ist mit ihm wie mit dem Stein, der nur von außen schwitzt, wenn das Wetter feucht ist.« die blutstropfen scheinen ihn (den pelikan) zu zementieren, sie stehen in diesem neuen gleichnis für die befeuchtung des nachdrücklichen. herrje! minee! das arme vöschelsche. sacht der pelikan: jetz sitzick hier mit meiner offne brust, und es läuft, läuft, läuft, aber keiner da, ders haben will. böse. böse menschheit, und so weiter, will viel lieber nicht am leben sein. die dumme. ausblutung ohne sinn, das leiden der vernunft. das nur als variante.
haben die kastraten etwas damit zu tun? oder die fast raten? ich weiß es nicht mehr. irgendetwas hindert mich aber auch daran, diesen mir selbst dunklen und nicht besonders anziehenden begriff zu löschen. ich suche nach seinem ursprung. er steht zwischen zwei benjaminschen begriffen, beide aus dem trauerspielbuch, aber ich glaube nicht, dass auch er daraus stammt. sicher nicht. pflasterarten? nein. pflaster und verbände? schon im althochdeutschen gehörten das wundpflaster und der mörtel (im vergleich mit der zähflüssigen wundsalbe) zusammen, hinzu kommt der freie unbebaute platz, der sich von der umgebung abhebt wie das wundplaster vom körper, pflaster und gepflasterter boden. doch im handwörterbuch des deutschen aberglaubens geht es direkt von der pflanze zur pflaume, von der venus geht es, unter umgehung des verbandes, direkt zur verbannung. die suche nach der wunde schickt mich noch mal auf die leiter, nach dem nachlassband. und ich stelle fest, den hab ich nicht. es pocht unter dem pflaster, besonders in der nacht. aber wickeleien? nein, ich glaube nicht. nur immer wieder neue versuche, das pflaster so zuzuschneiden, dass es nicht am tippen hindert.
ich bedanke mich herzlich bei herrn s. für die übermittlung dieses begriffs. er (der begriff) entstammt dem shampoowesen. das shampoo anti-schädigung enthält übrigens cement, was wenig erstaunlich ist. als das lemma vor jahren einmal eine zeitschrift machen wollte, die das lemma dann doch nicht machte, aber das lemma hatte zu dem zeitpunkt des definitiven nichtmachens schon sehr lange darüber nachgedacht, z.b. darüber, wie sie zu falten wäre, es hätte also eine faltzeitschrift gewesen sein müssen, wollte ich die rubrik der shampoo-review führen. ich hatte auch bereits angefangen, mir unter großer konzentration die haare zu waschen und notizen zu machen, ein shampoo mit olivenöl und limone verformte meinen schopf zu einem klumpen. frau augustin vermutete, ich hätte womöglich mich im regal vertan und versehentlich ein dressing gewählt, das war aber nicht der fall und das shampoo wurde kurz drauf auch vom markt genommen. sonst würde ich heute noch vor ihm warnen.
nun zeigt das wetter endlich sein wahres gebiss! beißende kälte! zickige hitze! die wettergebisse sind ein sehr effizienter vertipper, ich danke frau dr. haff für die übermittlung, durch auslassung eines einzigen buchstabens aus den wettergebnissen entstanden. und nun lese ich in einem formular, die aufforderung dieses feld sei »vom wetter auszufüllen« und schaue nach draußen, gewiss wird das wetter dort bald wieder hagel einfüllen, aber heute noch nicht. hier übrigens die wettergebisse für den heutigen abend und morgigen tag: nachts wolkig und besonders vom berliner raum bis zur prignitz gebietsweise regen, am ehesten trocken richtung lausitz bei 16 bis 13°C, in berlin 15°C. morgen vor allem richtung spreewald zeitweise aufheiterungen, sonst wechselnd bewölkt und zeitweise schauer oder gewitter möglich. warme 23 bis 29°C, in berlin 27°C. ich wette, dass ich heute abend mit dem fahrrad nach kreuzberg fahre und nicht nass werde? ebensowenig wie auf dem rückweg? und weiß nicht mal wie die quoten stehen, doch ich verweise in diesem zusammenhang auf das kosmische wettbüro der somnatisten, scrollen sie bitte lesend ganz nach unten, sie werden gewiss nicht enttäuscht sein: das kosmische wettbüro, zürich 1947
der vorstellung prof. x. würde angesichts von göttern, flüssen und tugenden seinen toaster treten, wohnte ein ungeheurer reiz inne. ich sah die küche förmlich vor mir, den frühen morgen, den blick aus dem fenster (quadratisch), und den toaster, noch am netz, aber so schrecklich um seinen stecker hüpfend.
so ovid. damit ist der himmel geschlossen und prall. von dort aus kann sich nur das unheil entladen. und es entlädt sich. heraus aus der auster. das schiff ist verloren. morpheus bereit zum bericht, seine geräuschlosen schwingen bewegt, im dunkel der nacht.
kraftfeld aggression und kraftfeld selbstaufgabe, und der benjaminsche hinweis (jessica benjamin), dass es nicht nur darum gehe, den anderen nicht zu zerstören, sondern dass man selbst in der verantwortung stehe, sich nicht auf positionen zu begeben, auf denen man, psychoanalytisch gesprochen, nachhaltig zerstört werden könne. (der ichneumon zB, ein wieselartiges tierchen, springt in den rachen des krokodils, um ihm vor ort das herz herauszureißen, das war natürlich sympathisch.) ich wiederhole: nur der andere, den wir bewegen, aber nicht zwingen können, kann uns einen teil dessen abnehmen, was das selbst alleine nicht zu ertragen imstande ist. es steht nicht in frage, dass wir den anderen brauchen – die frage ist nur, ob wir ihn oder sie anerkennen können. ich wiederhole: bewegen, aber nicht zwingen. töten ist dann schon ziemlich zwingend. (das andere board wäre übrigens einfach nur das brett.)
im treppenhaus liegt ein stapel kataloge auf dem steinboden: lebe wie du willst. auch das noch. was für eine ausbreitung des willens auf alles. sollte es mir nicht gestattet sein, so zu leben, wie ich nicht will? soll sich denn mein ganzes leben in den willen hüllen, oder der willen sich über alles hinwegbreiten? was ist mit der sinkenden schönheit willenloser vergnügen? wo kämen die vor? und schlimmer noch – wäre dann, alles was in meinem leben geschieht, sache des willens? mich fröstelt. und ich lese auf einem zettel, den ich gerade wegwerfen will, den satz, in schneller handschrift: „woher kommt die veränderungs-willigkeit“, darunter lese ich: „warum denn wieso?“, in einem kasten und darüber steht: „in ihrer gegenwart kann man sich die fußnägel schneiden.“ und daneben: „der dreiohr, der hat eine schallplatten-waschmaschine“. aha. ich werfe den zettel weg.
aber, aber, aber – das ist doch gar keiner, meine lieben. macht es euch selbst begreiflich.
stürzen dunkle worte auf die platten, zischen. nichts ist. herzlos. ein herzloses gefühl voller muskeln. schlug zu. dann war.
vielleicht werde ich gerade beschossen, via voodoo. aber das hättest du doch gemerkt! ja, ich merke es ja auch, ich weiß es nur nicht. und ob das holzvöschellsche am bettrand hilft? ich glaub, es hilft, es ist nur eine ganz andere folklore. das heißt, es stiftet auch unruhe, oder sagen wir, zumindest synkretismus.
maîtresse transparente des hauteurs. das gegenteil tut alles andere, drei wochen lang.
das heißt, so die kaum leserliche notiz, verben ohne das, was verben tun. große stillstandsenergie. einstweilen trennen und stillstellen. nichts weiter. das ist doch jetzt wirklich uninteressant.
Lorenz Wilkens übermittelte mir den folgenden zusammenhang, von dem ich, als mir das hanballidol erstmals begegnet ist, nicht einmal ahnte: „Ich habe in einem jemenitischen Lexikon, das vor kurzem in englischer Sprache erschienen war, gelesen, daß Hanbalidol ein Tonikum ist, und vor fünf Jahren von einem gewissen Sir Masud Gamal Ali Ibn Khalid (in Khartoum) erfunden wurde. Man soll einen Teel. davon abends vor dem Schlafengehen einnehmen. Man wird beim Erwachen schon am nächsten Morgen seine Wirkung feststellen, und sich mit einem wunderbar erfrischten Geist vorfinden. Besonders das Rechsbewußtsein soll sich demnach in herrlicher Klarheit präsentieren. Es muß mit den entsprechenden Synapsen zu tun haben -: Die Fertigkeit in der Anwendung des qijás – d. i. der Analogieschluß im Recht – wird sich vervielfachen. Die Funktionlust bei der Verknüpfung analoger Fälle und Urteils-Fragmente durchströmt den Körper. „Ihre Fülle gleicht dem Morgenlicht.“ 
er schleicht! es ist so toll, wenn er schleicht! lautlose begeisterung allenthalben.
so zertippt, dass aus dem zertrampeln ein zartes rammpeln geworden ist. der gute fehler, der fehler hat mal wieder alles gut gemacht. und wenn es bei Salamun heißt, (in der englischen übersetzung des gedichtes „a huge white being“ von j. beckman) „a huge white being makes love to me on a white pillow / He tramples me gently / I’m calm / He tramples me gently. / He tramples me gently. / He tramples me gently…“ – dann muss das doch heißen: er zartrammpelt mich.
Serner fragt: „Was ist ‚tierhafte Grazie‘? Ein idiotischer Pleonasmus, da Grazie Natürlichkeit ist, also niemals graziös sein kann. Jeder Tier ist natürlich (tschuck tschuck prä prä), also niemals graziös; Grazie deshalb niemals tierhaft. Es genügt aber durchaus nicht, vor solch koketten Worten, mit denen du dich jedem erstbesten Gymnasiasten auslieferst, im Eifer des Gesprächs auf der Hut zu sein: du musst jedem Substantiv, das nicht ganz konkret ist, stets ein aufhebendes Grinsen vorher- oder nachschicken oder es durch den Tonfall ironisieren. (Merkwort: ‚Trottelpanzer‘.)“ So der Eintrag 367 im Kapitel ‚Weisungen‘ der „Letzten Lockerung“.
so sollte es heißen, dachte ich. es hieß aber anders. und der nicht richtige titel, hinter dem sich noch kein gedicht befand, (denn das gedicht, das ich zu meinen glaubte, befand sich als ein anderes hinter einem anderen titel), geriet mir immer wieder in den sinn. wenn nur noch die schwere wirkt, ach, die armen dinger. und das mir! es ist brettwerdung. und es sitzt in der mitte, oder oberhalb davon und schräg hinten. es ist da. und es bewirkt, dass nichts besser wirkt als schwerkraft, in dinglicher unwucht allerdings. kenne diese treppe. bin schon hinunter. und gehe wie auf dosen, mit technischen gelenken schlechter machart. verdinglichung ist eine schwere. angewiesensein hingetan und weggeholt zu werden. transport. spüren wie die dinge fallen. die dinge fallen schlecht, aber echt. sie fallen kante auf kante und in der zeit. es ist deutlich: poem for falling things. falsche materialien, die sich nicht aufhalten lassen. das zu übersetzen. trockene geräusche. plock. in etwa. unhohl, das heißt befüllt. kein etui. nur füllung. die kraft wird aufgebraucht, im fall schon. es liegt und nichts ist geblieben außer dem liegen. plock. plock.
Von Nummer 2679 ging es im Begriffsstudio aufgrund eines Zahlendrehers direkt nach 2780, was jahrelang niemandem aufgefallen war, am wenigsten mir. Dieser Fehler ist im Juli 2009 passiert. Daher wurden die Begriffe zwischen 2680 und 2779 im August 2021 aufgefüllt. Diese Strecke von 99 Begriffs unterbricht die chronologische Abfolge der Sammlung.
Und kurz vor Erfurt etwas im Nebel, das aussah wie ein flatternder Hase. Was war das? Das Ziel hat sich verändert. Himmelswandel. Sinneswandel. Es war diese Sorte von Hase.
Was macht in diesem Moment der traurige Blumenhändler im Mittelgang der Markthalle Moabit? Was macht er? Der erst dann in den Mittelgang zog, als eigentlich (wer sagt das?) gar nichts mehr ging. Seine so aufrechte Traurigkeit. Die entsetzlichen Gladiolen.
„Ich frage Chlenikov, ob er Maler gewesen sei, und er zeigte mir seine frühen Tagebücher, die er vor etwa sieben Jahren geschrieben haben mochte. Dort waren mit farbigen Stiften verschiedene Signale gezeichnet. ‚Versuche einer farbigen Rede‘, erklärte er flüchtig.“ Roman Jakobson: Meine futuristischen Jahre. Übersetzt von Brigitta von Kann. Berlin 1999.
Ilse Aichinger antwortet auf folgende Frage: „Manche Ihrer Geschichten, Ihrer Gedichte haben einen pointierten Humor, sind zum Lachen, aber eher in der Art von ‚Tot-Lachen’…“ – „Humor kann nur auf der Basis des Dunklen entstehen. Ohne Trauer gibt es ihn nicht. Im Humor sind zwei konträre Dinge miteinander verbunden: das Wesentliche und das Vergebliche. Humor – nehmen Sie es mit Humor, heißt es ja häufig – , käme ohne das Aufscheinen der Tragik nicht zu sich selbst, würde zu einer Art Gemütlichkeit, die gerne übersieht, was sie übersehen möchte. Gute Witze sind von der Tragik gezeichnet.“ Karina Urbach spricht mit Ilse Aichinger (1991): Man muss seine Angst zähmen, in: Ilse Aichinger. Es muss gar nichts bleiben. Interviews. Herausgegeben und mit einem Nachwort von Simone Fässler. Wien 2011.
Clarisse Lispector schreibt an ihren Setzer: „Eine Bitte hätte ich: Verbessern Sie mich nicht. Die Interpunktion ist der Atem des Satzes, und meine Sätze atmen so. Und falls Sie mich komisch finden sollten, üben Sie trotzdem Respekt. Sogar ich habe lernen müssen, mich zu respektieren. Das Schreiben ist ein Fluch.“ Aus dem Schreibheft 81, 2013 – hier zitiert nach: Tabea Nixdorf. Fehler lesen. Korrektur als Textproduktion. Leipzig 2019.
„In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts waren gelbe Nelken heiß begehrt; von Anna-Magdalena Bach, der zweiten Frau des Komponisten, ist überliefert, dass sie alle Hebel in Bewegung setzte, um an die gelbe Sorte zu gelangen.
Der Nelkenexperte Rautenbach spekuliert jedoch darüber, dass diese gelbe Gartennelke nur durch eine Bestäubung mit dem ‚Pollen einer Nichtnelke, aber gelben Blume‘ entstehen konnte, also durch Hybridisierung mit einer anderen Gattung. Er sieht am Horizont bereits die blaue und, als Vermischung von Geld und Blau, die grüne Nelke erscheinen.“ Nelken. Ein Porträt von Susanne Stephan. Naturkunden Nr. 41. Herausgegeben von Judith Schalansky. Berlin 2018.
Außerdem: Die Lamellen-Hirnkoralle, die Steilwand-Hirnkoralle, die Kurzmäander-Hirnkoralle, doe Flachwasser-Hirnkoralle und die Dädalus-Hirnkoralle. So lese ich in: Korallen – ein Porträt von Jutta Person. Naturkunden Nr. 50. Herausgegeben von Judith Schalansky. Berlin 2019.
ein teil-gedicht aus einem groß-gedicht von peter waterhouse, das sich um umkreis der brockes’schen wiesenfabrik unter dem titel WIRKLICHKEITSFABRIK bewegt, innehält und wieder bewegt. das ganze wäre dort zu finden: „was sprache ist“; der prokurist, nummer 1.2 / April 1990
REDEBIBLIOTHEK
Abend. Und es ist Abend.
Morgen. Und es ist früh.
Ein Hören; deutliches Wort.
Ein Sehen; deutliches Wort. Haus ist kein Haus
in dieser großen Stadt, Straße ist ein namenloses Werk.
Einer redet zu den Bäumen, alle Bäume reden
und sind grün und still.
Abend. Da ist der Abend.
Tankstelle, die leuchtet.
Abend, vollkommene Liebe.
Diese Stadt hat keinen Namen, inmitten einer Ebene,
morgen ist sie verrollt. Dann ist es früh.
Abend. Abend. Jetzt weiß
jetzt schwarz. Wechselrede.
Alle Bäume reden.
Bäume.
Rede.
Stadt in einer Sprache
oder Omnibus fährt in großer Landschaft
hell, heiter, weit, schweigend,
hell, heiter, weit, schweigend.
Hell ist die Rede.
ich bekam die liste zurück, das gegenfaktische war darauf nicht mehr zu finden. gestrichen. nun, ich kann gut auf das gegenfaktische verzichten, ich fragte mich nur, warum es triftig zu sein schien, ausgerechnet das (das!) von der liste zu nehmen. eine liste, auf der sich nicht minder, wie soll ich sagen, kuriose dinge befanden, wie beispielsweise „der wazzerugalgu“, der „coiffeur anti-bob“, außerdem: „eine scheißbude nach art des hauses“. wobei ich schon anmerken muss, dass es sich bei all dem eben genannten um äußerst faktische dinge handelt. ich verstehe die entscheidung.
pasolinis sockenvollmacht: hat die füße seines so entmachteten lesers in ihren dunklen socken an der wand entlanggeführt, nun steht an der wand was-aber-was zu lesen? oh, eine nachricht ists, die uns noch immer nicht lesbar ist. siehe hierzu auch: superpowerunterhose, a.a.o.
zu diesem stichwort, aber in einem ganze anderen zusammenhang kommentierte daniel falb: „… der hase ist ein klarer fall von übererfüllung. es gibt kaum etwas abstoßenderes und enttäuschenderes als das. ich habe den hasen unter lebensgefahr vom dach geholt, und nun lässt er mich nicht machen! obwohl ich ihn viel lieber selbst geschlachtet und gehäutet hätte, wenn auch erst heute abend. ich habe jetzt gerade keinen hunger. dieses zuvorkommen ist nichts anderes als eine beleidigende offensive des hasen, wo ihm, ginge alles mit rechten dingen zu, keine offensive mehr zugestanden hätte. allgemein gesagt ist z.b. der widerwille des feindes gegen seine unterwerfung etwas, auf das der, der ihn unterwirft, ein gutes recht hat. bleibt dieser widerwille aus, ist er um sein recht und seine beute betrogen. die übererfüllung, etwa die bedingungslose liebe des unterworfenen zu seinem herren, ist etwas unanständiges, denn sie setzt die initiative wiederum in den unterworfenen und zieht den herren in etwas hinein, an dem er niemals – auch im traum nicht – partizipieren wollte. man stelle sich vor, jemand könnte einem alle wünsche von den lippen ablesen, alle wünsche erfüllen, bevor man sie ausgesprochen hat. wie schrecklich wäre das denn! man stelle sich vor, man sei nur von solchen leuten umgeben: man würde gelee werden, verschwinden, ausgelöscht werden. die einzige, paradoxe möglichkeit, in einer solchen situation ein bestimmtes etwas zu bleiben, wäre, vollkommen leer zu werden, absolut kein begehren mehr zu haben. hieraus wird deutlich, was der hase eigentlich im sinn hatte, als er sich selbst schlachtete etc.: die auslöschung seines jägers durch übererfüllung seines begehrens. ein ganz mieser trick also, mit dem er nicht durchkommen sollte.“
selbst wenn man aus knack&
redpipe – elektronischer dudelsack aus weichem diodentastbaren leder, sieht sehr aus wie ein hackiger, höchst hackiger damenpumps und das auch noch in ROT, wie schon der name sagt. – der außerdem über eine baritondrone verfügt. „Veränderungen, die dem musikalischen und technischen Fortschritt dienen, werden wir zu gegebener Zeit durchführen.“
… als aber die priester aus dem heiligtum kamen, erfüllte die wolke das haus des herrn, und angesichts der wolke konnten die priester nicht hinzutreten, um den dienst zu verrichten, denn die herrlichkeit des herrn erfüllte das haus des herrn. … damals sprach salomo: der herr hat gesagt, dass er wohnen will im wolkendunkel .. .. ich habe ein haus gebaut …. eine stätte damit du dort wohnen kannst für alle zeiten.. … .. …. ICH WILL IM WOLKENDUNKEL WOHNEN …. zu wolkenjoy, wolkentatze, wolkengemahl DIES.
blumenberg berichtet zu beginn des kapitels „der abwesende löwe“ in seinem löwenbuch von der übermittlung eines witzes: „Fontanes Tochter Martha (Mete) schickt dem Vater, dem Heiterkeit vor Alterunlust auszugehen droht, aus Warnemünde eine „Schulszene“ zur Aufhellung: Lehrer: Nenne mir 4 Tiere in Afrika. – Schüler: 3 Löwen und 1 Rhinozeros. Fontane gibt den Ulk weiter an den Freund vieler Ferien, Georg Friedlaender, und fügt hinzu: ich finde ihn ersten Ranges, stelle solche undefinierbaren Witze überhaupt am höchsten.“ nicht, dass einer ausgezeichnet werde, als auf viele ferien aus, nein, eine freundschafliche bindung, eine anwesenheit zur lieben ferienzeit, deren annehmlichkeit viele ferien verschönte. auch ich, dachte ich, möchte ein freund vieler ferien sein.
herbert j. wimmer fügt freundlich hinzu: „und 2818: in der klemme siezen -ruft mir auf: sich in die klemme siezen, weg vom duzo-way, zu duz-enden. diklemma, syngrätchens fausthänsel.“ und wies zudem auf den spezifischen sieze-punkt hin: „auch sommers ‚wenn it siezzels‘.“
Ehrenburg über die russische Dichterkolonie im Café Prager Diele (1922-1923): „Auch der Tierdresseur W.L. Durow besuchte einmal mit zwei Ratten die ‚Prager Diele‘. Es wurde Tee getrunken. Es dauerte lange, bis die Ratten sich ein Herz fassten – Ausland, Kultur, Foxtrott –, sie blieben bescheiden in der Rocktasche ihres Herrn sitzen. Schließlich gewann die Neugier die Oberhand. Eine Deutsche, die eifrig Speiseeis verzehrte, piepste auf und fiel in Ohnmacht. Panik. Hierauf begannen alle Adventisten Berlins, von der Nähe des Weltendes überzeugt, die ‚Prager Diele‘ häufig zu besuchen. Was ist Durow äußerlich? Ein Artist? Ein Tierpsychologe? Hier aber nahte, die Berechnungen der Komintern und die amerikanischen Anleihe außer acht lassend, das Weltende (zu guter Letzt Schorle-Morle). Wenn man sich daran erinnert, dass ‚Schorle-Morle‘ die deutsche Transformation des Generalstoasts ‚Toujours l’amour‘ der Epoche der Napoleanischen Kriege ist, so wird ein derartiges Ende jedermann, selbst dem Maler Nathan Altmann annehmbar erscheinen. Doch nein, dieser wird sich nicht einverstanden erklären.“ Ilja Ehrenburg: Die russische Dichterkolonie im Café Prager Diele (1922-1923), zitiert nach: Die Lachküche. Eine Literaturenzyklopädie in Karikaturen und Selbstzeugnissen. Gezeichnet von Kukryniksy, zusammengetragen von Fritz Mierau. Leipzig und Weimar 1981.
„The Sinister Quarter, for example, would be a good replacement for those ill-reputed neighborhoods full of sordid dives and unsavory characters that many peoples once possessed in their capitals: they symbolized all the evil forces of life. The Sinister Quarter would have no need to harbor real dangers, such as traps, dungeons or mines. It would be difficult to get into, with a hideous decor (piercing whistles, alarm bells, sirens wailing intermittently, grotesque sculptures, power-driven mobiles, called Auto-Mobiles), and as poorly lit at night as it was blindingly lit during the day by an intensive use of reflection.“ Mehr dazu beim Bureau of Public Secrets: Formulary for a New Urbanism, by Ivan Chtcheglov.
wie das wehte im diffusen licht eines halbbedeckten tags, in schwerin, auf einer arrangierten wölbung, und ringsum blitzten die scherben in allen arten von blau. da heranzutreten, über die knirschenden scherben, in bewegter rührung nur mähnen zu sehn, blonde mähnen zu sehen. hui!
bin ich durch die ganze stadt gefahren, bin ich. suchte ich nach klarem walnussschnaps aus österreich, es war eine fixe idee, aber sie hatte eben auch deren schlüssigkeit. der beschallte walnusschnaps sollte die wellenbewegung der ausgelassenen ordnung haydnscher sinfonien speichern. wir wollten ihn der liedertafel kredenzen. nun war in ganz berlin kein solcher schnaps aufzutreiben, so dass ich mit einem braunen, etwas pastösen likörchen vorlieb nehmen musste. zwar würde ich jene flasche lange beschallen, sie stand vor den boxen und hörte tagelang nichts anderes als haydns sturm- und drang-sinfonien. allein – nein, es sollte nicht sein.
ha! himbeershake! life-saving himbeershake! gefrorene himbeern, milch, zucker, den mixer reinhalten, fertig! dann die nicht nur flüssige emulsion durch strohhalme einsaugen… ha! dann noch einen! noch einen! oh, keine himbeern mehr – das gleiche mit einem block tiefkühlspinat probieren – das nennt man: mangoldlassi.
Sie müssten doch einfach nur einen einzigen Buchstaben entfernen und schon hätte sich die Feindseligkeit in eine feine Seligkeit verwandelt. Dazu reiche ich gerne einen grünen Tee und etwas Feingebäck. Die Seligkeit, die mit dem Feind in Verbindung steht, hat etymologisch übrigens nichts mit der freistehenden Seligkeit zu tun, weder mit der ewigen Anschauung Gottes noch säkularisiert in ein inniges Glücksgefühl hinein. Wie die Habseligkeit sich von Habsal herleitet, so die Feindseligkeit von der Feindsal, die im 17. Jahrhundert noch gebräuchlich war und es unter anderen Namen weltweit nach wie vor ist.
kristeva über melanie klein: brudermörderische und institutionelle brüche haben die pychoanalytische bewegung immer begleitet, beunruhigt. was nicht vorrangig damit zu tun hat, dass analytiker eine höhere konfliktempfänglichket an den tag legten. ebensowenig mit der vermutung, dass die intensität von trieben und worten, dort, wo sie sich dem gegebenen widersetzt, wahrheitszüge trägt. auf viel dramatischere weise offenbaren die konflikte innerhalb der analytischen bewegung wie unter einem mikroskop die jeder menschlichen kultur eignende grausamkeit – „weil es neuerungen allein an den grenzen des unmöglichen gebe“. unlängst auf deutsch erschienen – in einer (es tut mir leid, aber ich kanns nicht anders sagen::::) UNSÄGLICHEN übersetzung, zudem mies (naja, zugute zu halten wäre noch: vermutlich ÜBERHAUPT NICHT) lektoriert. übersetzt in ein deutsch, das alles tut, um verständnis zu verhindern. dabei ists ein teures buch – und so hässlich zudem! (gemeint ist: das cover..) wer kein französisch liest: es gibt eine englische übersetzung, die vorzuziehen wäre, halb so teuer und bei weitem nicht so hässlich wie die deutsche ausgabe im psychosozial verlag, der sich was schämen soll!!!)
kortner probt schillers kabale und liebe mit hörbiger als luise und lohner als ferdinand. leider ist das video nicht mehr frei verfügbar.
Ordinary Identities emerge and are rightly cherished, but they remain always a relational web opening to non-Euclidean pasts, presents, and futures. The ordinary is a multipartner mud dance issuing from and in entangled species. It is turtles all the way down; the partners do not preexist their constitutive intra-action at every folded layer ot time and space. These are the contagions and infections that wound the primary narcissm of those who still dream of human exceptionalism. These are also the cobblings together that give meaning to the ‚becoming with‘ of comapnion species in naturecultures. Cum panis, messmates, to look and to look back, to have truck with: those are the names of my game. Donna J. Haraway: When Species Meet.
dass der schäfchenhimmel im englischen makrelenhimmel heißt – wie das? es muss ein ganzer schwarm sein, aber nicht silbrig wie fischleiber glänzen die wolken, wattig sind sie doch viel mehr, und wattige makrelen? nein. nein. das kann nicht stimmen. wer’s kann, möge es mir bittschön erklärn.
nicht bar schattig, barsch-artig, das heißt also, eine bar, in der sich alle verhielten: artig wie barsche. kein barsches wort. nur leises, liebes sprechen, wie unter schatten.
(Ich habe Ben gefragt, was Marrakesch heißt. Er hat einem Freund geschrieben und mir dann dessen Antworten übersetzt. Es gibt zu dem Namen zwei Geschichten. Die eine sagt, dass die Gegend von Marrakesch eine gefährliche gewesen sei, eine von den Wüstentieren heimgesuchte. MORAKUCH“ ist demnach eine Zusammensetzung von „MOR“ und „KUCH“, von „geh schnell“, also „fliehe“, und „ein wenig geduckt“, also gebückt, und mit zurückgewendetem Blick. Die zweite Geschichte sagt, dass es in Marrakesch eine Brunnen mit bitterem Wasser gegeben habe, denn in der Sprache der Berber heißt „MOR“ bitter, und „KUCH“ „Schaum“. Er glaube, dass beide Erklärungen richtig seien, hat Ben gesagt.) so zu lesen am ende des sehr schönen textes DIE OBSTBÄUME, von michael donhauser, in „was sprache ist“
was mag das wohl sein? das ist das innernäschenäll (das festiväll!!)
um uns der vorhang, vor uns der schulhof, der ulfet-balkon, liegen, liegen und singen. da waren: „blitze im wurmloch“ (nach der melodie des refrains von „too drunk to dream“..) – wen alles hielten wir wach – ich fürchte, es war kaum einer oder eine, die wir nicht wachhielten. we saw blitze im wurmloch, we felt guilty at breakfast, aßen das omelett ohne ein wort. es gab außerdem frittierte tomaten.
also, es gibt das irdische grätschen und das unirdische grätschen und das grätschen-schema im allgemeinen, so wurde es mir erklärt, das sei romantik ohne geschichte, das würde nicht erlebt sondern verlebt, wurde mir erklärt, so ähnlich wie bei CSI Miami – der rest ist leider unleserlich.
wenn sich ein geist eines körpers bemächtigt und diesen körper dazu zwingt, tausendmal jenes starlet zu malen, und ihn dann wieder verlässt, auf welchem level ist der geist danach?
die in nitro getauchte muse zeichnet sich von ganz alleine ab, wenn auch spiegelverkehrt. wobei diese tatsache nur dann störend wird, wenn schrift ins spiel kommt. es sei denn, auch die muse bestünde aus zwei verschiedenen hälften, deren seitenweise verörtlichung meiner gewohnheit entspricht. in diesem fall ist der nitro-tauchvorgang nicht zu empfehlen, da seine ergebnisse einen verstören.
man tue dies kraft eines rasters. man berechne seine einheiten. man zeichne das raster. man gewinne elemente. man tue dies kraft eines rasters. man freue sich an der verrasterung. man habe nun kraft.
diese ausgabe der zeitschrift käme nur häppchenweise, denn der rücken werde handverlebt. im gegensatz zur maschinellen verlebung. das geht, der erfahrung nach, viel, viel schneller.
ein profi?, fragte jemand im mondschatten unter der pergola, „ja“, antwortete jemand anderes, und setzte nach kurzer zeit hinzu, „oder ein sehr begabter amateur“.
gekühlt ist das mäulchen und minzig. das minzmäulchen ist in einen rand aus dunkler schokolade hineingegossen, wenn das minzmäulchen anhebt zu klagen, bricht diese. klock. so dass man es kaum hören kann.
es gilt den schwung zu nutzen oder den nung zu schwutzen, den schwutz zu nungen (irgendwie unkomfortabel und wenig appealing, nicht wahr?). wir durften aber kürzlich lernen, dass die philosophische betrachtung um schwung nicht bange. das ist gut.
überall seien pilze-sucher und pilz-suche-theoretiker unterwegs. sie behandelten diese tätigkeit wie eine zur prüfung vorgelegte gemengelage, verstörte sich D., als wir die stadt verließen und das schild „michendorf“ passierten. (michendorf ist pilzgebiet.) die welt als ingenieursproblem, am beispiel des pilze-suchens. es schien klar, dass D. dies als schwundform eines nicht sehr sympathischen herbstlichen aberwitz‘ wahrnahm.
hören Sie auf diesen rhythmus: „Wie bei der Stückelung in kapriziöse Teilchen die Majestät den Mosaiken bleibt, so bangt auch philosophische Betrachtung nicht um Schwung.“ Benjamin: Ursprung des deutschen Trauerspiels.
36 euroletten in zweierstücken rasselten aus dem roulette-automaten, und das bei einem einsatz von nie mehr als 20 cent. automatencasino. man könnte sagen: eine gepflegte insichkehre, man ahnt es ja nicht, auch die lichtdramaturgie ist von draußen nicht zu erahnen, ebensowenig wie der so ausgedachte teppichschnitt, in rot und blau. und diese stille. was muss ich machen, damit leute, einzelne leute, denn es sind fast immer einzelne leute, sich bereit machen, hartgeld in automaten zu werfen, die nur sehr bedingt zu steuern sind. limbo-licht. am übergang. bei enormer statik. kein wort. kein wort. automatencasino. diese künstliche, höchst reduzierte andacht, eine atmosphäre, die mich lehrt, dass es nicht möglich ist den zufall einer dressur zu unterziehen, und den stillen raum, den ich brauche, um dies zu begreifen und dennoch, neue versuche wider besseres wissen nicht einzustellen.
und dann hätten die damen und herren ihre köpfe verdreht, bis die stolen der damen aus der schulternkontrolle geraten seien, bis sich bei den herren am kragen nackensteife einstellte, das knacken, ein knack- und ein schlagwerk der wirbel. der allseits angeregte raum, der hörbar funkelt (funzelt) im flüsterton. evolutionär, was ist flüstern? was fiepen?
es geht um dieses bild – die kontinente entschließen sich, unseren planeten zu verlassen. ein sehr gutes bild.
solange mir dies nicht als möglich erscheint, muss ich gar nicht damit versuchen, wieder anzufangen. hoch die sammelbüchse! aber was sammeln? wer rasselt, wird zum rand gebracht. und rasselt dann am rand, haha. semmelbuchs – hohei, wie die krümel diesbezüglich dekommodieren.(was??) das macht man, bis es nicht mehr geht, das macht man, bis es wieder geht. das macht man.
sie sind evil. extrem evil. sie sind abgewandt, sehr lange. sie tun nichts. dann, nach wiederholter ansprache, wenden sie sich zu, aber so, als hätten sie ein uhrwerk eingebaut, das jede ihrer bewegungen zur freisetzung von verachtung verzögert. dann tun sie, als verstünden sie nicht was man sagt und man muss es zwei bis dreimal wiederholen, was ihnen zeit gibt, mit der kollegin, die im gleichen verachtungsuhrwerk tickt, sieche blicke auszutauschen. dann sagen sie etwas wie: das gibt es, aber wir geben es ihnen nicht. oder: gehen sie doch rüber zu fogal. wenn man ihnen dann den rücken zukehrt, kichern sie wie sägewerke und nehmen ihre zähne raus. sie sind evil. ich würde gerne behaupten, das sei nun ihre form von kritik, das sei ein punk-ähnliches verhalten gegenüber der konsumistischen verrohung feinster wäsche – allein, ich kann es nicht. sie sind evil. und sie funktionieren.
und es hat jemand gesagt (ich weiß nicht mehr, wer), es sei sehr wohl möglich an die grenzen der gitarre, aber unmöglich an die grenzen des synthesizers zu gehen, das sei der vorteil der gitarre. und der mangel des synthesizers. wir wandelten im grenzgebiet von beidem, ohne jemals das zentrum gesehen zu haben.
wenn der zu lange das haus nicht verließ, biss er um sich, sprach er beißend und er schlug. der schlug den kopf gegen den türstock und haute die zähne ins gebälk. der zog die nägel über die fugen und trat nach der wehrlosen wanne. die so wehrlos nicht war. schickt ihn hinaus. gebt ihm auslauf.
hier lässt sich nichts mehr machen. hier bleibt opak wie kautschuk oder wirr wie gewöll etwas dazwischen. etwas liegen. und hindert den blick. wie den gedanken. etwas, das man weder werfen kann noch formen. einhegen wäre mein vorschlag. und einen wegweiser aufstellen, der fort davon weist. wenn der dann verfällt, weiß man nicht mehr wieso.
hm. es wissen vielleicht ortsfremde nicht, wofür landeck steht. es handelt sich um das pfalzklinikum für psychiatrie und neurologie, oder wie man früher sagte: die kreisirrenanstalt in der idyllischen südpfalz. auch klingenmünster ist ein so klingender name. 1888 wird das klinik-freibad fertiggestellt, überwiegend von patienten erbaut. landeck hold’em nannte ein versierter pokerspieler das spiel, das wir unsererseits bei mangelnder beherrschung der regeln: für texas hold’em hielten.
Hindurch ging ein Licht, der im Frost zur Weißglut erstarrte Michigansee und die geräumten Gehwege, so gesalzen, dass sie weißfunkelnd starrten, Salzkristalle feuerten das Licht zurück. Hindurch ging ein Licht, implodierte in sich, in Hirnen, oh mein Brain, als würdest du schmerzen und ich es nicht spüren. (Riding und Para-Riding, Roughbook # 15)
über den zugefrorenen müggelsee den spuren der anderen folgen, als sei es sicherer dort, wo schon jemand gegangen war, ob das physikalisch richtig ist, weiß ich nicht. es war wie eine flache wölbung. und es schien zu hallen. unhörbar zu hallen. und es war sehr hart. am ufer dann: der langos-stand. nur in diesem moment, in allen anderen nicht, kann man das essen. den lappen aus teig, ölig, heiß, ja köstlich sogar.
das medium ist die message. das erpresserische schreiben wurde mir als laubsägearbeit übermittelt. ich antwortete mit einem salzteiggebinde. daraufhin brachte man mir eine neue drohung in form dieser mit stricken verzierten töpfe für pflanzen. ich vergaß, wie man das nennt. und nein, das medium ist nicht die massage. was können wir tun, damit das medium die massage wird? ich habe dieses gedicht (vertont? verbaut?) ver-fasst? (im sinne von gutem anfassen.)
Hört ihr das, was was was was, das miere being der Dummheit, ein Ausruf, siehe auch das Geschehen im Mottokopf des Stuplimity-Kapitels, Moment, was steht da? Da steht: „There is stupid being in every one. There is stupid being in everyone in their living. Stupid being on one is often not stupid thinking or stupid acting. It very often is hard to know it in knowing any one. Sometimes one has to know of some one the whole history in them, the whole history of their living to know the stupid being of them.“ (Gertrude Stein: The Making of Americans) – es ging oder geht dann später auch darum, was sich verdickt, ändert, wie das noch zur Beziehung, äh, wir benutzten Eimer zum Transport von Was-auch-immer-darin ist. Oder auch: die Markierungen auf der Bordkarte, mit schneller Hand hinzugefügt, während man noch auf der Erde ist, und die mich, wenn ich wieder auf der Erde bin, orientieren sollen, es sieht aber aus, ja wie? Oder was? Sie orientieren mich nicht. Meist sind es weite dichte Kringel. Und ich betrachte sie sehr lange. Küstensauger.
Es an die lichten Stellen tragen. Nicht jede Inkonsistenz verdient den Namen Albernheit. Oh Brandung, du mein Wellenwitz. „Zum Wasser will alles, Wasser will weg“, schreibt Paulus Böhmer. Nehmen wir Komik bei Bergson: das Mechanische. Sagen wir, eine Art von physio-therapeutischem Verständnis davon: (Knochenbrecher, Dr. Eisenbart, chiropraktisch, hörst du es knacken? Jau, ick hör dir knacken).
Auf gleiche Weise hat Pessoa einen quasi-labyrinthischen Gebrauch der Negation erfunden, die im Vers so verteilt wird, dass sich der verneinte Begriff nie mit Sicherheit AUSMACHEN lässt. Man könnte es so ausdrücken, dass man hier, ganz im Gegensatz zum streng dialektischen Gebrauch der Negation bei Mallarmé, einer SCHWIMMENDEN NEGATION begegnet, die dazu dient, das Gedicht mit einer Mehrdeutigkeit zwischen Affirmation und Negation anzureichern, oder vielmehr mit einem deutlich erkennbaren affirmativen Auslassen, das letztlich erlaubt, die herausragendsten Manifestationen der Macht von Sein zu zersetzen, indem das Thema immer wieder hartnäckig widerrufen wird. Badiou, übersetzt von Schreiner: Kleines Handbuch der Inästhetik. Seite 68.
Siehe: Freedom of consummatory site, in What are Affects, in Shame and its Sisters. A Silvan S. Tomkins Reader. Ed. by E. K. Sedgwick and Adam Frank.
In different cultures a cover may be worn over the genitals or the face or both, whichever are felt to be the most private parts of the body, so Silvan S. Tomkins. Bertrand Russell, der klügste Mann der Welt ging einst (in Cambridge, England) mit einigen Studenten und Kollegen nachts nackt baden und wurde dabei von Unbeteiligten überrascht. Seine Kollegen und Studenten kamen betreten aus dem Wasser und verbargen ihre Scham. Herr Russell hingegen trat aus dem see und verbarg sein Gesicht, da er davon ausgehen konnte, dass ihn weitaus mehr Leute am Gesicht erkennen würden als an seinen private parts. Ein Hoch auf den klügsten Mann der Welt!
The Mighty Boosh: The Grey Legface Man. Ein Zoodirektor, der sich die Namen der Tiere nicht merken kann. HIER ZU SEHEN
Barthes kommentiert: „Neutrale Lehre daraus (keineswegs willfährige, impertinente/ nicht-pertinente, sogar belustigte Reaktion auf all diese ernsthaft engagierten Quälgeister). 1) Sie sind lästig! 2) Ich bin auf Reisen.“ Doch der Höhepunkt sei erst dann erreicht, wenn man sich ins Wasser werfe. Diese Geste nennt Barthes: die köstlichste aller schiefen Erwiderungen. Sie geht auf Eurylochus zurück, der angesichts der beharrlichen Fragen seiner Schüler sein Gewand von sich warf und über den Alpheios hinüberschwamm. Wie man sich dieses Wissen zu nutzen machen könne, fragte eine Besucherin als wir nach der Rotten Kinck Schow vor der Heine-Buchhandlung in Düsseldorf standen. Hm. Ich wusste es nicht, nur: sich mit dem Fuß in eine Pfütze zu stellen, ist sicher nicht dasselbe.
Aus unleserlichen Notizen geht Folgendes hervor: Bedürfnisfunktionen nach Änderung der Oberfläche. Um-sortierung. Fliegende Fenster und verschiebliche Vorlagen. Automatisch sich anfüllende Fenster. Zuschnitt bei Überkreuzverwendung. Frage nach der Schulung intern-extern übermittelt, Verdrängungskosten durch Bewusstseinshalter. Super: Seiteneigen künftig über ein Fenster zu bearbeiten, doch wohin geht die Benutzerfaltung? Mit zu hohen Rechten verbunden sind die Komponenten erlaubnis-übergreifend. Umschalttaste via Mischbetrieb. Kopfungen als Varianten für die Feedbackrunde Ende Januar. Für jedes Atom drei erklärende Strings, Aufschaltzeit, Abschaltzeit. We need Zuspielband.
Und dann machte der Stripper in der Laubenkolonie einen Handstand. Alle klatschten. Das passierte in der Wirklichkeit. Eigenartig genug.
Der Übersetzer sagte mir, das Litauische sei eine enorm komplexe Sprache, allerdings habe sie ein paar wenige eklatante Lücken. Zum Beispiel gebe es im Litauischen kein Wort für „lingerie“. Man spreche stattdessen nur von der „intimsten Kleidung“.
Schuld und Zeit entkoppeln. Würde der Hingabe. Haben also ausgestopfte Tiere auf dem Tempelsims zum Zwecke der Bestrafung exponiert. Affekte per se. Wer filtert? Keiner filtert. Divenhaft alleine sein. Ein Pfeil führt zur Formlosigkeit, er ist mit Repräsentation benannt und an seinem anderen Ende steht Funktionsträger. In der Mitte ein Kreis, der mit Intimität benannt ist. Hier hinein, aus dem Nichts ragt wieder ein Pfeil, der die Abspaltung bedeutet. Es ist ein Schaubild, das mit „negative Suggestion“ überschrieben ist. Wie es wirklich funktioniert ist mir dunkel. /// o, die so überaus dünnen Nerven des Profis. – – – worin denn Profi?
Und wir stellen uns in größter Heiterkeit vor, nach Aurich zu fahren, frohgemut dort innerhalb weniger Wochen alle zusammen den Führerschein zu machen, in einer Pension zu wohnen, im Februar am Abend, bei Grog und schneidender Kälte, lernten die Fahrschüler die Regeln, während draußen der Schneesturm tobte, und der, der schon fahren konnte, würde auf den ostfriesischen Orgeln spielen, und am Ende, stellten wir uns vor: würde man das Ganze kombinieren, und eine kaum übersehbare Anzahl von Pedalen im Fahrer-Fußraum des Ferraris anbringen, die Orgelpfeifen hinten aufmontieren: so raste man unter dem Getöse rasender Orgelakkorde zurück. Ach, dass es dazu nicht gekommen – ach.
Die Übertragungsliebe innerhalb der psychoanalytischen Kur müsse eigentlich betrachtet werden, wie der Feueralarm im Kino oder Theater – der alle aufschrecken lässt – nun wird es Ernst. Hieß es. Aber wo?
There are the alps. What is to say about them? / They don’t make sense, fatal glaciers… / Who knows what the ice will have scraped on the rock it is smoothing? / There they are, you will have to go a long way round / if you want to avoid them. / It takes some getting used to. / There are the alps. / Fools. Sit down and wait for them to crumble. Basil Bunting: On the Fly-Leaf of Pound’s Cantos
Superpärchen, diese beiden Protagonisten eines künftigen Kinderbuchs. In süßer Rivalität miteinander verbunden. Ist auch der Mobile Buckel mit von der Partie? Die Sinusbank war, wenn ich mich recht entsinne, etwas sehr sehr Gefährliches.
Sie wissen doch, Hasenhass ist weiß wie Schnee, Hasenhass ist weiß wie Schnee, wie ist, wie Sie wissen Hasenhass? Sie wissen doch, Hasenhass ist weiß wie Schnee.
In jedem Frühling aufs Neue, Dilettant des eigenen Lebens zu sein. Siehe hierzu den Aufsatz: „Was interessiert Marxisten am Frühling?“ von Gert Mattenklott. Erschienen in: Ästhetische Opposition. Hg. von Dirck Linck. Der, heirateten wir, einen Doppelt-, ja beinah Dreifach-Namen tragen könnte: Dirck Rinck-Linck. oder Dirck Linck-Rinck. Ich dann aber auch. Jedoch weiß ich nicht, in welcher Reihenfolge die Nachnamen zu stehen haben.
Und hörte, das besondere Interesse der Ästhetik des „camp“ an einem intimen Zugang zu den verehrten Personen zeige sich a) im Übergehen der Vorbereitung, auch der Generationfolge; b) in der transidentitären Entscheidung für die Verkörperung, das heißt: für mehr als Mimesis, c) an der Schwärmerei für randständige Phänomenen der Kulturindustrie, genauso wie der Schwärmerei für zentrale Phänomene der Kulturindustrie, die dann wieder durch ihre Imitation in Camp-Ästhetik an den Rand geraten mögen, d) für ein nacheiferndes Fantum, das Zugang zu der Garderobe sucht, ja das sich da vielleicht schon befindet, und das dann wieder, in diese Nähe, die das eigentliche Ziel des Fantums ist e) eine Form der Künstlichkeit, einträgt, die aber nicht synthetisch sondern sympathetische Verkörperung ist. Oder paradoxale Mimesis, oder die Mimesis der geheimen, der unsichtbaren Ähnlichkeiten. Oder innere Anähnelung bei gleichzeitiger Ausdifferenzierung, also eigentlich: das, was an Freundschaften echt ist, wenn man das Spiel ernst genug nimmt, um sich daran zu erfreuen.
Der Bunsenbrenner-Realismus wird von den Philosophen, die sich der Schule des spekulativen Realismus‘ zurechnen, grundwegs abgelehnt. Es handelt sich allerdings um einen Popanz, auf den in High-Tech-Krankenhäusern nur selten zu treffen ist. Also, um einen Pappkameraden, dessen Echtheit sich realistisch mit einem sonst kaum noch (doch, für crème brüllee, brüllt die crème brüllee, für die crème brüllee!) Verwendung findenden Bunsenbrenner in Erfahrung.. .. und so weiter und so fort. ich merke, ich verliere. die Lust. an.
Da, abgesehen von den Zwischenrufen, die sich mit dem Zwischenruf „Zwischenruf“ anzukündigen hatten und in den meisten Fällen, so sie eine gewisse Länge nicht überschritten, zugelassen wurden, die Reihenfolge der wortmeldungen auch gegen Widerstand eingehalten wurde, kam es immer wieder zu mäandernden Gesprächsverläufen, in denen zeitversetzt sich die Argumente zu einem bereits zurückgelassenen Streitpunkt an anderer Stelle neu ansammelten. Oder man stellte sich das Gespräch als Boot vor, das davontreibt – was jedoch die Frage aufwarf, wer sich darauf befand und wer das nachsehen hatte. (Entschuldigung, das kann unmöglich der Mastkorb sein. Das ist doch die tiefste Stelle weit und breit!)
Kichern wie ein Riesling. Heiser kichern wie ein Riesling. Schrilles Kichern wie ein Riesling. Gelöstes Kichern wie ein Riesling. Nicht zu unterdrückendes silbriges Kichern wie ein Riesling. Wie ein Riesenriesling quecksilbrig schrilles kieksendes Kichern. Wir kichern. Wir kichern. Wie Riesling.
Und wurde auf der wöchentlichen Planungssitzung von der Wirtschaftsredakteurin gefragt, was ich denn mit dem ganzen Geld all der Preise, die ich ja unablässig gewönne, denn anfange? Das Übliche, sagte ich.
Die so akzentuierten Waden des Weddinger Bademeisters. Immer muss man nach ihnen Ausschau halten. Wenn man sie sieht: Ist der Tag geglückt. Wenn man sie noch nicht gesehen hat: kann der Tag noch glücken.
Da steht: eigentlich darf man keine Bewegung üben, bevor man sie beherrscht. Und wollte man etwas falsch Angelerntes revidieren, müsse man das neu zu Lernende in so kleine und sinnlose Einheiten zerlegen, dass der Körper sie nicht als etwas erkennt, von dem er glaubt, es zu beherrschen.
Und war angekommen in der Steiermark, es regnete, wurde abgeholt, freute mich so, das Wirtshaus war geöffnet und wir studierten tapfer die Speisekarte. Bis sich k. für, ich glaube, Lachs entschied. Also Lachs? Lachs? Da war er fein raus aus den Eingeweiden. Tapfer Innereien erwägend bestellte ich Lungenbraten und bekam ein Steak. Fein raus. Von lateinisch lumbus (ende).
Und saß im Bus, auf der Strecke von Lana nach Meran, die an der Rennbahn entlang führt und sah wie ein Pferd sicher über einen Zebrastreifen gelotst wurde, von einem Herrn mit einem pfannenartigen Ampelersatz, der eine rote und eine grüne Seite hatte. Der Mann zeigte dem Busfahrer die rote Seite seiner Pfannenampel und das Rennpferd konnte sicher passieren. Dann fuhr der Bus weiter. Parkplatz Therme. Dann in die Therme.
Die Bilder, die in der Nacht entstehen und, wo sie sprachlich fassbar sind, sich verbilligen. Es entsteht dann Raum. Oder nein: das Einzige, was noch geöffnet ist. Maßgaben der Entäußerung … Mimesis. Rivalität. Es für einen Raub zu halten. Gleich zu sein. Kongruenz als Raub. Ebenbildlichkeit als Raub. Bilderverbot. Fernand Delignys Unterscheidung des Bildernehmers vom Bildergeber. Ich schlage den Band „Annäherungen an das Bild“ auf und lese auf Seite 33 folgendes: „Das Bild muss man denken, so wie noch zu bedenken ist, was das heißt: Menschenwesen. [Absatz] Menschenwesen, Bild – es ist dasselbe, exakt dasselbe. Das Bild? Ziehen wir die Linie am Meeressaum, so wird eine andere Linie am Saum der tagundnachtgleichen Gezeiten die Spur wahren: die Schwerkraft der Sterne wirkt hier nicht hinein.“ Fernand Deligny: Annäherungen an das Bild. Übersetzt und herausgegeben von Hartwig Zander. Ostheim / Rhön 2011.
Hier grüßt die größte Tropfsteinhöhle Österreichs. Es ist sehr kalt darin. Und wischt man versehentlich mit der Hand über die aus Tropfen sich bildenden Formationen, sind gleich bis zu hundert Jahre Arbeit verloren. Namensgeber ist der Eulenkater, der durch den wie grinsenden Spalt in die Höhle hinein und aus ihr hinaus fliegt. Hin und wieder stürzte auch ein sehr großes Urrind in die Tiefe. An dessen Knochen ließen sich die Zeiten ablesen. Ein Pärchen, Hermann und Regina Hofer, hat unermüdlich Treppen hineingeschlagen und betoniert, über Jahrzehnte verließen sie nur sonntags, zum Gottesdienst die unbehaglich kalte und dunkle Höhle. Man sieht noch ihre Betten stehen. Schauerlich. Sie blieben kinderlos – ihr Baby sei die Höhle gewesen, erläutert der führende Geologe, was man sich lieber nicht ausmalen mag. Hallen, Stelen und am tiefsten begehbaren Punkt: klares Wasser. Und etwas das grün oder blau ist. Zumindest im Licht. Ein Kompass wäre hier auch keine große Hilfe, sagte C.
Die Zunge bleibt daran hängen und muss mit hochprozentigem Schnaps wieder abgelöst werden. Nicht reißen, sonst reißt man sich die so empfindliche Haut mit ab.
Das gehört eigentlich nur vielleicht hier hin: „Yet again, the immediacy that comedy thus puts forward is not that of a smooth, imperceptible passing of one into another, but that of a material CUT between them. If we think of the simplest examples of this procedure (like the one frequent in the Marx Brother’s comedies, when, say A says „Give me a break“ and B pulls a brake out of his pocket), is it not that its fundamental lesson is always this: THE ONLY genuine immediate link between these two things is the very CUT between them?“ Alenka Zupancic: The Odd One In. On Comedy.
Wir alle warten auf das baldige Erscheinen der SAP – der Sammlung Ausdrucksstarker Pferdenamen – von Torsten Holger Schlopsnies aka Todosch.
Moment, ich muss Ihre Mütze noch signieren! Moment!, hallte es durch die Halle.
Hanns Eisler – Joris Ivens – Vierzehn Arten den Regen zu beschreiben Stummfilm, Holland 1929
Watt jibbtitt? Frittierte Abgaben. Ditt jibbtitt.
Zu den abstrakten Tieren zählen wir: Zirpe. Grille. Heimchen. Hopper. Cricket. Konkubine. Heuschreck. Presserererent. Kor kor kor kor imitiert sie den Weglauf des Elektrischen und das Nahen des Gewitters. Runter ins Tal.
Im Traum war selbst das Fliegen ein sehr bürokratisches, gar nicht von vollkommener Freiheit beseeltes Unterfangen. Komisch, wohinein die Ängste zu mischen sich vermögen. Die Prüfung ist in jedem einzelnen Moment zu bestehen. Schlüpfen. Tauchtief.
Verstand ich. Es war aber vom Held und seinem Wetter die Rede. Gut gefiel mir das missverstandene Paar: der Held und sein Retter. Dass der Held sein eigener Retter sei, würde mancher vielleicht einwenden wollen, denn es avanzierte doch der Retter des Helden seinerseits zum Helden und stufte den Geretteten damit zurück. Ach nein, so lieber nicht. Häufig ist es allerdings auch so, dass der Retter des Helden sich opfert, um den Helden zu retten. Das ist natürlich praktisch, denn dabei bleibt der Held der Held und der Retter wird leider zugunsten eines neuen Helden (der Rache) aus dem Geschehen entfernt.
Something in him, it seems, has faded out. Younger women’s eyes flick past him. Privately, he closely monitors the superior preservation of certain of his friends; for if like Tennyson’s woods, the friends decay, the friends decay and fall, some manage to do so with horrible grace. Denise Riley: „What I Want Back Is What I Was“: Consolation’s Retrospect.
Hellgrau. Und weiß. Dieser eigenartige wollige filzige warme in allen Abschattungen von weiß bis hin zu fast farblos, doch hell und undurchsichtig über der Ostsee stehende Himmel. Sehr viele aufgewickelte Knäuels. Astronomisch viele.
Wie Freiheit und Schicksal zusammengehören, so gehören Willkür und Verhängnis zusammen. Aber Freiheit und Schicksal sind einander angelobt und umfangen einander zum Sinn; Willkür und Verhängnis, der Seelenspuk und der Weltmahr, vertragen sich, nebeneinander hausend und einander ausweichend, verbindungslos und reibungslos, im Sinnlosen – bis in einem Nu Blick irr an Blick prallt und das Geständnis der Unerlöstheit aus ihnen bricht. Wieviel beredte und kunstreiche Geistigkeit wird heute aufgewandt, um diese Begebenheit zu verhüten oder doch zu verhüllen! Martin Buber: Ich und Du.
Das ist das Komische, wenn ich von dem Erwartbaren, von dem Wiederholten und abermals Wiederholten überrascht werde (weil in der Wiederholung immer (?) etwas entsteht, das der Symbolisierung entkommt?) Zupancic zu Lacans Tyche, vermutlich. Nur ungenau von mir zitiert.
Nicht Adjektive reihen sich in meinem Kopf, nein, reihen sie sich nicht. Versichere ich den Komponisten neuer Musik. Nein. Nein. Hier gibt es keinen herumballernden Inhaber der fliehenden Leibeigenen, der die Vorstellungskraft mithilfe von Adjektiven in den normierenden Bewusstseinsraum zurückbringt. Knabbernd. Höhlend. An den Höhlenrändern knabbernd. Nun ein Wild. Schritte von jemandem, der sich nach drei Schritten auflöst in Luft, oder zumindest in Schwerelosigkeit. Dann ein Windstoß zwischen enggestellten Regalen, die leer sind und rappeln und pfeifen. Regenschauer. Peitsche aus Wurstdarm mit Federn. Dann stürzt um Sack. Das alles also nicht. Nicht. Nicht. Nicht. Nicht. Nicht. Aber sagen Sie vielleicht, im Flug, Schimmerwummer? Wummerschiene? Knirschend? Hi?
Wurde mir von einem aus den Augen verlorenen, aber im Gedächtnis gebliebenen alten Freund aus dem Ruhrgebiet übermittelt, ich kann mir ungefähr vorstellen, wie es zu diesem Begriff gekommen sein könnte, aber ziehe es letztlich vor, dies lieber doch nicht zu tun.
Er schliefe wohlig in einem Raumanzug aus slawischer Sprache, mutmaßte der Dichter Tadeusz D. über einen amerikanischen Professor, der bis zum Schlussapplaus während der gesamten Lesung kein einziges Mal aufwachte.
Und was wirst du ihm schenken? Ich werde ihm eine Leibchen für die Trüffel häkeln, die du ihm schenkst. Und einen Tropfen Öl. Einen Tropfen Öl, von der Passage bei den Schienen. Von den Frauen, die sich so bemühen. Immerzu, bemühen. Auch ihnen einen schönen Tag.
Die Reue des Schöpferwesens: Wer hat mich betört, so dass ich ein Tor wurde und die Seele in den Körper warf? Nun, das Pony sagt: Das ist jetzt halt so. Was willste machen? Wobei wir wissen, dass sich das Pony auch gut im versteppten Land der Reue auskennt. Das wissen wir, bereut es ja zuweilen dinge, die hat es noch nicht mal gemacht. Wahlentzogene Tatsachen des sich Vorfindens in einer Welt, an deren zustandekommen es nicht mitgewirkt hat. JA! wie aber ist das Pony zustande gekommen? Planetarisch. Vermutlich. Aus fiebriger Liebe zum Leben (in all seiner Mischung) und dem Vertrauen auf Hufe, vier an der Zahl, um es zu durchqueren. Abgeworfenheit: denn es kann keiner so höhnisch schnauben wie mein Pony. Ebensowenig kann aber auch keiner die ganze welt zu einer zarte Atemhülle schnauben, Schichten aus belichteter Luft. How much longer, how much longer.
Wir sind freilich sehr froh, sie gerettet zu wissen. Vollgestellt mit Palmen. Umschwirrt von Friteusen. Brunchisten. Modistinnen. Maßnehmenden Schneidern. Ausstattern. Dem unterschiedlichstem Handwerk. Den beineschwenkenden Tanzgruppen vorm Fischstand. Wir begrüßen selbst die Herren mit dem automatischen Riesensynthesizer, falls es sich bei dem Gerät nicht um etwas noch nöcheres handeln sollte. Und das bittersaure Ingwerbier ohne Kohlensäure, das begrüßen wir auch. In der Tat begrüßen wir den so immens zarten ausgebackenen frischen Fisch der alle zehn Minuten erneuert wird, und wir begrüßen Austern. Und Champagner. Und von Champagner kaum zu unterscheidenden Weißburgunder Winzersekt von der Nahe. Wir sind froh, sie gerettet zu wissen. Und waschen die Haare, waschen die Haare nach jedem Besuch.
Neben meinem Lieblingsplatz in der „HOA NAM Asia Wok Sushi Bar“ steht auf dem Schaufensterbrett ein hoher fels, nun, es ist vielmehr der Nachbau eines Felsens, mit wasserfall, einer mütterlichen Idylle, einem Buddha, und einer gelben Halbkugel, die wirkt wie ein Dotter oder ein eingelegter Pfirsich, also etwas Rundes, das glatt, aber trotz seiner glänzenden Oberfläche sehr weich zu sein scheint, worüber das Wasser des Falls immerzu gleitet, darunter ein Graben, der schäumt, und zu Weihnachten wurde das ganze Szenario sorgfältig eingeschneit und umgeben mit weißem stabilem luftdurchlässigem Material bis zu den Achseln. Ja. Dann: die Konzentration sich denken, gegenüber einem Suiseki- oder Gongshi-Stein, an die Wiederkehr und Fortsetzung seiner Qualität im lackierten und sehr vielgestaltig ausgehöhlten und zurecht geschnitzten Holzsockel, ja, und die Ausstellung, die ich in New Haven sah, vor 14 Jahren, und warum fällt mir jetzt mit einem mal die Schräge einer Gasse in Hamburg ein. Das ist nicht die Konzentration, an die ich denke, wenn ich an die Steine denke. das ist nicht einmal die des Schaums, der dort entsteht, wohin das Wasser fällt. Indes möchte ich die „HOA NAM Asia Wok Sushi Bar“ sehr empfehlen.
Ich hab ein Foto. Das zeigt den Spitz auf einem senfgelben Sofa und zwischen Kissen. Seinen Vorwitz zeigt es. Der würde jederzeit zu jedem anderen ins Auto springen und davon fahren, wurde mir erzählt. Und woanders ebenso zufrieden sein wie dort, auf dem senfgelben Sofa. Ich hab das Foto gern.
In der Dämmerung in Charlottenburg stöberten luminierte Dackel im Unterholz an der Spree, und auf den wegen oberhalb der Schneeschicht flaches Wasser stand, durchsichtiger als ein schwappender Guss vom fleißigen Tauen, und durch die Schuhe war das Wasser längst gedrungen, aber vorher, bei den Russen, die dort residieren, seit dem Jahre 1979, Moment, genau dort: Im Restaurant Samowar, Tee mit Safran, heiße Himbeeren mit Sahne gegessen, zwischen den vielen, genau geknickten Kissen. Ah. Wie gemalt. Ja. Wie gemalt. Ihr schöner schöner Hals. O rot. O weiß. O allerlei.
Durch die Glasfassaden einfallsloser Architekten sehen wir – was sehen wir? Ordner in Regalen, und Pflanzen bei der Arbeit. Eh. Wie stehn allerorts in den Ecken, durch das Glas besehn, Pflanzen und arbeiten schlecht bis hinzu garnicht bezahlt, missgelaunt, doch zuweilen durchaus gegossen. Bespräyet den Ficus mit Balsamico-spray di Modena! Was meint ihr, was der fürnen Schreck kriegt. Und näheret euch ihm mit der Gabel. Dann seid ihm wieder gut. Das macht man heute so. Aufgrund mangelnder Manieren. Aufgrund mangelnder Manieren. Und schlechter Gedichte. Und dem Hang sich in der Leere intensivistisch aufzuspieln. Grusel. Man hält dies in den beschriebenen Kreisen auch noch für abgründig erotisch, i.e. passioniert. Die döfste, noch die allerdöfste Physik allein gelassen im Kosmos agierte mit größerem Liebreiz als die. Hihi. Hihi. Bespräyet also den Ficus mit Balsamico di modena. Und wundert euch nicht. Wundert euch nicht. Denn wir werden euch später dann wundern. Ist das eine Drohung? Ich weiß nicht. Womöglich. Einstweilen berspräyet Ficus mit Essig. Ahoi. Ahoi. Ihr werdet schon sehen.
Das stand in meiner Handschrift auf einem Zettel, darunter mit einem anderen Stift: eine Frage der Intention, Spekulationen wie wir sie kennen – ohne Intention oder zwei widerstrebende, die sich löschen? Mit anderen Worten: „Im Hain der Bilder ist Niemand“. Dann weiter unten: car mechanics – a poetical approach. Leider wurde der Kontext gelöscht.
a) Uh. Das stand wohl auch so auf einem Zettel. Und wurde übertragen aufgrund einer wie auch immer gearteten nicht ganz angenehmen Faszination, die grob auf etwas ganz anderes verweist. Aber da sich nicht fixieren lässt worauf, bleibt der Rohstoff stehn und lockt, indem er droht – und droht, indem er lockt. Im Traum der letzten Nacht wurde selbst das Freibad mir in Negativität getaucht. Und ich war viel zu selten darin. Das kann nicht sein. Das Rennrad aber auch. Der Weg wurde zu einem schmalen streifen Trikotstoff und ich mit einem mal auf der falschen Seite, bei einem windigen Ruhrgebiets-pantani, der sich brüstete seiner Verfehlungen. Und immer wieder Koffer. Falsch gepackt. Immer wieder hochproblematisches Gepäck.
Der in den Gemäuern noch gespeichert sei. Der historische Schlaf. Die Summe des historischen Schlafes. „In Jacques Offenbachs «Les Bavards» (1864) ist es nicht die moderne, von Rosina geschätzte Musik, die den sichtbar gelangweilten Zuhörer auf der Bühne in den Schlaf versetzt, die Mittagshitze im hochsommerlichen Saragossa zwingt alle auf der Bühne Agierenden und Singenden zur Siesta: «Ah! la chaleur est accablante.» – «Ach! die Hitze ist niederdrückend.» Offenbachs Melodie, die anlässlich einer überdehnten Kantilene auf das Wort «ac-ca-blan-an-an-an-an-an-an-te» beim Übergang von der Sexte zur Quinte in einer Endlosschlaufe stecken zu scheinen bleibt, ist das kollektive Gähnen förmlich eingeschrieben. NZZ, 22. Dezember 2001 (Ohne AutorIn)
Daran denk ich oft, als Sinnbild des fixierten und doch losen Übergangs, der in seine Teile zergliedert: a) sich selbst, b) seine Methodik, c) sein Objekt – – und alle können es sehen, der Himmel dahinter ist wie stets in solchen Fällen (Quatsch) in warmen Braun- und Ockertönen gehalten.
Eine Flasche „Herzlichen Dank halbtrocken“ erhielt ich am letzten Tag des Jahres 2012 vom Deutschen Roten Kreuz für einen halben Liter Blut im Hotel Esplanade. Das Hotel Esplanade ist allerdings auch ein unbewusster Ort – allemal! Und als ich herauskam, hatte es geregnet, eine kurze Regenhusche nur. Später war mir, als hätte ich geträumt, von einem Raum, sehr hässlich und für seltsame Menschen entworfen, aus dem ich trat, nach einem unsichtbaren Regen, leicht geschwächt und auch geehrt. Dann fiel mir ein: das war kein Traum. Und musste später daran denken, wie wir einmal bei gutem Wein über die Eucharistie sprachen und scherzten: Vielleicht hat Jesus auch gemeint: Siehe, dieser Wein ist so gut, das ist mein Blut. So gut ist dieser Wein. Wir scherzten, und bewegten heiter das Gelenk der metaphorischen Ersetzung.
Die am nächsten Morgen aus den Trümmern wieder Welt zusammensetzt. Die die langen dunklen Nachtetappen in eine Reihenfolge bringt. Die kleinschrittig mit der Rekonstruktion beginnt. Die setzt selbst Scheiben zusammen. Die zeigt, wo die Entscheidungen fielen, bis man einfach sofort fällte, was man nicht mehr stehen konnte.
Wie in: „Das Herz ist ein muskulöser Interpret“, sagt Ibn al Arabi. Weiterziehen – ihr Fortsein zeigt sich als eine verwüstete Anwesenheit. O ihr verlassenen Zeltstädte. Und die Zeit die dazwischen liegt, sie nutzt der Wind.
Ich bin Italien? Ne. Auf dem Tisch stand. Andreas und rief das. Ich bin Italien. Dann zeigte er die einzelnen Provinzen entlang seines Spielbeins.
The ego ideal is the heir to what Freud calls ‚primary narcissm‘, that is, the infantile illusion of omnipotence and the blissful feelings bound up with it. On a psychoanalytic view, the function of perversion is to bridge the gap between the ego and the ego ideal and, as it were, to restore the God-like majesty of the baby. The ego ideal is centred on the infantile belief that I am superman, I am destiny, or am just rather special. Such is what Janine Chasseguet-Smirgel calls ‚the malady of the ideal‘, a sickness with which we are all more or less afflicted. Simon Critchley: On Humour.
kräuterkreiselnd sagst du architekten sagst du / liebestolle automaten sagst du die begatten – / stapeln rosmarine sagen architekten klinken / niederdrückend räume öffnend für limonen / zitrusfrüchte sagst du zungenspitz du willst / noch einen einen zweiten kreisel haben kriegst / du sagst du danke jetzt die graulichtstufen / sagen architekten lindgrüne auswacholderung / entlaubung sagst du seitenschranke sagen / architekten vollverglasung, vollverglasung! / kräuterkreiselnd aufgehelltes lederflechtwerk / mit bissiger verzögerung kommt eingekreist / das echo echo aufgehelltes lederflechtwerk
Zu einer sehr großen Pizza Calzone kann man übrigens auch PIZZA SCHLAFSACK sagen, nur muss man am nächsten Tag sich sehr duschen, weil man errötete vor Tomatenmark und keuscher Erinnerung an Wangen, Wagen, Achsen, Wangenstände, Achsgewissheit, Oregano.
Entstammen diese Schmeichelgeister der Vorschule der Ästhetik? Ja. Und zwar dem Abschnitt über die indische Romantik. „Die indische Romantik bewegt sich in einer allbelebenden Religion, welche von der Sinnenwelt durch Vergeistigung die Schranken wegbrach; diese wurde so groß wie die Geisterwelt, aber nicht voll Polter-, sondern voll Schmeichelgeister, und Erde und Himmel sanken, wie auf einem Meere, einander zu.“
Nehm den Hammer, nimm den Dotter, und hau drauf. Und hau drauf. Mit dem Hammer auf den Dotter. Mach das viele Stunden lang. Mach das noch etwas länger. Immerzu. Mit dem Hammer auf den Dotter. Und dann hat sichs. Dann hat sichs. Dann hat sichs endlich ausgewagnert, liebe Medchen.
Wandernd durch die schöne Vorderpfalz, durch den Weinort Rhodt, wo die Idylle trotz der Kälte ausgebreitet da liegt, wird die Vorstellungskraft aufgegessen von dem Namen Rhodt und allen seinen spielen. Eine Horde, eine Herde und Gehege und eine Kordel Rhodter Witze hegen und umgeben uns. Bis wir nicht mehr können und es wehtut und wir innerlich ganz Rhodt geworden sind.
In Badenweiler, beim Frühstück im Wintergarten des lauschigen Hotels Siegle nach der Badischen Zeitung greifen, im Regionalteil einen Artikel mit dem Titel: FRAU DURCHSCHAUT MASCHE finden. Trickbetrüger rufen Frauen an und geben sich als naher Verwandter, als Sohn, als Cousin und als Neffe aus. Die Frau aber, durch die einhellige Berichterstattung gewarnt, durchschaut Masche und – legt auf.
Es gab zuerst Religion – Todesfurcht – griechisches Schicksal – Aberglauben – und Prophezeiung‘ und den Durst der Liebe – den Glauben an den Teufel – die Romantik, diese verkörperte Geisterwelt, so wie die griechische Mythologie, diese vergötterte Körperwelt. Jean Paul, Vorschule der Ästhetik, § 13 Der Instinkt des Menschen
Wie funktioniert das? ist es eine Farbe oder etwas auf der Zunge? Zwei Pinguine an der Kante, in der Quere. lLnguine mit Trüffelöl und Pfefferschere. Die Liebe zum Konkreten. Was man zeichnen, was man abbilden kann. Die heitere Aufmerksamkeit der Hunde, ob es nach draußen gehen könnte.
So nannte Paul Englisch den Entschluss Franz Bleis, zehn pornografische Sonette von Alexander Bessmerty, entstanden in den früher 20er Jahren, Schlegel zuzuschreiben, eine Verknüpfung, die sich hartnäckig hält.
Sie haben sich einen Pulli daraus gestrickt, einen Pulli, in dem sie alle stecken, Millionen und Abermillionen in einem Pulli, der hält sie warm. Sie haben sich zudem einen Gruppenbikini geflochten, in dem sie alle gemeinsam und schamlos ganz zu recht nackt sein können und aus dem sie ohne Hilfe von außen nicht mehr herauskommen.
Tätigkeiten, zu denen ich mich zuvor nie und nimmer in der Lage sah, wurden mit einem Mal Routine – manche Mitternacht verbrachte ich voller Andacht in der Jaguar-Waschanlage. O Tankstelle, o Weg zu dir. O Ausbau des glücklichen Bedarfs.
Im Beisheim diverser Funktionäre unterzeichnete ich den betreffenden Vertrag und lehnte mich bei gleichbleibender Anspannung zurück.
Dies sind die Grundpfeiler, auf denen das therapeutische Angebot des Mainzer Männer-Coaches aufruht: Wunden, Narben und Felgen.
LSD half sicherlich dabei, kybernetische Systeme sinnlich zu erfahren, so Anselm Franke, während der kommentierten Begehung der sehr guten Ausstellung „The Whole Earth, Kalifornien und das Verschwinden des Außen“, die von April 2013 bis Juli 2013 im HKW zu sehen war.
Bestimmte Tätigkeiten finden auf bestimmten Höhen, also Stockwerken statt, wenn es auch sowohl im Keller als auch auf dem Dachboden spuken kann, so ist der Keller doch dem Hobby näher als die Höhe. Verkriechen oder überbieten, Luftgeist oder Grabgespenst. Hobbykeller sagte ich, und Hobbitkiller wurde verstanden.
Erst war da die Remise, dann ihre Steigerung, dann die (oder das?) Remiserere.
Sie mischen sich unter die nichtsahnenden Leute und versuchen durch exaltiertes Gehabe die Stimmung zu heben so wie die Stimmen: Erhoben. Und auch die Arme: Erhoben. Und in den Armen die Katzen und die Katzen: Die Tatzen!
Die Blumen gingen schlafen, nicht aber das Gras, gestutzt liegt der Rasen die ganze liebe lange Nacht auf der Lauer, hellwach, sehr grün, so Jean Paul.
Das Ende der Welt wird durch einen einfachen Zaun von der Welt geschieden, eigentlich nur ein aufgebockter Balken, um den man ohne Weiteres herumgehen könnte, wenn nicht ein Schild auf die jenseits des Weltendes brütenden Vögel hinweisen würde.
Gegen alle Furcht, heißt es bei Schang Pohl, wegen aller Furcht. Nachschlagen. VOILÀ: „Was will man denn anders als Gegenwart? Nun so nimm die nächste Zeit, also Gegenwart. Freilich können wir sie nicht recht genießen, ohne eine Hoffnung im Hinterhalte mit zu genießen; allein diese selber ist ja doch nur als gereift zur Gegenwart ein Genuß.“ Nr. 1014 der Notizen aus dem unveröffentlichten Nachlass.
Freuds lebensgefährliche Reihe – die unternimmt derjenige nicht, dem sein todloses Leben lieb ist.
Der Wilde – Australier, Buschmann, Feuerländer – ist keineswegs ein reueloser Mörder; wenn er als Sieger vom Kriegspfade heimkehrt, darf er sein Dorf nicht betreten und sein Weib nicht berühren, ehe er seine kriegerischen Mordtaten durch oft langwierige und mühselige Bußen gesühnt hat. Natürlich liegt die Erklärung aus seinem Aberglaube nahe; der Wilde fürchtet noch die Geisterrache der Erschlagenen. Aber die Gesichter der erschlagenen Feinde sind nichts anderes als der Ausdruck eines bösen Gewissens ob seiner Blutschuld; hinter diesem Aberglaube verbirgt sich ein Stück ethischer Feinfühligkeit, welches uns Kulturmenschen verloren gegangen ist. Freud: Zeitgemäßes über Krieg und Tod, in: Bd IX der Studienausgabe: Fragen der Gesellschaft Ursprünge der Religion. Seite 55.
Das warme Bad, das für Hektor bereitet wird, der aus der Schlacht nicht zurückkehren wird. Simone Weil kommentiert: „Fast die ganze Ilias spielt sich weit weg von den warmen Bädern ab. Fast das gesamte menschliche Leben spielte sich weit weg von den warmen Bädern ab.“ Aus: Die Ilias oder das Poem der Gewalt.
The power of memory sei außerweltlich und unkorrumpierbar. Der Ursprung, eine schwierige Übung, nicht zeitlich zu denken. Ein Traum, der sich in die Zukunft richte, um vor der Einholung der Ernte das Samenkorn zu finden, davon etwa handele der Song of the Dance of the Fruit.
Gegen die allgegenwärtige Ichifizierung, die Furchtbarkeiten eines um sein selbstgewisses Zentrum kreisenden Individual-Kreativismus des iPhones, iPads, iBooks – – – das fearPhone, das suffPhone, das sexPhone und das lostPhone setzen. Zudem: Wo das ich ist, ist die Angst. Die blendende Angst, die daran hindert, überhaupt etwas zu sehen
I Taste A Liquor Never Brewed – ist die erste Zeile des Gedichtes Nummer 214 von Emily Dickinson, in dem ein „Debauchee of Dew“ auftaucht. Auf Deutsch wäre dies ein Lüstling des Taus, wohl ein trunkenes Insekt. Ich ertastete Likör, so niemals gebraut, von Tankern perlenhaft gereiht, und alle Flöße auf dem Rhein ergaben trunken sich. In-e-briat der Luft bin ich, und Debauchee of Dew, ich gleite taumelnd an dem ewig abendoffnen Sommertag entlang, zur Einkehr eingeschmolzen Blau. Aus dem Galahandschuh einer Füchsin verweist der Tender die betrunkne Biene, Schmetterlinge sagen sich dem Umtrunk los. Bis die schneebestäubten Hüte der Seraphen hochgerissen, Heilige zu Fenstern eilen, um sich das Glück des kleinen Suffki einzuspeisen, wie er an der Sonne lehnt.
Was diese harten Worte betrifft, von denen Clastres spricht, indem er das, was die Urubu dazu sagen, übersetzt: ne eng hantan, sehe ich sehr gut, worum es geht. [Die Sprache der Autorität, sagen die Urubu, ist eine ne eng hantan: eine harte Sprache, die keine Antwort erwartet. P. Clastres, Tausch und Macht] Sie beschwören nur Koinzidenzen zwischen zwei Seinsweisen herauf. Die eine ist das, was es damit auf sich haben kann, im Infinitiv zu >>sein<<, in diesem Fall menschlich sein, und das was, was es mit dieser Seinsweise auf sich haben kann, welche die unsere ist und darin besteht, sich bewusst zu sein, zu sein.
Die harten Worte, die ich finde und die ich wiederhole – zumindest eine gewisse Zeit lang – auf die Gefahr hin, sie wieder aufzugreifen, nachdem ich sie ein wenig vernachlässigt habe – beschwören bemerkenswerte Koinzidenzen herauf, Koinzidenzen und nichts anderes. Aus: Fernand Deligny: Eine einzigartige Ethnie. Natur und Macht und die Natur der Macht.
Ein Geschenk von Herbert j. Wimmer, der mir schrieb: „fritz von herzmanovsky-orlando hat einmal (meiner erinnerung nach) ein frühes experimentelles gedicht aus der vielmaligen wiederholung der zeile: k.u.k.militärschwimmschul / k.u.k.militärschwimmschul / k.u.k.militärschwimmschul / k.u.k.militärschwimmschul / k.u.k.militärschwimmschul / k.u.k.militärschwimmschul gemacht. (= später monarchismo-dadaismus).“
„Think of Yeats’s line ‚in the foul rag and bone shop of the heart‘; the fact that the phrase ‚rag and bone shop‘ means what it means and includes the words ‚rag‘ and ‚bone‘ is a mere accident, but no other phrase would have the same force in association with ‚of the heart‘. It is a stroke of genius, and it is, I think, untranslatable. (Of course, you can never be really sure anything is untranslatable, because some translator might actually find a brilliant solution for it. I’ve seen it happen again and again.)“ Paulo Henriques Britto im Gespräch mit Steven J. Fowler.
Plessner schreibt, Vernichtung soll nicht Antwort auf Verwechslung sein. „Sie (die Replik) darf eine Verwechslung nicht etwa mit Vernichtung beantworten. Ein verwechselnder ‚Griff nach der Giftflasche, der den Tod des Trinkenden herbeiführt, der Irrtum des Schützen, der Kreislauf des Verdurstenden in der Wüste sind Fälle, in denen das Komische nicht aufkommen kann, weil eine so mächtige Rückwirkung in keiner ästhetisch angemessenen Beziehung zu der schwachen Provokation steht.'“ [Entscheidend sei die Angemessenheit der Replik auf die in sich unangemessene Provokation, insofern will man, dass sie ritterlich ist.] Allerdings, räumt Plessner ein, „gibt es eben auch Fälle, in denen man eines komischen Todes sterben kann“, und erwähnt einen Piloten der mit großer Geste direkt gegen die Wand fliegt und mit seinem Flugzeug dort zerschellt.
It’s like you just remember the punch line – “Ah! Horses”, “Ah! Witzbuch” Hahaha you’re al absoconditus. I talked to saint paul about it hand he answered: katechômen tên hologian tês elpidos. So I guess there is some hope, after all.
Was ist die Magna Charta of stupidity? Laut Sterne: eine Trennung von wit and judgement, die seiner festen Überzeugung nach gleichgestellt seien. „Denn es entspricht seinem judgment, den wit für etwas einzusetzen, was sich dem judgement und folglich dem diskursiven Einholen verschließt“, so Iser in seinem Buch: Laurence Sternes „Tristram Shandy“.
Sie lebten glücklich und zufrieden mit ihren schlechten Gedächtnissen in einem Verhältnis verhinderten Ernstes. Wir wollen die beiden preisen.
An dem Hummer essenden französischen Arbeiter oder dem Volksfest vom 14. Juli schimmert „ein gewisses Später auf, wo das Geld nicht mehr um die Güter bellt oder in ihnen wedelt“. Er betet auch nicht das Abrakadabra der unmittelbaren Einheit von Theorie und Praxis nach. Auf die Frage „Soll man tun oder denken?“, antwortet er: „Keinen Hund, sagt man, lockt die Philosophie hinterm Ofen hervor. Aber wie Hegel dazu bemerkt, ist das auch nicht ihre Aufgabe. Und sodann könnte die Aufgabe die Philosophie auch ohne diese Aufgabe bestehen, aber nicht einmal diese Aufgabe ohne Philosophie. Das Denken schafft selbst erst die Welt, in der verwandelt werden kann und nicht bloß gestümpert.“ So zitiert Adorno aus Ernst Blochs Buch „Spuren“, in „Noten zur Literatur“ II, Seite 150.
Smiling creates a felicité à deux similar to and also different from that created by the enjoyment of sexual intercourse. In sexual intercourse the behaviour of each is a sufficient condition for the pleasure of each individual for himself and at the same time for the pleasure of the other. This dyadic interaction is inherently social inasmuch as the satisfaction of the self is at the same time the satisfaction of the other. Silvan S. Tomkins: Shame and its Sisters.
Aus „Der Dachs und die Füchsin“, Hier zu finden, in einem Essay von Elke Erb über den Fabeldichter Handrij Zejler (1804 – 1872) Dichter, evangelischer Pfarrer, Publizist. poetenladen.de. Ich danke Christian Filips für den Hinweis.
Das sei eben das arme Bewusstsein.
Foucault fragte (auf Französisch): „Was bin ich denn nun eigentlich, ich, der ich zu deiner Menschheit gehöre, zu dieser Franse, zu diesem Moment, zu diesem Augenblick von Menschheit, der der Macht der Wahrheit im allgemeinen und der Wahrheiten im besonderen unterworfen ist?“
Als die Kälte nachließ, taute der Dank mir langsam entgegen, in tauenderlei soeben erst verflüssigten Facetten. Ich drehte die Heizung auf, so dass es dampfte. „Uffguss“ schrie der Verwalter der Wetterlagen, denn diese waren beträchtlich – ja beträchtlich und überdacht.
O O O zur Verkörperung der Indiskretion braucht es nichts als die Entnahme des O’s, und man erhält den Indiskretin. Und ich erinnere mich daran, in Jena im Botanischen Garten eine am Boden wie kauernde Mimosa Pudica gesehen zu haben. Die deutsche Übersetzung lautete: Schamhafte Sinnpflanze. Das macht den Indiskretin zu einem Anwalt des Sinns – und den Unsinn zu einem diskreten und taktvollen Wesen mit schönen Schuhen.
Dionysisch – das antike Vasenbild zeigt den servierenden Eimer, äh nein, einen sich nahenden den Eimer servierenden Jüngling, nur war dies wohl etwas unleserlich auf einer Postkarte notiert. Denn das Wort Ausschankfestspüle ist mir neu.
Sie lasen alle Hesse. Ohne Ausnahme lasen sie Hesse. Has Hesse putte Spelle on You? Vermutlich. Sie lasen nach wie vor alle Hesse, erwähnten allerdings auch den ein oder anderen Expressionisten, sowie, außer Konkurrenz: Gogol.
Durch die Glasfassaden sichtbar wird der ganze Glamour der Verwaltung: Und das sind unsere Highleitz! In den Ecken bezeugen Topfpflanzen in aller Stille applaudierend die Großartigkeit des sicher abgelegten und stets wieder auffindbaren Spektakels.
Was Dali sehr gerne tat: Eine seiner Lieblingsbeschäftigungen war es, nicht essbare Dinge, wie Gebäude, Pfarrer, Uhren in essbarere Dinge zu verwandeln, merkt E. Lenk an und verweist zudem auf eine Passage aus Adornos Negativer Dialektik, die sich der Analogie des Systemdenkens mit der Verfressenheit widmet.
So nannte Mirko Bonné auf dem Podium des Freiburger Literaturgesprächs eine seiner Figuren aus dem Buch „Nie mehr Nacht“. Unterwelthausmeister haben sicherlich auch dazugehörige Kittel und Hunde. Einer meiner Schulhausmeister trug übrigens den Nachnamen Frevel.
In der Weimarer Fürstengruft befindet sich ein leerer Schillersarg neben einem Sarg voller Goethe. Welche Rolle spielte die Tapete? Eine Untersuchung von Tapetenresten aus Schillers Arbeitszimmer förderte eine hundertfach höhere Schwermetall-Belastung der Luft mit Blei und Arsen zutage als in einem heutigen Industriegebiet. Das klingt doch sehr nach einer eher unklaren Datenlage.
Was macht das Brot in der Nacht, das Brot in der Nacht, das Brot in der Nacht? Das Brot macht sich ein Messer! Hierzu auch: „Um die Provokation (die in dem Plan bestand, einen Schaukelstuhl über und über mit Bechern voll heißer Milch zu bedecken, M.R.) noch weiter zu treiben, erklärte Dali ein ganz gewöhnliches französisches Baguette zum Kunstwerk. Das Brot soll aufhören, nützlich zu sein und zu einem Luxusgegenstand werden. Er nennt sein Brot, das sich vom normalen Brot nur durch seine Größe und dadurch unterscheidet, dass es nach Art eines Denkmals aufrecht steht, „antihumanitär, aristokratisch, ästhetisch, paranoisch, sophistisch, jesuitisch, phänomenal und lähmend“.“ Soweit eine Passage aus: André Breton, Louis Aragon und Salvador Dali. Oder: über die Poesie, die Polizei und das Geld, abgedruckt in: KRITISCHE PHANTASIE, von Elisabeth Lenk.
So gehen Mimosen vor. Ich las dies im Botanischen Garten zu Jena. So helles Licht. Und jetzt werde ich gerade so müde. So müde. Was ist das denn nur? Reicht es denn schon, das Wort „Schlafbewegung“ nur zu lesen? Könnte sein. Ich muss mich hinlegen.
Sagte Angelika Meier auf dem Podium im Zusammenhang mit ihrem Buch „Heimlich, heimlich mich vergiss“, im Rahmen der Konferenz Zukunft, nein Zukünfte der Literatur. Es handelt sich um ein sehr gutes Buch, übrigens.
So schreibt Helmut Höge in der Anmerkung 1 in seinem soeben im Verlag Peter Engstler erschienenen Buch über ELEFANTEN: „Später, als ich ebenfalls eine kleine Sammlung von Elefantenbüchern besaß, las ich, dass Elefantenforscher, wenn sie im „Feld“ abends am Lagerfeuer zusammensitzen, gerne zur Gitarre greifen und Lieder singen. Ist eine Elefantenherde in der Nähe, kommen die Tiere leise näher und hören zu. Statt von Zuhören könnte man hierbei auch von einem Zurückforschen sprechen.“
Die Leidenschaften, die Fourier als die Triebkräfte der neuen Ordnung beschreibt, haben fast fetischistische Züge: sie heften sich ans Detail. Der Fanatiker der Butterbirne ist dem Anhänger der festen Birne spinnefeind. In dieser Leidenschaft fürs einzelne, der Empfindlichkeit für Nuancen gleichen die genossenschaftlichen Zukunftsmenschen Fouriers dem aristokratischen Dandy, der als lebendiger Protest gegen Banalität und Mittelmäßigkeit des bürgerlichen Lebensstils zu seiner Zeit aufgetaucht war. Aus: E. Lenk: gegen das Verdikt über Phantasie als Phantasterei. Einleitung zur deutschen Ausgabe der Theorie der vier Bewegungen von Charles Fourier.
Aus der Ankündigung zum mystischen Lesebuch vom Kochen und Gekochtwerden: Der Pfad der Kichererbse. Ich kann es wohl kaum empfehlen. Habs auch nicht gelesen.
Das körperliche Lachen ist entweder nur Folge des geistigen, und dienet dann ebensogut dem Schmerze der Zornwut, des Verzweifelns u.s.f., oder es entstand ohne den erregenden Geist, dann ists nur schmerzlich; z.B. das Lachen bei Wunden des Zwerchfells, bei Hysterie, selber bei Kitzel. Übrigens kann dasselbe Glied ganz verschiedenen geistigen Bewegungen enachfolgen: dieselbe Träne hängt wie Tau an der Freude, wie Gewittertropfen am Schmerze, wie Giftschweißtropfen am Zorn, wie Weihwasser an der Bewunderung. Die Lust am geistigen Lachen aus dem körperlichen erklären, hieße das süße elegische Weinen aus dem Reize der Augen-Ausleerung quellen zu lassen. Jean Paul: Quelle des Vergnügens am Lächerlichen, in Vorschule der Ästhetik.
sêma of his youthful theft – hier geht es um den jungen Hermes, der einige Stücke des Opferfleisches der von Apollo gestohlenen Rinder der hochüberdachten Scheuer aufsteckt, als Zeichen seines jugendlichen Diebstahls, ein Zeichen für wen? Für Apollo, der es nie sehen wird? Für Hermes selbst? „There could be no meat from which to make the token [sêma] if Hermes had eaten; therefore, the token must carry with it the meaning „meat-not-eaten“ and with that the memory of appetite restrained, the belly denied in favor of something else. In this line it is useful to know that in Homeric Greek the word sêma belongs to a group of related words, a semantic cluster that includes the word for „mind“ (nóos) and verbst that have to do with noticing, recognizing, interpreting, encoding, and decoding. Nóos and sêma go together; you don’t get the one without the other. You don’t get a sign without a mental faculty to encode and decode its meanings. My suggestion, then, is that this „sêma of his youthful theft“ marks the move from incarnate life (meat one actually eats) to symbolic or mental life (meat made to stand for something else). It marks that transition and stands for that transition.“ Aus: Mischied, Myth and Art. Trickster Makes This World. Von Lewis Hyde.
In unserer Gallerie für Allergien stellt in diesem Monat Paul Valéry seine Aversionen aus.
Die Dinge werden wieder größer, doch was ist damit gewonnen? Die Dinge werden sich entblößen, doch wer ist damit gemeint? Ich habe gestern nächtelang geweint, in Kenntnis der Meringuen. Sie meinen die Erynnien? Nein, ich sag schon, was ich meine, also mit großer Kahlweinlichscheit meine ich schon Meringuen.
Jeder kann Proband sein. Aber nur einer bekommt keine Geräte. Zerdehnte. Kamente. Stoffe. Bänder. Wie heißt das denn, was man an den Menschen festmacht? Gefühle? Nein. Gurte? Gestelle? Ein Gestell ist keine Substanz. O sind Sie da wirklich ewig sicher? Ich rechne es um und flöße es Ihnen ein, das Gestell. Moment, ich bin aus der Placebo-Gruppe. Gut, dann nicht. Dann singe ich Ihnen das Lied von der zu ermittelnden Blindheit gegenüber den eigenen Versuchsfeld: Mittelblind sitzt er in sich hin und horcht. Der Placebo-Proband. Der so so so so horchende Placebo-Proband. (Ich begleite mich selbst am Banjo, übrigens.) Der Placebo-Proband. Oho. oho. oho. Der so so so so horchende Placebo-Proband. Oho. Der von der Wirkung ganz verschonte, die aber als bdrohte dank seiner besonderen Suggestibilität dennoch rechtzeitig eintrifft, also nicht ausbleibt. So dass alles plastisch wird. Das Gewesene und das Nichtgewesene, alles praktisch verkörpert.
Zwanzig davon jeden Tag und die Wahrheit steht auf hochgereizten Muskeln, sie pumpt. Füße aus Ton. Tonschuhe. Turnschuhe, to turn on your heels.
Mit Schuften und Schalmeien, mit Schluchten und glaubt doch nicht ihr sagt Ja, indem ihr Nein sagt. Jaja. Nein, nein. Und singt die Seele? Sinkt die Seele dem unter der Marter befragten Körper hinzu? Wer weiß. Ohne diese Glatze hätte er es niemals zum weltbekannten Philosophen gebracht, sagte A., und nahm dies kurz danach zurück. Ich erwähnte sofort den ehemaligen französischen Nationaltorwart Fabien Barthez – und nehme dies hiermit auch wieder zurück. Sorge um sich. Sicher umsorgt.
So viele verruchte Halbsäuren von gemeinen unedlen niederträchtigen Metallen – deren Wesen ist allerdings befristet, berichtet Schlegel in seinem Aufsatz „Über die Unverständlichkeit“. Fröhlich begrüßt er die Aussicht, dass man im 19. Jahrhundert werde Gold machen können, so Girtanner, und diese stünde ja nun schon kurz bevor. „Mit löblicher Sicherheit und mit einer interessanten Erhebung sagt der würdige Mann: Jeder Chemiker, jeder Künstler wird Gold machen: das Küchengeschirr wird von Silber, wird von Gold sein. Wie gern werden nun alle Künstler sich entschließen den kleinen und unbedeutenden Überrest vom 18. Jahrhundert noch zu hungern, und diese Pflicht künftig nicht mehr mit betrübtem Herzen erfüllen; denn sie wissen, dass teils noch sie selbst in eigner Person, teils aber auch und desto gewisser ihre Nachkommen in kurzem werden Gold machen können.“ Dann habe es auch ein Ende mit dem Verschlucken von Halbsäuren von gemeinen unedlen niederträchtigen Metallen. Ja.
„Erinnern wir uns an Heinrich Heines bekanntes Bonmot, dass man ‚Freiheit, Gleichheit und Krabbensuppe‘ über alles schätzen sollte. ‚Krabbensuppe‘ steht hier für all die kleinen Freude, in deren Abwesenheit wir (geistige, wenn nicht reale) Terroristen werden, die einer abstrakten Idee folgen und sie der Realität aufzwingen, ohne auf die konkreten Begleitumstände zu achten.“ Slavoj Žižek: Lubitsch: Poet der zynischen Weisheit? In Neue Rundschau, 124. Jahrgang, 2013, Heft 4.
Betrachten wir diesen Kaffeehauskellner. Er hat rasche und sichere Bewegungen, ein wenig allzu bestimmte und ein wenig allzu schnelle, er kommt ein wenig zu rasch auf die Gäste zu, er verbeugt sich mit ein wenig zuviel Beflissenheit, seine Stimme und seine Blicke drücken eine Interessiertheit aus, die ein wenig zu sehr von Besorgnis um die Bestellung des Kunden in Anspruch genommen ist. Dort kommt er zurück und versucht durch seine Art zu gehen, die unbeugsame Härte irgendeines Automaten nachzumachen, während er gleichzeitig sein Tablett mit einer Art Seiltänzerkühnheit trägt, wobei er es in einem fortwährend labilen und fortwährend gestörten Gleichgewicht hält, das er mit einer leichten Bewegung des Armes oder der Hand fortwährend wiederherstellt. Seine ganze Verhaltensweise sieht wie ein Spiel aus. So Sartre in „Das Sein und das Nichts“; zitiert nach Russell Grigg: Die fröhliche Kunst Ernst Lubitschs, aus der Lubitsch gewidmeten Ausgabe der Neuen Rundschau, schönes Heft. Schönes Heft. 124. Jahrgang. 2013.
Wolfgang Paalen (1905 – 1959) ist der Surrealist für Tümpel und Buschwerk. Von ihm stammt auch eine aus Geflügelknochen zusammengesetzte Duell-Pistole. Für die Exposition Internationale du Surréalisme im Frühjahr 1938 in der Galerie Beaux-Arts in Paris füllt Paalen einen Seerosenteich, genannt „Avant la mare“ und fügt Schilf, Efeu, nasses Laub und feuchte Friedhofserde hinzu. Auf der Internetseite des Wiener Belvedere sind einige instruktive Videos zu sehen, die anlässlich der Retrospektive 2019/2020 entstanden sind. Sein Geburtshaus: Linke Wienzeile 38.
I am even the natural fool of fortune. Use me well. You shall have ransom. Let me have surgeons. I am cut to th‘ brains. So King Lear.
Verwirrung ist nicht mehr länger das Ziel. Ich sehe die Entmächtigung der Sprache als Instrument der Analyse durch ihren euphemistischen Gebrauch, und die Ermächtigung der Sprache zur Reduktion von gesellschaftlicher Komplexität zugunsten irgendwelcher ausgedachter Verfestigungen, die gerne in Vergangenheit verlegt werden, um sie mit Autorität auszustatten. Wie müssten Gedichte sein, um dem entgegenzuwirken?
Eine von vielen Übersetzungen für die Shakespeare-Zeile „in the rearward of a conquer’d woe“. Andere Varianten: als Nachhut weichender Bedrängnis; im Geleit von Schmerz, der schon verwunden; im Nachzug überstandner Not; im späten Nachgang ueberwundnen Leids. („Wasserzeichen der Poesie“.) – Aber der Nachtrab! Sodass am frühen Morgen kompakte Tiere auf Hufen vorbeitrabten, in der Ferne verschwänden und ganz leicht, unter dem Fuß, pochte die Gegend, indem sie sich endlich wieder erweiterte.
Untertitel zum Kapitel: Der Mensch und seine Landschaft, in Döblins Abhandlung „Das Ich über der Natur“ aus dem Jahr 1927. „Wie verhält sich die Landschaft zu dem Menschen oder zu den Menschengruppen, die auf ihr siedeln, mit ihr leben? Obwohl, mit der gewöhnlichen, linearen Zeitvorstellung betrachtet, der Mensch ein sehr altes Produkt der Erde ist und die Erde nicht imstande wäre, ihn jetzt zu erschaffen, wirkt sie noch dauernd auf ihn. … Es quellen dauernd Hilfsseelen, umbildende seelische Elemente, aus der Nahrung, im Umgang mit den Tieren, den Bäumen, den Elementen. … Dieses Saugen der heimatlichen Landschaft an dem Menschen. Der Boden will sie wie Pflanzen in sich hineinziehen.“
Versteinerte Bläschen, haben Sie die gesehen? Und den Gedankensturm? Da hinten? In dieser „Birne“, Birne übrigens mit deutlichen Anführungszeichen, gymnastischen Anführungszeichen, wie sie auch genannt werden, unter der Hand der Grammatiker.
Es senkt sich das Narrentief über die Stelle wo Realgeschichte und Triebgeschichte aufeinandertreffen, pioneers of post-rational politics steigen von ihren Ponys und bauen matters of opinion um zu matters of fact, leicht verspätet tritt die Sequenz hinzu, to prevent everything from happening at once. Jedoch: life is not a paragraph And death I think is no paranthesis. (e.e.cummings)
Hier müssen endlich wieder Geschichten erzählt werden. Nein, müssen sie nicht. „In life, most people would regard it as futile to guess one’s future by figuring what would make an effective story and would smile at someone who imagines himself invulnerable on a given occasion because otherwise his life would make no sense, but in reading literature this way of thinking is often justified and typically used. For this reason, we sense the artifice of time in narrative literature.” (Gary Saul Morson: Narrative and Freedom, 1994)
Gnuu – das ist die Schlüsselantwort, so die Dichterin Christine Lavant. Aber auf welche Frage? Auf diese: „Sie fragt heimtückisch: ‚Teufel oder Pfaffen?‘ / Ich sage blind die Schlüsselantwort: ‚Gnuu‘ / und viele staunen atemlang darüber.“ Ja, und viele staunen atemlang darüber. Manche staunen noch heute. (Lavant: Gedichte aus dem Nachlass)
Unklare Prädispositionen, vor der Erfindung des MRT, grunzen die Enten. Halali. Ein wandernder Eremit trägt schwer am Caravan der Einsamkeit. Trambahn hält. Kundiger, verkündige, was nur du verkünden kannst, den ganzen Rest lass weg. Wo habt ihr die Nadel versteckt? – Wir haben die Nadel in der Ente versteckt, in der Ente der Welt.
Bitte nennen Sie mir Alter abzüglich der Ente. Zwölf! Seltsam, abzüglich der Ente sind fast alle Menschen nicht viel älter als zwölf.
„Den Abschluss und zugleich den dramaturgischen Höhepunkt der ganzen Präsentation bildete ein ‚Hamsterbau mit zwölf Jungen‘. In einem massiven Erdblock waren angeschnittene unterirdische Gänge mit einer mit Körnern gefüllten Vorratskammer zu sehen, darin eine vielköpfige Hamsterfamilie. (…) Eine Europakarte gab das Verbreitungsgebiet des Hamsters an, Skizzen und anatomische Präparate machten auf die Besonderheiten der Hamster-Backentaschen aufmerksam, und ein mit Körnern gefülltes Standglas präsentierte sich als Darstellung eines authentischen Wintervorrats eines Hamsters. Dass ein Hamsterbau eine besonders günstige Umgebung für bestimmte Insekten darstellt, visualisierte eine Zusammenstellung von 53 Käferarten, die in einem Bau gefunden worden waren. Welche natürlichen Feinde Hamster haben, erklärte schließlich eine nachgestellte dramatische Szene, in der ein Hermelin einen jungen Hamster tötet. Das gesamte Ensemble war ein ‚biologisches‘ Hamster-Panorama par excellence.“ Susanne Köstering: Natur zum Anschauen. Das Naturkundemuseum des deutschen Kaiserreiches 1871 – 1914. Köln 2003.
Entschuldigen Sie, meine Frau vermisst das Ziegenmilchmangolassi! – und schon wird ein tagelang schweigendes Paar wieder zum eingeschworenen Team gegen die feindliche Umwelt des Wellnesshotels.
Zum Mitnehmen lag auf dem Heizkörper des grünen Treppenaufgangs des Portals 10 des Naturkundemuseums ein Buch mit 68 Abbildungen im Text, 92 Figuren auf 14 Tafeln und 10 Abbildungen auf 6 Beilagen in Mappe: Steinkonservierung.
„‚Die Zweideutigkeit‘ des Lebens als wahnbefangen und realitätstauglich, schreibt Foucault, ‚ist endlos reversibel und kann schließlich nur durch den Tod gelöst werden'“. (Werner van Treeck: Dummheit. Eine unendliche Geschichte.)
Kommt es infolge der Errichtung des aufgesockelten Beichtstuhls zum Klangschalenaufguss? Wird sich die geheime Gebrauchsanweisung des Ölzylinderfundaments offenbaren? Werden Falter mit der Übertragung betraut? Wird die Armee der unverstärkten Liedermacher die Errichtung der Schleuse verhindern? Was haben die weißen Pfauen damit zu tun? Und wer wartet indes tagelang in Hamm auf den verpassten Anschluss?
Was von den Reisen bleibt: „Vor dieser Mischung aus verstaubten Phantomen und ungeduldigen Gören – der höchste Lohn für so viel Mühen, Sorgfalt und Arbeit – nahmen wir uns das Recht heraus, einen Schatz von Erinnerungen auszupacken, die auf einer solchen Sitzung auf ewig zu Eis erstarrten und die sich, während man im Dämmerlicht sprach, von einem loszulösen und eine nach der anderen wie Kieselsteine in die Tiefe eines Brunnens zu fallen schienen.“ So sah die Rückkehr aus. (Claude Lévi-Strauss: Traurige Tropen. Übersetzt von Eva Moldenhauer)
“On one occasion they had brought home a high-quality pie from ‘some superior delicatessen.’ The pie was set down on the kitchentable as they entered, but when suppertime arrived, there was no sign of it, and its disappearance was never solved. From then on, whenever something became mislaid, they would say it had probably ‘Gone to Pieland’.” (Aus dem Vorwort zu Iris Murdochs Roman “A Fairly Honourable Defeat”, von Peter J. Reed.)
„Der Minute entgegensehen, die nicht weiß zu vergehen hieß ganz draußen stehn, fern des linearen Geschehens, hieß die langwierige Reparatur / der Mechanik eines Zeigers.“ (Sema Kaygusuz: Schwarze Galle. Aus dem Türkischen von Sabine Adatepe.)
Stürzte herab den Katarakt der infiniten Fragen, in allen Verlaufsformen der Rage und schrie schließlich, ganz tief auf den Grunde gekommen: Gnuhiu!
„Es war drei Uhr nachts, aber im Sommer, und schon halb hell. Da erhoben sich im Stall des Herrn von Grusenhof seine fünf Pferde Famos, Grasaffe, Tournemento, Rosina und Brabant.“ (Kafkas Tagebücher, 27. III 14) Siehe auch: die Sammlung Ausdrucksstarker Pferdenamen [SAP].
„Nichts geschrieben. Weltsch bringt mir Bücher über Goethe, die mir eine zerstreute, nirgends anwendbare Aufregung verursachen. Plan eines Aufsatzes ‚Goethes entsetzliches Wesen‘. Furcht vor dem zweistündigen Abendspaziergang, den ich jetzt für mich eingeführt habe.“ (Aus Kafkas Tagebüchern, 31. I 12)
Strindberg steht auf, geht, von Gewissensbissen überfallen, durch die schreckliche Rue de la Gaieté, wo die gemachte Lustigkeit der Menge ihn beleidigt, durch die düstere, schweigsame Rue Delambre, eilt nach dem Boulevard Montparnasse und wirft sich vor der Brasserie des Lilas auf einen Sessel, wo kurz darauf, sehr zu seinem Missfallen, Studentni mit ihren Kokotni parataxeln.
Die Krause Glucke, Sparassis Crispa, mit einem Pinsel von Tannennadeln und Waldboden befreit, in Butter gedünstet, mit Wermut abgelöscht, gesalzen, gepfeffert, zu Geflügel gereicht.
„Eines Tages endet die zerstreute Lebendigkeit dieses Kribbelns / Eins Bleibt in langen Büchern die Erinnerung an unser Großes Frieren.“ Die letzten beiden Zeilen des Gedichte „Das Große Frieren“ von Turgut Uyar, Cok Üsümek, übersetzt von Uta Schlegel.
Weil die Bevorzugung Einzelner zur Verschlechterung führt, beginnen wir zunächst mit dem Boarding für unsere Priority-Passagiere und Inhaber der Gold-Card. Alle anderen Passagiere bleiben bitte noch sitzen, und der schmerzempfindliche Glibber, in den alles eingemacht ist, ersteht aus dem Marmor, verlegt sich, versetzt die lieben Kniegelenke in Panik.
„Gewiss ist das Austoben der eigenen Affekte dabei in erster Linie anzuführen, und der daraus resultierende Genuss entspricht einerseits der Erleichterung durch ausgiebige Abfuhr, andererseits wohl der sexuellen Miterregung, die, darf man annehmen, als Nebengewinn bei jeder Affekterweckung abfällt und dem Menschen das so sehr gewünschte Gefühl der Höherspannung seines psychischen Niveaus liefert.“ (Freud: Psychopathische Personen auf der Bühne)
Dass es gerade noch so geht. Aber der Boden scheint zu schwanken, auf dem er steht. O Hüftgelenk, o Lendenschurz, o bittersüße Fügung.
Der transparente schmerzempfindliche Glibber, worin ich das Flugzeug nicht fand, steht nun in den Bronchien, umhüllt die Broncho-Klause, den Bronchien-Saurus. Wie war das Licht? Hell. Und der Boden marmorglatt, happitalistisch und hart. Überall feuergefährliche Liquide: Destillate, Hochprozentiges, Parfums. Und die Kaviarbar! Die kaviarfahrbare Kaviarbar! [Flughafen Atatürk]
„Niemand beichtet gern in Prosa; Doch vertraun wir oft sub Rosa / In der Musen stillem Hain.“ Keine ungereimte Beichte? Heimlich mit geschlossnen Augen, vor der Menge abgespartem Tadel, ihrem einbehaltnen Lob, eine kleine Weile schweigsam sein. Lass indes die Augen zu.
Um einen langen Brief zu beenden, schrieb Iris Murdoch am 16. August 1942 aus London an Marjorie Boulton, eine Esperanto-Expertin: „I must go now. (I am going to the Zoo this afternoon, chiefly to see the zebras – I have an intense occult passion for Zebras.) Write when you feel inclined and let me know how life treats you.”
Hinzutritt die Vervielfältigung des Ungesagten durch das Weglassen des Kontextes. Ich kann nicht zurückblättern, um mich darüber zu informieren, wer denn nun mit dieser zweiten Person gemeint sein könnte. Das bleibt in den meisten Fällen ungesagt – aber stört auch nicht weiters. Ein hochnervöser Wind mit ballonförmigen Griffen, und unklare Agenten der Identifikation. Mit jedem Umblättern, weiß ich nicht – – – – weiß ich nicht mehr, wo ich mich befinde. Bodenlose Tauschprozesse, auch wenn lexikalische Bedeutungen größtenteils bestehen bleiben. Jetzt kommt der Herr mit dem Sparschäler und Gurke – – -wird – – Palme.
„Mehr als Schein aber und zur ganzen Wahrheit wird es, weil, kraft des sprachlichen Ausdrucks der guten Müdigkeit, noch über der Versöhnung der Schatten der Sehnsucht bleibt und selbst der des Todes: dem ‚Warte nur balde‘ wird mit rätselhaften Lächeln von Trauer das ganze Leben zum kurzen Augenblick vor dem Einschlafen. Der Ton des Friedens bezeugt, dass Frieden nicht gelang, ohne dass doch der Traum zerbräche.“ (Adorno zu Wanderers Nachtlied.)
Die Frage sei, so Blumenberg, ob (der tote, mineralisch in der von ihm angelegten Wirkungsgeschichte versteifte) Goethe, „aus dieser Schlinge des ihm Abgehörten unter Missachtung der Eckermannhaftigheit herauszuziehen sei. Es ist die Inszenierung seiner Versteifung über die Todesstarre hinaus.“
„In den hier vereinten Kapiteln versuche ich also genau das: etwas besser zu sagen, was ich bereits gesagt habe – und ein bisschen mehr. Das Buch ist daher eine Art Hommage an den esprit d’escalier, der uns alle mit unterschiedlicher Heftigkeit heimsucht. Soweit meine Entschuldigung.“ (Eduardo Viveiros de Castro: Die Unbeständigkeit der wilden Seele, übersetzt von O. Precht)
„In den Texten findet das polnische Gendering Anwendung: alle für alle Geschlechter notwendigen Buchstaben in gefälliger Reihenfolge ans Wortende, z.B. ‚dier Bundespräsidentni‘“. (Ann Cotten: Fast Dumm. Essays von on the road. Herausgegeben von Manfred Rothenberger in Zusammenarbeit mit dem Institut für moderne Kunst Nürnberg. starfruit publications, Fürth 2017.)
Discuss im Kontext von Halm-Auftritt: Das Ende der Identität. Die Halme. Dies ist, was der Halm denkt. / Das ist, was er verschweigt. Dies bleibt / leider dies. Halm-Identität muss an ihr / Ende kommen. Halm. Halm. Halm. Halm. / Alle Halme sind verdammt // nochmal anders. // Jetzt: Die Frauen
Was ist negative Idealisierung? Das ist: Wenn ich Dich gelten lasse, akzeptiere ich ein Ich-Ideal, das mich vernichtet. (Besser nicht.)
„Dieses anmutige Wegspülen aller logischen Bedenken und dies Entrücken in eine Konvention übereinanderpurzelnder Begebenheiten, in der das Schicksal des Einzelnen bei einem Chorus von Passanten die unwahrscheinlichste Teilnahme findet, dies Aufheben aller sozialen Unterschiede zum Zweck der musikalischen Eintracht, und diese Promptheit, mit der der Vorsatz eines Abenteuerlustigen: ‚Ich stürz mich in den Strudel, Strudel hinein‘, von den Unbeteiligten bestätigt und neidlos unterstützt wird, so dass die Devise: ‚Er stürzt sich in den Strudel, Strudel hinein‘ lauffeuerartig zu einem Bekenntnis der Allgemeinheit wird – diese Summe von heiterer Unmöglichkeit bedeutet uns jenen reizvollen Anlass, uns von den trostlosen Möglichkeiten des Lebens zu erholen.“ (Karl Kraus)
„Und in der Operette Offenbachs tritt nun die bürgerliche Dreieinigkeit des Wahren, Schönen, Guten neu einstudiert zur großen Nummer mit Musikbegleitung auf dem Trapez des Blödsinns zusammen. Wahr ist der Unsinn, schön die Dummheit, gut die Schwäche.“ (Walter Benjamin)
„Das ist ja das Geheimnis Offenbachs: wie mitten in dem tiefen Unsinn öffentlicher Zucht – es sei nun die der oberen Zehntausend, eines Tanzbodens oder des Militärstaates – , der tiefe Sinn privater Unzucht ein träumerisches Auge aufschlägt.“ (Walter Benjamin)
„Wenn expressive Eigenschaften eingesetzt werden, um Zorn oder Ironie auszudrücken, so handelt es sich offensichtlich um Information, und ein solches verbales Verhalten kann – trotz Chatmans kühne Vergleich – nicht mit einer nicht semiotischen, ernährenden Tätigkeit wie etwa ‚Grapefruitessen‘ verglichen werden.“ (Roman Jakobson)
What does she think she looks like? Essay and Talk by Rosmary Hill auf den Seiten von LRB.
Rosmary Hill: „My thoughts about women and their clothes, how they wear them and also how they write about them, led me to Virginia Woolf and the term she coined: ‘frock consciousness’. On 6 January 1925, at the beginning of her diary for that year, she wrote: ‘I want to begin to describe my own sex.’ That thought recurs in the diary as the months go on and it is cast, increasingly, in terms of clothes. ‘My love of clothes interests me profoundly,’ she wrote. ‘Only it is not love; and what it is I must discover.’ This was the year Woolf published Mrs Dalloway, which brought her to literary prominence; the previous year she had sat for her photograph in Vogue. For that she chose to wear a dress of her mother’s, which was too big for her and long out of fashion. To plant it in the most famous fashion magazine in Europe was to make a statement, however ambiguous. And the experience of the sitting prompted a further thought: ‘My present reflection is that people have any number of states of consciousness: & I should like to investigate the party consciousness, the frock consciousness etc. These states are very difficult … I’m always coming back to it … Still I cannot get at what I mean.’“
„Das Bodenmosaik in vornehmeren Villen beinhaltete so realistisch dargestellten Abfall – Schneckenschalen, Olivenzweige, Fischgräten – , dass es ungereinigt aussah. Plinius d. Ä. kommentierte diese Technik so: ‚Der berühmteste Künstler in dieser Gattung war Sosos, der zu Pergamon den ‚ungefegten Raum‘ [asaratos oikos] auslegte – , den man so nennt, weil er die Essensabfälle auf den Estrichen und was man sonst wegzukehren pflegt, aus kleinen und verschiedenfarbigen Mosaiksteinchen so nachgebildet hatte, als ob man sie liegengelassen hätte.“ (Aris Fioretos)
Die leidet, die leidet unter den Fehlern, die ihr selber unterlaufen, und zwar: enorm. Es ist nicht ganz trivial, das zu verkörpern, immer muss man sich von dem Selbstgemachten trennen und verstummen.
„Wang Shuhe’s Mojing sets forth straightaway, in the opening section of the very first volume, the core vocabulary of the language of the mo – a list of twenty-four major variations. [..] A faint mo is extremely soft and thin; a weak mo is extremely soft, sunken and thin; a thin mo is small, but more prominent than faint; a soft mo is soft floating and thin. Qualities thus defined themselves and each other, clustering closely, and differing by fine, gossamer veils of sensation, subtle shades of faintness, weakness, softness. [..] The rapid mo was a relative of the slippery, the rough mo resembled the halting.” Aus: Shigehisa Kuriyama: The Expressiveness of the Body and the Divergence of Greek and Chinese Medicine.
„Why speak of the soul?“, fragt Lisa Robertson. “Capital isn’t secular. I have heard ‘internally’, the compound word ‘videosoul’. This word says to me that the soul is not proper to the person, but that the soul is a representation, a tracery (like thepolitical), which produces its own intuitions about experience and history. A representation that admits uncertainty as part of its structure can improvise knowledge. ‘Videosoul,’ this spurious agency, oversteps the assigned invisibility and privacy of interior space. It’s a perceiving perfume that temporarily rejoins intuition and vision. Like melancholic phantasy, it combines the received media to make something free.” In: Perspectors/Melancolia, in: Nilling, Prose Essays.
Die Felsen seien Stöpsel, das Hotel unvorhersehbar, entlang der heißen Wasseradern gebaut und lang verlassen, darin illegales Glücksspiel, das stets nur einer gewinnt. So in etwa beschrieb es Aira, aber er beschrieb es natürlich besser, viel besser.
Dieser Begriff bezeichnet, so schreibt Aris Fioretis in „Wasser, Gänsehaut“, Gedichte, die davon handeln, vor einer verriegelten Tür zu stehen.
„Wenn ich mich einmal zusammengerissen habe, wo versteckt sich das vormals Un-Zusammengerissene?“, fragt Luise Meier in MRX Maschine.
„Der schönste Begriff zum Thema Verdinglichung ist Adornos ‚sedimentierte Geschichte‘ – er fesselt das Denken wie eine Lavalampe. Mit dem Begriff des Sediments kommt in Bewegung, was neuerdings als Anthropozän missverstanden wird, in Wirklichkeit aber, wie Donna Haraway richtigstellt, Kapitalozän heißen muss und seit mehreren Jahrhundertern, wenn nicht gar Jahrtausenden herumweltet.“ MRX Maschine, von Luise Meier. Berlin 2018. Weitere Versionen des Anthropomemes, die Rosi Braidotti am 24. Mai 2018 im Haus der Kulturen der Welt per Slide ins Spiel bringt sind: das Chthulucene (auch Haraway 2015), das The Anthrobscene (Parikka 2015), das Plasticene (Macfarlane 2016), das Plantationocene (Tsing 2015) und das Misanthropocene (Clover & Spahr 2014).
„Der Jambus im Gattungssinne ist carmen maledicum, Schmähgedicht. ‚Das mit glühendem Eisen prägende Formgenie des Archilochos‘ (Borchardt) habe diese Form geschaffen, um die himmelsschreiende Ungerechtigkeit seines Schwiegervaters Lykambes, der ihm die Braut erst zusprach, dann aber um eines vornehmeren, reicheren Schwiegersohnes willen eidbrüchig wurde, wenn schon nicht zu rächen, so doch herauszuschreien, so gültig, dass sein Zorn in alle Zukunft noch spürbar ist. Die Epode ist mit einem Wort die aus dem Affekt geborenen Bewältigung des Affekts. Eines ihrer Grundmerkmale ist Ohnmacht oder (..) persönliche Betroffenheit. ‚Die Zikade, am Flügel gepackt, singt lauter‘, so hat Archilochos selber seine peitschenden Jamben, die den Schwiegervater getötet haben sollen, als Notwehr gerechtfertigt.“ Aus Elisabeth Lenks Nachwort zu Rudolf Borchardts Jamben.
Man nähert sich taumelnd, über die Bruchkanten verschiedener Sprachen hinweg, it’s a Turtle, no a Dackel, was war es am Ende: An Opossum. The Famous Turtle Dackel.
Brechthaus, ein Flüsschen, kalter Ostwind, freundliche Leute, gut besucht: olso wannst heid wieda koana käm, wie beim letzten Mal, das war ja für mich pasönlich scho a Frusstration, also a persönlich, voar allem — — – und der Ostwind, ja, — — aber wanns die Leud dann doa sinn, dann bleibenst auch, wegn da Kältn – — – ja das iss ooo widda woarrr // Die Lesung war kräftig und Subadeh war sehr gut und geistesgegenwärtig, ich hab auch Maiglock gelesen, und es hat den Leuten gefallen, und rege Gespräche und Zwischenfragen — und eben gerade beim Bier nach der Lesung nur noch Herren, also: Buchhändler, Programmmacher, + noch einer davon, dann Moderator, Leiter der Kulturredaktion, Wirt, der woaß außerdem freibrufli Papier schöpft… Debreciner bestellt, Debreciner gegessen, Brot war alle – — was war da los war am Nachmittag, Klaus? – –
Ah, die Stimmen, ja ja, also, das ist ja was ganz andress dann, wenn man so die Stimme – – – also alle beide, ja, ja eben, das Feminine, der Flow, das Tischtennisturnier, 6 Wochen war mein ganzer Körper wie entzündet, aber ich hatte den Flow, von 1 uhr bis 7 uhr hatte ich den Flow, es war halt ein Turnier, aber ich kann das nicht mehr machen, aber der Mensch will ja auch jung bleiben … Schach? – – Nein Tischtennis! – – – Also, so eine Diashow-Lesung, nein, der Mensch muss sich zeigen! – – – Aber könnte eine Lesung ohne Gequatsche nicht auch….? – – – Nein, nein, der Mensch, der Mensch hinter dem Text, das ist wie bei Komponisten, äh Interpreten, bei, und daher ham wir ja auch den Moderator – – – das wollen die Leute – aber Jakobson hat – – – nein, nein, die Empathie, es brüscht halt so sich den Weg in Freiheit bei Ihnen, äh, der Rhythmus, der Sie ja auch wegreißt, das is Ihnen ja eine Freude, bei Ihnen, der Strom, also das Strömen – ja, aber das hat schon auch mit dem Rhythmus.. — – ja, eben, genau Rhythmus, also das ist ja auch eine Geburt — nein, aber das ist schon Arbeit – – jou, aber das iss eine Geburt ja scho auch, also Arbeit iss das ja scho….
Ah, noch an Achterl, nein, ich hab auf drei Aschern geraucht, ich rauch seit 2011 nicht mehr.. .. .. Und immer wieder nahmen Abschied Gäste des Wirtshauses, die auch auf der Lesung waren und sagten, in der Tür: Das war ganz, ganz toll, vielen Dank – – und die Runde dann: das war eben übrigens die taffeste Augsburger Sozialdemokratin, die hat sich mit der Mandy angelegt, unta andrem! Ja, unta andrem. Da gabs ja auch noch.. jaja. – – – Aber so ein Gedicht, das braucht ja auch eine Stimme, und der Thomas Bernhard, der hat ja auch Augsburg beschimpft, und Salzburg, eigentlich alles außer Warschau, und ja, Würstchen gäbs noch, aber es hat kein Brot mehr. Also Herr Wirt, morgen kaufen Sie dann mal Brot und Bier, Herr Wirt, wieso, Senf wär doch noch da, ja na, wir sind ja alle Mädels, alte Mädels, also wir alle, wissen Sie – und Sie kennen den Futscher? Ach, und den Hayer, den kennen Sie dann aah? Na, an Glas? An Glas hätt I dann nur, wenn Sie den Senf aufessen, dann hätt I aah an Glas – – – –
Dann wieder zurück in die Diakonie, in das konfessionelle Hotel hier, und es gibt doch im Keller ein Kaminzimmer, gibt es? Aber wo ist das? Auf Minus 2. Ich höre Stimmen. Und S. stemmte sich durch eine Brandschutztür und fragte die anwesenden Hänger, gibt es hier Alkohol? – und ja, es gab kleine Flaschen Shiraz… und ihre Gedichte gefielen mir sehr, auch war ich sehr froh, eine bayerische Diakonie nicht alleine nach Rotwein durchsuchen zu müssen, und das Publikum mischte sich ein, also, ich bin ja Journalistin, aber was Sie gesagt haben, das mit der Wut, das mach ich jetzt auch, und wenn man Sie hört, dann denkt man, man könnte ja alles machen. Kurzum: Literatur mit Wirkung. Und es rauschte das Flüsschen, wie ein sehr kalter, nasser und bewegter Gehweg.
„Wenn Sie mir gestatten bildlich zu reden, das Ich gleicht verschiedenen übereinander angezogenen Mänteln, die dem entliehen sind, was ich den Plunder seines Zubehörladens nennen würde.“ Lacan: Das Seminar II, Das Ich in der Theorie Freuds und in der Technik der Psychoanalyse (Übersetzt von H. J. Metzger), Olten u Freiburg 1980. Seite 200
Das Tentakuläre des Gedankens lehrt: Wer eh‘ nichts tut, der soll sich auch nicht fürchten. Angst will mir ein Schwungbrett sein, ein Schlüssel für die Tat. Gottesfluch, verlorenes Paradies, eine Maschine, die alles kopiert, sowie eine Leidende aus begüterter Familie, die dies für uns beschrieb.
Am Anfang steht die erste Tugend der chinesischen Kampfgrille: Wenn es Zeit ist zu singen, wird sie singen. Dies ist Zuverlässigkeit. Doch hört ihr das seltsame Modulieren, diesen tief traurigen Ton, der, eher heiser als klar, eher kräftig als matt, schwerlich Gnade auswärts fände – todangst wird mir dabei.
Auf ein Jahr ohne Sommer, in dem die Grillen verstummten, folgten viele so hitzige Jahre, als ob sie nur aus Sommern bestünden. Die Grillen sangen. Dies ist die zweite Tugend der chinesischen Kampfgrille: Wenn sie auf einen Feind trifft, wird sie nicht zögern zu kämpfen. Was aber, wenn der Feind sie selber ist? Das Knacken des Turmes ist zum Knacken der Knochen geraten, eine Baugrube aus Wachs steht im Garten, die dritte Tugend der Kampfgrilleverlangt: Selbst schwer verletzt, sich nicht zu ergeben. Dies wird Treue genannt.
Dennoch meine ich, das Fräulein singt sehr schön, so voll und biegsam, von nicht geringem Umfang, überzieht ihr Ton den durchwässerten Park. Wenn sie aber besiegt worden ist, singt sie nicht, sie kennt die Scham, das ist die vierte Tugend der Kampfgrille. Als im Stockfinstern für einige Sekunden alles erleuchtet schien und man sah, wie verrückt die Dichter an neuen Gedichten, die Maler wie verrückt an neuen Bildern, die Komponisten an ihren Noten, – – – tats einen Schlag, es war mit einem Mal die fünfte und letzte Tugend der chinesischen Kampfgrille da: Wenn ihr kalt ist, wird sie nachhause gehen. Sie ist weise. Sie erkennt die Wirklichkeit an.
Wirklichkeit wird es immer geben, doch keinen Ort und niemanden, der dorthin zurückkehren kann. Dann wird sich zeigen, wie alle Erdzeitalter vor den inneren Augen der Menschen und Schrecken, in gleißendem Licht, noch einmal, auf der Erde, werden und vergehen. Die Erde wird sich weiterdrehen, sehr viel leerer weiterdrehen. Tief und zitternd wie eine sterbende Löwin. Dennoch meine ich, das Fräulein singt sehr schön. [Gemacht mit: Insectopedia, von Hugh Raffles]
„Kehren die Kraniche wieder zu dir, und suchen zu deinen / Ufern wieder die Schiffe den Lauf? umathmen erwünschte /
Lüfte dir die beruhigte Fluth, und sonnet der Delphin, / Aus der Tiefe gelokt, am neuen Lichte den Rüken?“ Jetzt sag doch bitte, sonnt er sich, der Delphin?
Telefonat mit Nicholas Grindell in Sachen „Animal Sculpture“, der gerade vorschlägt, das entsetzliche Stainless Steel Horse, das der ehemalige Bahnchef Mehdorn auf undurchsichtige Weise vor dem Hauptbahnhof platzierten ließ, mittels einer psycho-telekinetischen Angriffswelle, ähnlich wie bei der aktivistischen Bewegung „Levitate the Pentagon“, also durch die Bemühung kollektiver Mentalkraft, aufzuheben, wegzuschweben und im naheliegenden Humboldthafen zu versenken. Smithonianmag.com: Fifty Years Ago, a Rag-Tag Group of Acid-Dropping Activists Tried to “Levitate” the Pentagon.
Den Vorhang in Fetzen herunterreißen, hier ist sie, die endgültige Definition von Transgression: „Anstrengend und ein bisschen eklig“.
Wie heiß es war, wie wir auf der Suche nach dem Internet die gute Zuflucht verließen und auf dem Marktplatz in Lychen saßen, es war so glühend heiß und wir versuchten die korrigierten Fahnen irgendwohin zu schicken… Wie oft waren wir doch gegen 16 Uhr 30 auf der Suche nach dem Internet und jeden Tag sagten wir: morgen nicht mehr, nein, morgen werden wir das Internet links liegen lassen.
Und musste an die Ausführungen von Mechtilde Christiane Marie Gräfin von und zu Arco-Zinneberg denken, die im Hausarrest 1939 unter dem Namen Mechthild Lichnowsky das Buch „Worte über Wörter“ schrieb, eine Stilkritik, die erst 1949 erscheinen konnte. Sie mokiert sich über Versuche den Begriff Identität einzudeutschen. „‚… wurde die Leichte eines Ertrunkenen gezogen, dessen Wesensgleichheit nicht festgestellt werden konnte …‘ Nicht ums Verrecken hätte der Mann ‚Identität‘ geschrieben, obgleich dieses böse, böse Fremdwort durch nichts ersetzt werden könnte, am allerwenigsten durch ‚Wesensgleichheit‘, denn es gehören zwei zur Wesensgleichheit, zwei die sie miteinander haben; keinesfalls kann einer mir nichts dir nichts mit seiner privaten Wesensgleichheit im Wasser liegen und erwarten, dass sich diese beim Herausfischen auch noch feststellen oder nicht feststellen lasse.“
Gut, oder? Es könnte das Dach sein oder der Dachs. Die matte Kälte spricht vielleicht für glanzloses Wellblech, womöglich rappelt und grollt es, wenn es stürmt. Oder aber: es ist doch eine Person. Der erfahrene Kneipendachs, seine Erschöpfung und Abkühlung (Coolness), seine matte Kälte, die den schlanken, einst so zugewandten Tresensteher seit Neuestem im Bann hält, ich sehe ihn schon, den ermüdeten Trinker, der sich nicht mehr für die anderen interessiert, auch das wäre eine Möglichkeit der Deutung. Dass die KI gleich mit einer solchen Doppeldeutigkeit eröffnet, hat mich schon sehr beeindruckt.
Wie kommen hier Dichtung und Jura zusammen – sehr intrikat, vielleicht etwas zu umständlich für meinen derzeitigen Geschmack, aber es gab früher schon manchmal syntaktisch mehrgliedrige Begriffe, vom Komma geteilt – und dass es ausgerechnet die Dichtung ist, die gewässert wird – das betrifft mich natürlich. Warum will man die Dichtung wässern (und dann ausgerechnet mit den angespritzten Rückständen eines Advokaten)? Weil sie zu salzig, zu trocken oder zu verdichtet ist? Doch von der Verdichtung kommt sie nicht, sie kommt ja vom Diktat.
Von der unanstößigen Welt sehnsüchtig und eifrig. Es gefällt mir, dass man die Welt in eine anstößige und eine unanstößige Welt unterteilen kann. Aber wie kommt die KI dazu? Funktioniert das vielleicht über den Wechsel von Mehrsilbig- und Einsilbigkeit? Geht es um das Metrum? Es gibt zwar eine Zäsur in der Mitte des Verses, aber Alexandriner sind didd nüsch. Gibt es so etwas wie Quasi-Alexandriner? Sicherlich. Woher hat es das? Wenn ich es googele, wo komme ich hin? Nur zu mir.
Vollkommen rätselhaft. Was bitte ist ein Ullageprozess? Ullage ist offenbar Englisch für Füllstand, doch in Verbindung mit dem Prozess treten keine Übereinstimmungen mehr auf. Und der Japonyr, ob gleichherzig oder nicht, den ich anfangs für einen Halbedelstein hielt (wahrscheinlich eine Verwechslung mit Jaspis?) – führt mich in eher dunkle Ecken des Internets.
Mauerblume, das erwachsene Mauerblümchen? What? Aber es gibt sie. Nur beispielhaft damit verknüpft ist: Das Zimbelkraut (Cymbalaria muralis, synonym Linaria cymbalaria), auch Zymbelkraut, Mauer-Zimbelkraut oder Eustett (Schweiz) genannt, ist eine Pflanzenart innerhalb der Familie der Wegerichgewächse (Plantaginaceae). Das Wegerichgewächs, schön.
Als entstehe in der Luft ein gemeinsames Gebilde, worin die Freigiebigkeit des einen, auf die die Annahmebereitschaft des Anderen trifft, in einer unsichtbaren Zweigliedrigkeit des Gebens.
Das gehört bestimmt zu meinen liebsten Findungen des Transformers. So lieblich ist „die Trotzigkeit, die sich in die kleinen Löcher legt“, sicher ganz im Gegensatz zu der Trotzigkeit, die sich in die großen Löcher legt.
Das kann ich gar nicht anders als messianistisch lesen. Interessant auch, dass offenbleibt, was der Erwartete beschließt. Es ist entweder alles, oder etwas Bestimmtes, das aber offenbleibt. So kann auch die Erwartung offenbleiben.
Schwieriger: Was ist ein Konzenter? Ich kenne den Conceiver, den Kondensator, aber nicht den Konzenter, und dann mit Stichwunde, und als Ersatz für einen Konzenter, der eine noch ernstere Stichwunde hat? Ich könnte mir nun, wie im Lexikonspiel, eine Definition dafür ersinnen und befände mich dann im umkämpften Mannschaftsraum eines heruntergekommenen Raumschiffes mit Vandalismusschäden. Was bedeutet eigentlich das Lämpchen da vorne? Wellenes Lämpchen? Na, ditt Lämpchen da vorne. Ditt bedeutet jarnüscht. Und das wird es dann auch bald gewesen sein.
Auch diese Gruppe gefällt mir, wäre ich denn ganz alleine auf sie gekommen? Sie ist ja etwas zurückhaltend, in der Wahl ihrer Mittel. Gut, wenn ich mich plötzlich, vielleicht abends am Konzerthaus vorbeigehend, einer solchen Gruppe gegenüber gefunden hätte. Dann ja. Und es wäre leicht neblig gewesen, feuchte kühle Luft, aber noch nicht kalt, gegen halb acht im Abenddämmer, wann dämmert es in diesen Breitengraden gegen halb acht? Im März? Ende März? Ja, kommt hin, es wäre also Ende März gewesen. Oder aber, anderes Szenario, in einem Kurs, zum Erlernen des Zehnfingersystems. Abschlussprüfung, die Aufsicht wird abgelöst, und während des Wechsels sagt einer zur andern, auf die Kursmitglieder weisend: lauter Leute mit hartem Anschlag.
Auf Schweizerdeutsch! Wie das? Ein interessanter Eintrag, weil damit Verbindungen mit dialektalen Ausdrücken ins Spiel kommen. Das hat das System ganz alleine gemacht. Wobei: es macht nichts alleine, es bedient sich parasitär an der ihm zur Verfügung stehenden Gesamtheit der Sprache. Aber macht das die Dichterin nicht auch? Wird das von ihr nicht sogar erwartet, dass sie nämlich mehr sprachliche Möglichkeiten in Erwägung zieht, als der Alltag erlaubt. Wem gehört denn die Sprache? Denjenigen, die sie sprechen, denjenigen, die sie lesen, denjenigen, die sie verschweigen.
Und die Mehrsprachigkeit: Der Kuaförförmige Kessel! Yeah! Aus der türkischen Sprache, kam mit Zwischenstopp in Frankreich: der Kuaför zu uns. Aber wie hab ich mir einen Kuaförförmigen Kessel vorzustellen? Der Coiffeur kommt von der Kappe, from Middle French coiffe, from Late Latin cofia, from Old High German *kuffia, *kuphia (“little cap”), diminutive of Old High German kuffa, kupha (“hood, cap”), from Proto-West Germanic *kuppu (“round object, bowl”), dem Käppchen also. Ein kappenförmiger Kessel ist dann kein Problem mehr, aber er ist auch nicht sehr groß. Wie groß müsste denn so ein rechter Kessel sein? Gleichviel: Es werden immer nur die Linken eingekesselt, sehr selten die Rechten, haben wir in den letzten paar Jahren gelernt.
4825 bis 4836 sowie 4839 bis 4844 und 4846 wurden von GPT3 generiert, nachdem wir der KI nicht mehr als neunundzwanzig (29) Begriffe vorgegeben hatten. Das Ergebnis hat mich erstaunt und auch etwas beunruhigt. /// Auf dem Weg zum Widerstand vom Hörensagen liegt vielleicht ein ganz interessantes Phänomen von unähnlicher Ähnlichkeit. Vieles was mir hier begegnet ist, war mir auf vertraute Weise unvertraut. Das ist vielleicht auch ein guter Name für das, was meine Aufmerksamkeit auf bestimmte sprachliche Phänomene lenkt, eine Qualität, die viele der gesammelten Begriffe eint: sie sind auf vertraute Weise unvertraut. Sie befinden sich auf der Grenze meines Sprachgebrauchs. Und unter anderem deswegen habe ich damit begonnen, sie zu sammeln. Ich wollte sie festhalten, dem konstanten Rauschen des Diskurses entreißen, weil sie schön waren.
A POEM
BY
FERNANDO PESSOA
LISBON
MONTEIRO & CO.
190, Rua do Ouro, 192
1918
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Ein Vers aus dem Gedicht: ANTINOUS, von Fernando Pessoa, aus dem Jahr 1918. Der Regen fällt, in diesem traurigen Gedicht, das eine Totenklage ist, um den im Nil ertrunkenen Antinous, geführt vom römischen Kaiser Hadrian, der einen ungewöhnlichen und von der Gesellschaft skeptisch betrachteten Totenkult um seinen ertrunkenden Liebhaber treiben sollte. „It rained outside right into Hadrian’s soul“, lautet die erste Zeile. Draußen regnete es mitten in Hadrians Seele hinein. Wie ein kranker Schrecken (der Mörderarbeit der Natur) fiel der Regen (a sick affright of Nature at her work in killing him), der Regen ist ganz still, Trauer gleicht bald Wut, der Regen fällt, der Herrscher liegt wie einer, der jede Geste seiner Liebe längst vergaß und schlaflos auf deren heiße Rückkehr wartet. Der Regen wie ein vager Schmerz, kommt auf, versorgt die Luft mit Witterung der Nässe. Es regnete noch immer. Doch langsam angeschritten kam die Nacht und schloss die müden Lider aller Sinne. Selbst und Seele, ihr Bewusstsein wuchs, wie eine Landschaft in trübem Regen, trüb.
Eigentümliche und mir recht fremde Sehnsuchtsbilder, woher auch immer, die sich langsam senken, aber auch abwechseln wie gemischte Karten. Mit mir haben sie nichts zu tun.
„Das Problem besteht nicht zuletzt darin, dass es einerseits ein berechtigtes Interesse an menschenmöglichen Abgründen gibt (schon allein aus der Notwendigkeit, sich um sie kümmern zu müssen). Andererseits gibt es, wie schon gesagt, die Menschenmöglichkeit des Nicht-Können-Könnens. Dennoch darf keiner von uns, die etwas nicht können können, sich aufs Nichtkönnen berufen, um durchzurutschen. Daraus folgt die paradoxe Situation, dass die moralischen Argumente, mit denen man die Willenlosen (nicht zuletzt vor sich selberI schützt, von diesen Willenlosen nicht selbst ins Trefen geführt werden dürfen …“ So schreibt Franz Schuh in seinem Buch „Fortuna“.
Der Paukerpopanz ist einer der ersten Popanze, der in dem Hexen-Roman „Amanda“ (von Irmtraud Morgner) totgelacht wird. „Erde tanzt allein weiter. Zu Maultrommelmusik. Die Anführerin spielt die Maultrommel. Melodie: ‚Ca ira‘. Nach einer Weile marschiert das Heer ab und Erde tanzt ohne Musik fort und fort. Die Kamera begleitet den Heereszug zurück auf die ‚Probebühne‘, wo gerade ein Autodafé im Gange ist. Es wird aber nicht mit Feuer, sondern mit Gelächter durchgeführt. Totgelacht werden in der Reihenfolge der Aufzählung: Der Paukerpopanz – Der Sexpopanz – Der Gysotik-Popanz – Der Neokonstruktivismus-Popanz – Der Faustpopanz“ – und noch einige mehr. (…) „Nach dem rituellen Gelächter der Hexen, von Freudengelächter des Oberteufels und seiner Raben begleitet, wird der Theatersatan in Ketten zum Theater-Kolbuk in den Käfig gesperrt. Das Einsperren besorgt die Hexenheerführerin im Eulenkostüm. Nach getaner Arbeit spielt sie wieder auf der Maultrommel. Großaufnahme des Mundes, in dem die Maultrommel klemmt.“
„Wir sahen jetzt die aus Pappe geschnittenen, bemalt, beklebten Dinger genauer an und abstrahierten von ihrer vieldeutigen Eigenheit eine Anzahl von Tänzen, zu denen ich auf der Stelle je ein kurzes Musikstück erfand. Den enen Tanz nannten wir Fliegenfangen. (…) Den zweiten Tanz nannten wir Cauchemar. (…) Den dritten Tanz nannten wir Festliche Verzweiflung. An den gewölbten Armen hängen lang ausgeschnittene Goldhände. Die Figur dreht sich einige Mal nach links und nach rechts, dann langsam um ihre Achse und fällt schließlich blitzartig in sich zusammen, um langsam zur ersten Bewegung zurückzukehren.“ Hugo Ball: Die Flucht aus der Zeit. Luzern 1946. Seite 89f.
„Aus den entferntesten Weltgegenden werden die Sprengstücke mit der Federhantel des Schmerzes einander genähert, weiter und weiter, aufgeladen noch mit der flimmernden Tageshitze der Wüsten, den Gewittern der Kalmengürtel, der Kälte der Eiszonen und den Turbulenzen der Lüfte. Ein ungeheurer Druck presst sie zusammen, zwingt sie erregt auf ein Zentrum zu, um einen Ort herum, der einmal der Sitz des Kerns gewesen sein muss – heute ein totenstilles Nichts. Um dieses herum zittern, beben, vibrieren sie unter der Belastungsprobe der Zusammenkunft, leuchten flirrend bis in die Welträume, Töne nun, ohne je übereinzukommen.“ Anne Duden über die Musik Carlo Gesualdos (1560 – 1613), in: Der wunde Punkt im Alphabet. Berlin 1995/2014.
Hiermit nur lose verbunden: „Er [Eulenspiegel] übertölpelt nicht aus der Distanz des Besserwissens, sondern führt das Schlechterwissen gegen ein vermeintliches Besserwissen ins Feld. Der einzige Vorsprung, den er hat, ist der der Erkenntnis, die das Leiden schon als allgemeines vorwegnimmt, das eben noch als ein besonderes geschieht. Das gerade ist der wahre Konformismus: der des Leidens, und eben diesen bringt er an den Tag.“ So schreibt Klaus Heinrich im Kapitel „Exkurs über Eulenspiegel als Maieutiker“, in seinem Buch „Versuch über die Schwierigkeit nein zu sagen“.
„Ich habe keine Anfeuerungsmittel benötigt, um in der Gesellschaft Konrads einen ekstatischen Zustand zu erreichen. Seine meist ärmlichen Wohnungen waren unabhängig von ihren ungleichartigen und manchmal das Bizarre streifenden Ausstattungen nicht nur für mich ganz besondere Orte, mit deren Betreten einen ein kraftvolles Korrektiv für sonst recht brauchbare Strebungen und Erklärungen gewissermaßen zur Besinnung brachte. Für einige waren die Lockerungen perspektivischer Zwänge und Identifikationen, die Konrad mit Leichtigkeit, mit Gesten, bewirken konnte, als ein ekstatisches Moment auch dann ohne weiteres begreifbar, wenn sie den intellektuellen Anstrengungen nicht folgen konnten, und, meist aus Ängstlichkeit, die ganze Ablösung nicht mitmachen wollten.“ So Oswald Wiener über Konrad Bayer, in der letzterem gewidmeten Ausgabe des Schreibheftes.
Als Beispiel für gall -i- ela ‚Schwan‘. Wohl aus einem Winterlied. — gaimtn (o) m., ursprünglich das Winterfell der Tiere. (Über die älteste irische Dichtung)
„Die surrealistische Poesie als ganze, sei sie nun automatisch oder nicht, sei sie ein Hinabtauchen in die ‚Tiefe‘ der Nacht und des Phantasmas oder lediglich spielerisch-leichte, völlig taghafte ‚Phantasie‘, definiert – und unterscheidet – sich durch die Dynamik, die Lebendigkeit, den abenteuerlichen und nicht formgebundenen Charakter ihres Sprechens.“ Aus Petr Králs Nachwort in der schönen, fast rundum quadratischen Versammlung surrealistischer Poesie.
„Hilfe kommt aus Bregenz“, lässt Kafka einen Arzt seinem Patienten ankündigen. „Bregenz in Vorarlberg“ fügt er hinzu und der Patient antwortet: „Das ist weit“. Eigenartigerweise ist es dabei nahezu gleichgültig, wo man sich befindet.
„All-Welt [Tout-Monde, im Gegensatz zu dem Begriff des Welt-Ganzen, frz totalité-monde bzw. totalité-terre] bezeichnet [bei Glissant] den gegenwärtigen Zustand der Welt. S. a. Chaos“, so die Übersetzerin Beate Thill in ihrem kleinen Glossar Glissant’scher Begriffe, in: Édouard Glissant: Kultur und Identität. Ansätze zu einer Poetik der Vielheit. Übersetzt von Beate Thill. Heidelberg 2005.
Auch das „Denken des Bebens“ und das „archipelische Denken“ gehen auf Glissant zurück. „Das Bebende und Unabgesicherte nicht nur der kulturellen Mischungen, sondern auch schon davor, bei den aus einer Vermischung hervorgegangenen Kulturen, wird uns vielleicht vor den Beschränkungen oder Intoleranzen bewahren, die uns bedrohen.“ So Glissant in einem Interview mit der französischen Zeitschrift Les périphériques vous parlent, aus dem Jahr 2005, übersetzt von Beate Thill.
„Eine neue Art des Denkens, das intuitiver, anfälliger, bedrohter ist, dafür aber eingestimmt auf die Chaos-Welt und ihre Unvorhersehbarkeit. Dieses Denken kann sich vielleicht auf die Erkenntnisse der Geistes- und Sozialwissenschaften stützen, es verweist aber auch auf eine Vision des Poetischen und Imaginären auf der Welt. Ich nenne es ‚archipelisch‘, das heißt, es ist nicht-systematisch, sondern induktiv, es erforscht das Unvorhergesehene des Welt-Ganzen, es bringt den mündlichen Ausdruck mit dem schriftlichen in Übereinstimmung und umgekehrt.“ Édouard Glissant: Kultur und Identität. Ansätze zu einer Poetik der Vielheit. Übersetzt von Beate Thill. Heidelberg 2005.
Und die hohen Bäume müssen so dicht stehen, das man waldwandlerisch darüber gehen kann, auf dem Pfad der einander zugeneigten Wipfel. Ich las davon in Dana Grigorceas Vampirroman.
„I realise now that the various sleep tips I tried over the years were like sticking plasters on a broken leg – there’s only so much that lavender, earplugs or herbal teas can do when your sleep is disrupted and out of control. Fortunately a eureka moment came along, when I was reading a book by my great great uncle, Richard Waters, a pioneer in cognitive therapy and clinical hypnosis and a protégé of the French pharmacist and self-help guru Emile Coué. Waters wrote just a couple of pages about insomnia – how the words we use and having an understanding of sleep biology affects our mind, body and our sleep – but they were intriguing enough to set me thinking, researching and experimenting.“ Aus: Seven simple steps to sounder sleep, von Frankie Davis.
Kurz nach der Versendung des Dezember-Supplements schrieb mir Nicholas Grindell zu Nummer 5017 (fucktangle of shitweasels): „This is a great one! Did we ever talk about/are you already cognizant of, the wonderful world of the shitgibbon?“ Nein, war ich nicht! Ich hatte damals vor dem Abschicken sogar gezögert, den Begriff aufzunehmen, mit dem Gedanken, dass Nr. 5017 womöglich an einem hohen christlichen Feiertag als unangemessen wahrgenommen werde, und wollte daher einen anderen Begriff verschicken, nämlich: „Das Gespenst in der Maschine“, habe dann aber aus Versehen eine alte Version aus dem Editor in die Mail kopiert (oder war das schon das „Gespenst in der Maschine“?), und mit einem Mal war das shitweasel wieder da. Zu spät. Das Original kommt im Übrigen von Jeff Tiedrich’s Tweet: „Hillary was wrong to call Trump’s supporters a basket of deplorables. she should have called them a fucktangle of shitweasels.“
Nicholas Grindell war so freundlich eine Handvoll maßgeblicher Texte zum Studium of the Genese of the Begriff Shitgibbon zusammenzustellen.
The rise of the shitgibbon, February 9, 2017 von Ben Zimmer
A New Breakthrough in the History of the “S—gibbon”: The Insult’s Originator Steps Forward
By Ben Zimmer, Feb 13, 2017
I love these, and the best thing is: you can invent your own!
Taylor Jones, 2017: Linguists have been discussing „Shit Gibbon.“ I argue it’s not entirely about gibbons.
There’s also this, which continues the: The orgin and constraints of “shitgibbon” compounds, by Gretchen McCulloch.
But the very very best piece of shitgibbonology is this:
Vowel but not consonant identity and the very informal English lexicon, by Anne-Michelle Tessier, Michael Becker.Abstract: This paper studies the phonological properties of shitgibbons, a class of insulting English compounds made up of a monosyllabic obscenity followed by a trochaic innocuous noun.
This link to a downloadable PDF of the whole paper works: VOILÀ. It has diagrams and tables and all kinds of stuff. Totally brilliant! Unbedingt zu empfehlen.
Wie Straßen habt ihr euch getroffen / Wie Basare habt ihr Liebe gemacht / Sie sollen euch ins Wintergrab beerdigen… Die Übersetzung der letzten Zeilen des Gedichtes „Dirt Mevsim“ von Cemal Süreya, hier in einer schönen Vertonung zu hören, von Fazıl Say & Serenad Bağcan. „Kış mezarına gömsünler sizi / Kış mezarına gömsünler sizi / Sokaklar gibi buluştunuzdu / Çarşılar gibi seviştinizdi / Kış mezarına gömsünler sizi / Kış mezarına gömsünler sizi.
Der Wind, der Wind, der Wind. Aber wo kam das her? Man weiß es nicht.
… die zum Monstrum gewordene Seele fuhr zischelnd durch das Tal … sagte Sonja vom Brocke in Retz, während der Eröffnung des Dante-Zentrums in Retz. Mutieren und transmutieren. Wandeln und verwandeln, sogar die Form der Wesen miteinander vertauschen. Und wie heißt das Device worin die Seele verschwand? „Tote Körper von Teufeln motorisiert“, sagte Sonja vom Brocke, in ihrem Vortrag über Transmutation, und: „Veränderung ohne Lebendigkeit“. „Ein Schatten, der keine Schatten wirft.“ – „Der Jenseitskörper.“ – „Wir holen unsere Leiber, doch ziehen wir sie nicht an. Wir schleifen sie heran, am Dornbusch der Seele, wie ein Lappen.“ – „Seelen, verschmolzen mit Devices.“ Alles wird sofort ersetzt.
Aus der Dankesrede von Clemens Setz anlässlich des Büchner-Preises 2021: „Aber das möchte ich gerne festhalten: das Bild von Karl Krall, der (wie es Rilke in einem Brief über die Figur Woyzeck sagte) “in seiner Stalljacke im Weltall steht” und den Zählpferden erklärt, was Krieg ist. In der letzten vernunftzugewandten Nacht des Jahrhunderts. Den Zählpferden erklären, was Krieg ist. Das ist für mich das geheime Herz aller Erzählkunst.“ Auf den Seiten der Akademie für Sprache und Dichtung zu finden.
„Zur Evidenz bringen“, das sagte Franz Josef Czernin, am 19. Oktober 2021, in der Alten Schmiede, während der Veranstaltung zu Heimrad Bäckers NACHSCHRIFT. Es war ein guter und sehr konzentrierter Abend.
Dass es nicht um Verbesserung gehe, sondern um Störung. (Das Offenkundige am Gendern.) „Anstelle dieser Buchstaben eine Öffnung einzurichten. Es geht nicht darum, die Welt zu verbessern, es geht darum, die Welt zu stören“, so oder so ähnlich erklärte Ann Cotten während eines Distanzpanels ihr Vorgehen, im Rahmen der Übersetzung von Legacy Russells „Glitch Feminism“.
AFK, away from keyboard, abseits vong keyboard, übersetzte Ann Cotten, in „Glitch Feminism“ von Legacy Russell, das von einer ganzen Gruppe von Übersetzernienn ins Deutsche übersetzt worden ist.
„Die kanonischen Historiker verdanken ihren Ruf nicht zuletzt ihrer Kunst des elastischen Unterscheidens, einer Kunst, die den Lesern ihrer Texte möglicherweise gar nicht bewusst wird. Es wäre lohnend, die großen Geschichtsschreiber von Thukydides und Sima Qian bis Eric Hobsbawm, Natalie Z. Davis und Peter Brown einmal unter dem Gesichtspunkt ihrer sprachlich-begrifflichen Diskriminierungskunst zu studieren. Anders als das Polarisieren, das durch das Ähnlichkeitsparadigma von seinem kulturtheoretischen Thron gestürzt werden soll, impliziert das Unterscheiden den ständigen Umgang mit Ähnlichkeit. Die Arbeit von Historikern bewegt sich fast immer in dem riesigen Bereich zwischen der Identität der Phänomene und ihrer inkommensurablen Andersartigkeit, also in der Zone unendlich abschattierter Ähnlichkeiten.“ Jürgen Osterhammel: Ähnlichkeit – Divergenz – Konvergenz. Für eine Historiographie relationaler Prozesse, in: Ähnlichkeit. Ein kulturtheoretisches Paradigma. Herausgegeben von Anil Bhatti und Dorothee Kimmich
unter Mitarbeit von Sara Bangert. Konstanz 2015.
Ein glücklicher Moment: „Odra küsste mich mit vollem Mund, ließ sich dann gegen die grüngepolsterte Bierbanklehne zurückfallen und seufzte glücklich: Grüne Klöße für das Ich!“ Aus: Angelika Meier: Die Auflösung des Hauses Decker. Zürich 2021. Das Motto zu diesem Buch kommt von Ludwig Wittgenstein: „Jede Beschmutzung kann ich ertragen, nur die bürgerliche nicht. Ist das nicht seltsam?“
Eine Zeile nur. Aus: Barbara Hundegger: wie ein mensch der umdreht geht. dantes läuterungen reloaded. Gedichte. Innsbruck 2014.
Der TV-Apparat, den sich Mayröcker und Jandl in der Sommerfrische ausborgten, Flechtstrukturen, seitlich, leichtes Scheppern, Alpensprache. Dies erfuhr ich am 4. Oktober in der Alten Schmiede, im Rahmen eines schönen Programms, das Frieda Paris und Chrisoph Szalay entworfen haben: Alpensprache Rohrmoos.
Wenn wie viele sich damit tragen herauszufahren, wie viele kommen hinab, liebes Tiroler Skilift-Orakel? Und um wie viel werden die Balken steigen? Die Wasserstände in den Säulen schwappen, den lieben langen Tag. Und das Orakel sagt: Stimmt. Und meint: Schwimmt.
Ich hielt die Jurte zunächst für eine Metapher, aber das war nicht richtig, denn die Jurte IS REAL.
Belvedere, Schweizer Garten, die Serpentin-Schaugruppe war dort anzuschauen, wo sie eben hingefallen zu sein schien. Ein Lob an die sich um nichts als ihre Schwere kümmernde Kraft. Kalt, bald war Abschied, davor standen noch ein paar Grammelknödel und ein kleines Wiener Schnitzel, in gepflegter Gastlichkeit.
Die Holywutschaukel entnahm ich mit freundlicher Erlaubnis einem Austausch zwischen Katharina Prager, Leonceundlena und Wolfseule, der sich am 29. Januar 2022 anlässlich der Präsentation einer wunderschönen, maigrünen Hollywoodschaukel entspann.
Alles betrachten, nach Möglichkeit nicht ins Selbe verfallen. Es von allen Seiten sehen. Fokus, Fischauge, Vogelflug, die Meisen lieben. Dann entdeckten die Tauben die Meisenfutterstation und fraßen alles leer, kackten das Fensterbrett voll und rissen die Station in ihrem plumpen Heranflug ab. Hin und wieder werden die Tauben jetzt wieder vorstellig und schauen mit ihrem dümmlichen Gesichtsausdruck durch die Scheibe. Die Meisen hingegen sind vollkommen verschwunden.
Aus dem schönen Artikel von Madeleine Bernstorff über Achternbusch: Der Haderer. Weißbiergläser auf Wirtshaustischen sind schwere Anker: Zum filmischen Werk Herbert Achternbusch, freigeschaltet, auf den Seiten von Cargo.
DIE SCHATTENTRANSPORTER
Siehe, ein Schatten aus einer anderen Welt
tritt aus der anderen in die hiesige Welt
und bezeugt hier das Treiben der anderen
auf eine schattenhafte sehr vergessliche Weise.
Er wölbt seine Weise, selbst wölbt er sich.
Er kommt von oben, aber von unten von oben.
Er trägt etwas mit sich, das träge nicht ist.
Er wölbt sich, wie gesagt. Auf seine Weise.
Siehst Du das X, will der Schatten jetzt wissen.
Alle sehen das X. Indes sind im Schatten
schattige Meisen am picken. Sie hungern nicht.
Sie nicken, sie sehen sich um, in der Hülle.
Der Schatten hat ein ganzes Feld einverleibt.
Die Erde, die Samen, den Roggen, den Schrott.
Der Schattentransporter kommt aus einer Welt
in eine andere, bringt die Schatten den Meisen.
Die Daunen downloaden, den Loden hochloaden. Ein launischer Forstbeamter in einer Daunenlodenjacke hat mich mehrfach belogen, oder mir zumindest nicht alles gesagt. Dann kam die Dohle, blauäugig und rar, und legte uns den Zusammenhang dar. Krah, täuschte sie uns, krah.
„Daran, aus dem immerwährenden Drama der Wörter, aus dem stetigen, ich bin versucht zu sagen fluchtartigen Hinausstürzen der Sprache aus ’sich selbst‘, eine Sache, zum Beispiel ein Gedicht zu machen, arbeiten wir. Damit schieben wir den Riegel dazwischen. Faltung; Aufschub; Kopfstand, lautet die Parole. Aber der Riegel wird mitgerissen.“ Aus: Bruno Steiger: Unter Sich. Brief an Felix Philipp Ingold, in: Zwischen den Zeilen, September 1995, Nr 6.
„‚Sprache an sich‘ erscheint damit als das vor allem Sagen Ausgesagte: als der Satz, der sich aus sich selbst heraustreibt. Was die Wörter finden in der Rückübersetzung ist dieser Satz.
Dieser Satz ist mein Arbeitsmaterial. Mit diesem Satz gehe ich um, wenn ich schreibe, im kalkulierten Herumfuhrwerken mit und in diesem Satz erzeugen sich meine eigenen Sätze. Resultat ist ‚ein Gleiches‘, das in diesem oben angesprochenen angehaltenen, unterbrochenen, aufgeschobenen (oder widerrufenden, das interessiert mich am meisten) Sagen nachgestellt (re-inszeniert!), vergegenständlicht wird. Auf der Gegenfahrbahn und im Rückwärtsgang diesen Satz überholen, indem ich ihn umbaue, ihn einer Revision unterziehe, ihn verschiebe, verschleppe, um ihn endlich – für einen Augenblick (der nicht der Augenblick des Gelesenwerdens ist) sein eigenes Terrain finden zu lassen.“
Aus: Bruno Steiger: Unter Sich. Brief an Felix Philipp Ingold, in: Zwischen den Zeilen, September 1995, Nr 6.
„Double der ersten Marionette. Nicht mehr also ‚Ich ist ein Anderer‘, sondern ‚Mich ist ein Anderer‘, und vielleicht sogar nur noch das: ‚Sieh an! Ein Anderer! Woher des Wegs?‘ Das ist die Pose, die der Autor der künstlichen Poesie einnimmt; Pose deswegen, weil die Schizophrenie eine gespielte ist; das literarische Werk immer noch das intendierte Ziel. Was in einem solcherart sowohl erspielten als auch ‚gestellten‘ Werk zum Ausdruck kommt, ist jetzt aber nicht mehr allein Zerschneiden der Spur in ein Knäuel von Möglichkeiten, sondern Verrückung und Transfer der gesamten Schleife: Nicht mehr der Würfelwurf oder die Verbiegung der Münze, sondern die Erfindung des refüsierten Würfels: die erfundene Münze selbst.“ Aus: Bruno Steiger: Unter Sich. Brief an Felix Philipp Ingold, in: Zwischen den Zeilen, September 1995, Nr 6.
Wenn die Mauern wieder preisgeben, Wort für Wort zurückbringen, was in ihnen über Jahrhunderte gespeichert war. Und es klang gerad wie ein türkisches Trinklied: Her Akşam Votka Rakı ve Şarap.
„Die Röten des Himmels. Am Abend, in der Nacht, morgens. Verkündigungsrot, wüstenrot, heiderot, nostalgischrot, abschiedsrot, herzrot, signalrot, flamingorot, hydrangearot, hortensienrot, spätrot, schleimrot, scharlachrot, wasserdostrot, schaumrot, schamrot, staubrot, wundrot, kirschrot, trübrot, weinrot, blutrot, dornrot, karminrot, verwaschenrot.“ Aus: Erika Burkart: Grundwasserstrom, Aufzeichnungen, editionfünf, Verlag Silke Weniger, Gräfelfing 2012. Im Vertrieb bei Edition Nautilus, Hamburg. Mit bestem Dank an José F. A. Oliver für den Hinweis und die Übermittlung.
„Heute Morgen ist mir beim Lesen ein „Fernsehlämpchen“ begegnet, bei dem der Querstrich des zweiten e nicht sauber gedruckt war, wodurch das e zum c mutierte und das „Fernsehlämpchen“ zum „Fernschlämpchen“, schrieb mir K. Rastetter und übermittelte mir damit nicht nur diese Findung, sondern auch 5102 bis 5107. Vielen Dank!
sehr laute musik in ländern ohne zukunft, je mehr leute fehlen, desto lauter die musik, leere dröhnende schachteln mit farbigem licht, eine neben der anderen, das ist die ausgehstraße. später ein konzert im gleichen haus, alle sangen weiter, selbst als die band lange schon aufgehört hatte. es war nach halb 3. hier wird sich niemals etwas ändern, sagte sie. die röhre des schlafes, allseitige verrichtungen.
Ein kleiner Schnitt auf Brusthöhe und aktuell sind da alle Federn heraus, herausgekrochen über die Jahre. Es fasst sich irgendwie ledrig an. Kein Grund sie auszutauschen. Es ist auf der linken Seite, die Jacke ist dunkelblau und etwas mehr als vier Jahre alt.
Collaborative Filtering (Vortragstitel von C. Apprich auf dem Symposion: Abstraction & Economy im April 22) .. pattern discrimination .. je shittier the technology, desto higher ihr imaginärer Impact, City of News, Prose Poetry and the City by Donna Stonecipher .. predicted policing .. neighbourhood homophily .. zipcode anticipation .. Empfehlungen via Ähnlichkeit .. like what people like who are like you .. likeness economy .. nicht im Singular, sondern was die Gemeinschaft dahinter will, interessiert .. you are who your neighbours are … rhythm of recommendation .. embedding as an act of reduction of complexity .. von Algebra nach Geometry .. have a close look on the link zwischen Algebra und Geometrie .. patterns to extract information from data .. filtern ::: trennen .. nach den alten Kategorien class, gender, race .. presupposed information .. selffulfilling prophecy .. homophily – heterophily … urban history und Räumlichkeit des Netzes (Cyber Space) .. retrograde identity politics .. neighbourhood similarity .. >we are data<, are we? .. how to nicht discriminierend unterscheiden? .. warmness als brand (marke) … Tiziana Terranova.
Im Drangsaal aus einer depperten Schwundstufe von Verzweiflung heraus lebenslang (stundenlang) Dackelvideos auf Instagram geschaut. Es kann ja nicht sein, dass ich stundenlang (lebenslang) im Drangsaal aus einer fetzendepperten Schwundstufe von Verzweiflung heraus mit meine Seele auf Instagram Dackelvideos … uswusf. Da capa al Fine.
Wimmelnde Körnung, vor und nach dem Bild. Bild, das sich vor das zu Erinnernde schiebt. Nächster Eintrag im Notizheft: Rechnungen of animals, embodying languages of thought, eine begrenzte Zahl von Worten, Bewegungen, die sich aufbrauchen lassen? Ihre endlose Zahl? Schellow sagte in etwa: Zeichnung = Spur + Prozess der Erinnerung. Indem das Visuelle die Erinnerung überschreibt, passiert was?
Aus einem Aufsatz zum destruktiven Sog der Berichterstattung um Depp/Heard, Albtraumhafte Atmosphäre, von Johannes Franzen, aus seinem Newsletter: Kultur und Kontroverse.
In Meinolfthomas‘ Newsletter zu seinem Blog IM DICKICHT vom 21. Juni 2022 finde ich: „Das Rückepferd Geert bereitet das Saatbett vor.” Was für schöne Sätze sich doch finden lassen! Quelle: Insektenbündnis Hannover.
… sagte Brigitta Falkner, in Neuberg an der Mürz, während sie ihre Arbeiten aus den letzten 30 oder waren es 40 Jahren präsentierte.
„I CAN‘T STAND THE RAIN“: Ein öffentlicher Briefroman – von Clara Drechsler und Justus Köhncke, vom 13. Juni 2019. Zu finden auf KAPUT, Magazin für Insolvenz & Pop.
Auch #5134 kommt aus diesem Beitrag: „I CAN‘T STAND THE RAIN“: Ein öffentlicher Briefroman – von Clara Drechsler und Justus Köhncke, vom 13. Juni 2019. Zu finden auf KAPUT, Magazin für Insolvenz & Pop. Hier geht es um das (sklavische) Übersetzen.
Dito.
Aus einem Essay von Thomas Hoebel vom 04.03.2022: „Recoding, Situationspotenziale, Autotelie – Über drei Zeitschichten in der Gegenwart des Krieges“ zu finden auf Soziopolis.
WASHINGTON (AP) – A wandering chicken was caught sneaking around a security area at the Pentagon, a local animal welfare organization said. (…) It’s also unclear where the chicken came from or how she got to the Pentagon. The hen .- which has brown feathers and a red comb and wattles – is a Rhode Island Red. Jones described the bird als ’sweet‘ and ’nervous‘ but said she has allowed some people to pet her.
Auch diesen Eintrag verdanke ich dem Newsletter zum Blog IM DICKICHT vom 21. Juni 2022 von Meinolfthomas.
Aus Juliane Lieberts Besprechung der marxistischen Vampirkomödie „Blutsauger“, SZ am 11. Mai 22.
Im Türkischen heißt die Qualle: Mutter des Meeres: Deniz anası.
Auf dem Waldbalkon gehört, dem Waldbalkon, dem Balkon an der Außenseite des tiefen, kühlen, dunkelgrünen Waldes.
An den Kanälen entlang, in einem Tunnel of Laub. Der grüne Königsmäander. Ein schlecht geführtes, indes sehr glückliches Haus. Das Tribunal des Augenblicks. Der Duft des Waldes. Das Waldaroma. Der Balkon und sein tiefes, hohes, dunkles, bewegtes Gegenüber. Es möge eine Lust sein, einzubrechen. Es muss um jeden Preis verhindert werden, dass das Es aus dem Genuss verjagt wird.
Dieser Vortrag ist eine Halde. Bitte bedient Euch. Ich hoffe sehr, Ihr könnt auf Eurer Seite etwas damit anfangen.
„… diese Menschen, für die, im Augenblick über den Augenblick zu sprechen, alles ist, Menschen ohne ein Morgen, das ihre Ansichten dementieren könnte, Menschen, die glauben, dass, was Denken relevant macht, nur nackte Schnelligkeit ist, die glauben, alles müsse sofort beurteilt und ausgesprochen werden, völlig egal, wie und was, solange es nur schnell genug verkündet wird, bevor der Augenblick zu Ende ist, was könnte ich, als Verlierer und Mensch der Vergangen, mit ihnen teilen, außer der Tatsache, dass sie und ich Nieren, eine Leber und ein Geschlechtsorgan haben, so er, was könnte mich mit diesen Menschen der Instant-Hoffnung, Instant-Enttäuschung, Instant-Gleichgültigkeit verbinden, mit diesen Unseligen, die nicht verstehen, dass der wahre Verlust nicht das Verlorene ist, sondern die fehlende Möglichkeit, ihm nachzutrauern, weshalb ich, hatte er fortgeführt, im Gegensatz zu den weisen Köpfen denke, dass die Nostalgie und die Melancholie uns nicht daran hindern, zu kämpfen, sondern dasss, ganz im Gegenteil, Nostalgie und Melancholie in Wahrheit ein Kampf sind, Nostalgie in Wahrheit das ist, womit wir gegen die Atemporalität des Augenblicks kämpfen, und Melancholie das, womit wir uns gegen den falschen Enthusiasmus des falschen Fortschritts der marschierenden Augenblicke verteidigen, so, erinnere ich mich, hat er es mir an einem Sommerabend 2009 gesagt, auf der Terasse des Cafés, in dem er Arbeit gefunden hatte … “
Aus: Andrej Nikolaidis: Der ungarische Satz. Ein Trauerspiel. Aus dem Bosnischen von Margit Jugo. Dresden und Leipzig 2018.
Nummer 5185 bis 5195 verdankt das Begriffsstudio einer Zusendung von Klaus Rastetter. Vielen herzlichen Dank.
In der Eisdiele: „oder brauchen Sie eine analoge Karte?“
Nummer 5185 bis 5195 verdankt das Begriffsstudio einer Zusendung von Klaus Rastetter. Vielen herzlichen Dank!
„Indulgences were foregiveness with a price tag. Luther’s stance moved the real action of a person’s spiritual life into the internal realm.“ On Repentance and Repair, by Danya Ruttenberg.
„In Berlin Schillers ‚Vergnügen an tragischen Gegenständen‘ nachlesen; endlich Chestertons ‚Verteidigung des Schundromans, des Aberglaubens usw.‘ beschaffen; Material zu einer ‚Verteidigung des Rummels‘ sammeln; zum hundertsten Mal über Kitsch nachdenken.“ Franz Fühmann: Zweiundzwanzig Tage oder die Hälfte des Lebens. Rostock 1973.
„We are members of a group of mid-career environmental social scientists who have met weekly for a decade to give each other feedback on our research, which we wrote about in a previous column. Increasingly, we were bringing our work invitations and opportunities to the group, hoping that the members would serve as a ‘no committee’ that would help us decide which opportunities to reject. This led one of us to throw down the gauntlet: last May, facing pandemic and career burnout, this member whimsically suggested we make a game out of saying no by challenging ourselves to collectively decline 100 work-related requests.“ Aus: Why four scientists spent a year saying no, by Amanda E. Cravens, Rebecca L. Nelson, A. R. Siders & Nicola Ulibarri, in: NATURE, 25 August 2022.
„Im Anschluß an die Verzettelung der Personennamen ist eine geringfügige Menge von Hundenamen eingeordnet.“ Aus dem Eintrag zur Sonderverzettelung Personennamen des Altägyptischen Wörterbuchs der BBAW: Strukturen und Transformationen des Wortschatzes der ägyptischen Sprache: Text- und Wissenskultur im Alten Ägypten.
Aus dem „Gespräch eines Lebensmüden mit seiner Seele“, einem altägytptischen Text, der etwa auf 1900 B.C. datiert wird. „Der Tod steht heute vor mir, / (wie) wenn ein Kranker gesund wird, / wie das Hinaustreten ins Freie nach dem Eingesperrtsein./ Der Tod steht heute vor mir / wie der Duft von Myrrhen, / wie das Sitzen unter einem Segel an einem windigen Tag. / Der Tod steht heute vor mir / wie der Duft von Lotusblumen, / wie das Sitzen am Ufer der Trunkenheit.“ Übersetzung nach Assmann: Tod und Jenseits im Alten Ägypten, siehe Wiki.
Ein Begriff, den ich Ulrike Draesner Toledo- Journal zur Übersetzungsarbeit an Mary MacLanes Ich. Aufzeichnungen aus meinem Menschenleben verdanke: „Ich folge einer Diskussion, in der die britische Schriftstellerin A.L. Kennedy darüber spricht, wie sie versucht, Zorn und Wut produktiv in Texte umzuleiten. Engineered Rage nennt sie das Ergebnis: ein Zorn, dessen Energie ihr, nicht anderen, zufließt und der sich in verbales Handeln umsetzt.“
„Alle Arten kalter Fische / schossen hin und her / und schauten. – Alle slags kalde fiskar / vimsa fram og attende / og glodde.“ Aus dem Gedicht: Ein befreiender Riss, von Tarjei Vesaas, übersetzt von Annette Vonberg.
Ein tragbarer Platz? Eine Wort für eine Fusion aus Platz und Beutel? Ich verstand nicht, was soll das auf Deutsch heißen? Was soll das für ein Konzept sein. Bis ich begriff, dass der Beutel eine Abbildung des Platzes trug, auf den wir uns zubewegten. Er heiß auch so: das ist der Platz. Merchandise. Kurzes Aussetzen der Fähigkeit, Informationen von einem Träger auf den anderen hinüberzudenken. Kein gutes Gefühl. Habituell so ein bisschen wie Stinking Prince Charles, beim herausfordernden Datieren und Unterzeichnen von Dokumenten mit dem Füllfederhalter.
Dort, wo die Straße aufhört und es neben dem Wendehammer einen kleinen Weg hineingeht, der nach etwa 20 Metern bergab durch ein Gebüsch über einen kleinen recht steilen verblockten Pfad hinab in die Bucht führt, wo jeweils ein Steg auf gewaltige Monumente zuführt, auf denen einzelne Umkleiden stehen und wo der Blick ungehalten ins Weite geht, das Wasser ist kalt, es ist menschenleer, weit entfernt bin ich, so weit weg von allem.
Und viele andere anorganische Wonnen, in warme Wolle gehüllt, am abkühlenden Strand. Und an dieser Stelle: meinen herzlichsten Dank an das Baltic Center for Writers and Translators.
„Ein Beispiel für einen historischen Fall ist die Figur des Shakespeare-Herausgebers Thomas Bowdler, dessen moralisch bereinigte Versionen der Dramen lange Zeit das Bild des Dichters bestimmten, daher stammt der Begriff ‚bowdlerize‘ für die beschönigende Bereinigung literarischer Werke.“ Aus dem Newsletter Kultur & Kontroverse. Vom 13. September 2022.
„Sie [die geheimen Projekte der Behörde] waren ursprünglich als eine Art Werbung für die Realität gedacht, die sich mit der Zeit aber zu einer fantastischen Zauberwelt entwickelte, die mit den Fata-Morgana-Maschinen auf die erste Realität projeziert werden sollte, um eine Alternative zu den Pools zu bieten. Eine bessere Welt aus Licht. Aber Erich und die anderen Beamten hätten sich im Storytelling verloren und fanden einfach kein Ende, was das Wichtigste sei, so Erich zu Emilia, das Ende sei die interessanteste Organisation von Zeit.“ Rudi Nuss: Die Realität kommt, Zürich 2022.
Teuer und gefährlich. Stattdessen: Freilegen der Inkohärenz. Dort ausharren.
„Months prior to this I sat at a picnic table in winter as Anil Seth, a neuroscientist, explained consciousness to me. He told me that reality is the brain’s best guess at what is happening outside its own dark room, where it sits windowless and blind, being fed information by other tools – eyes, ears, fingers. All of your senses are spies for your brain. It pieces together what it can from the scant information it is supplied, blurs it with memory and experience and calls it life.“ Hayley Campbell: All the Living and the Dead. A Personal Investigation into the Death Trade. Bloomsbury, Raven Books, 2022.
„Man kann sagen, dass das scheinbar virtuelle, umweltfreundliche Internet in Wirklichkeit nach Abgasen riecht – und das nicht nur, weil die Notstromaggregate vieler Rechenzentren mit Diesel betrieben werden. Rechenzentren verbrauchen trotz aller Bemühungen um baldige Klimaneutralität immer noch horrende Energiemengen. Jede SMS, jedes Katzenvideo und Getwittere lässt irgendwo Rechner anspringen, jede Online-Überweisung, jedes Instagram-Foto, jeder Facebook-Eintrag, jede Google-Suche braucht Speicherplatz, und Datenspeicher brauchen enorme Mengen von Energie. (…) Die Digitalisierung ist nicht so sauber, wie sie vorgibt zu sein: Allein für das Streamen von Netflix, YouTube und anderen Anbietern wurden im Jahr 2018 nicht weniger als 200 Milliarden Kilowattstunden verbraucht – eine Strommenge, mit der man laut einer Berechnung des Energiekonzerns Eon alle Privathaushalte in Deutschland, Italien und Polen zusammen ein Jahr lang mit Strom versorgen könnte. Besonderns die Server und Rechenzentren konsumieren Unmengen: Ihr Energiebedarf ist in Europa zwischen 2010 und 2020 um 55 Prozent auf 87 Terawattstunden angestiegen – etwa 2,7 Prozent des gesamten Stromverbrauchs in Europa.“ Niklas Maak: Servermanifest. Architektur der Aufklärung: Data Center als Politikmaschinen. Berlin 2022.
As in the sequence which closes Anne Carson’s Nay Rather, an essay on translation, where the familiar stops and signs from the London Underground, collected and sequenced, are thereby pronounced a translation of the Greek poet Ibykos’s fragment 286; and, on the facing page, the lines taken and set out from pages 136-7 of Conversations with Kafka by Gustav Janouch are likewise thereby pronounced a translation of that same fragment; and, turning the page again, so too are the words lifted from pages 17-18 of The Owner’s Manual of her new Emerson 1000w microwave oven. Carson calls this – the project of ‘translating a small fragment of ancient Greek lyric poetry over and over again using the wrong words’ – not exactly an exercise in translating, nor even an exercise in untranslating, but more like a ‘catastrophizing of translation’. She also calls it ‘a sort of stammering’.”
Briggs, Kate (2021): This Little Art. Aus dem Englischen von Sabine Voß. Zürich: INK Press.
Ann Carson (2013): Nay Rather. The Cahier Series no. 21. Londen: Sylph Editions.
So beschrieb Daniela Strigl auf dem Podium, das den Abend für Marianne Fritz im LCB im Oktober 2022 vorerst abschloss, einen Aspekt der Haltung der Autorin. Ohnend.
Aus Lavants Gedicht: Das war mein Leben, Gott, vergiss das nicht. „Sag nicht, so viele hätten schon das gleiche / mit deiner Hilfe herrlich überstanden /und wären fromm und Heilige geworden. /Mein Leichnam tobt und will sich noch ermorden / und die dazu, die dich als Trost erfanden, / dort wo du niemals wirklich wirksam bist.“
So unbändig groß wurde das Drama „Die letzten Tage der Menschheit“ von Karl Kraus, dass es ein Marstheater braucht, zehn Abende, einen Meteorregen und außerirdische Marskrieger. „Die ‚Blutoperette‘ legt eine Tonspur druch die ersten Jahre des Ersten Weltkriegs, die das endlose Dacapo eines belanglosen Geredes verzeichnet, in dem das Grauen der Materialschlachten und des massenhaften Sterbens nirgends widerhallt.“ So Ethel Matal de Mazza im sechsten Kapitel ihres Buches „Der populäre Pakt. Verhandlungen zwischen Operette und Feuilleton“, das sich der Wiener Blutoperette widmet, den letzten Tagen der Menschheit.
Das sei, laut Freud, insgesamt ein viel gesünderer Zeitvertreib, als sich der Entwicklung einer psychologischen Theorie zu widmen.
„Homophilic spaces are often agitated spaces of comforting rage. To move beyond this, we need to acknowledge discomfort as a way to create new forms of connection and co-habitation. As Sara Ahmed tells us, ‚discomfort is not about assimilation or resistance, but about inhabitating norms differently‚.“ So Wendy Hui Kyong Chun, in ihrem Buch Discriminating Data, Correlation, Neighbourhoods, and the New Politics of Recognition, The MIT Press, 2021.
Der Kanon sei doch nur eine Art von Anleitung, eine Lektürevermeidungslektüre, eben weil es unmöglich sei, alles zu lesen, hieß es auf dem Podium. Ja, unbenommen, aber die Frage der Auswahl bleibt dennoch strittig.
Ida Vitale, Dichterin aus Uruguay, 99 Jahre alt, voller Lebensfreude, mit sicherem Schritt auf das Podium, hinab vom Podium, ihre Gedichte vortragend, fröhlich, heiter, ja ausgelassen, begleitet von ihrer Tochter, etwas schwerhörig, so dass es um sie herum immer schnell sehr laut wurde, als würde sie von der Energie der lauten Stimmen leben. Hier ist das Gedicht VÉRTIGO von Ida Vitale:
varada velocísima en
tu borde,
veraz de veras,
en vilo, en vela
virando hacia,
en ti guarecida,
guarnecida quiero seguir
imaginando cómo se amanece,
capaz de maullar
por las azoteas des frío
o del ardor final,
feliz naciendo
de la diaria muerte.
stranded on the edge of you, truly truthful, on the edge of you, on the edge of you, on the edge of you, I want to keep imagining how the dawn breaks, capable of meowing on the roofs of the cold or the final burning, happy being born from the daily death. [DeepL]
gestrandet schnell auf deiner Kante, wahrhaftig, auf der Kante, segelnd, sich zuwendend, in dir, behütet, behütet will ich mir weiter vorstellen, wie die Morgendämmerung anbricht, fähig, auf den Dächern der Kälte oder des letzten Brennens zu miauen, glückliches Geborenwerden des täglichen Todes.
„Alle megalithischen Kulturen finden sich an Plätzen, an denen es auch Austern gab. Zu den ältesten Spuren menschlichen Lebens, die die Archäologie auf unserem Erdball nachweisen kann, gehören nicht Bauwerke oder Werkzeuge, sondern die ‚Kökkenmöddinger‘, übersetzt Küchenabfallhaufen. Sie sind eigentlich prähistorische Mülldeponien und bestehen fast ausschließlich aus gewaltigen Muschelhaufen. Man findet sie in Skandinavien ebenso wie in Mexico, an der Beringstraße oder in Kalifornien. Im Hudson River bei New York City liegen gigantische Haufen, die zehntausend Jahre alt sind und immer wieder bei Bauarbeiten entdeckt werden. (…) Die Kökkenmöddinger belegen, dass schon der prähistorische Mensch nicht unbedingt nachhaltig gelebt hat. Zuunterst finden sich in den Küchenabfallhaufen stets die größten Muscheln, während die Reste in den oberen Schichten immer kleiner werden. Bis die Austern, die langsamer wachsen als der menschliche Appetit, alle aufgegessen und an dieser Stelle ausgerottet waren.“ Andreas Ammer: Austern. Berlin 2022.
Nein, boom! Nicht doom, sondern boom. Es seien die Malls Pyramiden der Boomjahre, nun stehen sie leer, im Zeitalter Doom.
„The Galleria had that silence-on-the-cusp-of-hysteria vibe you find only in the very best shopping malls. Walking round it, I really knew I was in California, and I began to see among the commercial hieroglyphics what Joan Didion meant when she called these places ‘pyramids to the boom years’. On certain days, Didion is quite a nice accompaniment to one’s nervous system.“ So Andrew O’Hagen in: I think we’re alone now, in LRB, Vol. 44 No. 24 · 15 December 2022
Und weiter: „Malls are playgrounds with parking. They are nightclubs without drinks and with muzak for music. They are billboards of aspiration and churches of boredom. You don’t wander round a shopping mall in order to be thrilled, but to overcome the wish to be thrilled; if you buy something, that’s fine, but you belong there just as much when you don’t. (To say you’re only shopping when you’re buying stuff is like saying you’re only a sexual person when you’re having sex.) That’s what teenagers understood: the mall was freedom with walls, a habitat much closer to their wants and not-wants than anything built by their parents.“
In einer kleinen Gruppe bin ich eine ausgehöhlte Klippe hinabgestiegen, mittels einer steinernen Wendeltreppe an der Innenwand, die bei der Enthöhlung ausgelassen worden ist, in Begleitung von Kuratoren (ausschließlich männlich), die allesamt blaue Daunenwesten und enge blaue Anzughosen trugen. Es war ein wenig riskant. Unten angekommen versammelten sich alle Beteiligte auf einer Art Felsenplateau. Die Kuratoren verteilten 1-Cent-Münzen und Papierstreifen, wie man sie sonst in Glückskeksen findet. Verteilen ist vielleicht etwas irreführend ausgedrückt, sie bewarfen die Anwesenden damit, heftig, voller Zorn. Doch anders als in Glückskeksen sind die Streifen unbeschriftet. Ich denke: ah, leere Prophezeiungen. Aufgew.
Und fuhr am 29. Dezember durch den Pfälzer Wald, Stambach, Dellfeld, Dellfeld Ort (was noch ein bisschen weniger wie eine Ortschaft wirkte als Dellfeld ohne Ort), Rieschweiler, Höhmühlbach, Thaleischweiler-Fröschen (Kinderschuhe!), Pirmasens Nord, [Umstieg], Rodalben, Münchweiler (Rodalb), Hinterweidenthal, Hauenstein, Hauenstein Mitte, Wilgarthswiesen, Rinnthal, Annweiler-Sarnstall, Annweiler am Trifels (die Tankstelle! der Treffpunkt! Portugieser Weißherbst!), Albersweiler (Pfalz), Siebeldingen-Birkweiler, Godramstein, Landau (West), Landau (Süd), Landau (Hbf), Winden, Kandel, Wörth. Viel Windbruch, viel Totholz – und der Eindruck, dass es nie wieder Frühling wird. Dass das jetzt alles so bleibt. Dann fahren wir an einer sehr langen Rodung entlang. Das entlaubte Glück, der winterstarre Wald, meine Inkompetenz, dieses dürre brüchige Emporzeigen, leere Felder, Fahnen über Schrebergärten. //// Vielleicht ist es auch (oder eher) ein Aufzeigen, dachte ich einige Wochen später.
PS: Nachtrag zu Godramstein: „What does a dyslexic, agnostic, insomniac do at night? – – – – – He stays up wondering if there really is a dog.“
Gute Dummheit sei dann doch das schöne Wildpferd, das sich rammt. Im Gegensatz zur unguten Dummheit.
„The name comes from a linguistic study by the Russian futurist Velimir Khlebnikov, called zaum. Literally, za means ‚beyond‘ or ‚across‘ and um means ‚intelligence‘ or ’sense‘. It’s often translated as ‚transrational‘. ‚Beyonsense‘ sort of sounds like ’nonsense‘. It also sounds like ‚Beyoncé‘. And we like the juxtaposition of the Russian futurists with those two ideas, nonsense and Beyoncé.“ Siehe Slavs & Tatars.
Kunsttankstelle Ottakring, sie konnten etwas machen, das wie ein spiraliger Hochfrequenzaal in den Gehörgang flutschte, sich verdrehte, den Gehörgang wieder verließ. Im Raum: installativ – die digitale Kulisse. Der analog, ja gestisch ausstaffierte digitale Raum. Den Bewegungen nachgehen. Den Spuren des Aals. Alls. Und an der Wand zu lesen, handgetippt: „du ziehst aus aalen die falschen schlüsse.“
„Das war auch einigermaßen hammereindrucksvoll“, sagte Diedrich, am Stehpult im Roten Salon im Februar 2023, den dritten Teil des Abends für die viel zu früh gestorbene Marion von Osten moderierend, es ging schon auf Mitternacht. So viele Freunde* und Freundinnen* hatten gesprochen, sich gemeinsam erinnert, Filme gezeigt, Fotos, Lieder eingespielt, ich saß nur vor dem Stream, in Wien, und sah zu. Bauhaus Imaginista, Knüppel aus dem Sack, Kanak Attack, Studio Hellerau (Höllerau), Labor 3000K, sich von den institutionalisierten Zwängen nicht dumm machen lassen, Albernheit, etwas anderes als das Erwartete, unberechenbare Ausgänge, dreams that money can buy, The Calida Story, Fashion is Work, Manchester Museum of Labour, Überforderung als Auftrag, sich nicht abzufinden mit dieser Arschlochwelt, east of the border, south of the border, The Voice of the Pocket, für wen man spricht, wer ausgeschlossen ist, beauty of knowledge, beauty of non-knowledge, beauty of non-knowledgeness, und der Speisewagenkeller sagt: Setzen Sie sich, es gibt Wein und Kino, Schatten der Engel, Ponys und richtige Pferde, Daniel Schmid, Hotel Schweizerhof, Thut alles im Finstern, Eurem Herrn das Licht zu ersparen, Wider die Logik der Autorität, unterwegs sein, Gespräche führen, Ulla Bender Gruppe, Körper im WMF-Haus umzumöbeln, Marion als Waschbecken, Unput to the Test, Frage der Pleasure-Positionierung nach 1968, Utopie und Unterhaltung, once we were artists, das Unkontrollierbare, Unberechenbarkeit und Power, der Wiener Elefant im Raum des Musikvereins, Winterreise, ungegendert, aber sehr traurig, der Leiermann, tak, tak, der Leiermann, Alpenungrande (oder: Alpengrat?), und im Schritttempo eine Kamerafahrt über die Weide: Lucky, das Pferd. So viele Erinnerungen, so viele Projekte, viele haben erzählt, wie intensiv und schön und anregend und und und die Begegnungen mit Marion waren, aber immer zu kurz, immer zu kurz, wie unterlegt vom unaufhörlichen Rattern der Rollkoffer. Ich hatte kurz überlegt, ob ich nach Berlin fliegen sollte, als ich von der Veranstaltung las, aber als ich buchen wollte, sah ich, dass schon ausverkauft war, und auf gut Glück früher als gedacht nach Berlin zu fliegen, wollte ich lieber nicht. Die Zeit beruhigen. Als die Leute aus dem Roten Salon ins Sternfoyer strömten (drei Kameras!), und dann der Kuchen angeschnitten wurde, kamen mir die Tränen, und es war seltsam, allein zu sein. Und all dieser Freundschaften gewahr zu sein, im Bewusstsein, wie wenig Zeit da ist. Einigermaßen hammereindrucksvoll.
John Berryman über Baudelaire. Das entnehme ich dem Buch „Die Klarheit, Alkohol, Rausch und die Geschichten der Genesung“ von Leslie Jamison in der Übersetzung von Kirsten Riesselmann.
„Ich hatte vor Weihnachten eine recht harmlose kleine Glosse über einen harmlosen kleinen Kuchen namens Panettone veröffentlicht. Klar, Essen ist emotional aufgeladen, traditionelles Essen wie ein Weihnachtskuchen sowieso, doch mehr als ein bisschen Spaß sollte dieser Text nicht sein. Doch die wenigen Zeilen haben die Gemüter erregt, anders kann man es wohl nicht sagen. Selbst in der Redaktion geriet man aneinander, manche Kollegen sprechen nur noch vom „Konfliktgebäck“. Als ich am Tag nach Erscheinen Twitter öffnete, schwante mir Unheil. „Panettone“ stand da ganz oben in den Trends. Was hatte ich nur getan?“ Johanna Dürrholz: Viva il panettone! FAZ, 4. Februar 2023.
Erst sprachen (chatteten) wir lange über Freud, dann griff ich nach Emojis, dann schickte ich Gifs, dann drifteten wir ab, dann kam der nicht sehr groß gewachsene Tscheche dazu, dann das Poster, der Poster-Transport, dann wieder Freud. Und irgendwann trat die Parade der gefiederten Koks-Zigarren auf, aber ob dies latenter oder manifester Trauminhalt war, ja, ob es überhaupt ein Traum war – das steht bis dato noch aus.
Das abgehetzte Material ist unwiderruflich verbraucht. Ich kann daraus nichts anderes machen, wenn es ersteinmal flüchtig verbaut und zur Veröffentlichung freigegeben ist. Das flüchtig hingemachte Buch. Die guten Zutaten. Wie schade es um sie ist. Jede einzelne, jede einzelne! – war im Rohzustand dem Ergebnis überlegen, das halb untot, halb shiny daran erinnert, dass es nicht taugt, oder nur auf eine sehr intrikate, abhängige und unfreie Weise. Jede Unfertigkeit darin schreit: Basta! Mehr ist nicht drin. Das ganze Buch schreit: Mehr ist nicht drin. Abgehetztes Material ist irreparabel.
Was war das für ein Tag, Sonntag, glaube ich. In welchem Monat? Ich weiß es nicht, an eine universelle und irgendwie von den Jahreszeiten unabhängige Kühle erinnere ich mich, mit kurzen sonnigen Abschnitten. Und ich hatte meiner Mutter, die in Wien zu Besuch war, das Institut gezeigt, dann gingen wir die Treppe hinauf, in Richtung Stephansdom und passierten das Salzamt, wo der Dackel die wenigen Stiegen zur Tür des Gasthauses erklomm und dort sitzen blieb, uns mit einem unmissverständlich auffordernden Blick entgegensehend. Hier! Das kann doch nicht so schwer sein. Hier! Das ist der Ort. Es war noch nicht geöffnet. Später, sagten wir, später. Und kamen in der Tat noch am gleichen Tag zurück und bekamen einen Tisch. Dackel’s Choice.
„Truth is everywhere. Truth is relentless. Truth is a noisy neighbour who just swallowed four disco biscuits and dragged his sound system into the garden for a bit of a social. What’s not to like?“ Andrew O’Hagan: Off His Royal Tits. LRB, 02, 23.
In ihrem Essay FREMDSPRECHEN kommt Esther Kinsky auf die Andersnamigkeit der Welt zu sprechen. Zunächst trete uns die eigene Sprache deutlicher entgegen, beginnen wir mit der Unternehmung, in sie, oder aus ihr zu übersetzen. Viele unterschiedliche Merkmale kommen dabei ins Bewusstsein: “das Repertoire von Namen, Benennungen, Bezeichnungen, die in jedem Kopf eine durch Erinnerung, Erlebnis, Erfahrung andere und eigene Färbung haben und eingebettet sind in das vertraute Tempusraster zur Ordnun von Geschehen im Fluss der Zeit.” (Kinsky, 2013:43)
Wie komme ich zu einer Stimmigkeit zweiter Ordnung? Nähe ist oft nicht die Lösung.
“Die Grundvoraussetzung für jede Arbeit an Übersetzung ist die Bereitschaft, sich auf eine Andersnamigkeit der Welt einzulassen und auf das damit verbundene, oft hoffnungslose Ringen um eine annähernde Kongruenz zwischen originalem und übersetztem Text. Diese Bereitschaft beruht nicht nur auf dem Interesse am anderen Klang und Namen, sondern auch an den Schattenrändern, Rissen und Klüften, die sich bei dem übersetzerischen Versuch auftun, zwei Sprachwerke zur Deckung zu bringen. Jeder Übersetzungsvorgang, der Text neben oder jenseits seiner bloßen Aussagefunktion als gestaltetes Material begreift, wird mit diesen Rändern, Rissen und Klüften mehr befasst sein als mit den Worten und Satzteilen, die sich einfach zu fügen scheinen, denn in den Deckungsungleichheiten, in den unvermeidlichen Divergenzen öffnet sich eine fruchtbare Welt der Infragestellung von Gegebenem, der Unterwanderung von Festgeschriebenem, der Eigenart von sprachlichem Leben.” (Kinsky, 2013:44)
„Mit jeder erinnernden Aktivierung eines gespeicherten Eindrucks legen sich Elemente aus dem Augenblick des Aufsuchens über diesen“ – wie schön auch dies: Elemente aus dem Augenblick des Aufsuchens! – „bilden Schichten und verändern seine Qualität (…) Mir fällt ein Satz von René Char ein: Les mots qui vont surgir savent de nous ce que nous ignorons d’eux. (Ein Satz, der auf Deutsch vielleicht so lauten könnte: ‚Die aufsteigenden Wörter wissen etwas von uns, was wir von ihnen nicht einmal ahnen.‘)“ Esther Kinsky: Fremdsprechen. Berlin 2013.
Präsentation des Sonderpostwerkzeichens und einer Münze, wozu unter anderen Sprecher’lers ein junger Mann aus dem Finanzministerium eine eher läppische Rede hält. Der Schriftzug sowohl auf Briefmarke wie auf Münze: „Ändere die Welt, sie braucht es.“ Der Herausgeber des Brechtbandes macht später darauf aufmerksam, aus welchen Kontext das Zitat stammt, dem „Der Maßnahme“ nämlich: „Welche Niedrigkeit begingest du nicht, um / Die Niedrigkeit auszutilgen? / Könntest du die Welt endlich verändern, wofür / Wärest du dir zu gut? / Wer bist du? / Versinke im Schmutz / Umarme den Schlächter, aber / Ändere die Welt: Sie braucht es!“ Ein eher schauriger Aufrag. Der glatte Münzrand enthält in vertiefter Prägung die Inschrift: „DAS SCHICKSAL DES MENSCHEN IST DER MENSCH“, entnehme ich der betreffenden Seite des Bundesfinanzministeriums.
„Maschinelles Laermen“ entnehme ich dem Newsletter des auslands in Berlin. Darin heißt es zunächst „helau“, und dann „unsere depeschen formuliert jetzt chatGPT, und bei den konzerten spielt musicGPT. das publikum ersetzen wir auch durch roboter und schaffen so 24 konzerte pro tag. bei der debatte darueber entsteht soviel heisse luft, dass wir den winter damit locker ueberstehen.“
„‚Mit dem Bernhard bin ich in Tschin-Bumm-Filme gegangen‘, erzählt Fritsch, offenbar hatte der Dichter, der sonst vertrauten Umgang mit Novalis und Pascal pflog, großen Spaß an der Ballerei auf der Leinwand. Autos hatte er noch lieber, aber mit ihm zu fahren war nicht ungefährlich. Für ‚Frost‘ bekam er ein Drittel des Julius-Campe-Preises und setzte das Geld sofort in einen Triumph Herald Roadster um, den er bald zu Schrott fuhr.“ So Willi Winkler in seiner Würdigung der Wiener Buchhandlung Fritsch, in der SZ. [Link führt auf Zahlschranke]
„Kunst in AktionVALIE EXPORT – Aktionshose Genitalpanik. Am 22. April 1969 führt die österreichische Künstlerin VALIE EXPORT die Performance Aktionshose: Genitalpanik durch. Mit einer Maschinenpistole bewaffnet und mit einer im Schritt aufgeschnittenen Hose bekleidet, stellt sie in einem Kino ihre Genitalien zur Schau.„
Und dann war mir, als sei die Aufgabe durch all die Aufschübe und neuen Versprechen, die ihrerseits kurz darauf wieder von mir nicht gehalten wurden, vollends irreal geworden. Und in dieser Irrealität war ich dann ganz alleine. Niemand konnte mir helfen.
„The narratologists had given birth to a monster: George W. Bush announced that ‘each person has got their own story that is so unique’; ‘We are all virtuoso novelists,’ the philosopher Daniel Dennett wrote. What Brooks glumly calls ‘the narrative takeover of reality’ was complete.“ Terry Eagleton: What’s your story? LRB, Vol. 45 No. 4 · 16 February 2023
„Bei Genazino auch ein paar schöne Gedanken dazu, was passieren würde, wenn der Sprecher um 20:00 mal nicht die Tagesschau, sondern die Tagesscheu ankündigen würde. ‚… und die Drohungen werden ausbleiben, weil die Scheu, sie auszusprechen, an diesem Abend überwältigend sein wird.'“ Mit bestem Dank an Volker Pantenburg.
„Capable of transporting more than ten thousand containers per trip, megaships, for example, are vessels so massive that they are unable to sail through the expanded Panama Canal locks, their decks unreachable by most North American cranes. The mind-boggling scale of these technologies and of the systems that manage their movements are defined by the dark dreams of the ‚logistical sublime‘, where global trade flows are ever more precisely patterned in a nightmare of unending rationalization.“ ASSEMBLY CODES. The Logistics of Media. Edited by Matthew Hockenberry, Nicole Starosielski, and Susan Zieger. Duke University Press, 2021.
„The hope that value and insight are to be found mainly in art is a symptom of our condition, not a solution to it.“ Terry Eagleton: What’s your story?, Vol. 45 No. 4 · 16 February 2023
Ja, als Prosa-Autorin ist sie fantastisch, aber als Lyrikerin – nein. Ja, als Lyrikerin ist sie zweifellos großartig, aber als Prosa-Autorin – nein. Und jetzt, der Einsatz des Chores: DAS IST DOCH KEIN ROMAN! (Da steht zwar Roman drauf, aber:) DAS IST DOCH KEIN ROMAN!
As Alphonso Lingis (1994) puts it, perhaps when we listen properly to another person we are listening not only to the content of what they say, but also: „to that internal noise – the rasping or smouldering breath, the hyperventilating or somnolent lungs, the rumblings and internal echoes – in which the message is particularized and materialized and in which the empirical reality of something indefinitely discernible, encountered in the path of one’s own life, is referred and communicated.“ Aus Stephen Frosh: Feelings. London 2011.
„I made a church of your hairdo / And I made a shrine of your legs / I promise to love and to worship each day / I know that Heaven is not far away / Management told me they’re sure I will play / The other side of this life.“ David Byrne: The Other Side of This Life.
„‚Wenn ich das weise Mütterchen um eine Stellungnahme bitten darf. Könnte es sein, dass die Kinder danach besonders geprägt von den modellierenden Tatzen des Lebens aussahen? Ich meine nur. Es könnte doch möglich sein, dass mich die modellierenden Tatzen des Lebens überlistet haben? Ist das so ausgeschlossen?'“ Marianne Fritz: Die Schwerkraft der Verhältnisse. Frankfurt am Main 2023.
Flight Of The Conchords / En direct / Flight Of The Conchords – Bowie / Album : Flight of the conchords (2008) / Label : SUB POP
„At the entrance to one of the hothouses (or maybe the aquarium?), mounted on the wall, there is a scaled-down bronze sculpture of a sunfish, with a Heißluftgebläse built into its mouth, for those entering from outside to heat up their glasses so that they don’t get all steamed up on entering the humid space within! See pics attached! Totally crazy! And elsewhere there are two more Brillenfön sculptures (this time ohne H!) im Gestalt der gewöhnlichen Flugdrache. WTAF! Ick sage dir! Ogottogottogott!“ Merci beaucoup an Nick Grindell!
„Those whom the Gods wish to destroy,” says the adage, “they first make mad.” Das ist der erste Satz des Artikels
Users, advertisers – we are all trapped in the ‘enshittification’ of the internet, am 11. März 23 im Guardian. „Thanks to Cory Doctorow, the great tech critic, we now have a term for this decay process in online platforms – enshittification. ‚First,‘ he writes, ‚they are good to their users; then they abuse their users to make things better for their business customers; finally, they abuse those business customers to claw back all the value for themselves.‘ Enshittification results from the convergence of two things: the power of platform owners to change how their platforms extract value from users and the nature of the two-sided markets – where the platforms sit between buyers and sellers, holding each hostage to the other and then raking off an ever-larger share of the value that passes between them.“ [Mit bestem Dank an Nicholas Grindell für den Hinweis!]
„In 2019, she raised her hand at a conference and asked, ‚What language are you working with?‘ for every paper that didn’t specify, even though everyone knew it was English. (In linguistics, this is what’s called a ‚face-threatening question,‘ a term that comes from politeness studies. It means you’re rude and/or irritating, and your speech risks lowering the status of both the person you’re speaking to and yourself.) Carried inside the form of language is an intricate web of values. ‚Always name the language you’re working with‘ is now known as the Bender Rule.“ Aus You Are Not a Parrot And a chatbot is not a human. And a linguist named Emily M. Bender is very worried what will happen when we forget this. By Elizabeth Weil. 1. März 23.
„Excessive use of phosphorus is depleting reserves vital to global food production, while also adding to the climate crisis. Our planet faces “phosphogeddon”, scientists have warned. They fear our misuse of phosphorus could lead to deadly shortages of fertilisers that would disrupt global food production. At the same time, phosphate fertiliser washed from fields – together with sewage inputs into rivers, lakes and seas – is giving rise to widespread algal blooms and creating aquatic dead zones that threaten fish stocks.“ Robin McKie, Science editor des GUARDIAN, Sun 12 Mar 2023.
„Relating to the earlier part of your question—no, these renderings do not relate to reality. They relate to the totality of crap online. So that’s basically their field of reference, right? Just scrape everything online and that’s your new reality. And that’s the field of reference for these statistical renderings.“ Hito Steyerl on Why NFTs and A.I. Image Generators Are Really Just ‘Onboarding Tools’ for Tech Conglomerates
Guillaume Paoli in „Geist und Müll“ über den Politkitsch Latours: „Nein, ein ‚diplomatisches Dispositiv‘ soll alles regeln, das sprichwörtliche Parlament der Dinge, in dem Amsel, Fink und SUV über die Wahrung ihrer jeweiligen ‚Existenzweisen‘ demokratisch palavern.“ Guillaume Paoli: Geist und Müll. Berlin 2023.
„Just as Marx saw that commodities in the culture of production were really congealed labour, we need to recognize that digitized data in the culture of stewardship are congealed labour. When we look at a database, we are looking at stored energy, and we can use that energy to a more or less infinite range of cultural purposes.“ Well, I am not sure. Barry Lord: What does the Culture of Stewardship Look Like?, in: Energy Humanities, Baltimore, 2017.
An Occasion for Unselfing: Iris Murdoch on Imperfection as Integral to Goodness and How the Beauty of Nature and Art Leavens Our Most Unselfish Impulses: “The self, the place where we live, is a place of illusion. Goodness is connected with the attempt to see the unself… to pierce the veil of selfish consciousness and join the world as it really is.” In: the marginalian, by Maria Popova.
Den Hinweis aus diese Passage von Virginia Woolf verdanke ich Cécile Wajsbrot: “But words do not live in dictionaries; they live in the mind. If you want proof of this, consider how often in moments of emotion when we most need words we find none. Yet there is the dictionary; there at our disposal are some half-a-million words all in alphabetical order. But can we use them? No, because words do not live in dictionaries, they live in the mind. Look again at the dictionary. There beyond a doubt lie plays more splendid than Antony and Cleopatra; poems more lovely than the Ode to A Nightingale; novels beside which Pride and Prejudice or David Copperfield are the crude bunglings of amateurs. It is only a question of finding the right words and putting them in the right order. But we cannot do it because they do not live in dictionaries; they live in the mind.” Virginia Woolf, in ihrem BBC-Beitrag: On Craftmanship. Erinnert das nicht ein bisschen an die Diskussion um die LLMs, Large Language Models – wo leben die?
„Schon 1926 forderte Arnold Zweig die ‚Aufstellung großer Muster und ihre gründliche Erläuterung‘; denn ’nur das Persönliche, Unabgeschliffene leitet zum Verständnis guter Prosa an – wie zu allen Wünschbarkeiten des Tuns‘. Es ist hohe Zeit, sich darauf wieder zu besinnen: poetische Texte als Vorbild, freilich nicht zur platten Nachahmung empfohlen, sondern in dem Sinn, dass sie als schöne, harmonische, durchgeformte Beispiele bildend und formend auf Sprachgefühl und Geschmaclk wirken.“ Nachwort 1 von Ulla Fix, in: Sprich wenndukannst: Schriftsteller über Sprache. Leipzig und Weimar 1989.
„MAX SCHELER beschreibt, Schopenhauer und Nietzsche folgend, diese durch die Pflanze repräsentierte ‚unterste Stufe des Psychischen‘ als „Gefühlsdrang“ und als ‚Dampf, der bis in die lichtesten Höhen geistiger Tätigkeit alles treibt, auch noch den reinsten Denkakten und zartesten Akten lichter Güte die Tätigkeitsenergie liefert.‘ In dieser Beschreibung äußert sich, ähnlich wie etwa in FREUDS Beschreibungen des Unbewußten, eine mechanistische Naturkonzeption.“ Aus dem Eintrag: PFLANZE, von Theda Rehbock und Nele Schneidereit, im Wörterbuch der philosophischen Metaphern.
„Endlich tat der gastgeber meiner verkommenheit den mund auf: ‚Wer sind Sie?‘ ‚Ich bin‘, sprach meine verkommenheit, ‚die verkommenheit eines, dem ich auf dem wege verkam und nun bin ich frei zu meiner vollendung.‘ ‚Angenehm‘, grüßte der andere. ‚Ich bin der allober.“ Nach einer geziemenden weile fragte meine verkommenheit: ‚Sie sind der oberste der kellner?‘ ‚Nein, aber ich befehle diesem.‘ ‚Sie sind der wirt des haues?‘ fragte meine verkommenheit nach einer geziemenden weile. ‚Nein, aber ich befehle ihm.‘ Nach abermals einer geziemenden weile fragte meine verkommenheit wiederum: ‚Sie sind der bürgermeister in diesem ort?‘ ‚Nein, aber ich befehle ihm.‘“ Aus: Christa Reinig: der traum meiner verkommenheit. Berlin 1961.
Auf dem letzten Panel der Konferenz ROUGH TRANSLATION, im April 2023 in Wien, dem ich vieles verdanke, zum Beispiel die Aufforderung: Read the bubbles. Vielleicht auch: die Luft zu lesen. Nurture the desire. Find spaces not to perform. Spaces that don’t make you decide to go in or to go out. Danke an Edit Kaldor und Gabu Heindl.
Es regnete, regnete und regnete. Es hörte nicht mehr damit auf. Und N. kam in ihrem fantastischen neuen Rainkiss-Regencape, Camouflage in Violett, Dunkelgrün, Pink – (war es das Modell Digi Spring Cameo?), und ich fragte, wofür ist das denn die gebotene Mimikry? Und N. sagte: Virtual Reality.
Hoch leben die Steine, die Steine, die Steine, sie leben hoch! Und einer lungert indes ganz alleine am Bahnhof Friedlos in einem Pavillon herum. Heißt das Schlagobers oder Schlagerboot? Am Rhein wird es letzteres sein, an der Donau das erstgenannte.
Nachts um vier, nachdem die meisten Stimmen schon verklungen waren, der Nachtwächter mit seiner Lampe um die Ecken und durch die Gassen gegangen war, stehen sie immer noch da: marodierende Brautjungfern, laut und ganz schön derangiert.
Freundliche Post aus der Schweiz: „Ich bin nicht sicher, ob ich mich verhört habe oder ob da tatsächlich jemand von ihrer Fuckit List gesprochen hat. Egal, es gefällt mir sehr viel besser als die Bucket List, von der ich mich immer überfordert fühle.“
Has France really gone to hell? Its catastrophist discourse is at odds with the facts. Months of anger have obscured reality and sapped resistance to the politics of nostalgia.The French adventurer Sylvain Tesson may have put it best when he wrote: “France is a paradise inhabited by people who think they’re in hell.” Alexander Hurst im Guardian.
„Nun war die Teilnahme von Beatrix zwar absonderlich, nicht aber ihr Mangel an Interesse, denn sie fand es für Minuten oder halbe Stunden komisch, ein Statist zu sein in einem Drama, und manchmal dachte sie, wenn sie sich schon getrennt hatten, sie werde ihm einmal sagen, was ihr eingefallen war, denn der Ausdruck gefiel ihr zu sehr, nämlich dass es doch eine ‚pyramidale Telepathe‘ geben müsse zwischen ihm und Guggi. Jedesmal kam er rechtzeitig nachhause, einmal hatte er zufällig einen Zug aus Graz drei Stunden früher genommen, weil er sich bei einer Konferenz geärgert hatte über die Ablehnung seiner Vorschläge für den Inlandflugverkehr, und er hatte damit prompt wieder Guggi gerettet, die drei Stunden später nicht mehr zu retten gewesen wäre, er hatte sich wie ein Wahnsinniger gemüht, den Krankenwagen bestellt und sie in die Klinik gebracht, und danach hatte er sofort Beatrix angerufen, seinen ‚Lichtblick‘, seine ‚Oase des Friedens‘ in einem verpatzten Leben, und er versicherte ihr, zitternd noch, aber inständig, dass er ohne sie nicht mehr weiterkönne, wie sehr er ihren Mut und ihre Gefasstheit bewundere, ihre Stärke und eine Vernunft in ihr, über die gewiss kein anderes zwanzigjähriges Mädchen verfüge.“ Aus: Ingeborg Bachmann: Probleme, Probleme.
Entendämonen? Nein, keineswegs. Entendámonos – let’s understand each other. „Let’s understand each other: I live in a world of hat wearing old women in successive automobiles, / while the person waiting for the bus in the rain gets pushed around, / I live near a blind man who goes to the butcher’s with his dog, / I’m a taxpayer and citizen, I’m spent / and you can see it by the fatigue in my eyes as they slip into my shoes each day; I live in an era of pills for sleeping and to lose weight, to …. “ Soweit: Jorgenrique Adoum: El amor desenterrado, Love Disinterred, in: ders.: Prepoems in Postspanish and other Poems. Translated by Katherine M. Hedeen and Victor Rodríguez Núnez. University of Notre Dame Press, 2020.
Administration by Bluff!
„Besonders Weitstreckenzieher vervollständigen ihr Gefieder sehr rasch , während bei Standvögeln eine dritte Federgarnitur erst im Spätsommer oder Herbst wächst.“ So der Vogelwart in Band 36.
Merke: Kratzgeräusche sind kein Grund, nicht bei Relaxsesseln. So das Landgericht Oldenburg, äh, Offenburg.
Im Traum eine Melbourne Meise in der Stadt herumführen, an einer Leine aus Luft. Melbourne Meisen sehen wie Kohlmeisen aus, allerdings mit rot-bräunlichem Gefieder. Sie sind zahm, sehr klein. Wir versuchten indes auch die Meise zu füttern, sie zu feinen Meisenspeisen zu bringen, aber das meiste davon war viel zu groß für sie.
„A Couch in New York (1996), Chantal Akerman’s brillant cinematic flop tells the story of a ‚good‘ and a ‚bad‘ psychoanalyst. Henry, played by William Hurt, lives in a fancy New York apartment, paid for by his career as an urbane, book writing shrink. In spite of his success, he’s bored with his life as the paid ear to a series of entitled suit-wearing men.“ Es folgt ein Wohnungstausch. Die Pariserin Béatrice (Juliette Binoche) zieht in sein New Yorker Apartment und überlässt ihm vorübergehen das ihrige. In Manhattan tauchen indes Henrys sture Patienten zu ihren Sitzungen auf. „The patients go on talking to Béatrice, deciding she must be Henry’s holiday cover. As it turns out, she has a propensity for dealing with grumpy men (…) and takes a great interest in the details of their misery, often chipping in with examples and observations from her own life. / Happily Béatrice has a friend in New York who gives her a crash course in how to be a proper psychoanalyst: repeat everything they say back in a deadpan voice and never give in to transference. Béatrice somehow puts this together with her irrepressible inclination to have a really good chat. She lurches, seemingly uncontrollably, between a parody of semi-robotic standard practice and outlandish heartfelt responsiveness. The patients love it.“ Anouchka Grose: A Short history of Psychoanalytic Listening, in Grose/Young: Uneasy Listening: Notes on Hearing and Being Heard. London 2022.
„Einbildung entzündet sich an einer Zwischenzeit, deren zugehöriger Raum in einer ungeordneten, noch nicht erfassten Vielheit von Lebenswirklichkeiten besteht. Das ‚Zwischen den Bildern‘ lässt nur dann die Einbildung, die es stimuliert, nicht leer ausgehen, wenn durch die Kameraaufnahmen eine von aller ordnenden Macht verlassene Wirklichkeit in die Einbildung fällt.“ Heide Schlüpmann: Raumgeben – der Film dem Kino. Berlin 2020.
Da, wo ich diese Drei gefunden habe, gibt es noch viel mehr. Nämlich in Valère Novarinas Text: Der Mensch außer sich, in der deutschen Übersetzung von Leopold von Verschuer, soeben erschienen in der Berliner Friedenauer Presse. Der Dramenarbeiter ruft den Menschen außer sich dazu auf, alle Verben mit allen Zeiten zu verknüpfen, solang noch Zeit ist. Darauf antwortet der Mensch außer sich nahezu sechs Seiten lang mit den unterschiedlichsten Zeitformen: „der Erfindativ, der Reminiszens, der Noch nicht da, das Schlimperfekt, die laufende Gegenwart, das Mehr als Vorbei, der Konjugativ, das Minder als Präsens, (…) die Unwünschenswart, das Schlimmsterium, (…), das Müdungsfutur, der Prolego-Grübelativ, (…), die kaum Durchzuführwart, der Dubiositiv, der Reduktiv, (…) der Interuptiv, die scheidende Verwaltenheit, das Erlösungsperfektiv, die Zunichtekunft, (…) der Prangeridal, der Protologal, der Verdruss-am-Defekt, der Spiraliv, (…), der Melancholei, das Schleuderfutur“ – und ganz am Ende stehen dann: „der Vollendativ, die Finaliste, das Schlussfutur, die verfallene Zukunft, der Endetdasniv, der Hektiv, der Gleichvorbei, der Depossessiv, die verbreitete Gegenwart, die Ereignetheit, die Verwüsterei, der Verschleiß, der Thanatal, der Mehr-als-Verloren.“
„When I put it like this you have to wonder how we could ever have thought of language as separable from where and especially when it is happening. We have language by the beach, language at the cliff-face, language in the town; language at dawn, midday, or dusk; language right on this page.“ Michael Taussig: Mastery of Non-Mastery in the Age of Meltdown. Chicago, 2020.
MNM writing, also mastery of the non-mastery writing, was ist das für eine Schreibweise? „MNM writing, that crosses between writing and theater, which was how this all began long ago at the beach, and which, by the way, recruits stagecraft, trickery, and subterfuge of a high order summed up as the skilled revelation of skilled concealment, somewhere between science fiction, high theory, and the weather.“ Michael Taussig: Mastery of Non-Mastery in the Age of Meltdown. Chicago, 2020.
Die man braucht, um Wasser (in Paris) in die richtige Richtung zu lotsen. > the Chiffons de barrage are süperbe. They go straight into the begriffs. And they are also a little unheimlich.> >they are indeed super spooky! remind me of the practice of rolling up corpses in carpets. but in miniature. cauchemardesque.> (ngr)
Odonien, Köln. Musik. Die Rostgerippe von Dinosauerien bekletternde Vorschulkinder. Staub. Sonne. Elektronik. Ein schöner Sonntagnachmittag.
Herumschubsbarkeit als ein Merkmal von Niedlichkeit. Und dann: die Moai auf Rapa Nui. Hier fehlt noch ein Zitat, das ich in Kürze nachliefern werde.
Eine? Wie wärs mit mehrerererereren?
„The narrative bursts its banks, the historian despairs and ‘meanwhile’ becomes the adverb of first resort.“ Christopher Clark, in Kings Grew Pale, von Neal Ascherson.
„Fest steht lediglich, dsas die Worte das Ich ebenso vorantreiben wie innehalten lassen: […] Nichts wird in seinem Blick zum erstarrten Bild, alles zu einem Fluss der Bilder, die sich bewegen wie es selbst. Auf bestimmte Sätze kommt es immer wieder zurück – oder kommen die Sätze zu ihm zurück? Sie lauten zum Beispiel: ‚ich vergehe vor Armut, Strafe und Sehnsucht‘ (ebda, 20), ‚ich bin sehr unsicher darüber‘ (ebda, 15), ‚da flüchtet sich die Seele in einen Ausnahmezustand‘ (ebda, 30), ‚ich werde von Affekten bestürmt‘ (ebda, 33).“ Andrea Winkler über Ich/die anderen/die Sprache. Friederike Mayröcker mein Herz mein Zimmer mein Name (1988). Zu finden in Grundbücher der österreichischen Literatur seit 1945. Erste Lieferung.
Und meine Aufmerksamkeit weitete sich zu einem endlosen Ei! Die generelle Endlosigkeit der rezeptiven Fähigkeiten. Gesteigerte Erregung. Weiter gesteigert. Aber wo kommt es her, the endless egg? Es ist der Titel eine Pflasterarbeit von Mária Bartuszová. „Though its effects are only quasi-human, Bartuszová found ways to convey damage, violation and pain. Consider the axe-like stone used to weigh down a three-layered pile of bellying shapes, or the damage wrought on the plaster piece Endless Egg.“ The Plaster Piece Endless Egg! Aus: Anne Wagner: At Tate Modern. Vol. 45 No. 11 · 1 June 2023
„Fast unmöglich zu beschreiben, was die Musik von Wish You Were Here im Kern gewesen ist. Die Entdeckung einer existenziellen Verlorenheit und zwar als Rausch- und Glücksgefühl, eine Verlorenheitslust, die einhergeht mit der Entdeckung, ein eigener Mensch zu sein. Das Erlebnis der Individuation also, das Erlebnis des Eigenen, eines eigenen Daseins, einer eigenen Traurigkeit, die zu feiern mehr als genug Anlass war: Abschied von den Eltern, Abschied von der Kindheit. Eine Verlorenheitslust und süße Verzweiflung, weil sie den Besitz eines eigenen Schicksals beglaubigt, und Quellgrund einer großen, irrationalen und alles umfassenden Sehnsucht sein konnte.“ Lutz Seiler: Laubsäge und Scheinbrücke. Zur Vorgeschichte des Schreibens. Heidelberg 2020.
Der Weise Djedi weist den König Cheops in seine Schranken, indem er ihm das Experimentieren mit Menschenleben untersagt: „Nein, nicht an einem Menschen, Herrscher (LebenHeilGesundheit) mein Herr! Siehe es ist nicht erlaubt, solches dem erhabenen Kleinvieh (eine sakralsprachliche Metapher für Menschen) anzutun.“ Spätes Mittleres Reich. Aus: Ludwig D. Morenz: Kleine Archäologie des ägyptischen Humors. Bonn 2013.
koniortòs logismon – Quelle folgt. Hier ist sie, mit ihr eröffnet Jakob Moser sein Buch über Lesende Dämonen. Es geht um die Versuchungen des Heiligen Antonius. „Athanasius von Alexandria […] berichtet in seiner Vita Antonii (um 360), dass der Teufel Antonius zunächst durch weltliche Erinnerungen quälte und eine ‚Staubwolke an Gedanken‘ (koniortòs logismon) aufwirbelte.“ Dann treten alle möglichen Formwechsler auf. Jakob Moser: Lesende Dämonen. Schrift als Versuchung. Wien 2022. Ui, wie das in Köln regnet!
Die sehr interessanten Fußnote 2 und 3 aus Anselm Jappes Buch BETON – Massenkonstruktionswaffe des Kapitalismus: „Stahl ist im Inneren des Betons theoretisch vor Korrosion geschützt. Dies funktioniert aber nur, solange der Beton einen bestimmten ph-Wert aufweist. Ändert sich der ph-Wert wesentlich infolge des Einflusses aggressiver Chemikalien, rostet der Bewehrungsstahl auch im Inneren des Betons. Und ohne Stahlbewehrung kann der Beton keine Zugspannung mehr aufnehmen (Beton ist ja an sich nichts anderes als zusammengeklebte Sandkörner) und die Statik des Bauwerks stimmt nicht mehr.“ Der vollständige Titel der in Fußnote 3 zitierten Studie lautet: Riccardo Morandi: The Long-Term Behaviour of Viaducts Subjected to Heavy Traffic and Situated in an Aggressive Environment: the Viaduct Polcevera in Genoa. Via e-periodica.ch als Volltext zu finden.
„das Durchatmen aller Verhältnisse, nicht wahr, eine fabelhafte Dreierbeziehung, fabelhafte Zerreißung.“ Mayröcker: mein Herz mein Zimmer mein Name.
„Auf einem Gemälde von Jan Brueghel d. Ä. (um 1603) sehen wir sogar, wie ein frischartiger Dämon Antonius bei seiner Lekture assistiert und ihm in der Dunkelheit der nächtlichen Landschaft mit einer Kerze leuchtet.“ Und Jakob Moser schließt weiter: „Die Dämonen werden von Antonius nicht bloß ignoriert, sondern toleriert und auf vorgeblich freundschaftliche Weise in einen Lesekreis integriert.“ Jakob Moser: Lesende Dämonen. Schrift als Versuchung. Wien 2022.
„Ein besonders abstruser lesender Dämon zeigt sich in einem Gemälde von Cornelis Saftleven (1629) […]: Antonius wird von einer ganzen Meute von Monstern aufgeschreckt, von denen eins ins Hummergestalt mit seinen Scherenhänden im zurückgelassenen Gebetsbuch blättert.“ Jakob Moser: Lesende Dämonen. Schrift als Versuchung. Wien 2022.
„Um mit dem Höhepunkt der nietzscheanischen Esel-Ablehnung anzufangen: In Ecce homo schreibt Nietzsche über sich selbst, und dort findet sich auch die inkriminierte Stelle. ‚Ich bin der A n t i e s e l par excellence und damit ein welthistorisches Unthier, – ich bin auf griechisch, und nicht nur auf griechisch, der A n t i c h r i s t.'“ So Jutta Person in ihrem Esel-Porträt, Nietzsche, den Anti-Esel zu Wort kommen lassend. Darin bemerkt sie auch, dass es für den Eselschrei seltsamerweise kein passendes lautmalerisches Verb gibt, wie wiehern, mühen oder blöken. „Das angebliche I-A beginnt eigentlich bei etwas Tiefem, U-artigen und pumpt sich dann ins Stakkato nach oben.“ – Das sei vielleicht, fügt Jutta Person versöhnlich hinzu, etwas zu viel verlangt von einem einzigen Verb. Jutta Person: Esel. Naturkunden n° 5. Berlin 2013.
„The advantave of lying on the floor, Kafka remarked in his diary, is that there is nowhere to fall“ – so Adam Phillips, in: On Balance.
So etwas stellt sich gerne ein, wenn unter hohem Druck in zu geringer Zeit ein Text verfasst, ein Buch geschrieben wird. Die Zeitnot verweist auf das, was da ist, und das ist dann meist das Ich, das angestrengte, zu allem oder nichts bereite Ich. Und das will Klarheit und planiert die Eigenweltlichkeit des Materials. Es meint durchgreifen zu müssen. Owe. Owe. So kommen diese Texte zustande. Leider ist das Material damit oft endgültig verbraucht, was bedeutet, dass es nicht mehr für etwas anderes verwendet werden kann. Damit lässt sich nun leider nichts mehr anfangen. Zu schade.
Die Expedition hatte vor lauter, lauter Vorbereitung und Forscherenthusiasmus kurzfristig das Ziel aus den Augen verloren: Die Besteigung des Bergs Analog, die knappe Bemerkung eines Bergbewohners ließ sie aufschrecken. „Damit waren wir aus unseren Träumen erwacht. Da hatte wir noch nicht einmal die ersten Schritte getan, und waren schon in die Nachlässigkeit abgeglitten – ja, in die Nachlässigkeit, denn wir hatten unser Ziel aus den Augen verloren und unser Versprechen gebrochen, keine einzige Minute der Befriedigung unnützer Neugier zu opfern. All unser Forscherenthusiasmus erschien uns auf einmal genauso erbrämlich wie die erklügelten Vorwände, die ihn rechtfertigen sollten. Keiner wagte den anderen anzusehen. Unter seinem Bart hören wir Sogols Stimme grollen:
>>Nageln wir diesen hässlichen Uhu an die Tür und brechen wir auf, ohne uns umzudrehen.<<
Wir kannten ihn alle, diesen hässlichen Uhu der intellektuellen Lüsternheit, und ein jeder hätte seinen eigenen an die Wand zu nageln gehabt, ganz zu schweigen von einigen schwatzhafen Elstern, paradierenden Truthähnen, turtelnden Tauben und fetten Gänsen.“ René Daumal: Der Berg Analog. Ein nicht-euklidischer, im symbolischen Verstand authentischer alpinistischer Abenteuerroman. Aus dem Französischen von Maximilian Gilleßen. Berlin 2022.
„Lorenz von Stein is conventionally seen as the main influence on the opening of The Communist Manifesto, but his description in 1842 of communism as a ‚dark, threatening spectre‘ isn’t a verbatim inspiration. Not that Hess or Stein were pioneers in the use of the word ‚spectre‘ in this context. As early as 1831, the English playwright, poet and exile Thomas Lovell Beddoes wrote a sketch for the Bayerisches Volksblatt entitled ‚Die Gespenster‘ (‚The Spectres‘) in which he too described the ‚Spectre of Revolution‘ as ‚threatening‘. Engels himself, in the Schweizerischer Republikaner of 23 May 1843, wrote of the ‚spectre of Charitism‘, and in a letter to Marx of 23 October 1846 described ‚a superstitious ghostly-fear [Gespensterfurcht] of ‚bread-and-butter communism“‘. In 1847 both Karl Biedermann and the anonymus author of Der Pauperismus und die Volksschule used the phrase ‚spectre of communism‘, though probably not to the knowledge of Marx or Engels. Helen Macfarlane, the Scottish Chartist who on 1850 issued the first English language translation of the Manifesto, is widely derided for her rendering of ‚ein Gespenst‘ as a ‚frightful hobgoblin‘. It was at least a variation on the spectre.“ David Ireland, Leserbrief, LRB, Voume 45, Nummer 14. Juli 2023.
Wir fuhren über die Grenze von Frankreich in die Schweiz und ich sagte, dass es eigentümlich sei, wie genau man sieht, dass man nicht mehr in Frankreich ist. Woran ich das sehe? Ich konnte es nicht genau sagen, dann: das Insistieren, die Rechthaberei der Häuser? Ihre Unzufälligkeit? Und später lese ich bei Bouvier, in seiner Sammlung von Essays: Es wird kein Bleiben geben: „Frankreich wiedersehen […] Dann ist es die Großzügigkeit der Landschaft. Weite, in der die verkrampfte Anstrengung für die Anordnung der Häuser und Gärten – die in der Schweiz stört – unnötig ist, weil die Dörfer – selbst ausgestorben, selbst hingeschludert – nichts gegen die machtvolle Ordnung der Landschaften ausrichten können. Es gibt etwas Großzügiges in der Anarchie, etwas Positives, das mich viel mehr beeindruckt als das Negative. Jedenfalls hier.“ Nicolas Bouvier: Es wird kein Bleiben geben. Übersetzt von Yla M. von Dach. Basel 2013. Der französische Titel der Sammlung ist übrigens: Il faudra repartir. Voyages inédits.
Aus der Abhandlung über den analogischen Alpinismus von René Daumal: „Wenn du ausrutschst oder leicht stürzt, so gönne dir keinen Augenblick eine Pause, sondern nimm, sobald du wieder aufstehst, deinen Laufrhythmus an. Präge deinem Gedächtnis die Umstände deines Sturzes ein, aber lasse deinen Körper nicht über diese Erinnerung nachgrübeln. Der Körper versucht stets, sich interessant zu machen durch sein Zittern, seine Atemlosigkeit, sein Herzklopfen, seine Krämpfe, sein Schlottern und Schwitzen. Aber er ist sehr empfindlich für die Verachtung und Gleichgültigkeit, die ihm sein Herr bezeugt. Wenn er spürt, dass dieser nicht auf sein Gejammer hineinfällt, wenn er merkt, dass er vergeblich nach Mitleid hascht, fügt er sich und erfüllt gehorsam seine Aufgabe. // der Augenblick der Gefahr / der Unterschied zwischen Panik und Geistesgegenwart / der Automatismus (Herr und Knecht) René Daumal: Der Berg Analog. Ein nicht euklidischer, im symbolischen Verstand authentischer alpinistischer Abenteuerroman. Aus dem Französischen von Maximilian Gilleßen. Berlin 2022.
„Die in keiner Sinnesmodalität gegebene ebene Dreidimensionalität des natürlichen Raumes stammt in letzter Linie aus den drei Richtungsmöglichkeiten der Selbst-Bewegung des Menschen nach den ursprünglich erlebten Gegensätzen: rechts-links, oben-unten, vorn-hinten. (…) Man kann auch sagen: Das vorher auf das Individuum bezogene Schema des „Herumerlebnisses“ – als Urerlebnis von Räumlichkeit, wird nunmehr vergegenständlicht…“ Max Scheler: Späte Schriften.
„Beim Eintritt aus dem Bergen in die Moränenlandschaft knickt der Fluss von seinem Verlauf nach Osten in Richtung Süden ab und nimmt die Fella von Norden auf, zögernd, unschlüssig beide, türkis und weiß, die Unschlüssigkeit hat ein riesiges dreieckiges Kiesel- und Schotterfeld entstehen lassen, das die Karnischen Alpen von den Julischen Voralpen trennt, eine helle Fläche wie Versehrung, ein Zögerraum vor dem Hintergrund der Bergtäler, vor den abgeschiedenen Zonen mit ihren eigenen, von schwindender Nutzung abgestumpften Sprachen, ihren schrillen, hilflosen Liedern und ihren vertrackten Tänzen.“ Esther Kinsky: Rombo. – – Wie sich in diesem Satz die Landschaft entfaltet, wie es zögerlich und schwierig wird und dann in der Dissonanz einer Abnutzung ankommt.
„Der Zugvogel bringt dir die Fremde, er erneuert sich in dir, aber er fliegt auch bald wieder fort: Die Insel ist flüchtig und hat Dauer. Dies ist der Grund, warum du die Informationen so schlicht sammelst, es gibt so viele, du kannst nicht auswählen, du versuchst sie zufällig anzuhäufen, wie sie kommen, und sie reifen zu lassen, du unterscheidest nicht zwischen richtig und falsch, noch danach, was etwas zeigt oder verbirgt. Doch du irrst dich jedesmal, du bringst die Namen durcheinander, und mit den niedergedrückten und aufgestellten Gräsern sieht das Land aus wie ein großes gewelltes Schachbrett, das aus lauter schiefen Linien gezeichnet ist.“ Édouard Glissant über die Merkmale des „Schlichten Sammelns“, in „Das magnetische Land. Die Irrfahrt der Osterinsel Rapa Nui. In Zusammenarbeit mit Sylvie Séma, die Édouard Glissant, der nicht reisefähig war, alles schickte, was sie vor Ort, auf Rapa Nui, vorfand und erfuhr. Glissant sammelte es dann: auf schlichte Weise. Erschienen bei Wunderhorn, übersetzt aus dem Französischen von Beate Thill.
Schweren Schritts, halb jung, halb alt, gemustert. Von Wünschen hin- und hergeschubst, im Umgang schwierig, auf anrührende Weise bedürftig und noch gar nicht so alt. Der Hingestreckte in einer schraubenförmigen Welt. Die eingedrehte Schraube im geraden Lauf.
Es fehlte ja nur das R, das R, das es in der Übelkeit nicht gibt. Wie sagt der Frosch? Und ich sage zu dem Frosch, sag: Rolf? Rüdiger? Ich weiß es nicht mehr. Es war in jedem Fall ein vomitabler Männername, der so klang wie das Geräusch des Erbrechens, am Vomittag. Oder hab ich das durcheinander gebracht?
Das Kapitel ist überschrieben mit: Dystopia Is the Goal, Not an Error, und beginnt so: „To escape this tailspin, we need to remember that cyberspace was never meant to be a happy place. Emerging from gritty cyberpunk fiction, cyberspace was imagined as a trash fire in response to a trash fire.“ William Gibson coined the term ‚cyberspace‘ in 1983, although he first elaborated on it in his 1984 novel Neuromancer. Described as ‚consensual hallucination‘, this notion of cyberspace was inspired by the 1980s Vancouver arcade scene and visions of a dystopian technoOrientalist future, dominated by Japanese corporations and mafia.“ So Wendy Hui Kyong Chun zu Beginn ihres Buches „Discriminating Data“.
Taumeln, schlingern, torkeln. Jemanden im Regen stehen lassen: to leave somebody in the lurch. Lass mich nicht im Lurch!
Ja, das ist mal eine Ohrfeige für den Stahlbeton. Aua. Und noch eine. Und eine weitere. Die eigene Behausung attackieren! 2 Milliarden Tonnen Bauschutt fallen an, allein in China, jährlich.
Sehnsucht nach Wien, dann sag ich mir das vor. Und schon breitet sich das Gelände vor mir aus. Es ist ein urbano-visionäres Mantra, das ganze Viertel entrollt. Dreidimensional, innerlich begehbar. Hitzeinsel Naschmarktparkplatz. Hitzeinsel Naschmarktparkplatz. Hitzeinsel Naschmarktparkplatz. Hitzeinsel Naschmarktparkplatz.
Der Vortrag handelte von Sprechmachinen, der Vortragende wirkte so zerbrechlich, als er sprach, von dem orgelähnlichen Ding, das mechanisch Vokale und Konsonanten produzieren kann. Die irritierendste Information: Johannes Müller habe 1839 an male heads, an den Köpfen von Hingerichteten die compensation der physischen Kräfte des menschlichen Stimmorgans erforscht. Dann trat der Begriff „acousmêtre“ auf: acousmatique – être – maître. Die göttliche Voice Over. Vocaloid. Ich hab das sofort notiert. Später umstanden wir die Geräte. Und dann gingen wir noch irgendwo hin.
Queen Mab, the fairies‘ midwife (der Feenwelt Entbinderin) kommt in einer Kutsche, die eine leere Haselnuss ist, so gelesen in Italo Calvinos Poetikvorlesung zur Leichtigkeit (1), nach Shakespeare: „Und vergessen wir nicht, dass diese Kutsche von einem „team of little atomies“, einem „Gespann kleiner Atome“ gezogen wird – ein entscheidendes Detail, scheint mir, durch das der Traum von der Königin Mab in die Lage versetzt wird, Lukrezischen Atomismus, Neuplatonismus der Renaissance und celtic lore zu verschmelzen.“
Wie muss es sein, das Denken in der Not? Jenseits von Cruel Optimism? Konzentriert, aber nicht gebannt. Handlungsbereit, aber nicht hastig. Freundlich, doch nicht zu entgegenkommend. Scharf, großzügig und vielleicht auch ein bisschen schlampig.
U.N. Secretary-General Antonio Guterres said the report by the Intergovernmental Panel on Climate Change revealed “a litany of broken climate promises” by governments and corporations, accusing them of stoking global warming by clinging to harmful fossil fuels. “It is a file of shame, cataloguing the empty pledges that put us firmly on track toward an unlivable world,” he said. April 2022.
„When Robert Hass began his great poem ‚Meditation at Lagunitas‘ with the lines ‚All the new thinking is about loss. / In this it resembles all the old thinking‘, it seemed at once incontestable but also strangely dismaying. All experiment and curiosity and unpredictability and improvisation and complexity collapse in the wake of loss. This, we might think, is essentialism at its most extreme. This is what it is like to be the emperor of one idea. This is what it is like to live in a cult.“ Aus: Good Grief, by Adam Phillips. From a symposium on the topic of loss, which was published in the Spring 2023 issue of The Threepenny Review. Hier nachzulesen: Harper’s Magazine.
„Because the child knows what he wants, he has to get lost; because the adult doesn’t know what he wants, he is lost. Because the making of labyrinths is second nature, it is very difficult not to make them. Somebody dawdling in a labyrinth is a perfect image, as though this person has forgotten what he is doing there; as though for him, at least, this is no longer a labyrinth but a pleasant place to be walking. The means have become an end in themselves. It’s not that travelling hopefully is better than arriving, but that travelling is there to protect you from the possibility of arrival. And psychoanalysis is effectively a dictionary of all the ways in which we travel to keep arrival at bay; of which getting lost is some kind of emblem.“ Aus: Adam Phillips: On Balance. London 2010.
Kurioserweise folgt auf diesen Befehl eine Warnung: Hüte dich vor dem Lauch! Und etwas später: Kommt, tue dies mit mir. Und das Versprechen: Ich werde euretwegen nicht kopfüber wandern. Aus den Satzübersetzungen von ägyptischen Sargtexten, übersetzt von Doris Topmann.
Ich erinnere mich an so vieles, das schön ist, aber es kommt in meinem Körper nicht mehr an. Als könne ich mich daran nicht mehr halten, ich sause so ein bisschen hindurch. (Es ist Vollmond und sie rennen wie Gazellen.) Aus der Reihe Unerinnerliche Notizen: Im Radio Krieg und Überstunden. Die Kinder haben sich wieder verschanzt.
Wozu verwendet man das Löwenhinterteil? Für das invertierte Amulett, das Gegenamulett, das ich symbolisch anlegen kann, damit es eines wird. Ein ganzes, eines, das die beiden Löwenhälften wieder miteinander vereinigt.
Aus dem Aufsatz: About Losing and Being Lost, von Anna Freud. „Loyality conflicts with regard to the dead are frequent motifs […]. Lost souls are pitiable rahter than threatening. They are ‚poor‘ since they symbolize the emotional impoverishment felt by the survivor. They are ‚lost‘ as symbols of object loss.“
Heute wurde in der Domkirche von Visby die Trauerfeier für einen Ralleyfahrer abgehalten: Christoffer „Kicken“ Jacobsson. Sein Auto kam am Samstag, 19. August während einer nationalen Meisterschaftsrallye in Hässleholm von der Straße ab. Er war 35 Jahre alt. Zunächst wurden am Vormittag zwei getunte schwarz-weiße Rallye-Autos vor der Kirche platziert. Immer mehr Menschen kamen zusammen und betraten langsam die Kirche. Die Trauerfeier dauerte lange. Nach zwei Stunden begann es erstmals, nach vielen Sonnentagen, zu regnen. Es goss, mit lauten Tropfen. Die Trauergäste traten schließlich nach mehr als zwei Stunden vor die Kirche. Und an dem Kirchhof vorbei, offenbar auf Stoga Torget wartend, kam Wagen für Wagen ein Autokorso, aus einer engen Gasse biegend. Auch die beiden zuvor auf dem Kirchhof geparkten Wagen schlossen sich an. Manche Fahrer ließen den Motor heulen, einzelne aufheulende Schreie erhoben sich aufgebracht und voller Wut aus dem scharfen Brummen der Motoren. Ein Autokorso. Ausgerechnet ein Autokorso. Ja, aber was denn sonst? Und ich stand am Fenster und dachte nach, über diese Symbolik des Verlusts. Dann war der Kirchhof leer.
„Nearly half of all zoos in the US now admit giving psychiatric drugs to their animals. (…) He said these horses are suffering from ‘frustrated biological objectives’. (…) He admitted freely that his approach of drugging animals for what’s dubbed ‘zoochosis’ – the madness animals often develop when they are caged – is an extremely limited solution.“ Aus: Johann Hari: Stolen Focus: Why You Can’t Pay Attention. London, Dublin 2022.
In der dritten Nacht auf der Insel träumte ich, ich hätte mich dazu entschieden, mir auf die Rückseite meines linken Oberarms einen Heiligen in Form eines flammenden Buchs tätowieren lassen, sehr farbenfroh, wobei Buch, kompliziert gewandeter Heiliger und Flamme ohne Unterlass Form und Position wechselten. Skeptisch war ich nur deswegen, weil ich befürchtete, ich könnte mit dem neugestochenen Tattoo einige Wochen nicht in der Ostsee schwimmen. Und auf meine Frage, ob denn bunte Farben nun wieder zugelassen seien, wies der Tätowierer auf seine exklusiven geheimen Erlaubnisse hin. Er begann mit einer Kontur und machte dann eine sehr lange Pause. Aufgew.
Die sich im Kollegium des Herrn auf den Platz sitzen, den NN ihnen zugewiesen hat: ‚Großer Name‘ sitzt neben ‚Der- mit-abgehobenen-Gesicht‘, neben dem sich ‚Der-auf-seinem -…- Befindliche‘ niederlässt und ein wenig wegrücken muss, damit der ‚Der-auf-seinen-Füßen-weggeht‘ sich noch dazusetzen kann, und hier kommt auch ‚Der Salbenmann‘ in Begleitung von ‚Der-dessen-Federn-auf-ihm-sind‘, gefolgt von ‚Zusammenraffer‘ und ‚Schreiber-der-beiden-Kronen‘ – und das ist erst der Anfang.
Den Frequenzjunkie schickte Volker Pantenburg vorgestern aus der Schweiz, flankiert von einem Link, der mich mitten in das Stockholmer Reduktionsnest führte, und das zu einem Zeitpunkt, als jeder Tag auf der Insel mit einem neuen Woltersdorfer Radiosoundtrack begann: radioindustry.de. Audiokoinzidenz, tragbare Räume. Das Radio lieben, lieben, was es sein könnte, was es war, was es einmal im Juni war, als es das Juniradio gab. Nicht wissen, was ich im nächsten Moment hören werden, aber zu wissen, dass ich in guten Händen bin. Musik Antrieb.
Wir waren voll auf der Short List aber dann war plötzlich mein Shirt Lost und wo ist es hin und wie viel Grad und der nächste Bahnhof oder noch Kleingeld oder jemanden anrufen aber das Handy macht keine Anstalten und ein wenig kühl war es dann doch.
Die Geheimheit wurde schon vor etwa 3500 Jahren aufgehoben. Seither allerdings immer mal wieder reinstalliert. Das Aufheben der Geheimheit wirkte allerdings fort. Warum so tun, als – – – – – – – sei – – – – – – – – –
Wir begrüßen Sie herzlich in der Ära des abbrechenden Kommentars. Schauen Sie sich um, machen Sie es sich bequem.
Diese leere Resonanz in genau den Momenten, in denen plötzlich Zeit da ist. Und die Zeit klingelt Sturm und die Angeklingelte ist (wie blöd): In-Dis-Po-Niert. Wenn die Zeit sich nicht als Raum, sondern mitten in der Nacht als Abgrund öffnet. Dieser Raub, der gleichbedeutend ist mit der Verwandlung des Zeitraums in Schlaflosigkeit. Der Schlaf, der fehlt und sich als fehlende Zeit tagsüber noch verdoppelt. Fücking Hll. Offenbar muss ich nun damit umgehen.
Was hab ich für schöne Frauen in Wien gesehen.
Hierzu werde ich in Kürze weiteren Kontext bereitstellen. Ich bitte nur um ein wenig Geduld.
„10 leere Briefkuverts stürzen ab, Blum in kostbarer Stimmung, ruft: PFERDISSIMO!, gefolgt von Lachsalven, gefolgt von Lachsalven, Lachkrämpfen, seinerseits, meinerseits, PFERDISSIMO!, wiederholt er, du NACHTLING“- Mayröcker: brütt oder die seufzenden Gärten.
Am Grab gestanden, auf das Meer geschaut.
Alles, alles ist – mir ent – – verstehen, was bleibt. Das Durcheinander ist immerhin eine fordernde Anwesenheit.
Persona, Ingmar Bergman. Schweigend über Steine steigen. Im Gleichgewicht. Die abgesackte Feindlichkeit des Schweigens, von Briefen umrundet. Dabei sind sie einst so schön über Steine und Kiesel gestiegen. Ewig schad.
„Was Joseph angeht, stelle ich mir gerne vor, er sitze mir gegenüber wieder in seiner bordeauxroten Trainingshose oder Confettihose oder in seinem lampionfarbenen Festtagsanzug, während er die unhaltbaren Sprachen zu mir spricht, die ich nicht verstehe, was ist geschehen, sage ich zu Blum, wie geht das zu, federleicht fühle ich mich, den Perron entlang, auf fliehenden Sohlen, den Tornister auf meinem Rücken und während ich denke an Joseph, während ich im Laufen in einem Buch lese, ich lese die Wendung … “ Mayröcker: brütt oder die seufzenden Gärten.
Aus: Schönberger, Schönberger: Die Reichsbürger, in: MERKUR 10/2023: Nr. 893, Heft 10, Oktober 2023
unsere schönen gewitter. seltsam, aber so steht es geschrieben. burgund. weite landschaft. dem theater der witterung zusehen. langsamer sein als die wolken. dann kommt der wein. wie heißt der wein: nos beaux orages. unsere schönen gewitter. das glück war so groß –
„Selbst wenn es Wienerisches nicht mehr geben sollte, bei den Altenwyls wird man, solange sie leben, noch Zwetschkenröster essen, Kaisererdäpfel und Husarenbraten, es wird kein fließendes Wasser geben und keine Zentralheizung, das Leinen der Handtücher wird handgewebt sein, und im Haus wird es eine Konversation geben, was nicht mit ‚Gesprächen‘, ‚Diskussionen‘, ‚Begegnungen‘ zu verwechseln, sondern eine untergehende Abart von schwerelosem Aneinandervorbeireden ist, das jeden gut verdauen lässt und bei guter Laune hält. So Bachmann, in: Malina. Viele, viele verschiedene Ausgaben. Und ich gehe mit den Schuhen an den Füßen die Ungargasse hoch, immer und immer wieder.
Und natürlich kann, etwas eben nicht auszuhalten, eine Gabe sein. Denn warum soll immer nur das Aushalten eine Gabe sein. Das Nicht-Aushalten ist eine Gabe. Das Aushalten ist eine Gabe. Das Nicht-Aushalten ist eine Gabe. Das Aushalten ist eine Gabe. Das Nicht-Aushalten ist eine Gabe. Das Aushalten ist eine Gabe. Das Nicht-Aushalten ist eine Gabe. Das Aushalten ist eine Gabe. Das Nicht-Aushalten ist eine Gabe. Das Aushalten ist sein Gabe. Das Nicht-Aushalten ist eine Gabe. Das Aushalten ist eine Gabe. Das Nicht-Aushalten ist eine Gabe. Das Aushalten ist eine Gabe. Das Nicht-Aushalten ist eine Gabe. Das Aushalten ist eine Gabe. Das Nicht-Aushalten ist eine Gabe.
Und hatte mir genau vier Wochen freigelegt und dichtete, las, dichtete erneut, vertiefte mich in viele Lektüren, transkribierte, stieg tiefer hinab, bis sich mit einem Mal die Erkenntnis regte: Da unten in der Tiefe befindet sich nicht, was ich suche. Und das Über-Ich heulte auf und verlangte einen noch weiter gesteigerten Einsatz, früher aufstehen, länger sitzenbleiben, nicht mehr spazieren gehen, an der Küste der wunderschönen Insel entlang, die Konzentration erhöhen. Aber es ist nicht das Über-Ich, das die guten Gedichte schreibt, sagte ich zwei Wochen später in Wiesbaden zu der slowenischen Dichterin Barbara Korun. Maybe the It? Maybe even the Super-Id? Und Barbara lachte und sagte, für ihre Gedichte sei definitiv das Super-Id zuständig, zum Teil. Was ich, als ich sie hörte, sofort begriff. Das Buch heißt: Der Wolf und die Wunde. ISBN: 9783866384026.
Auf dem Bahnsteig in Lohr am Main, die versprengten Reste eines Lyrik-Festivals. Und wir sprachen über Harfen. Wie sind wir darauf gekommen? Dass man das Geweih des Hirschkäfers als Lyra ansah. Es braucht dazu natürlich eine gewisse Vergrößerung. Mit einem Riesenkäfer unter dem Arm vor das Publikum treten. Alle Beine zappeln. Oder: Dass die erste Lyra aus einem Schildkrötenpanzer entstand, wie kann das sein, dass jemand also eine Schildkröte sieht und sich denkt – aha, daraus kann ich eine Harfe machen! Und dann stellte ich mir ein Harfenarrangement vor, in etwa so wie diese freundliche ungefähr 20 Meter lange Wasserstrahlanlage im Wiener Stadionbad, durch die man an sommerlich heißen Tagen hindurchrennen kann und aus deren die Strecke überwölbenden Metallbögen dann kaltes Wasser herausspritzt. Regenkanal, so nennt man dieses Sommerglück. Woraufhin Samuel Kramer meinte: Die Erfinderin der „Run In Harp“! Man muss sie natürlich immer wieder neu stimmen. Nach jedem einzelnen Spiel. Einmal durch, alles durch.
So beschrieb Jan Wagner in seiner Begrüßungsrede in Lohr an Main die Atmosphäre der Gedichte von James Tate. Sofort das ganze Bild gehabt.
Die Sprache, die bearbeitete Sprache, die veränderte Sprache, die geformte Sprache, die gestaltete Sprache, die Sprache, die allen gehört – als geleugnete Beute – kommodifiziert in Large Language Models.
Was für ein immens heiterer und schöner unwiederholbarer Abend, bei d’r Tant in Köln, der Lavant-Lesung in der Stadtbücherei, so gelacht. Und nicht damit aufgehört. Mit nassen Augen weitergelacht. Und wieder. Und noch einmal. Mett happens. So will es die Metthapherntheorie.
Das Begriffsstudio dankt Linda Kowsky ganz herzlich für die Zusendung der Nummern 5561 bis 5568.
Mit bestem Dank für die sehr anschauliche Illustration an Sibylle Hofter.
„Aux yeux de ces amateurs d’inquiétude et de perfection, un ouvrage n’est jamais achevé, – mot qui pour eux n’a aucun sens, – mais abandonné ; et cet abandon, qui le livre aux flammes ou au public (et qu’il soit l’effet de la lassitude ou de l’obligation de livrer) est une sorte d’accident, comparable à la rupture d’une réflexion, que la fatigue, le fâcheux ou quelque sensation viennent rendre nulle.“ Paul Valéry in einem Essay über sein Gedicht “Le Cimetière marin” in “La Nouvelle Revue Française”, March 1933.
„We follow the rats. The rats are always just ahead of us. First come the rats, then comes the plague, call-response, and it’s never just one rat. The rats are a band; rats are always plural. Rats are always we.“ Jenny Hvall: Girls against God. //// „Aber die Ratten flippern nicht, soviel du weißt. Du presst dich stundenlang, nächtelang, wütend, fieberhaft an den Apparat. Du keuchst, über das Gerät gebeugt, begleitest den Abprall der Stahlkugel mit einem heftigen Stoßen der Hüften.“ George Perec: Ein Mann der schläft. Aus dem Französischen von Eugen Helmlé.
„Der Hase hat gespielt, die Augen haben nicht geleuchtet.“
Meine Auswahl sei eher grob als graziös, sagte ich, es gehe darin um die gemachte und und die ungemachte Welt, Aufbau und Zerstörung, sowie um Aufbau, der eigentlich maskierte Zerstörung sei. Der Blick in die Welt will sich halten, wird weggerissen, kein Haltung, keine Unterstützung des Gedankens durch das Gemachte. Was wird für welche Welt errichtet? Planungsbeschleunigung, Materialisierung von Entscheidungen, von Verfahren und gesetzlichen Prozessen. Die Gewalt von Mobilitätslösungen. Leeren, füllen, als Leeres retten. Versammeln.
Das Herumbrüllen der Männer zwischen 3 und 5 Uhr morgens. In Gruppen und auch alleine. Sie nehmen sich den Raum, sie vernichten den Raum. Es ist trostlos. Und immerzu denke ich darüber nach, an wen sich die nächtliche Brüllerei eigentlich richtet, hat sie einen Adressaten, eine Adressatin?
„Since 1971, Notley has published 45 books of poetry. Fonograf Editions has now reissued her first four books in a volume called Early Works, which also includes uncollected poems written in New York, London and Wivenhoe, Essex, where she lived for a year in the early 1970s. The volume shows Notley feeling her way past the dominant aesthetics of her period – she was a key figure in the downtown New York poetry scene before moving to Paris in 1992 – and discovering a distinct, feminist voice. The poems insist that a woman of honour should be prepared to die for ‘the right to frivolity’. Notley is ‘a girl Samson in a pink/prom dress’, ready to pull down the temples of the avant-garde.“ Andrea Brady über Alice Notley: What’s this fork doing? LRB Vol. 45 No. 17 · 7 September 2023
Was mache ich denn nun mithilfe von Ski Learning? Ich fahre schneller, immer schneller hinab.
Rolf-Bernhard Essig übermittelte mir Franzens schönen Versprecher: „Beim Fest zum 200. Geburtstag des Kunstvereins Bamberg sprach er von Grantulanten, und solch grantig gratulierende Menschen kennt man ja.“ Merci Beaucoup.
„Neben der Komik sind die als „Turpiloquium“ zusammenzufassenden Beleidigungen und Schimpfwörter ein stilistisches Charakteristikum des Autors. Ich spreche lieber altmodisch von „Kraftausdrücken“, denn damit ist eine der Hauptfunktionen für ihre Verwendung in No sleep auch schon umrissen. Vorweggreifend lässt sich sagen, dass hier Schimpfworte und Flüche viel weniger beleidigen, als dass sie bekräftigen, verstärken, unterstreichen.“ So Myriam Alfano in ihrem Journal Komik und Kummer, Journal zur Übersetzung von Zerocalcares No sleep till Shingal.
„Bei der Madonna habe ich anfangs mit einfach mal die Fresse halten gearbeitet, das schien mir am idiomatischsten, aber immer noch zu sperrig. Und manchmal reicht es, mit einer geneigten Kollegin (Tusen tack, Franzi Hüther!) das Problem zu besprechen und zack, findet sich eine knappe Lösung mit Alliteration. Ich konnte ein Stoßgebet zum Himmel schicken…“, so beschreibt Myriam Alfano den Weg zur Übersetzung des italienischen Ausdrucks „La Madonna Dei Cazzi Tuoi“, im ihrem Toledo Journal Komik und Kummer, Journal zur Übersetzung von Zerocalcares No sleep till Shingal.
War es Marcellus, der die unterirdischen Gänge als Flötenrohre gedeutet hat, als eine begehbare unterirdische Flöte, ihr hohler Ton: syringes (Flötenrohr). Desweiteren besitzen viele männliche Enten eine große knöcherne Kammer, die an einer Seite der Syrinx angewachsen ist, die so genannte Syrinxbulla.
Der Weihnachtsmarkt gibt nach seiner Schließzeit (und währenddessen) brüllende Männer an die Umwelt ab. Sie haben sich von den Anforderungen der christlichen Religion weitgehend freigemacht, nicht aber von deren machtvollem Versprechen. Brüllend fordern sie ein, wovon sie nicht wissen, was es ist. Wider Erwarten befördert das Brüllen kein Bewusstsein ihrer selbst. Also muss es wiederholt werden, und so geht es dahin, den ganzen lieben langen Advent.
Und es kroch am Abend eine Röhre voller müder Menschen durch den Regen, sie war innen nass, aber beleuchtet, doch seitwärts schlüpften große Maschinen, in denen jeweils nur eine Person sowohl Passagier als auch Steuermann war, über den engen Fahrradstreifen an der Röhre vorbei, um sie dann wieder von vorne zu behindern. Die Fahrt von Heumarkt nach Köln Porz dauerte eine Stunde und vierzig Minuten. Dann kam sehr lange kein Bus. Diese Stadt wird von überforderten Laien regiert. Es ist ein Jammer.
„All diese Dinge scheuen die grellen Worte, durch die sie feindlich voneinander getrennt werden. Ihre allerletzte Nacktheit ist durch den zärtlichen Glanz einer Perle, die sie umhüllt, vor Entblößung geschützt. Ringsherum aber flutet stumm das allfarbige Meer.“ Aus Nossack: Nekyia. Ein Text mit einer seltsam-misogynen Hintergrundstrahlung, sehr weird, nicht leicht zu lesen. Beeindruckend darin, die Schilderung der beiden großen unbekannten Vögel, die über der Stadt erscheinen und unbeschreibbar sind: „Die Größe der Vögel wurde mit unsinnigen Maßen angegeben; die Farbe war bald weiß, bald schwarz, und ganz Schlaue behaupteten, die Flügel wären auf der Oberseite weiß, auf der Unterseite aber schwarz gewesen. Es stand nicht einmal fest, wie lange das Ganze gedauert hatte. Alle meinten, eine Ewigkeit den Atem angehalten zu haben, doch in Wirklichkeit war die Uhr kaum vorgerückt. Es fehlte, wenn man nachrechnete, auch nicht eine einzige Minute, weder in der Tageseinteilung der einzelnen Menschen, noch im Fahrplan der Verkehrsmittel.“ Eine ähnliche Szene ist in Nossacks Text „Der Untergang“ zu lesen.
„Wir hingegen, wir gebrauchen nicht Wörter [frech, kraftlos und schwülstig], sondern Laute voller Energie!!“
„Ich habe eben ein zentrales Element meiner Argumentation, die auf die Frage nach der trügerischen Reziprozität antwortet, vergessen zu benennen. Was das System der Evaluationen nämlich auch auslöst, ist, dass es uns glauben lässt, dass wir, weil wir einen Autor aus dem Norden zitieren, mit ihm in einem Dialog stünden. Diese Illusion, dass ich, wenn ich mit einer Gabe vorangehe, auch eine Gegengabe erhalten werde, verbunden mit dem Bestreben, uns anzupassen, um in Zeitschriften zu veröffentlichen, die ganz weit oben in den Rankings stehen, schadet uns sehr. Der Schaden besteht nicht nur darin, in einem falschen Traum von Erwartungen, die nicht erwidert werden, gefangen zu sein. Das Problem ist das Gleiche, das Fanon in seinen schmerzhaften Zeilen über seine Ankunft in Paris schildert, mit seiner Phantasie, ein Franzose zu sein: jemand, der sich nie im Spiegel betrachtet hat.“ Rita Laura Segato & Paulina Álvarez: Vor dem Spiegel der bösen Königing: Lehre, Freundschaft und Ermächtigung als dekoloniale Breschen in der Universität, in: dies.: Wider die Grausamkeit. Übersetzt von Sandra Schmidt. Wien, Berlin 2021. Hier ist das ganze Buch als PDF zu finden.
„Ein Jungbrunnen der Schilderkunst ist Homer.“ Aha. Warum? Erstens: „Jedes Erlebnis ist wie selbsterlebt. (…) Die zweite Auszeichnung Homas sind seine Gleichnisse: mit einer Bildruhe, durch nichts zu erschüttern, kommt jedes sinnenfrisch und scharfgezackt wie unmittelbares Erleben: oft von einer Kühnheit, dass es unvergesslich eindringt. (…) Als dritte Eigenheit hebe ich heraus die einheitliche Gleichnisoberwelt der Ilias. … wie gefräßige, hezkühne Wölfe den mächtigen Geweihhirsch, den sie im Bergwald würgten, fressend umstehen …“ So Broder Christiansen in seiner Prosaschule aus dem Jahr 1956.
„Du läufst umher. Du erfindest dir Einteilungen von Straßen, Stadtteilen, Gebäuden: die verrückten Viertel, die ausgestorbenen Viertel, die Markt-Straßen, die Schlaf-Straßen, die Friedhof-Straßen, die kahlen Fassaden, die zerfressenen Fassaden, die angerosteten Fassaden, die versteckten Fassaden.“ George Perec: Ein Mann der schläft. Aus dem Französischen von Eugen Helmlé.
Das ist die Meise vor der Narratologen seit Jahrhunderten warnen. Sie erscheint, als würde sie sich auf dem Fensterbrett atomisieren und verschwindet auf dieselbe Weise. Und dabei hat sie all diese Features, die dazu da sind, der Ahnung einen blauen oder gelben schnellen Halt zu geben.
Aus dem Aufsatz: Kitsch und AfD – Zur Ästhetik des aktuellen Rechtsradikalismus, von Peter Hintz, vom 26. Februar 2020. Über einige bolzende Protagonisten, „die einem Publikum, das sich in den Dörfern und Villenvierteln nach Erregung sehnt, passende Schenkelklopfer und Untergangsromantik bietet.“ Hierzu auch Vinzenz Hediger: Wer den Populismus von heute verstehen will, muss seinen Unterhaltungswert erkennen, ein Essay in der WOZ, vom 8. Februar 2024.
„Es gibt eine Hieroglyphe, die einen Thron zeigt. Sie kann eine Königin bezeichnen (…). Die nächste: eine Hand. Eine Hand kann eine Tür öffnen oder Gift in eine Tasse Tee träufeln. Es ergeben sich viele Möglichkeiten. Die dritte: eine Ente, die an Arkadien gemahnt. Die vierte: ein Sieb. Die fünfte: der Buchstabe N. (Hier beginnt die Sache Borges‘ chinesischem Alphabet zu ähneln.“ Aus dem Essay Weltflucht von César Aira.
„Die autobiografische Verlautbarung verleiht dem Thema eine alles vereinnahmende Dringlichkeit und schließt jenen Triumph der Sprache aus, der die purple patches waren. Heute wissen die Romanautoren nicht einmal mehr, was purple patches sind, zumindest wissen sie nicht, dass dieser – Horaz‘ Brief an die Pisonen entstammende Begriff, purpureus pannus im Original, jene beschreibenden Passagen bezeichnet, die für einen kurzen oder langen Moment, manchmal nur für wenige Zeilen, die Handlung unterbrechen. Früher fehlten sie in keinem Roman und verliehen ihm seine Poesie, seinen Rhythmus, seine Atmosphäre. Man könnte fast sagen, dass sie das Wesentliche des Romans waren, sein Luxus, das, was die Mühe seiner Lektüre lohnte, selbst wenn der ungeduldige Leser sie übersprang. Denn das Entscheidende am purple patch ist weniger der purple patch an sich, als vielmehr der Weg, der zu ihm hinführt und ihn an einem bestimmten Punkt notwendig macht. Wollte der Romancier alter Schule, dem seine Aufgabe und sein Selbstverständnis klar vor Augen standen, der wusste, was sich für ihn gehörte, eine beschreibende, poetische, landschaftsmalerische Passage, eine räumliche Lichtung im zeitlichen Fluss der Erzählung einfügen, musste er die Personen, die Aktion, den Plot in eine bestimmte Richtung lenken, damit man auf ganz natürliche Weise zum „Purpurlappen“ gelangen konnte. Und es war diese Wegstrecke, diese Richtung, die dem Roman seinen Schwung und seine Fantasie verlieh.“ César Aira: Weltflucht. Berlin 2023.
Drogen und Reisen! „Womit sonst hätte er die Zeit ausfüllen können, ein Mann wie Roussel, reich, neurotisch, zur Nutzlosigkeit erzogen. Richtig ist, dass er nicht der einzige reiche, neurotische Müßiggänger war, den die Welt gesehen hat. Es scheint bei ihm eine besondere Sensibilität im Gebrauch der Zeit gegeben zu haben. Wenngleich ihn das Schreiben fast vollständig absorbierte (er sorgte dafür, dass es das tat), blieben Spannen, die er mit für den „Gebrauch der Zeit“ ebenfalls typischen Aktivitäten ausfüllte: Drogen und Reisen.“ César Aira über Raymond Roussel: Der Universalschlüssel, in ders.: Weltflucht. Berlin 2023.
Die Klampfansage verdankt das Begriffsstudio Nicholas Grindell, der dazu anmerkt: „man stelle sich vor: eine todernst wirkende person, die mit akustischer gitarre auf die bühne kommt und äußert, es werde gleich heftig, gar gewaltig, eine liedgutattacke …“
„Das Grotesk-Trashige, wie in den Rückgriffen auf Splatter- und Horror-Filme, findet bei ihnen ebenso einen Platz wie Verfahren, die auf der – oft anarchischen – Selbstaktivität der Form, im Sinne des Psychedelischen oder auch des Alchimistischen, beruhen. Fiktives, Fantastisches, Irreales mischt sich in ihren Arbeiten mit konkreten Bezügen auf gesellschaftliche Zustände. Mitunter brechen abstrakte Formgebilde, die als leere Formalismen ja häufig als unpolitisch gelten, in diese Welten ein, wie eine aus Tüchern geformte black box (2008), die bei einer Demonstration mitgeführt wurde.“ Daniela Stöppel über die Arbeit von bankleer, in: Finger in the Pie. Sternberg Press 2012
Und dann sagt die Philosophin, ja, Kant zum Beispiel, Episteme, Platon und so, und dann sagt der Moderator gleich, da wollen wir jetzt mal besser nicht zu tief in das Kant-Rabbit-Hole reinspringen, und dann sagt die Philosophin, man kann sich die Sensationen auch direkt einspeisen, und dann platzen mit einem Mal aus dem Rabbit Hole Kant ein weißer Hase und noch einer, ja, ein weißer Hase nach dem anderen, blütenweiß, und keine Spur von Blut und noch einer und noch einer und noch einer und am Ende ist der ganze Saal über und über mit weißen beständig wachsenden und sich vermehrenden Hasen besiedelt, die eifrig neue Löcher graben, in denen sie einer nach dem anderen in den dunklen Tiefen NRWs verschwinden.
„Eine ähnliche Idee können wir in Platons Kratylos finden: Ihm zufolge repräsentieren die Wörter nicht die Dinge an sich, sondern den Ursprung oder das Ergebnis einer Handlung. Der Genitiv von Zeus sei deswegen Diós, weil dieser Name ursprünglich die Grundtätigkeit des Königs der Götter ausgedrückt habe, nämlich, di‘ hoòn zen zu sein, ‚der, durch welchen das Leben gegeben wird‘. Ähnlich sei das Wort anthropos (Mensch) die Verstümmelung eines früheren Satzes mit der Bedeutung ‚der, welcher wiederbetrachten kann, was er gesehen hat.‘“ Umberto Eco: Fiktive Protokolle, in ders.: Im Wald der Fiktionen. Sechs Streifzüge durch die Literatur. Harvard-Vorlesungen (Norton-Lectures 1992-93). Aus dem Italienischen von Burkhart Kroeber.
Den Begriff Verbotserlaubnisse entnehme ich einem Eintrag auf Robin Detje Bluesky-Account: UND ES IST ALLES ALLES WAHR!!!
Die Einträge 5615 bis 5624 verdanke ich der großzügigen Übermittlung durch Herbert J. Wimmer, von dem vor einem Jahr der Metallhasenalltag im Sonderzahl Verlag erschienen ist.
„Es ist bekannt, dass nicht zwei Analytiker bei demselben Patienten die gleichen Deutungen in der gleichen Reihenfolge geben würden. Wenn der Analytiker in der Frage der Neurosenwahl dem Einfluss der Gesellschaft das, wie ich meine, richtige Gewicht gibt, wenn er die Pathogenese von den Ergebnissen der psychischen Entwicklung und den gesellschaftlichen Bedingungen ableitet, wird seine Deutungsstrategie schon zu Beginn einre Analyse eine andere sein, als wenn er dies nicht täte. Doch ist dies nicht so leicht nachzuweisen.“ Paul Parin: Gesellschaftskritik im Deutungsprozess, in PSYCHE. Zeitschrift für Psychoanalyse und ihre Anwendungen. XXIX. Jahrgang, 2. Heft, Februar 1975.
„Wenn A sich von ‚oben‘ nach ‚unten‘ bewegt und B in die Gegenrichtung, werden beide sich nicht unbedingt auf halbem Wege treffen oder jeweils zum anderen Ausgangspunkt gelangen. Ein Beispiel dafür ist bei Marx zu finden, der sich in seiner Pariser Commune nicht auf eine allgemeine Definition der Kleinbourgeoisie beschränkt, auf die er dann seine ganze Analyse gründet, sondern versucht, den Kleinbürger jener Zeit unabhängig vom allgemeinen theoretischen Begriff und über ihn hinaus zu charakterisieren. Verfahren dieser Art sind oft an entlegenen Stellen seiner Schriften zu finden. So ist auch Kafkas ‚seltsame Mischung von Hoffnungslosigkeit und Aufbauwillen, die sich bei ihm nicht aufhoben, sondern zu unendlich komplizierten Gebilden steigerten‘ (Brod) zu erklären. Die Schwierigkeit, die Wahrheiten in den Zwischenräumen aus den hochstufigen Behauptungen, Prinzipien oder Lehren, in deren Geltungsbereich sie fallen, zu deduzieren, besagt nicht, dass sie reine Trugbilder wären.“ Siegfried Kracauer: Der Vorraum, in ders.: Geschichte – Vor den letzten Dingen. Übersetzt von Karsten Witte. Frankfurt am Main 2009.
Und Hans Hütt, dem ich auch die Einträge Nummer 5628, 5629 und 5632 verdanke, kommentiert: „Selten so gelacht wie über diesen Tippfehler: ‚Aurorität des Amtes‘. Eine ahmdlische Morgenröte!“
So gefunden bei Adrian Daub auf Bluesky: „Sometimes I remember how Mick Herron (in his most recent novel, The Secret Hours) referred to the downfall of Boris Johnson as “the binfire of the vanities” and each time I chuckle to myself a little.“
Ich und ich in der Kaninchendichte. 2 inches.
So schreibt Peter Geimer in seinem sehr schönen Aufsatz: »Verstellte Zeit. Kracauers Unbehagen am Historienfilm«: Mit den Mythen hatten die Erscheinungen ihre Unschuld verloren, der Mythos war tatsächlich überall. »Also kann alles Mythos werden?« fragt Barthes und gibt sich selbst zur Antwort: »Ich glaube ja, denn das Universum ist unendlich suggestiv.« Das Glas französischen Weins hatte eine Botschaft, die Milch und das Fleisch, die Tour de France sprach zum Semiologen, und die »Machenschaften des Sinns« trieben in ihrer Maßlosigkeit die eigentümlichsten Blüten: »Köpfe von Flußkrebsen im Rund angeordnet«, »Aschenbecher in Form einer Kloschüssel«, »Suppenterrinen in Hasengestalt«.
Im Bild des Semiologen am Strand wird die Unentrinnbarkeit des Bedeutens noch einmal anschaulich vor Augen geführt. Versteckt im Nebensatz einer Fußnote scheint hier aber unvermittelt auch die Möglichkeit einer Errettung des Semiologen durch einen bedeutungsleeren Raum auf: das Meer, schreibt Barthes an der zitierten Stelle, hat »keinerlei Botschaft«. Peter Geimer: »Verstellte Zeit. Kracauers Unbehagen am Historienfilm.«
Christian Filips schreibt in dem Toledo-Journal Flugmäusemodus Höllengelächter, das sich seiner Dante-Übersetzung widmet: „Als ich im März 2021 Dantes letzten Höllengesang wieder las, um ihn für das Projekt LECTURA DANTIS zu übersetzen, war ich überrascht, wie eingängig, wie leicht verständlich, wie ganz und gar geleitet von einem fast kindersprachlichen Terzinen-Lallen die Sprache Dantes doch ist. Mandelstams Laut-Kette ließe sich in diesem 34. Canto fortspinnen mit der Reihe: ‚Nebbia – ebbe – sarebbe.‘ Aber gemäß der Monstrosität dieses von Ungeheuern bevölkerten Gesangs überwiegt lautlich das Rüsselhafte. Vor allem die spitzen I-Vokale und konsonantenreichen Passagen zeichnen die eisige Welt des letzten Höllenkreises nach, der Alice Schmitt zu der Äußerung veranlasst hat: ‚Muß dieser Dante ein Reptil gewesen sein !'“
„Was wir heute Kulturkritik nennen, hat sich seit der Antike des Ideals der unverletzten Erde, der inviolata terra, bedient und es an der utopischen Vorstellung des Goldenen Zeitalters abgelesen, das seine Freiheit von Mühe und Sorge gerade durch die Unkenntnis aller Art von technischer Fertigkeit besessen haben sollte. Erschien für diese negative Betrachtung des Fortschritts schon der Ackerbau als Bruch der Sanktion der Erde, so musste erst recht der Bergbau zum Musterfall der Auseinandersetzung mit diesem mythischen Relikt werden.“ Blumenberg: Einige Schwierigkeiten, eine Geistesgeschichte der Technik zu schreiben. Frankfurt am Main 2009.
„Aufschlussreich für die systematische Distanz der Begriffe ‚Natur‘ und ‚Techni‘ ist das Zitat aus dem Dichter Antiphon, dass ‚wir durch Kunst das beherrschen, was von Natur uns beherrscht‘. Die im Euklid-Kommentar des Proklos überlieferte Einteilung der Mechanik nach der ‚Organopoike‘, der Konstruktion von Kriegsmaschinen, an zweiter Stelle die ‚Thaumatopoike‘, die Herstellung des Wunderbaren in Gestalt von Automaten und anderen sich selbst bewegenden Kunstfiguren.“ Fußnote 5 aus Blumenbergs Vortrag „Einige Schwierigkeiten, eine Geistesgeschichte der Technik zu schreiben. Frankfurt am Main 2009.
„Schivelbusch hat beschrieben, wie Räume und Landschaften durch die Schaffung eines Eisenbahnraums und einer Eisenbahnzeit drastisch verändert wurden und den Landschaften die lokale Zeit entrissen wurde.“ So Monika Dommann, in ihrer Studie „Materialfluss“.
Jellyfication of Marine Ecosystems as a Likely Consequence of Overfishing Small Pelagic Fishes: Lessons from the Benguela. January 2013. Bulletin of Marine Science 89(1):249-284 Thanks, Nick!
Der Schuldspruch werde zu einem Schulterschluss führen. Grusel. Diese Logik! „The more certain politicians lied, the more ‚authentic‘ they appeared.“ To Thine Own Self Be True. (Wendy Hui Kyong Chun, Discriminating Data)
„Überall da, wo ein Affekt und Gefühl […] zum Weinen führt, liegt […] eine Art Sachverhaftung zugrunde, in der die ’normale‘ Distanz zu den Gegenständen unterbrochen ist. Sie dringen auf mich ein. Ich überliefere mich ihnen“, schreibt Plessner in „Lachen und Weinen“, was ich dem Essay „Raum geben, Kracauer, Plessner und das Kino als bedeutender Ort“ von Heide Schlüpmann entnehme.
Eigentlich eine Passage, die ich bei Barbara Köhler gefunden habe, rund um ihr Buch „42 Ansichten zu Warten auf den Fluss“. Hierzu, aus einem anderen Zusammenhang: „Das Warten versteht Kracauer als eine Art Exerzitium, als eine Übung, um die Gegenwart in ihrer Heterogenität wahrnehmbar zu machen; ein Denken, das sich nicht nur in theoretischen Sphären bewegt, sondern in Gegenwart und Vergangenheit jene Fragmente zu identifizieren sucht, die in der Zukunft einen Unterschied gemacht haben werden. Kracauer ist hier schon der Historiker von dem sein letztes Buch handelt: Eine/r, die/der im Vorraum der letzten Dinge die verlorenen Prozesse des Geschichtsverlaufs aufsammelt, um sie so zu konstellieren, dass ein Ausgang sichtbar wird.“ Die Vorbereitung des Nichterzwingbaren! „Wie die Aufmerksamkeit so justieren, dass sie bereits in der Gegenwart wahrnehmen kann, was einen Unterschied gemacht haben wird?“, fragt Karin Harrasser in ihrem Text „Dokumente zu einer Kulturgeschichte der Saponier. Gegen den Tag mit Siegfried Kracauer“, erschienen in: Groß, Öhner, Robnik (Hg.): Film und Gesellschaft denken mit Siegfried Kracauer. Wien 2018.
Die Kölner Freibad-Ampel – meine Nemesis! Nach Ausweichmöglichkeiten gesucht, und sie gefunden in Hoffnungsthal. Und im Kombibad Paffrath.
„Dominique Kalifa a forgé le néologisme de « fait-diversification » de l’actualité pour caractériser les mutations que je viens d’évoquer. Pierre Bourdieu a opté, quant à lui, pour l’expression « fait-diversion ». Il est vrai que les connotations des deux termes ne sont pas les mêmes. Le premier sous-entend que la mise en récit a permis de diversifier les sujets placés à la une de l’actualité, alors que le second insiste sur l’idée que le privilège accordé aux faits divers a détourné l’attention des citoyens des véritables enjeux politiques. Les deux perspectives contiennent une part de vérité.“ La fait-diversion de l’actualité, par Gérard Noiriel. Merci beaucoup, Nicholas Grindell – für den Hinweis.
„Precrastination is when a person does a task as soon as they can, so they don’t have to think about it any more – often before it needs to be completed.“ Are you a precrastinator?, fragt der Guardian. Mit bestem Dank an Nicholas Grindell für den Hinweis!
Das war ein echtes Abenteuer. – – – – Ja, das war aber auch ein echt teurer Abend.
Ist das, womit Igel sich gegenseitig überraschen? Rümpelhaftes Verhalten unterscheidet sich sicherlich von rüpelhaftem. Hat womöglich das Gerümpel damit zu tun? Überrümpelte Freiflächen?